Klavierlehrer wechseln

  • Ersteller des Themas Talia
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Alle schreiben "Piano Piano ist Mist", es gäbe viel bessere Bücher mit simplen Bearbeitungen - wieso nennt die niemand?

Eben nicht. Es gibt keine BÜCHER, die viel besser sind. Es gibt jede Menge EINZELNER Bearbeitungen, die viel besser sind. Das ist ja das Problem!

Leider kann man nicht per se sagen, der und der macht gute Bearbeitungen. Die haben alle ihre guten und schlechten Tage. Insofern bleibt auch hier nur die Hilfe des KL (zumindest, indem er mal was vorspielt). Auch der vielgeschaltene Heumann hat Bearbeitungen abgeliefert, die nicht schlecht sind (BarPiano ist für Novizen durchaus brauchbar), genauso wie der von mir geschätzte C. Gerlitz eben auch genug Murks gemacht hat. Es kommt immer auf das jeweilige Stück an und was man selbst von dem Stück erwartet. Ich frage mich immer: "Möchte ich in das Stück 3, 4 Monate investieren?" Und: "Werde ich es nach Jahren noch gerne spielen?". GErade bei letzterer Frage trennt sich die Spreu vom Weizen.
 
Die Sache mit Bearbeitungen ist folgendermaßen:

Will man etwas für Einsteiger vereinfachen, so muß man a) Ahnung und b) Geschmack haben, um die Vereinfachungen so vorzunehmen, daß a) das Wesentliche des Stücks erhalten bleibt, b) nicht lediglich aus Spielbarkeitsgründen unzulässige Vereinfachungen oder Abwandlungen stattfinden und c) das Ganze gut spielbar bleibt, möglichst auch ohne daß eigentlich langwierige Unterweisung eines Lehrers erforderlich wäre.

Bei Heumann und Konsorten ist das Problem: Die wissen, was für Wald-und-Wiesen-Einsteiger mit keinem oder schlechtem Klavierunterricht schwierig ist, also schreiben sie die Arrangements so, daß primär genau diese Schwierigkeiten umgangen werden. Beispiele: Sprünge; komplizierte Fingersätze; komplexere Pedalabläufe; viele Vorzeichen in den Noten etc.

Dabei gehen sie allzu oft unzulässige Kompromisse ein; z.B. werden Akkordklänge so reduziert, daß der Sinn der Akkordfolge entstellt wird (Paradebeispiel: Statt eines Akkordes, der im Bass den Grundton hat, steht in der Bearbeitung rein aus "Griff-Bequemlichkeits-Gründen" ein Quartsextakkord, also einer, bei dem die Quinte unten ist, was einen völlig anderen Klang und auch völlig anderen harmonischen Sinn ergibt *schauder*).

Oder Rhythmen, die den typischen "Groove" des Stücks ausmachen, werden rein aus Lesbarkeitsgründen "geradegerückt" oder vereinfacht (obwohl sie, wenn sie im Unterricht vor- und nachgemacht würden, prima spielbar wären).

Oder chromatische Töne, die das Charakteristikum einer Melodie oder Akkordfolge sind, werden weggelassen, weil das "zu blöd zu lesen ist".

Oder Begleitfiguren werden in einen engen Bereich in der Baritonlage zusammengequetscht, wo sie total muffelig klingen, "weil so weite Intervalle einem Anfänger nicht zumutbar sind".

Oder Abläufe werden so zusammengekürzt, daß man über das Ergebnis nur lachen kann. Usw.

Wenn Bearbeiter zum Teil brauchbare Bearbeitungen schreiben, zum (meist größeren) Teil aber schlechte, dann kann das folgende Gründe haben:

- Bei den gelungenen hatte er einfach nur Glück, daß das Stück gut in sein Prokrustesbett paßte und trotzdem nicht allzu doof klingt.

- Er hat an sich sehr wohl Ahnung und Geschmack, aber aus irgendeinem Grund hat er sich dafür entschieden, dies bei den nicht gelungenen Bearbeitungen beiseite zu lassen. Mir fallen dann als mögliche Gründe eigentlich nur Faulheit ein oder das fälschliche Denken, es sei zweckmäßig, aus "Hand-Bequemlichkeitsgründen" auch mal was suboptimal klingen zu lassen. Übrigens kenne ich einen, der Pianobücher im Jazzbereich rausgebracht hat; den fragte ich, warum er denn die Aufnahmen auf der Heft-CD nur auf einem Digi gemacht hat und nicht auf einem vernünftigen Instrument. Antwort: "Äh, ja, äh, da war keine Zeit mehr, das mußte schnell fertig werden." Traurig!

- Er hat keine Ahnung und keinen Geschmack.

LG,
Hasenbein
 
Klingt alles recht stimmt, hasenbein. Das Dumme an der Sache ist jedoch, dass die meisten Einsteiger zu den "Wald-und-Wiesen" - Einsteigern gehören. Auf so ziemlich jedem Hobbygebiet gibt es die Massen an Normalusern, die durchaus mit Spaß an die Sache heran gehen, aber entweder nicht die hohen Weihen erreichen wollen, oder schlichtweg es auch (zeitlich, finanziell) gar nicht packen.

