Können Profis Untrainierte Stücke auf Anhieb vom Blatt spielen?

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pianofox

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Hallo,

ich bin selbst absoluter Anfänger und habe vor zwei Wochen meine ersten Gehversuche mit den schwarz-weissen Tasten begonnen. Dabei brauche ich immer eine kleine Ewigkeit, bis ich die simplen Anfängerstücke soweit geübt habe, bis sie halbwegs sitzen.

Mich würde mal interessieren, wie das so bei einem "Profi-Pianisten" ist, wenn er ein anspruchsvolles Stück nur von den Noten weg spielen soll. Klappt das auf Anhieb, oder müssen die auch erst üben, bis alles sitzt? Ich denke im gleichen Genre wird das relativ schnell gehen, da man ja fast alles schon mal gespielt hat, aber wie ist das dann in fremden Genre, wenn z.B. ein klassischer Pianist ein Jazz-Stück vom Blatt spielen soll?

Auf welches Niveau kann man hier nach drei Jahren üben kommen, sagen wir mal mit einem Aufwand von 4-6 Übungstagen pro Woche? Klar das kommt natürlich auch auf's Talent und Alter an, sagen wir mal durchschnittlich begabt und über 50 Jahre alt?

Danke schon mal für Eure Einschätzungen!
 
Hallo, Deine Frage klingt nach Ungeduld. Die wirst Du Dir abgewöhnen müssen. Auch Profis "trauen" sich mit manchem Stück erst nach Monaten/Jahren auf die Bühne.

Wie weit man in drei Jahren kommt, hängt von so vielen individuellen Faktoren ab, dass eine seriöse Antwort m.E. eher nicht möglich ist.
 
Ich denke im gleichen Genre wird das relativ schnell gehen, da man ja fast alles schon mal gespielt hat, aber wie ist das dann in fremden Genre, wenn z.B. ein klassischer Pianist ein Jazz-Stück vom Blatt spielen soll?

Hallo pianofox,

schön, dass Du mit dem Klavierspiel begonnen und den Weg ins Forum gefunden hast, herzlich Willkommen!

Ich behaupte mal kühn, dass es im ersten Teil der o.g. Frage wirklich auf den Schwierigkeitsgrad des Stückes ankommt, im 2. Teil zu 95% schief gehen wird:-). Die Töne mögen stimmen, es wird sich aber immer noch "klassisch" anhören.

Übungsaufwand 4-6 Tage/Woche? Na ja, das kommt drauf an, ob man eine halbe oder 12 Stunden am Tag spielt.

Bin selber Amateur, könnte mir aber vorstellen, dass die Meinung der Profis hier nicht allzu stark abweicht.

Viel Spaß und Erfolg bei Deinen weiteren pianistischen Ambitionen!

LG
Christian
 
Ich bin kein Klavierlehrer und auch nicht wer weiß wie fortgeschritten, darum gib nicht zu viel auf meine Meinung, aber hier mal meine Einschätzung:

Ich spiele inzwischen insgesamt auch mehr als 3 Jahre. Und die Sachen, die ich ernsthaft vom Blatt abspielen kann, entsprechen natürlich NICHT meinem Fähigkeitsniveau. Es geht in der Regel nur mit sehr einfachen Stücken, die ich aber nicht spielen will ;) Verstehst du, was ich mein?

Nach meinem empfinden hat Klavier lernen immer was mit Geduld und viel Zeit zu tun. Meine Fortschritte sind in der Regel langsam. Innerhalb von 2-4 Wochen merke ich nicht sehr viel. Wenn ich nun aber ein halbes Jahr zurück denke, hat sich schon einiges getan. Es ist halt ein eher langwieriger Prozess.

Was das vom Blatt spielen angeht: Ich kann mir eh nicht vorstellen, dass ich dem Stück gerecht werde, wenn ich es mal eben abspiele. Es gehört ja in der Regel so viel Dynamik dazu und wie man wo betont und den Anschlag richtig wählt, das kann ich beim abspielen gar nicht berücksichtigen. Darum wäre es für mich kein "Ziel". Ich will eigentlich gar nicht perfekt oder toll vom Blatt spielen können uns mir bleibt auch etwas die Motivation dahinter verborgen, warum man das können möchte.

