Üben in allen Tonarten

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ChrisSilver

ChrisSilver

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Hallo

ich möchte etwas fragen. Gerichtet an alle, die eine Meinung haben.
Wie manche wissen, mache ich seit mindestens zwei Jahren Jazz-Musik. (Ich nehm das mit der Zeitrechnung nicht so genau.) Ich habe auch viel Freude damit.

Jedenfalls kommt immer wieder eine Phase, wo ich mich tiefer damit beschäftigen möchte und auch Dinge angehe, die nicht so spannend sind. Dazu hab ich etwa schon öfters mal Dreiklänge in allen Umkehrungen in allen Tonarten gespielt. Dann kam aber immer die Phase der Ernüchterung.

Ich habe etwa noch nie wissentlich Vierklänge in allen Tonarten gespielt. Ich beziehe mich jetzt nämlich auf die Praxis, dass man zB. die II-V-I Progression in allen Tonarten üben soll.

Ich habe das Jazz Piano Buch von Mark Levine bei mir, in dem zu Beginn des Buchs dem angehenden Jazz Pianisten geheißen wird, die II-V-I Verbindung in allen Tonarten zu üben (ich nehm an als Progression nach unten). Da stell ich mir die Frage, wie man dem angehenden Jazz Pianisten die Aufgabe stellen kann, die Verbindung in allen Tonarten zu üben? Daran kann dieser doch nicht Gefallen finden? Ohne ein technisches gutes Rüstzeug wird er dadurch meiner Ansicht nach sofort die Freude verlieren. Ich bin diese Aufgabe noch nicht angegangen, vermutlich aus folgendem Grund: Weil ich fürchte, gleich die Motivation zu verlieren (weil ich ahne, dass die Aufgabe undankbar ist).

Ich habe auch Standards noch nicht in allen Tonarten gespielt. Höchstens einen Standard (Black Orpheus) in drei Tonarten. Ich habe meinen Lehrer mal darauf angesprochen. Er meinte, ich solle mir darüber noch keine Gedanken machen. Ich möchte seinen Rat nicht anzweifeln, dazu schätze ich seine Worte zu sehr.

Meine Fragen sind:
1. Wieso wird in einem gelobten Lehrbuch dem angehenden Jazzschüler geraten, alles in allen Tonarten zu üben, wenn das in der Regel doch sofort die Motivation nimmt?
b) Diese Frage behandelt vor allem Jazzstandards: Wie wichitg ist es, alles in allen Tonarten zu üben? oder anders gefragt: Ab wann sollte es einem wichtig sein, alles in vielen Tonarten spielen zu können?
III. speziell an Schüler gerichtet: Was habt ihr für Erfahrungen mit dem Üben in mehreren Tonarten?

Ich würde mich sehr freuen, falls ich Antwort erhalte.

Lg
Chris

ps: Es gab schon einen ähnlichen Faden: https://www.clavio.de/forum/jazz-ecke/2700-man-uebe-allen-tonarten.html
Ich wollte allerdings nicht an den Faden anknüpfen, aus diversen Gründen und bitte die Mods, die Themen NICHT zu verknüpfen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich habe das Jazz Piano Buch von Mark Levine bei mir, in dem zu Beginn des Buchs dem angehenden Jazz Pianisten geheißen wird, die II-V-I Verbindung in allen Tonarten zu üben (ich nehm an als Progression nach unten). Da stell ich mir die Frage, wie man dem angehenden Jazz Pianisten die Aufgabe stellen kann, die Verbindung in allen Tonarten zu üben?

hallo,

die Antwort auf diese Frage ist recht einfach und vor allem auch sehr pragmatisch: es geht da um die Orientierung auf den Tasten gekoppelt mit der harmonischen Orientierung.

Auch wenn es anfangs vielleicht ein wenig Frustrationspotenzial enthält: es ist richtig, allerlei Kadenzen und Akkordprogrssionen in allen Tonarten zu können! Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man die Skalen kennt und als Gelände begreift, auf dem man sich bewegt. Hat man sich das erarbeitet, schwinden viele Probleme.

Dasselbe gilt übrigens auch für Klassikspieler - es ist nicht ein spezielles Problem des Jazz.

