Lesen? Zu voraussetzungsreich und deswegen abtörnend. Anschauen. Ich gäb was drum, wenn irgendwer die Inszenierung der Orestie von Peter Stein mit seiner Übersetzung wieder aufbacken würde. Oder die "Perser" von der Berline Volksbühne der 90er Jahre. Und Du, glaub mir, würdest auch die Ohren anlegen. Bei Beethoven vermutlich auch, wenn ihn Dir einer erklärt. Oder? ;)
Du scheinst mich falsch einzuschätzen. Beethoven erklärt sich mir bei der Beschäftigung mit seiner Musik von selber. Wenn ich was von der Dramatik geschrieben habe, die heute keiner mehr nachvollziehen kann oder will, dann habe ich nicht mich gemeint, sondern die dumppe Masse. Vermutlich war das sowieso schon immer so.
Hab jetzt noch ein Anliegen. Die Spielgeschwindkeit. Hab mich schonmal mit rolf deswegen rumgestritten. Ich mach mir immer mal wieder darum Gedanken.
Nehmen wir mal op.106.
Bei diesem Werk wurde ja die Geschwindigkeit von Beethoven (angeblich) vorgegeben. Brutal schnell. Galt anfänglich als unspielbar bis Liszt es uraufgeführt hat.
Am Anfang des ersten Satzes mag es ja noch stimmen; aber im Verlauf des ersten Satzes kommen die schönsten Dur/Moll Harmoniefortschreitungen vor, die je komponiert worden sind. Es gibt nichts Schöneres. Wie ein Liebesgedicht oder die Beschreibung von absoluter Vollkommenheit in Musik gepackt. Vielleicht ein himmlisches Jauchzen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass der liebe Ludwig van das so schnell gehabt haben will. Wer flüstert schon seiner/seinem Geliebten: Ich liebe dich, in einem Affenzahn in´s Ohr. Da will doch jeder Augenblick Unendlichkeit werden. Psychopathen vielleicht.
Aber was machen die Pianisten. Sie halten sich an die aberwitzige Geschwindigkeitsvorgabe, die es vielleicht so nie gab oder gemeint war. Und sie finden überzeugende Argumente dafür, die Armen.
Eine andere Möglichkeit wäre, dass Ludwig noch nicht mit dem Metronom klar kam ( Er soll ja angeblich unfähig gewesen sein, einfachste Rechnungen zu machen, kaum vorstellbar!) oder das er nur die halbe Geschwindigkeit gemeint hat, was für mich eher unwahrscheinlich ist ( Halbes Taktmass, da
Metronom nur einmal pro Durchgang geschlagen hat). Oder, was ich mir bei Ludwig, seiner Genialität voll bewusst, sehr gut vorstellen kann, ist, dass er für alle Zeiten eine musikalische Sphinx schaffen wollte. ( Ich war, ich bin, ich werde sein )
So meine ich, dass es bei vielen Stücken nichts ausmacht, die schnell zu spielen, aber manche brauchen Tiefe. Und vor Allem meine ich, dass Menschen, die nicht mit so grandiosen Werken wie z.B. der Hammerklaviersonate vertraut sind, die diese nur dann geniesen können, wenn sie diese auch nachvollziehen und geniesen können. Ich spreche für die 99 %.
Ich bin der Erfinder de Langsamkeit. Ein Hoch auf den Genuss.
Slow Food anstelle Fast Food.
Rudl
Duck und weg.