Das ist mir so dazu eingefallen ;)
 
Hallo Pianofox,

Deine Frage kann man leider wirklich nicht beantworten. Es gibt Profipianisten, die keine einzige Note lesen können (weil sie z.B. blind sind oder es nie gelernt haben). Diese werden daher nie ein Stück auch nur ansatzweise vom Blatt spielen. Es gibt aber auch klassisch ausgebildete bzw. studierte Profipianisten, die mehr oder weniger von vorne beginnen müssen um einen Jazzstandard nach einem Lead Sheet spielen zu können.
 
Hallo,

Du hast - mit Verlaub - eine für im Hinblick auf Deine Ambitionen (nein, mit 50 willst Du kein Profi mehr werden!) und Deine Kenntnisse (nach zwei Wochen Klavier spielen weiß man so gut wie gar nichts darüber) vollkommen irrelevante Frage gestellt. Also: übe weiter und mache Dir um diese Frage keinen Kopf! Wenn Du Korrepetitor oder Studio-Musiker werden möchtest, wäre das etwas anderes, aber das kann man sich in dem Alter abschminken. In jungen Jahren hat mich das Vom-Blatt-Spielen oder Prima Vista, wie es auch genannt wird, ebenfalls sehr fasziniert. Heute hat es, da ich kein Profi wurde, keinerlei Bedeutung. Eine gewisse Fähigkeit, vom Blatt spielen zu können, geht mit dem pianistischen Fortschritt Hand in Hand. Wenn man weiter besonderen Wert darauf legt, kann man es auch gezielt üben.

Aber um noch eine Antwort zu lierfern: ein guter Klavierlehrer wird (fast) alle Stücke, die Du noch lernen wirst, vermutlich vom Blatt spielen können.

Ein ausschließlich klassisch ausgebildeter Pianist kann kein einziges Jazz-Stück überzeugend vom Blatt spielen, weil Jazzmusik sich im Prinzip hauptsächlich in der ihm unbekannten jazz-spezifischen Phrasierung von klassischer Musik unterscheidet. Jemandem, der von Jazz keine Ahnung hat, wird das wiederum womöglich nicht auffallen.

LG
BP
 
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Es gibt Profipianisten, die keine einzige Note lesen können.
...das sagte man auch gerne von Pavarotti, dass er nicht Noten lesen konnte (nette Legende - wie können Analphabeten studieren und wo?...)... rein interessehalber: welcher nichtblinde (übrigens gibt´s für Blinde eine Notenschrift) Profipianist spielte Liszts Sonate oder ein Tschaikowskikonzert, ohne eine einzige Note lesen gekonnt zu haben?
 
aber zur Eingangsfrage, ob Profis untrainierte Stücke vom Blatt spielen können: ja, die können das - aber wenn die Stücke sehr schwierig sind, dann hört sich das nicht besonders erfreulich an :):) (weil man da nur kleine Abschnitte im Tempo zu hören kriegt und weil besonders fiese Passagen ganz langsam kommen)
 

(und das ist, was viele offenbar mit staunen begaffen, obwohl´s da eigentlich nix zu staunen gibt)

ich darf - mit Deiner Erlaubnis - trotzdem ein wenig darüber staunen. Prima Vista-Spiel ist weder eine meiner ausgemachten Stärken, noch Ziele.

Du hattest ja auch schon darüber geschrieben: daß man mit der Zeit Übung bekommt im Erfassen von ganzen Strukturen im Notentext, gleichzeitiger Umsetzung derselben am Instrument, notfalls eben on-the-fly Vereinfachung, ein Gefühl für die verschiedenen Tonarten und das "Tastengelände".....

