Klavierlehrer wechseln nach nur 7 Stunden?

Tonsee

Tonsee

Dabei seit
6. März 2018
Beiträge
72
Reaktionen
171
Bin etwas ratlos, ob ich nach der 7. Stunde einen neuen Klavierlehrer suchen soll oder mich durchbeissen. Bin froh um Tipps und Anregungen. Die finanzielle Seite des Unterrichts spielt keine Rolle.

Meine Ausgangslage: Bin kompletter Anfänger, 42 Jahre alt, keine musikalischen Vorkenntnisse. Spiele seit 4 Monaten Klavier, das üben macht mir grossen Spass und ich bin trotz Beruf und Familie jeden Tag 30-60 Minuten dran. Komme für mein Gefühl auch gut voran. Leute im Bekanntenkreis, die selbst mal ein Instrument gespielt hatten, finden meine Fortschritte beachtlich. Natürlich happert es noch deutlich an Taktsicherheit, Musikgehör usw., aber es tut sich was.

Mein Problem: Es macht mir mittlerweile nach sieben Mal keinen Spass mehr, in die Klavierstunde zu gehen. Mein KL ist gut 10 Jahre jünger, hat seriöse, jazzlastige Ausbildung und macht auf den ersten Blick einen lockeren Eindruck. Irgendwie schafft er es aber fast jede Stunde, dass ich mich am Schluss als kompletter Idiot fühle. Ausserdem scheint mir der Ablauf des Unterrichts didaktisch nicht sinnvoll.

Konkretes Beispiel: Ich kam letztes Mal in die Stunde nach vier Wochen (KL war auf Tournee), hatte im Heumann das erste Stück zum Thema Betonung im Takt und das erste mit Pedal geübt. Zwei wichtige neue Themen. Wie eigentlich jedes Mal hatte der KL zu Beginn keine Ahnung mehr, wo ich stehe. Er scheint seine spärlichen Notizen nicht vorgängig zu studieren. Dann kramte er als erstes eine Kopie der ersten drei Hanon-Übungen raus (ein Thema für sich), ich solle das mal spielen und auch zu Hause üben. Anstatt dass ich also vorspiele, was ich geübt habe, muss ich in der Stunde quasi was mir komplett neues üben. Da brauche ich natürlich 10 Minuten bis die erste Übung mal einigermassen sitzt und ich komme mir schon wieder blöd vor, weil ich ja spiele, was ich nicht kann. Dann bin ich schon etwas nervös und spiele nachher das eigentlich geübte Stück schlecht usw.

Im Kern scheint das Problem zu sein, dass wir uns irgendwie auf der persönlichen Ebene nicht so finden. Und dass der KL selbst wohl gut spielt, aber weil er als Kind früh angefangen hat, wohl nicht mehr so recht weiss, wie man als Erwachsener das Klavierspiel richtig lernt. Darum wohl auch der Fokus auf solche Übungen a la Hanon losgelöst vom Musik machen, scheint mir mehr Ratlosigkeit oder Bequemlichkeit als böse Absicht zu sein.

Also, liebe Forumsmitglieder, soll ich:

a) Mich durchbeissen und nicht so mimosig tun, der KL weiss schon, was gut für mich ist.
b) Sofort neuen KL engagieren, das Leben ist zu kurz für schlechten Klavierunterricht
c) Das Gespräch mit dem KL suchen, um die Probleme zu lösen
 
Da müssen Beethoven, Mozart ... jedes Semester für die Klavierstudenten neue Stücke schreiben?

Wenn ich mich nicht verlesen habe, hat Mozart das bei den Etüden für seine Schüler regelmäßig getan.
Es kommt doch darauf an, was die Zielsetzung ist. Wenn die darin liegt, ein bestimmtes Repertoire spielen zu können, ist es natürlich nicht zielführend, das Repertoire zu ändern.

