Ich denke auch manchmal darüber nach, was für mich oder irgendjemanden unspielbar oder nahezu unspielbar ist. Abgesehen von so Witzen wie ungreifbaren Akkorden etc. gehören dazu wohl Stücke, die eine "unmögliche" Denkleistung erfordern und zudem noch technisch sehr schwierig sind.
Also z.B. ein Stück das aus völligem Chaos besteht, das dazu aber fast nicht spielbar ist, oder ein Stück mit extrem komplizierter Struktur, die man durchblicken muss, z.B. eine 10-stimmige Fuge mit sehr kompliziertem Thema + Kontrasubjekt oder gewisse Kompositionstechniken der Neuen Musik.
@Stilblüte
du musst da keine imaginäre Musik konstruieren - nimm einfach mal Sachen, die vorhanden sind, aber die manuellen und intellektuellen Fähigkeit der allermeisten überfordern:
Berlioz/Liszt Sinfonie fantastique
Wagner/Liszt Tannhäuser Ouvertüre
Paganini/Liszt Etüde E-Dur (Fassung b)
Reger Bachvariationen
Reger Klavierkonzert
Reger Donauwalzer-Improvisation
Ich habe jetzt nur 6 Klavierstücke genannt, die sehr selten gespielt werden, weil sie katastrophal schwierig in manueller Hinsicht sind. Sie enthalten weder 10-stimmige Fugen noch ungreifbare Akkorde oder anderen Unsinn

Sie sind halt einfach nur verdammt schwer und werden deswegen meist umgangen (Horowitz hat keines von diesen je öffentlich gespielt)
Übrigens ließen sich noch ein paar Kaliber dieser Sorte auflisten - was aber nützt das? Ist ein katastrophal schwierig zu spielendes Klavierstück etwa per se ein Garant für besondere musikalische Qualität? Gewiß ist das nicht automatisch so, von den genannten 6 Stücken beziehen sich ganze 5 (!) auf andere Kompositionen.
Grausig schwierig ist auch Rudepoema von Villa-Lobos, eine aus diesem Grund nur selten zu hörende Fantasie des Komponisten. Ist sie schwieriger als Gaspard de la Nuit, was man oft hört? Ich meine, dass Rudepoema tatsächlich etwas schwieriger als Ravels Hauptwerk für Klavier ist - aber musikalisch/künstlerisch hat man von Ravel mehr. Insofern kann ich nachvollziehen, wenn man sich die Mühe macht, Gaspard konzertreif zu üben und auf Rudepoema zu verzichten.
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die Metronom-Zahlen Beethovens zur Hammerklaviersonate:
im 1. Satz ist das spielbar, aber es wirkt dann weniger grandios, eher "lisztig"
im 2., 3., 4. Satz sind sie ok
im Finale aber... ich kann das nur im allgemein üblichen Tempo (Viertel = 120-132) spielen, mit Viertel = 144 kann ich das nicht. Allerdings finde ich 144 nicht "gehetzt" oder so: ein paar Abschnitte der Fuge kann ich in diesem Tempo, es kommt mir auch richtig vor (also das Tempo), aber dann gibt es halt Abschnitte darin, in denen ich selbst nach vielen Jahren immer wieder üben dieses Tempo nicht sauber hinkriege. Deswegen spiele ich diese Sonate nicht: ich kann da nicht alles im erforderlichen Tempo.
Und genau das ist ein interessanter Umstand, der möglicherweise viele schwierige Klavierstücke betrifft: (salopp formuliert) bis knapp ans Zieltempo schafft man alles, aber der geringe Schritt zum eigentlichen Tempo will nicht gelingen... (!!!) ...
(an dieser Stelle könnte man weitschweifig Beethovens Tempi ablehnen, könnte man zahlreiche wunderbare Aufnahmen (z.B. ganz fantastisch Arrau) erwähnen, die knapp unter dem Tempo liegen - zur Spielbarkeit oder Unspielbarkeit sagt das allerdings nichts: es sagt nur, dass a, b, c... x, y, z die Sonate wunderbar spielen können, ohne das geforderte Tempo in der Fuge zu realisieren)
Warum diese Erwähnung von vorgeschriebenen Tempi? Na ja, sowas gibt es öfter: z.B. wird Chopins op.10 Nr.2 sehr oft wunderschön gespielt, allerdings knapp unterhalb von Chopins Metronomzahl...
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Lohnt sich der Aufwand, exotisch schwierige Sachen zu lernen und dann zu spielen?
...nur selten lohnt sich das...
-- die pervers schwierige Paganini/Liszt Etüde (Fassung b) macht nur unter Kollegen Eindruck (alle anderen merken gar nicht, was man da macht)
-- die nicht minder schwierige Fatastique-Transkription langweilt die Leute im 1. und 3. Satz (hier ist es besser, un bal als Solostück zu spielen und die Kombination marche au supplice und Hexensabbath in einem anderen Programm als finalen Effekt zu bringen)
-- die Tannhäuser Ouvertüre ist ein gemeines Stück, weil die meisten Zuhörer gar nicht registrieren, dass sie gerade was zu hören bekommen, was Rach-3 überteigert...
-- die Regerschen Bachvariationen... da müssen die Zuhörer schon sehr zäh sein, umd das zu mögen...
...man ist besser bedient mit den üblichen Konzertsachen, sie ja auch mehr als nur schwierig genug sind...