Oder gleich dabei Transponieren, wenn man eine Sängerin beim Einstudieren ihres Parts begleitet (obwohl: hab ich das richtig in Erinnerung? Macht das denn soviel Sinn, wenn sie später dann in einer anderen Tonlage singen muß?)
 
(obwohl: hab ich das richtig in Erinnerung? Macht das denn soviel Sinn, wenn sie später dann in einer anderen Tonlage singen muß?)
(nein, dann macht das für beide keinen Sinn - aber es kommt vor, dass bei Proben oder Prüfungen ad hoc eine andere Tonart beschlossen wird etc. und dann ist halt transponiert spielen können angesagt (ist bei Schuberts Ave Maria kein Problem, bringt aber in Wagners stehe still jeden zum schwitzen...))
 
und das ist, was viele offenbar mit staunen begaffen, obwohl´s da eigentlich nix zu staunen gibt
Sagst Du! Ich staune trotzdem immer wieder und schüttel ungläubig den Kopf, wenn mein KL "mir das mal eben vorspielt", woran ich schon 4 Wochen am Ackern bin (und er das Stück nachweislich nicht kannte).

Pianofox: Ich spiele seit mehr als 30 Jahren und kann fast nix vom Blatt spielen. Bassplayer hat ganz Recht: Mach Dir darum keinen Kopf. Es ist nicht wichtig.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Wow! Einer macht mitten in der Nacht ein Thema auf, und bekommt bis zum frühen Morgen 14 Antworten: Clavio, the Forum that never sleeps:D
Zum Thema: Ich hatte, bevor ich vor vielen Jahren angefangen habe, Klavier zu lernen, schon jahrelang ein anderes Instrument gelernt, auf dem ich ein sehr hohes Niveau erreichte, und so ziemlich alles vom Blatt weggeknallt habe.
Trotzdem habe ich auf dem Klavier am Anfang (sehr zum Unverständnis meines Konservatoriumslehrers) kein einziges noch so leichtes Stück vom Blatt spielen können.
Einer der Gründe: Mein Erstinstrument setzte nur lineares Lesen und Umsetzen voraus, während beim Prima Vista- Spiel am Klavier außer vertikalem Lesen ein extrem schnelles zeitgleiches (bzw. dem musikalischen Kontext gemäßes) Erfassen und Umsetzen komplexer Dinge notwendig ist. Eine Routine darin zu erreichen setzt jahrelange Erfahrung und "Training" voraus.
 
Wow! Einer macht mitten in der Nacht ein Thema auf, und bekommt bis zum frühen Morgen 14 Antworten

Ja, wow, ich bin wirklich baff über die vielen Antworten, vielen lieben Dank Euch allen! :p

Meine Fragen sind weniger aus mangelnder Geduld heraus entstanden sondern in erster Linie aus reiner Neugierde. Mir ist einfach nicht klar ist, wie das so ist, wenn man z.B. als Absolvent nach einem Klavier-Studium ein (möglicherweise noch Genre-fremdes) Notenwerk vorgesetzt bekommt um es zu spielen.

Meine eigene Motivation mich im "hohem Alter" (ich bin noch unter 50) noch mal ans Klavier zu wagen liegt darin begründet meine Zeit sinnvoller zu verbringen als Abends vor der Glotze zu sitzen. Davon abgesehen hoffe ich, dass vielleicht meine Kinder (Kindergarten und Grundschule) Geschmack daran finden (ich würde sie aber nicht zwingen wollen sondern versuchen gemeinsam spielerisch daran gehen wollen). Ich werde wohl keine Konzerte mehr spielen, sehe es eher als eine Form von Gehirnjogging an und hoffe doch, dass ich in absehbarer Zeit (wenige Jahre) so viel "Handwerkszeug" beisammen hab, dass ich ein wenig frei spielen und improvisieren kann (würde mich lieber in Richtung Blues/Jazz orientieren wollen als an der Klassik, auch wenn ich durchaus bewundere wie manche Klassik-Pianisten spielen).