Wenn man aber bei einer bestimmten Technik oder einem Stück auf dem Weg dorthin merkt, dass die Motivation absackt oder die Fertigkeiten nicht besser werden, muss man halt was anderes probieren.
Ich kenne gar keinen Prozess, der beim ersten Mal so perfekt ausgeführt wurde, dass es daran nichts mehr zu verbessern gäbe. Ich sehe keinen Grund, warum das beim Klavierunterricht anders sein sollte. Gerade weil Klavierunterricht meistens 1:1 abläuft, gibt es Gelegenheit zu individualisieren. Wenn ich 1000 Studenten in einem Hörsaal habe, sieht das ganz anders aus.

Ich verstehe schon, woher die Sichtweise kommt: man geht zu einem Meister in die Lehre und saugt ehrfürchtig alles auf, was der Meister einem zuteil werden lässt. Es gibt ja genügend Videos von Masterclasses auf Youtube, in denen man sieht, wie Barenboim etc. vor Publikum den Unterricht halten.
 
Die Motivation geht immer hoch und runter, das ist menschlich. Daher sollte man immer ein paar Sachen in Reserve haben, um diese Tiefen zu überbrücken.
 
Drohungen, Liebesentzug, Schläge und noch strengere erzieherische Sanktionen funktionieren prima und haben sich über Jahrhunderte bewährt. Man muss doch das Rad nicht ständig neu erfinden!
:-)
Wurde der kleine Ludwig van Beethoven nicht auch nachts von seinem angetrunkenen, ehrgeizigen Vater (er war Sänger wie auch der Großvater) aus dem Bett gezerrt und ans Klavier gezwungen?
Just do it!
 
Zuletzt bearbeitet:
2. Der Schüler geht beim Lehrmeister in die Lehre. "Wenn Du auf mein Niveau kommen willst, musst Du den Weg gehen, den ich Dir zeige, und tun, was ich sage."

Das klingt schon irgendwie nach Guruwesen / höriger Gefolgschaft. ;-) Politisch korrekter würde man einem erwachsenen Anfänger gegenüber formulieren: Ich schlage Dir vor, was nach meiner Überzeugung für Dich zum aktuellen Zeitpunkt sinnvoll ist, und bin auch bereit, dies zu begründen.

Wie Du schon sagtest, der Bestfall ist, dass die hochkompetente Lehrkraft und starkmotivierte Lernende gleiche Ziele haben. :-):blume:
 
hochkompetente Lehrkraft und starkmotivierte Lernende gleiche Ziele
Das ist der Idealfall. Dann bestimmt der mögliche Flow zwischen beiden und der Übungs-Fortschritt die Lerngeschwindigkeit.

Nehmen wir nun den Fall verschiedener Ziele. Darum geht es vor allem. Wenn sich beide dann nicht auf ein 50/50 Modell einigen, dann geht es schief. 50/50 begrenzt natürlich die Möglichkeiten.

Beide Felder können sich aber auch ergänzen. der Schüler könnte dem KL ganz neue Stücke aufzeigen und näher bringen, dem KL also seinen Tellerrand erweitern. Auch das soll es geben. :coolguy:
 
Wenn man das etwa 50/50 aufteilt, kann man nach meiner Erfahrung eine gute Balance halten zwischen Last und Lust.
Darf ich mal fragen, bei wie vielen Lehrern Du längerfristige Erfahrungen im musikalischen Einzelunterricht gesammelt hast?
Und wieviele Schüler hast Du über einen längeren Zeitraum unterrichtet?

Bei allen guten Lehrern, die ich hatte, stellte sich die Frage nach "Pflicht" oder "Kür" gar nicht. Die Stücke, die ich "aufbekam", machten mir alle so viel Spaß, daß von "lustlosem Abarbeiten" keine Rede sein konnte.