Fang doch ganz einfach an:
nimm erstmal eine typische Blues-Folge, und spiel die stur in allen Tonarten (das ist gar nicht so schwierig, aber lehrreich)
danach nimmst Du halt etwas komplexere Akkordprogressionen.

was man in D-Dur kann, das kann man auch in H-Dur usw.

Gruß, Rolf
 
Hallo Chris,

ich kann Deine Zweifel nur zu gut verstehen (Frustrationspotential) und habe mir die Frage auch gestellt (Phillip Moehrke hat in seinem Jazz piano voicing concepts sogar halbseitig Reihen von zehn Kästchen abgedruckt in denen man jeweils ein Häkchen machen soll, wenn man einmal den Quitenzirkel mit dieser Übung durch hat...).

Rolfs Hinweis "es geht da um die Orientierung auf den Tasten gekoppelt mit der harmonischen Orientierung" ließe die Frustrationstoleranz steigen, weil er jedenfalls den praktischen Sinn dahinter erklärt.

Aber dennoch, nicht mit mir: ich "muss" noch so viel lernen und habe nicht unbegrenzt (Lebens-)Zeit. Warum soll ich mich jahrelang damit frusten, in irgendwelchen Basics "perfekt" zu sein und mir so lange "Specials" verkneifen? Warum nicht erst dann etwas lernen, wenn es ansteht? (Und dann aber auch gerne bereit dazu sein - gilt übrigens nicht nur in der Musik).

Das heisst für mich: ich lerne das vom Blatt so, wie's dasteht, muß nicht C oder a sein. Und der Blues in C ist ganz nett, aber wenn Du mit Gitarreros jamst ist der Standard E. Bläser bevorzugen sicher wieder was anderes, wüßte ich auch gerne. Aber drei Tonarten... wäre das nicht ausreichend "Orientierung auf den Tasten gekoppelt mit der harmonischen Orientierung" - für den Hausgebrauch und die gegenseitige Befruchtung dieser Wissensinseln?

Es ist so einfach, sich Arbeit für andere auszudenken, aber zuweilen fehlt die Abschätzung, ob der Einsatz der (begrenzten) Ressource für _diesen_ Aspekt in diesem Umfang sinnvoll ist und rechtfertigt, andere Aspekte entsprechend zu vernachlässigen. Berufserfahrung...

Liegrü
Hanfred
 
Es ist so einfach, sich Arbeit für andere auszudenken, aber zuweilen fehlt die Abschätzung, ob der Einsatz der (begrenzten) Ressource für _diesen_ Aspekt in diesem Umfang sinnvoll ist und rechtfertigt, andere Aspekte entsprechend zu vernachlässigen. Berufserfahrung...

hallo,

also diese Argument leuchtet mir irgendwie nicht ein, auch glaube ich nicht, dass sich die Autoren der erwähnten Lehrbücher leichtfertig Arbeit für andere ausdenken...

Alle Skalen sehen und spielen können, grundlegend alle Kadenzen in allen Skalen spielen zu können (auch mit Vorhalten und erweiterten Akkorden) - das ist weder Hexenwerk noch besonders viel Arbeit! Aber es setzt halt Interesse voraus, das, was man in C spielen kann, auch in #C spielen zu können. Ich glaube nicht, dass es drei Tonarten gibt, auf die man sich nutzbringend für alle Eventualitäten beschränken kann.

Aber es ist halt immer die Frage, was man machen möchte: von Noten spielen und sich erklären können, was speziell in diesen Noten passiert, oder grundlegend begreifen und ausführen können.

Jazzpianisten können sämtliche angereicherten Akkordfolgen in allen Tonarten spielen - woher kommt das wohl? Ich bin geneigt, zu wetten, dass Fred mir da nicht allzu vehement widerspricht! :)

Gruß, Rolf
 
die Antwort auf diese Frage ist recht einfach und vor allem auch sehr pragmatisch: es geht da um die Orientierung auf den Tasten gekoppelt mit der harmonischen Orientierung. ...

... Dasselbe gilt übrigens auch für Klassikspieler - es ist nicht ein spezielles Problem des Jazz. ...