Ob das alles so gruselig und zum Schaudern ist, wage ich zu bezweifeln. Von so ziemlich allem gibt es eine "Normal-Version" für Leute, die nicht ihre gesamte Freizeit und/oder massig Geld opfern wollen oder können.

Finde ich persönlich aber auch nicht schlimm. Nicht bei jedem Hobby kann und muss es die Unvermeidlichbarkeit sein, den Status pro eines beruflich Engagierten zu erreichen. Und das wissen die Anbieter solcher Werke auch ganz genau.
 
Hallo Talia,
von der Sorte KLs scheint es ja mehrere zu geben, bei mir war es sehr ähnlich: Alfred`s Klavierschule 1 + 2 wurde teilweise (die Zusammenstellung der Stücke darin finde ich nicht sehr gelungen) durchgespielt, ich brachte dann Pianopiano classic mit aus dem ich 2 Stücke spielte und es dann in die Rundablage beförderte. Vom KL sehr wenig Kommentare.
Ich kenne mich bei Bearbeitungen von Originalstücken nicht aus und kann es auch nur anhand der grausamst bearbeiteten Mondscheinsonate (1. Satz) aus PP classic etwas beurteilen, es zeigt nicht nur eine einfachere Spielweise (keine Oktavgriffe links und in der rechten ein sehr einfache Melodieführung) sondern ist auch nach G-Dur transponiert, das Original ist Cis-moll, nur geht damit der Charakter des Stücks völlig flöten. Die Sonate werde ich im Original sicher nie spielen können, da meine Hände zu klein sind. Ich kann rechts nicht gleichzeitig einen Ton halten und mit den restlichen Fingern weit melodieführend greifen. Gibt es auch Bearbeitungen, die auf der originalen Tonart basieren, aber in der technischen Ausführung etwas einfacher gehalten sind? Dabei geht für mich die Welt aber nicht unter, wenn ich es anatomisch nicht spielen kann. Da gibt`s diverse andere Stücke, die kleinhandgerecht sind und trotzdem gut klingen.
Momentan spiele Stücke aus einem Sonatinenheft, das fühlt sich um einiges besser an.
Dir Talia viel Freude beim Spielen und danke Hasenbein für Deine ausführlichen Erläuterungen. Bearbeitungen scheinen ein schwieriges Gebiet zu sein.
Gruß Ivory
 
Hi all ;)

Bearbeitungen / Veränderungen sind anscheinend auch verkaufsbezogen wichtig.

Zitat zum Schubert-Impromptu Ges-Dur, op. 90: ( Sachverhalt wahrsch. vielen hier bekannt, ich stells aber trotzdem mal zur Diskussion, weil ich hier den Vorwort-Text von Badura-Skoda grad lese ):

Zitat Vorwort:

Die Impromptus zeigen Schubert auf dem Gipfel seiner Meisterschaft. Der "dunkle" Rahmen der B-Tonarten wurde nur vom Verleger Haslinger unterbrochen, der es wagte, 29 Jahre nach Schuberts Tod das 3. Impromptu, sicher nur aus Verkaufsgründen, nach G-Dur zu transponieren und dabei sogar eine geschmacklose harmonische Änderung darin anzubringen..

Najaa, und da spielt natürlich die Textkritik eventuell als zusätzlicher Aspekt mit hinein. Denn hinten im Buch wird darauf Bezug genommen. Vielleicht war es gar nicht Haslingers IDEE, das so zu machen, sondern er fühlte sich durch einen VERMERK dzu bestätigt ?

Textkrit. Anhang, Zitat:

Das Aut. trägt von fremder Hand ( Diabelli ? ) den Vermerk: " Im ganzen Takt und in G-Dur um zu schreiben" [sic] [Anm. Olli: es folgt blabla, das sich auf weitere Änderungen bezieht] und dann: Zitat weiter: "Durch die postume G-Dur-Fassung des Erstdrucks wird das tonale Gleichgewicht zwischen den Impromptus empfindlich gestört." [...]

Dann folgt Notenbeispiel mit bahnbrechender, geschmackloser harmonischer Änderung: :D

Notenbeispiel: T.1, G-Dur, l.H.: erst ganze Note g-d, dann halbe g-d, und dann halbe fis-dis ;) und rechts dann folgend h-dis-a-dis-h ;)

plus Zitat:

...Erstdruck-Harmonieführung, die sicher nicht auf Schubert zurückzuführen ist. [Sie ist] ein anderes typisches Beispiel dafür, wie respektlos die frühen Verleger mit Schubert umgingen. Durch diese versüßlichte Variante wird die Harmonie in T 6 plump vorweggenommen.

