Spiel-/Übetechniken für Ältere

  • Ersteller des Themas Annaklena
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Dass man die Grenzen durch Hartnäckigkeit, Begeisterung und unendlichen Fleiß erstaunlich weit verschieben kann, dafür gibt es immer wieder Beispiele. Und so sehe ich mit meinen 58 immer noch ein weites unentdecktes Land vor mir. Alt ist man nur im Kopf .
@Debösi
Exakt!

Und wer so denkt, der greint nicht angesichts eines kleinen vierstimmigen Chorals auf dem Klavier "buhu gefällt mir aber nicht mimimi"; und so jemand bildet sich auch nicht, er wisse schon alles über das, was er erst lernen will (sic!) ... stattdessen hat so jemand sich Neugier, Entdeckerfreude*) und geistige Flexibilität bewahrt (bleibt also geistig nicht stehen!) und lässt sich darauf ein, an diesem langsamen, melodischen, ausdrucksvollen Chorälchen Grundlagen der Harmonik, Grundlagen der Klangdifferenzierung, Grundlagen des cantablen Spiels (Melodik) und Grundlagen der Pedalisierung zu lernen**). Und das alles dankenswerterweise ohne ablenkende (und in höherem Alter ohnehin mühsam frustrierende) Fingerfuchtelei. Die Empfehlung, das Musik machen wollen mit der Aufmerksamkeit auf den Klang zu beginnen, kann gar nicht oft genug wiederholt werden. Gelingt das mit Schumanns kleinem Choral (und wenn das gelänge, dann wäre schon sehr viel gewonnen!!...) dann kann das peu a peu ausgeweitet und moderat beschleunigt werden: Tschaikoswki in der Kirche, Chatschaturjan andantino, Chopin Prelude op.28 Nr.4 -- und erst danach, dafür aber dann mit dem erworbenen Klangsinn, mit der erworbenen Anschlagsdifferenzierung und der harmonischen und grifftechnischen Übersicht, können die Klänge in aufgelöste Bewegungen versetzt werden (Bach Praeludium WTK I, BWV 999, Schumann kleine Studie etc)

Übrigens wäre es eine gräßliche Eselei, den kleinen Choral aus dem Album für die Jugend als eine Kette von buhuhu schwierigen "Doppelgriffen" zu betrachten und zu behaupten, das seie ja viel viel schwieriger als irgendwelche Abertibegleitüngchen in irgendwelchen Diabellisonatinchen... oder sich gar (sorry: idiotische) Überlegungen zu "legato-Fingersätzen" in diesem Choral zu machen***)

Aber natürlich könnte man das alles auch bleiben lassen und sich stattdessen mühsam und mit maximal holperigem Erfolg durch motorische Sachen fingern (mit hölzern ungelenkem Klang) - ganz nach dem jeweiligen Belieben ;-)

Nebenbei sind hier viele richtige und interessante musikhistorische und satztechnische Überlegungen zum Chorälchen mitgeteilt worden, die ich allesamt ok finde - sie informieren aber nur, nützen hier allerdings nicht an der Klaviatur ;-)

@Debösi du begreifst, dass dein richtiger und zutreffender (!) Beitrag nur quasi der Stichwortlieferant für diesen Beitrag war :-)
___________
*) hierzu zählt die interessierte Beschäftigung mit der Klaviatur (und ihren Reaktionen) und dem Klang, das ausprobieren von Tonstärkegraden usw.
**) diese Empfehlungen sind speziell für Spätanfänger/einsteiger (mit Kindern kann man anders, motorischer sozusagen, beginnen)
***) das Klavier ist keine Orgel (gottlob!...) und pedallos klingt der kleine Choral trocken und dilletantisch - natürlich sorgt hier das Pedal (hurra, hier lernt man zuverlässig das nachgetretene legato-Pedal) für den klanglichen Zusammenhalt, die Anschlagsdifferenzierung sorgt für klanglich-melodisch sinnvolles Spiel ----- und das alles ohne Fingersätze, ohne irgendwelche motorische "Akrobatik"
 
nur quasi der Stichwortlieferant für diesen Beitrag war :-)
Der Umstieg vom Klavier auf die Möglichkeiten des Flügels hat bei Barbara und mir einen Umdenk- und Neubewertungsprozess ausgelöst, was die Wahl der Stücke und die Art und Weise des Übens betrifft. Wir hoffen auch, dass uns der Klavierunterricht dabei weiterhilft, den wir ab Sommer starten wollen.
@rolf Für solche Tipps und Beiträge dazu sind wir sehr dankbar!
 