Nehmen wir nun den Fall verschiedener Ziele. Darum geht es vor allem.
Wo sollen denn "verschiedene Ziele" herkommen? Wenn jemand von mir die Grundlagen des vierstimmigen Satzes lernen will, dann bringe ich ihm die Grundlagen des vierstimmigen Satzes bei und lasse ihn nicht den "Mikrokosmos" üben. Wenn jemand von mir Shakuhachi lernen will, dann schicke ich ihn woanders hin, weil ich vom Shakuhachispiel nichts verstehe.

"Verschiedene Ziele" gibt es dann, wenn der Schüler etwas können, aber nichts lernen will. Der Vergleich mit dem Russischschüler, der sich weigert, sich mit dem kyrillischen Alphabet herumzuplagen will, ist nicht aus der Luft gegriffen, denn solche Schüler gibt es auf musikalischem Gebiet tatsächlich. Ich hatte mal einen Schüler, der wollte tolle Sachen spielen, sich aber nicht mit dem lästigen Baßschlüssel abgeben. In solchen Fällen hilft dann auch kein "50/50-Modell".
 
Also ich hatte noch keinen Schüler der sich Beschwert hat, weil ich ihm zu dominant war :-D Ganz im Gegenteil - wenn ich sage "und, was machen wir heute?" kommt meistens zurück "hä? Weiß nicht, du bist doch die Lehrerin" [emoji38]
Da merkt man dann doch, dass Du noch jung bist und deshalb Deine Autorität noch starke Grenzen hat. Einem älteren Lehrer (spätestens 50 plus...) würde kein Schüler so etwas antworten.

Die Frage "Und was machen wir dann heute?" stelle ich auch gelegentlich Schülern, die nicht geübt haben, damit sie richtig deutlich spüren, dass sie eine starke (Mit-) Verantwortung für Erfolg oder Misserfolg des Unterrichts bzw. dafür, ob es Spaß macht oder nicht, haben. Lasse sie dann kurz schmoren, auf ihre Antwort wartend.
 

Ich gönne Euch ja das Lachen von Herzen, alles gut - aber während die Ausdrucksweise der Krankenschwester tatsächlich Blödsinn ist, ist das im Falle von Klavierunterricht anders, da der Unterricht nun mal von Lehrer und Schüler gemeinsam gestaltet wird, natürlich unter Führung des Lehrers. Die Wir-Form ist hier absolut angemessen.
 
Erinnert an den Psychiater, der einen Jungen fragte: "soso, wir machen also noch in die Hose?" und der Junge antwotete: "was, du auch?"
Das finde ich wirklich genial! Diese abschwächenden und herablassende Pluralform ist genauso unnötig wie das unpersönliche "man" wenn jemand "ich" meint.
Meistens merkt man (!) das allerdings nicht...
 
Erinnert an den Psychiater, der einen Jungen fragte: "soso, wir machen also noch in die Hose?" und der Junge antwotete: "was, du auch?"

Da fällt mir eine interessante Unterhaltung mit unseren Freunden ein:

Das Thema war ziemlich unbehaglich, es ging um die Vorstellung , im hohen Alter, nicht mehr autark sein zu können und aus Krankheitsgründen unseren Lebensabend in einem Pflegeheim verbringen zu müssen.

Ich warf die unerfreulich Befürchtung in die Diskussion, dass ich täglich von der pflegenden Person gefragt werde: „ Und? Hatten wir schon Stuhlgang? “ :blöd:.

Unser böser Freund Marcus erwiderte auf seine stets kultivierte Art, dass er ein freizügiges „Du gekackt?“ bevorzugen wurde. :lol:
 
Im Krankenzimmer zu fragen "Wie geht es Ihnen", ist schon anfechtbar. "Mir geht es ausgezeichnet, darum lieg' ich hier mit beiden Beinen im Gips und Beatmungsgerät im Krankenhaus." Besser schon, "Wie geht es Ihnen denn heute?"-"-im Vergleich zu gestern, haben die Schmerzen schon nachgelassen" (aha, geht doch).
Ganz doof: auf einer Beerdigung die Witwe zu fragen, " Na,Hilde, und wie geht's?"...;-)
 

Zurück
Top Bottom