Für das Klavier hab ich mich bewusst entschieden, da es mir weniger Ablenkung bietet als die modernen Keyboards und der Umstieg in Richtung Keyboard einfacher geht als umgekehrt. Abgsehen von der obigatorischen Blockflöte in der Schule hatte ich mich vor ca. 30 Jahren mal an einem Keyboard/Synthesizer versucht und mich dann so sehr in Klang- und Computerexperimente mit dem Gerät verloren, dass das Spielen auf der Strecke blieb. Jetzt nach 30 Jahren möchte ich mich mehr auf's wesentliche konzentrieren und - hoffentlich ausgestattet mit mehr Geduld - noch einen Versuch starten.

Ein gewisser Hintergrund meiner Frage ist auch, wie viel Energie man ins Spiel nach Noten stecken sollte oder ob man die Noten (nach ein paar Grundlagen) einfach sein lassen und mehr versuchen sollte nach Gehör/Gefühl zu spielen. Ich denke am Anfang gehört es wohl erst mal dazu sich ein paar Grundfertigkeiten im Notenlesen und -spielen zuzulegen, aber ich hab schon von einigen Leuten gehört, denen das Instrument erst dann Spaß gemacht hat, nachdem sie die Noten "aufgegeben" haben.

Also vielen herzlichen Dank noch mal für die vielen Antworten und ein schönes Wochenende!
 
Mich würde mal interessieren, wie das so bei einem "Profi-Pianisten" ist, wenn er ein anspruchsvolles Stück nur von den Noten weg spielen soll. Klappt das auf Anhieb, oder müssen die auch erst üben, bis alles sitzt?

Mein Onkel konnte das. Jahrgang 1910, sehr früh angefangen, Unterricht anscheinend nach ganz alter Schule. Er sprach davon, wie seine Klavierlehrerin ihn damals gequält hätte (hab leider vergessen, womit. Jedenfalls sprach selbst er von "alter Schule"). Zeit seines Lebens Berufsmusiker (Klavier und Akkordeon), hat damals noch die Klavierbegleitung zu Stummfilmen im Kino gemacht, später dann als Kaffehauspianist gearbeitet, seine Frau war Sängerin. Klingt zwar nach leichter Kost, aber er konnte auch anders. Jedenfalls konnte der hervorragend vom Blatt spielen. Wenn es nicht allzu anspruchsvoll war, konnte er das sogar in Echtzeit transponieren, also nicht nur vom Blatt gespielt sondern sogar in einer anderen Tonart als original.
 
Glenn Gould soll sogar in der Lage gewesen sein, ein Stück welches er nur vom Blatt her kannte bzw. "gelesen" hatte, noch Jahre später fehlerfrei wiedergeben zu können. :)

Meine Klavierlehrerin bewundere ich auch immer wieder, wenn sie mir neue Stücke "mal eben" vom Blatt vorspielt. Sie selbst hält sich allerdings für eine schlechte Vom-Blatt-Spielerin. :)

In der Dokumantation die ich letztens im TV gesehen habe (über Alfred Brendel und Kit Armstrong) war zu sehen, dass Kit Armstrong ein Stück bereits nach dem 2. Spielen vom Blatt so gut wie fast konzertreif hatte (laut Kommentator).

Meine persönlichen Kenntnisse reichen nicht aus um das beurteilen zu können. Toll ist es schon, wenn man direkt vom Blatt spielen kann, besondern wenn man mal irgendwo eingeladen ist oder so. Aber unbedingt notwendig, glaube ich, nicht. :)
 
Glenn Gould soll sogar in der Lage gewesen sein, ein Stück welches er nur vom Blatt her kannte bzw. "gelesen" hatte, noch Jahre später fehlerfrei wiedergeben zu können. :)

Von Gulda wird kolportiert, dass er die Waldszenen von Schumann komplett auswendig gespielt hat nachdem ihm die Noten zum ersten Mal vorgelegt wurden. Wir Normalsterblichen müssen uns halt weiter quälen:D
 

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