Der Umstieg vom Klavier auf die Möglichkeiten des Flügels hat bei Barbara und mir einen Umdenk- und Neubewertungsprozess ausgelöst, was die Wahl der Stücke und die Art und Weise des Übens betrifft.

Kannst du mehr zum Zusammenhang erzählen? Der erschließt sich mir nicht so direkt.
Es sei denn, es war ein sehr schlechtes Klavier ;-)
 
Jugendwahn, der immer mehr um sich greift

Ist das wirklich so? Ich beobachte eigentlich eine vermehrte Tendenz hin zu den Fähigkeiten der älteren Semester. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Jungen nicht mehr gescheit (aus)gebildet sind. In der Firma meines Mannes erproben sie gerade die spannendsten Modelle, um die älteren Facharbeiter möglichst lang bei der Stange zu halten, weil auf dem Arbeitsmarkt nix Gescheites nachwächst.

(Ja, die Firma bildet aus, logo, allerdings hat sich nicht zuletzt gerade deshalb ein wenig schmeichelhaftes Urteil über die "Jungen" herauskristallisiert)
 
Kannst du mehr zum Zusammenhang erzählen? Der erschließt sich mir nicht so direkt.
Es sei denn, es war ein sehr schlechtes Klavier ;-)

Schlechtes Klavier - bestimmt nicht. Voooorsicht :teufel:

Hier spricht vielleicht besser jeder für sich selbst.
Ganz ehrlich: ich kann nuancierter spielen (es gibt Dinge, die ich bisher so zart NIE hinbekommen habe). Ob das nun an einem anderen Anschlag liegt oder am Instrument, das kann ich nicht beurteilen.
Auf dem Flügel geht's, auf dem Kellerkind Pleyel nicht so gut, bei gleichem Repertoire. Auch wenn es am Pleyel auch etwas besser wird.
Ich stelle fest: 1. ich höre am Flügel differenzierter und 2. dadurch kann ich differenzierter spielen
( Natürlich im Rahmen meiner Möglichkeiten...bitte nicht mit Robert vergleichen.)

Allerdings haben sich seit dem Einzug des Bösi auch andere Parameter geändert. Nur wenige Beispiele:
- Ich beiße mir nicht auf Deubel komm raus an (zu schweren) Stücken die Zähne aus. Für Tonarbeit nehme ich die ganz leichten Burgmüller Etüden her.
- Die Teilstücke, die ich einzeln übe sind manchmal extrem klein (Takt, halber Takt)
- Habe es geschafft den größten selbsterzeugten "Erfolgsdruck" rauszunehmen, stattdessen kann ich mich an winzig kleinen Fortschritten freuen.

LG Barbara
 
Hier spricht vielleicht besser jeder für sich selbst
@Sven
Barbara hat das Erlebnis Flügel (Bösendorfer) schon ziemlich gut beschrieben. Der Flügel verhält sich zum Klavier: man hört mehr, man spürt mehr, man bewirkt mehr. Ein ppp trägt in alle Ewigkeit, ein ffff ist eben ein ffff und nichts darunter. Und wenn man gut ist - in unserem Falle: "wäre" - dann könnte man alle 100.000 Nuancen dazwischen auch beherrschen.
Seit Februar haben wir das gute Instrument und stellen nun fest: es gibt viel zu tun!
VG Robert
 
Ich beobachte eigentlich eine vermehrte Tendenz hin zu den Fähigkeiten der älteren Semester.
@Barratt: kann ich nur bestätigen - der zuverlässigste, beständigste, gewissenhafteste Kollege in unserer Produktion war ein neueingestellter End-Fünfziger, während die jungen, gleichzeitig eingestellten Kollegen zwar durchaus Highlights hatten, aber oft Probleme hatten, am nächsten Morgen rechtzeitig auf der Matte zu stehen, Schwierigkeiten hatten, ihren Hormonspiegel in den Griff zu bekommen, und nicht immer die Stetigkeit aufwiesen, ohne die es in einem funktionierenden Betrieb halt nicht geht.