Genauso ist es, da gibt es nichts zu diskutieren.

Ich kann aber verstehen, dass stures Üben der Kadenzen ein gewisses "Frustrationspotential" enthält. Vielleicht ist es auch nicht die effektivste Methode. Ich rate immer dazu, Kadenzen an richtiger Musik zu lernen und zu üben.

Z.B. Mozarts Sonata facile, die ersten Takte der linken Hand: T D7 T - S T D7 T.

Wer noch keine praktische Erfahrung im Transponieren schaut am besten hier: "Anleitung zum Transponieren" für Anfänger
 
Meine Fragen sind:
1. Wieso wird in einem gelobten Lehrbuch dem angehenden Jazzschüler geraten, alles in allen Tonarten zu üben, wenn das in der Regel doch sofort die Motivation nimmt?
b) Diese Frage behandelt vor allem Jazzstandards: Wie wichitg ist es, alles in allen Tonarten zu üben? oder anders gefragt: Ab wann sollte es einem wichtig sein, alles in vielen Tonarten spielen zu können?
Zitat aus der russischen Klavierschule:
"Die ersten Beispiele - kleine, einprägsame, in sich geschlossene Melodien - sollte der Lehrer zunächst einzeln
vorspielen oder vorsingen, sie dann vom Schüler nachsingen und auf der Klaviatur suchen lassen. Wichtig ist, dass
der Schüler anschließend jedes Beispiel von einem beliebigen Ton aus spielt...."

Die Frage, ab wann man in allen Tonarten üben sollte, wäre damit wohl geklärt;).
Wenn ich Dich richtig verstanden habe fragst Du Dich, wozu Du z.B. für einen F-Blues eine II-V-I in Gb üben sollst. Nun, wenn Du die Takte 7-8 betrachest, könnten die auch so aussehen: Am7 D7 | Abm7 Db7 | Gm7...
Wenn Du nun auch in Standards sogenannte Reharmonisationen anwendest, wirst Du schnell durch alle Tonarten sein;- je tiefer Du in die Materie eintauchst, desto mehr wirst Du die Notwendigkeit erkennen, alles in allen Tonarten zu üben.
Mark Levine richtet seine Aufforderung wohl auch eher an angehende Jazzpianisten und nicht an angehende Jazzschüler. Als angehender Jazzschüler wird man anfangs eher kleinere Brötchen backen. Folgende Strategie könnte ich mir für den Anfang vorstellen:
Jeden Tag die Levine-Übung auf Seite 25 (Beispiel 3-2) in einer anderen Tonart. Wenn das funktioniert:
Jede Woche einen Standard (Melodie, Grund- u. Funktionstöne) in einer anderen Tonart (siehe etwa Beispiel "Just Friends", am Anfang vielleicht bis 3# und 3b).
Mach Dir keinen Druck und bestimme Dein Lerntempo selbst! Wenn eine Tonart in einer Woche nicht klappt, hänge einfach eine zweite oder dritte Woche an...
 
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Hi Chris und Stuemperle,

es ist wirklich so wie Rolf und Levin sagen.

Jazz ist eine Improvisationsform die größtenteils harmoniegebunden ist und lebt nicht nur von der linearen Improvisation sondern auch von der Harmonischen. So werden von Pianisten z.B. aus dem Stehgreif harmonische Erweiterungen eingefügt, die oft aus der Tonart herausführen und man sich somit von einer einfachen 2 Vorzeichen-Tonart in einer wesentlich weiter Entfernteren befindet. Ich könnte dazu 1000 Situationen aufzählen. Jazz lebt davon.
Wenn man sich nun aber immer nur im 1- bis 2-Vorzeichenbereich bewegt, verliert die Musik, bleibt vieles auf der Strecke.