Allerdings frage ich mich: Wenn nun jemand das Ding auf einem Klavier spielt, das einen halben Ton zu hoch gestimmt ist, dann spielt er es doch EIGENTLICH auch in G-Dur, oder ? Naja, egal. Was haltet Ihr denn von solchen Eingriffen wie beim Schubert-Impromptu Ges-Dur ?

LG, Olli !
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
von der Sorte KLs scheint es ja mehrere zu geben

Nicht nur "mehrere", sondern die meisten KL sind so: wenig Ahnung, zu unengagiert, unterrichten nach Schema F, unterrichten mit schlechten Lehrwerken etc.

Das habe ich hier im Forum ja schon oft dargelegt; aber die Amateure und Einsteiger wollen es ja immer nicht glauben. Solange, bis sie merken, daß sie selber bei so einem Schnarchsack gelandet sind.

LG,
Hasenbein
 
Ich glaub´s Dir :D

Und das betrifft nicht nur KL ...
 
Allerdings frage ich mich: Wenn nun jemand das Ding auf einem Klavier spielt, das einen halben Ton zu hoch gestimmt ist, dann spielt er es doch EIGENTLICH auch in G-Dur, oder ? Naja, egal. Was haltet Ihr denn von solchen Eingriffen wie beim Schubert-Impromptu Ges-Dur ?

Hi Olli,

ich habe als Jugendlicher mal auf einem Flohmarkt für ganz kleines Geld eine Ausgabe der Schubert Impromptus gekauft. Und da war die Fassung in G-Dur drin, muss ich noch irgendwo rumfliegen haben. Jetzt weiß ich endlich, wem ich das zu verdanken hatte:-).

LG
Chris
 
Olli, ich mach mich am WE auf die Suche und schicke sie Dir wenn ich sie in meinem Notenchaos gefunden habe, versprochen:-)!

LG
Chris
 

mhh .. mkay ;) muss aber nicht sein !! Danke Dir. Auch wenn Du sie nicht findest !

Denk dran, dass es immerhin scan-Arbeit bedeutet :shock:

Gibts das Ding nicht bei imslp ?

LG, Olli !
 
Olli, bin EDV-Depp und schicke Dir das Heft. Ich spiele ja eh nach meiner Henleausgabe in Ges-Dur.

LG
Chris
 
Tatist: Das Dumme an der Sache ist jedoch, dass die meisten Einsteiger zu den "Wald-und-Wiesen" - Einsteigern gehören. Auf so ziemlich jedem Hobbygebiet gibt es die Massen an Normalusern, die durchaus mit Spaß an die Sache heran gehen, aber entweder nicht die hohen Weihen erreichen wollen, oder schlichtweg es auch (zeitlich, finanziell) gar nicht packen.
Ob das alles so gruselig und zum Schaudern ist, wage ich zu bezweifeln. Von so ziemlich allem gibt es eine "Normal-Version" für Leute, die nicht ihre gesamte Freizeit und/oder massig Geld opfern wollen oder können.
Nein, es ist nicht alles gruslig und zum Schaudern. Von fast allem gibt es Versionen, die anhörbar sind. Aber die zu finden, ist für einen Anfänger unmöglich. Daher nochmals der Hinweis: Das Auswählen guter Stücke/Bearbeitungen ist eine wesentliche Aufgabe eines guten KL!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Nein, es ist nicht alles gruslig und zum Schaudern.
Genau!
Da muss ich wieder an das "Yesterday" denken. Das habe ich als Kind mal gespielt nach Noten, die genau genommen noch einfacher waren als im PianoPiano. Die linke Hand spielte eigentlich nur die Bassnotes, aber mit entsprechendem Rhythmus und guten Überleitungen. Das klang/klingt richtig gut und steht einem schwierigen Arrangement in nichts nach.
 
Hallo Ivory,
danke für das Posting. Ich hab auch mit der Alfredschule gearbeitet. Den ersten Band haben wir gemacht bevor ich dann mit PP weiter gemacht habe....
Die Mondscheinsonate hab ich auch aus dem Buch gespielt.
Lieben Gruß
 
Talia, nu erzähl doch mal: Hast Du gestern mit dem KL über die ganze Problematik geredet? Was hat er gesagt?
 
...hab aber eine -für meine Neugier ausreichende- G-Dur-Version bei Musicaneo entdeckt!...
Das ist in G-Dur doch schwerer zu spielen als in Ges-Dur. Achte nur mal auf Deine Finger in den ersten beiden Takten. In Ges können 1 und 5 bequem auf den Tasten liegen, in G wirst Du vermutlich eine kleine Handschwenkbewegung machen müssen oder mit 2 und 4 tiefer zwischen den Tasten greifen müssen und außerdem noch beim 5ten aufpassen, daß Du die daneben liegende weiße Taste nicht mit erwischt. In Ges ist nichts im Weg und die Hand kann ganz ruhig bleiben.
Nur meine Ansicht, weiß nicht was KL dazu sagen.

Gruß
Manfred
 

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