Lösung:
Das Übel mit dem Übel verbinden.
Technisches zum Aufwärmen, z.B. Approachübungen, Arpeggien, Skalen, auch Hanon (aber vernünftig bitte!) jeden Tag in einer anderen Tonart spielen. Das bringt ungemein viel.
Auch die II-7 V7/I IMA7 (erweiterte Kadenz) in verschiedenen Tonarten üben.
Wichtig dabei ist nicht gleich alle Tonarten zu durchspielen, denn dann ist die Wahrscheinlichkeit dass der Spielfluss in's Stocken kommt sehr groß.
Ich würde mir immer kleine Häppchen vornehmen, z.B.:

|| D-7 G7 | Eb-7 Ab7 | D-7 G7 | CMA7 ||

Diese harmonische Ausweichung ist überschaubar und kann in einem Fluss, ohne zu stocken, bewältigt werden. Am nächsten Tag dann das gleiche in F Dur.

Man kann auch sehr schön das Sequenz-Spiel, und zwar Reale Sequenzen, mit dem Transponieren üben.
Es gibt hierzu verschiedene Bewegungsrichtungen. Die Gebräuchlichsten sind:
chromatisch aufwärts:
|| D-7 G7 | D#-7 G#7 | E-7 A7 | etc.

chromatisch abwärts:
|| D-7 G7 | Db-7 Gb7 | C-7 F7 | etc.

V7 Bezüge:
|| D-7 G7 | G-7 C7 | C-7 F7 | F-7 Bb7 | etc.

oder II-7 Bezüge:
|| D-7 G7 | C-7 F7 | Bb-7 Eb7 | Ab-7 Db7 | etc.


Wie gesagt, ich würde diese Übungen immer Koppeln mit Fingerübungen, die man ja eh machen muss zum Aufwärmen. So schlägt man 2 Fliegen mit einer Klappe. Und keine Angst, wenn die Scheese (frz. chaise) mal läuft, macht auch das sehr viel Spass.
 
Jazz ist eine Improvisationsform die größtenteils harmoniegebunden ist und lebt nicht nur von der linearen Improvisation sondern auch von der Harmonischen....
Und keine Angst, wenn die Scheese (frz. chaise) mal läuft, macht auch das sehr viel Spass.
Danke Fred und auch ihr anderen...

hm, also wenn der Spaß nicht auf der Strecke bleibt, dann können wir drüber reden! :D

is ja nur: ich stümper jetzt schon 4 Jahre und wenn's gut läuft habe ich noch 20, da ist kein professioneller Jazzpianist mehr drin. Andererseits, wenn ich so nach den Noten reproduziere (z.Zt. Desafinado) sticht mich manchmal der Hafer und ich mache einen kurzen Ausritt, manchmal ist es nur slightly out of tune und hört sich ganz nett an, aber es ist enorm viel Zufälligkeit (oder unbewußtes) dabei und macht aber auch einen Riesenspaß, wie sich aus den (nicht immer so beabsichtigten ;-)) neuen Klängen/Tönen sofort neue Fortschreibungen in der Phantasie bilden und die dann umzusetzen, wobei sich aus den (nicht immer so beabsichtigten... uswusw. :p

Deine Harmoniefolgen, Fred, (oder besser: Kadenzen?) sind ausgedruckt und kommen morgen auf die Tasten. Bin gespannt. Evtl. kommt da nochmal ne Frage... Bei o.g. Ausritten vermisse ich manchmal schon den Plan und würde gerne manche Zufälligkeit durch Absicht ersetzen...

Hm, Chris, ist ja eigentlich Dein Faden... was denkst Du?
Und übrigens - Dein Black Orpheus tät' mich interessieren. Wenn Du möchtest uploade ich meins (was beim Vorspiel bisserl mißlang) auch nochmal, sobald ich es refreshe - will's auf jeden Fall lebendig halten.

Liegrü
Hanfred
 
Ich würde mir immer kleine Häppchen vornehmen, z.B.:

|| D-7 G7 | Eb-7 Ab7 | D-7 G7 | CMA7 ||
Fred, meinst Du wirklich Eb-7 ...? Irgendwie habe ich da Schwierigkeiten, das in eine harmonische Abfolge stimmig einzubauen, E-7 tät dagegen flutschen. Oder ist mein Ohr noch zu unbedarft? :oops: Gibt's da 'nen verbindenden Ton als Eselsbrücke?

Gruß und Dank
Hanfred
 
Fred, meinst Du wirklich Eb-7 ...? Irgendwie habe ich da Schwierigkeiten, das in eine harmonische Abfolge stimmig einzubauen, E-7 tät dagegen flutschen. Oder ist mein Ohr noch zu unbedarft? :oops: Gibt's da 'nen verbindenden Ton als Eselsbrücke?

Gruß und Dank
Hanfred

Hi,

wenn das passiert, kann man entweder nach "comon tones", also gemeinsamen Tönen zwischen beiden Akkorden suchen oder man findet eine ensprechende Stelle in einem bekannten Standard.

Comon tones zwischen D-7 (dorische Chordscale) und Eb-7 (ebenfalls dorische Chordscale) sind die Töne c und f, wobei das "c" in Eb Dorisch etwas problematisch ist, da es einem bedingtem avoid unterliegt.
Literaturbeispiele sind z.B.

"You stepped out of a dream" --> PDF oder auch
"Laura" ca.bei 1:59 --> PDF

Allerdings wird in "Laura" vom 101 Strings Orchestra an besagter Stelle nicht Eb-7 Ab7, sondern Ab/D7, also ein Ab Durdreiklang über D7 (d f# c') gespielt. Probier am besten beides aus. Du wirst die Ähnlichkeit erkennen.
Hergeleitet wird die Kombination Eb-7 Ab7 vom Tritonusstellvertreter von V7/V. Die Klassiker nennen den auch "übermäßiger Quintsextakkord".
 
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nach "comon tones", also gemeinsamen Tönen zwischen beiden Akkorden suchen
die sind zwischen den anderen Akkorde auch zuhauf, aber hier?
Eb-7 ist doch: es, ges, b-flat und des, oder spinne ich?

Aber vielleicht bin ich auch zu unbedarft: "dorische chordscale" sagt mir nämlich (noch) nix. Ist damit die gesamte (welche) Tonleiter gemeint?
Oder einfach die sieben Töne von Eb-7(9/11/13) - da wären dann ja c und f als Optionstöne dabei (9 und 13, wenn ich mich nicht verzählt habe - Klavier muß um diese Zeit stumm bleiben). Werde ich mal im Frank Sikora stöbern...

Und danke für Deine Literaturbeispiele, werde ich mir auch noch reintun!

LG
Hanfred
 

die sind zwischen den anderen Akkorde auch zuhauf, aber hier?[ Eb-7 ist doch: es, ges, b-flat und des, oder spinne ich?
Ein Akkord ist in diesem Zusammenhang immer in seiner Ganzheit zu sehen, also Dreiklang, Sexte/Septime und erlaubte Tensions. Wenn alle Tensions erlaubt sind, ergeben das insgesamt 7 Töne, also eine komplette Heptatonik. Daher auch der Name Chordscale. Eine Chordscale ist nichts anderes als eine Pitchcollection, eine Kollektion für den Akkord brauchbarer Töne. Und wenn 2 Akkorde schwierig zu verbinden sind, dann liegt das meist an den nicht vorhandenen comon tones. Aber in unserem Falle haben wir ja zumindest Einen, und zwar das "f". "c" ist zwar auch in beiden Chordscales enthalten, unterlieght aber auf Eb Dorisch bezogen einem conditional avoid. Dazu ein anderes mal mehr. Es wird sonst zu kompliziert.
Also ich meinte, Du solltest bei dem Wechsel von Eb-7 nach D-7 Dich melodisch auf das "f" konzentrieren.


Aber vielleicht bin ich auch zu unbedarft: "dorische chordscale" sagt mir nämlich (noch) nix. Ist damit die gesamte (welche) Tonleiter gemeint?
Ja, die chordscale D Dorisch ist: d, e, f, g, a, b, c.
Eb Dorisch liegt dem gemäß eine Halbton höher.
Oder einfach die sieben Töne von Eb-7(9/11/13) - da wären dann ja c und f als Optionstöne dabei (9 und 13, wenn ich mich nicht verzählt habe
Richtig.


Und danke für Deine Literaturbeispiele, werde ich mir auch noch reintun!
Bitte. Habe sie extra für Dich nieder geschrieben und hoffe, dass Du sie nun auch durchspielst. Übrigens, in diesen beiden Beispielen wird nicht mit comon tones gearbeitet. Achte mal auf die Melodieführung an besagter Stelle und wenn Du es in YT anhörst, wird Dir die Stelle kaum auffallen. :D
 
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Und übrigens - Dein Black Orpheus tät' mich interessieren.

Nach dem Treffen hatte ich die Idee die Nummer mit Walking Bass zu spielen. Und es gefällt mir sogar sehr gut damit. Ich habe deinen Satz zum Anlass genommen, "meinen" Orpheus aufzunehmen. Das Video werde ich irgendwann wieder entfernen, davon gehe ich fest aus. Das Klavier ist (noch) verstimmt (und vielleicht prellt es auch), außerdem ist das Equipment (noch) ziemlich mies. Und weil die Faktoren so entscheidend sind, hab ich es bei der erstebesten (=der ersten) Aufnahme belassen. Hätte mich vielleicht besser aufwärmen können. Anmerkungen zum Orpheus sind gern gesehen. (Ich hoffe, dass ich nicht davonlaufe.)

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Anmerkungen zum Orpheus sind gern gesehen. (Ich hoffe, dass ich nicht davonlaufe.)
Hallo Chris,
also erstmal herzlichen Dank für Deine Veröffentlichung. Ich hatte schon nicht mehr zu hoffen gewagt und freue mich um so mehr!
Also, die Technik ist schon OK (Du warst da so skeptisch), ist nicht so verstimmt und das Equipment ist auch bei weitem ausreichend, um Deine Intention gut rüberzubringen - übrigens, was war's (das Equipment)?

Musikalisch finde ich die erste Minute sehr toll. Da ist es so gespielt, wie ich es mir vorstelle, mit Inbrunst halt (ich glaube das Lied/der Film ist eigentlich sehr melancholisch und mich fasziniert daran diese Kombination mit dem lebendigen Bossa-Nova Rhythmus. Irgendwo las ich, dass in dem Film drei Bossas vorkommen und jedesmal kurz danach jemand stirbt. Der Ursprung ist also schon ziemlich emotional...).

Die Idee mit dem Walkin Bass ist auf jeden Fall spannend. Ich weiß nicht, was Fred dazu sagt, weil... mir kommt die Kombination exotisch vor, aber ich bin kein Jazzer, nur ein Stümperle halt, der beides mag: Samba/Bossa (verzeih' Fred, wenn ich da verschiedenes verwurschtel) und walking bass. Und wenn ich evtl. beides zusammen hören mag obwohl es die strenge Wissenschaft verbietet, kann ich mir auch eine Ausrede dafür ausdenken: z.B. dass der walking bass das unerbittliche Fortschreiten des Schicksals versinnbildlicht und der Samba darüber das Spielerische des Menschseins ist. Oder so ähnlich. :rolleyes:

Ich darf nicht erwarten, dass Du das realisieren wolltest, ich weiss. Aber ich bin ein alter Mann mit Vergangenheit und da kommt dieses Lied drin vor: ich habe es unhörbar leise gesummt in der Strassenbahn, neben hübschen Mädchen sitzend, in der Hoffnung, unterschwellig eine emotionale Atmosphäre zu erzeugen... :kuss:

OK, also zurück zur Realität:
der walking bass ist mir zu sehr im Hintergrund.
Nicht nur leise, sondern auch tönemässig. Die rechte Hand dafür ist mir zu hektisch, Fast als befürchte sie permanent, nicht zu Wort zu kommen oder dass irgendjemand ihr in dieses fällt. Dabei hat sie / Du die Macht, jeden wichtigen Ton so lange klingen zu lassen, wie er braucht. Und unwichtige Töne sind unwichtig, die braucht man nicht.

die rechte Hand tanzt zu wenig Samba.
Da ist zwar Leben drin, aber mehr Hektik und weniger der Ton, dessen Zeitpunkt du nur dann als passend empfindest, wenn Du den gleichen Rhythmus spürst wie ich, der Ton, mit dem ich Dich dazu überrede, um im Gleichklang zu sein, dich meinem Rhythmus anzupassen, auszuliefern, zu tanzen. Wo dieser Ton zu finden ist, weiss Fred besser. Die 4und fällt mir da ein, aber es gibt noch viel mehr.

Vielleicht bin ich ein Fossil: letztes Jahr habe ich in Brasilien einen alten Busenfreund besucht und seinen 60sten Geburtstag gefeiert: er hat aus meinem MP3-Player all die Songs auf Festplatte kopiert, die er damals auf Vinyl hatte und die bei seiner Rückkehr in die Heimat aus dem Schiffscontainer geklaut wurden - Orfeo Negro von Baden Powell war auch dabei... Seine Kids dagegen hörten lieber, und zwar möglichst laut, technisierten Rumpelbeat,... überall auf der Welt der gleiche McDonalds.

Nochmal danke für Deine Veröffentlichung und bitte - ich kann meckern aber es nicht besser, im Gegenteil: ich wünschte ich könnte mit dem Musikmaterial so souverän umgehen wie Du, dann würde ich eben ...

Liebe Grüße
Hanfred
 
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Vielleicht bin ich ein Fossil: letztes Jahr habe ich in Brasilien einen alten Busenfreund besucht und seinen 60sten Geburtstag gefeiert: er hat aus meinem MP3-Player all die Songs auf Festplatte kopiert, die er damals auf Vinyl hatte und die bei seiner Rückkehr in die Heimat aus dem Schiffscontainer geklaut wurden - Orfeo Negro von Baden Powell war auch dabei... Seine Kids dagegen hörten lieber, und zwar möglichst laut, technisierten Rumpelbeat,... überall auf der Welt der gleiche McDonalds.

Ich bin noch recht frisch und kenne ein paar Südamerikanische Studenten meines Alters hier. Ich kann versichern dass der Beat bei denen durchaus toller rumpelt als bei uns Europäern.
 
Hallo Hanfred,

habe gerade erstmals in Deinen Thread hineingelesen.

Also, zunächst mal: Warum willst Du, daß immer alles gleich total Spaß macht? Das ist keine gute Einstellung, jedenfalls keine, mit der man wirklich was erreicht.

Jemand, der beispielsweise als Hobby hat, Modellflugzeuge zusammenzubauen, hat doch auch nicht die ganze Zeit "Spaß"! Er fügt geduldig und konzentriert Teile aneinander, schneidet, sägt etc., bis dann nach vielen Stunden das schöne Modell fertig ist!

Oder einer, der einen tollen Garten hat: Erstmal muß er viel umgraben, pflanzen, jäten, düngen, gießen etc., lauter "trockene" Tätigkeiten. Schöne Blumen angucken oder Gemüse ernten gibt's nur später in einer relativ kurzen Phase.

Oder guck Dir den Film "Rhythm Is It" an (sehr zu empfehlen): Royston Maldoom schimpft die Kinder, die tanzen sollen und sich über zu wenig Spaß beschweren, aus und hält eine Predigt, daß nicht immer alles "Spaß" machen soll, sondern daß die Beschäftigung an sich, das Lernen an sich befriedigend und wertvoll ist.

Üben sollte immer wie der Umgang mit einer Blume sein: Man gießt und düngt geduldig und regelmäßig und wartet, bis irgendwann die Blüten sprießen.

Diese Klagen darüber, daß es "zu viel" sei, z.B. II-V-I in allen Tonarten zu üben, habe ich schon öfter gehört. Bei näherer Betrachtung beruhen sie aber immer entweder auf einer totalen Fehleinschätzung oder auf Faulheit!

Denn rechnen wir es doch mal durch:

Mal angenommen, Du kannst die II-V-I in C-Dur. Dir sind die Intervallverhältnisse bekannt. (Falls nicht, mußt Du das natürlich erstmal gewährleisten - ohne genaue Kenntnisse aller Intervalle von allen Tönen aus macht II-V-I oder irgendwas anderes überhaupt keinen Sinn! Deswegen ja auch das extrem wichtige 1. Kapitel in Levines Buch!)

So, jetzt transponierst Du in eine andere Tonart. Sagen wir, Du brauchst dafür am Anfang 2 Minuten. D.h., um in alle anderen Tonarten außer C-Dur zu transponieren, brauchst Du 22 Minuten. D.h. Übeaufwand wäre z.B. morgens 12 Minuten für die ersten 6 Tonarten und nachmittags 10 Minuten für die übrigen 5 Tonarten.

Und das wäre nur am Anfang! Innerhalb kurzer Zeit wird sich die benötigte Zeit ja drastisch reduzieren!

Du siehst, es ist absolut lächerlich, und wenn Du nicht mal bereit bist, für so kurze Zeit mal was sog. "Trockenes" zu machen, dann wirst Du nicht weit kommen, sorry.

Also, mal gleich ran! Viel Spaß beim Üben!

LG,
Hasenbein
 
Jemand, der beispielsweise als Hobby hat, Modellflugzeuge zusammenzubauen, hat doch auch nicht die ganze Zeit "Spaß"! Er fügt geduldig und konzentriert Teile aneinander, schneidet, sägt etc., bis dann nach vielen Stunden das schöne Modell fertig ist!

Oder einer, der einen tollen Garten hat: Erstmal muß er viel umgraben, pflanzen, jäten, düngen, gießen etc., lauter "trockene" Tätigkeiten. Schöne Blumen angucken oder Gemüse ernten gibt's nur später in einer relativ kurzen Phase.

Ich glaube, die meisten Leute, die sowas machen, haben nicht nur am Ergebnis ihre Freude... Denen macht das Basteln bzw. Umgraben selber auch Spaß.

Sagen wir, Du brauchst dafür am Anfang 2 Minuten. D.h., um in alle anderen Tonarten außer C-Dur zu transponieren, brauchst Du 22 Minuten. D.h. Übeaufwand wäre z.B. morgens 12 Minuten für die ersten 6 Tonarten und nachmittags 10 Minuten für die übrigen 5 Tonarten.

2 Minuten bei 3 Lagen? Da übt man dann aber nicht viel... Jedenfalls ich würde so keine Akkordgrifffolgen effizient automatisieren. Fördert auch nicht grad die Motivation, wenn man ewig warten muss, bis man sich mal das Ergebnis, ein paar Kadenzen ohne Nachzudenken spielen zu können, ansehen/-hören kann.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ach so, ein wichtiger Hinweis noch:

Man sollte nicht durch den Quintenzirkel oder in chromatischer Reihenfolge üben, sondern die Tonartenreihenfolge immer wieder anders gestalten!

Denn wenn ich immer wieder die gleiche Tonartenabfolge nehme, dann merkt sich das Gehirn beispielsweise die II-V-I in Ges-Dur im Zusammenhang mit der Tonart davor! Man hat dann also das gleiche Phänomen wie bei Klavierschülern, die bei einem Stück nicht mittendrin zu spielen anfangen können, sondern immer nur von vorne anfangen können, da sie sich an die Stelle mittendrin nur aus dem Zusammenhang heraus erinnern können!

Man will aber jede II-V-I sofort "für sich alleine" abrufbereit haben, um sie als "Legobaustein" verwenden zu können.

Mein Tipp: 12 Kärtchen mit den 12 Tonnamen bekritzeln, die 12 Kärtchen mischen und dann immer eine von oben abnehmen, das ist dann die nächste zu spielende Tonart.

LG,
Hasenbein
 
Im übrigen wollte ich noch anmerken, auch @Kleines Cis:

Was ist denn wohl der Grund, daß es so wenige Leute gibt, die kompetent Jazzpiano spielen können? (Und noch weniger, die kompetent mit Chord Changes aller Art umgehen können?)

Was ist denn wohl der Grund, daß Landesjugend-Jazzorchester es meist schwer haben, Pianisten zu finden, weil die meisten Bewerber längst nicht gut genug sind?

Der Grund ist, daß Jazzpianospiel eben nicht lockeres Gedudel ist, sondern ein anspruchsvolles Metier, für das man viel Engagement und Übung braucht! Und auch Interesse an sog. "trockenen" Details!

Ist das nicht der Fall, braucht man sich nicht zu wundern, daß man sich unzulänglich vorkommt - es liegt jedenfalls nicht an zu schlechten Büchern oder zu schlechten Lehrern.

LG,
Hasenbein
 

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