Was mir eine sehr nahestehende Nachhilfelehrerin und ein ebenfalls in Sachen Schule tätiger Freund berichtet hat, scheint es so zu sein, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil einer gewissen Altergruppe von einer Art "Jugenddemenz" befallen ist...
(Ausnahmen gibts natürlich viele, aber beim Thema Jugendwahn bin ich :teufel::teufel::teufel: auf Krawall gebürstet :bomb:)
 
Kleiner Tip zum Fithalten: kleine Übeportionen max. 20-30min und dann ein paar Minuten Gymnastik, Dehnen und Seilspringen:super:für wenge Minuten, danach erfrischt zurück an den Flügel.:party:
 
Was @méchant village und @Debösi erzählen, kann ich nur bestätigen.

Seit ich einen Flügel habe, hat meine KL schon mehrmals Lobendes zu Klang und Anschlag gesagt. Kann natürlich auch am Fortschritt liegen, aber die zeitliche Nähe der Äußerungen zum Flügelkauf war schon interessant.
 

Ganz ehrlich: ich kann nuancierter spielen (es gibt Dinge, die ich bisher so zart NIE hinbekommen habe). Ob das nun an einem anderen Anschlag liegt oder am Instrument, das kann ich nicht beurteilen.
Auf dem Flügel geht's, auf dem Kellerkind Pleyel nicht so gut, bei gleichem Repertoire. Auch wenn es am Pleyel auch etwas besser wird.
Ich stelle fest: 1. ich höre am Flügel differenzierter und 2. dadurch kann ich differenzierter spielen
( Natürlich im Rahmen meiner Möglichkeiten...bitte nicht mit Robert vergleichen.)

Ja klar, man kann natürlich nur zu differenzieren lernen, was das Instrument überhaupt differenziert wiedergeben kann.
Da ist aber für uns Späteinsteiger der Punkt an dem man sich ohne Flügel nicht mehr verbessern kann nicht so schnell zu erreichen. Deshalb vermutete ich ja, daß so ein großes Aha-Erlebnis eher bei einem Umstieg von einem nicht so guten oder nicht so gut eingestellten Pianino zu erleben ist.

Allerdings haben sich seit dem Einzug des Bösi auch andere Parameter geändert. Nur wenige Beispiele:
- Ich beiße mir nicht auf Deubel komm raus an (zu schweren) Stücken die Zähne aus. Für Tonarbeit nehme ich die ganz leichten Burgmüller Etüden her.
- Die Teilstücke, die ich einzeln übe sind manchmal extrem klein (Takt, halber Takt)
- Habe es geschafft den größten selbsterzeugten "Erfolgsdruck" rauszunehmen, stattdessen kann ich mich an winzig kleinen Fortschritten freuen.

Und genau bei diesem Punkt vermag ich nicht den Kausalzusammenhang zum Instrumentenwechsel zu erkennen.
 
Ja klar, man kann natürlich nur zu differenzieren lernen, was das Instrument überhaupt differenziert wiedergeben kann.
@Sven
hier kannst du dich getrost darauf verlassen, dass ein normales Mittelklasse-Klavier (noch lange kein Flügel!!) rein mechanisch weitaus mehr Anschlags-Differenzierungen (oder grob gesagt Tonstärke-Differenzierungen) parat hat, als untrainierte Anfänger- und Laienhände überhaupt ausführen können!!
...ganz zu schweigen von der dynamischen Palette eines guten Flügels, der allerdings auch erst dann vernünftig klingt, wenn er entsprechend gekonnt betätigt wird ;-)

...natürlich kann man aus mannigfaltigen Gründen das Pech haben, an einem Instrument zu sitzen, das nur z.B. 10 Tonstärkeunterschiede ermöglicht - bei allen Göttern, an so einer Gurke (sei sie elektrisch oder mechanisch) kann man keine Musik machen.

Die Klaviermechanik ist (gute Instrumente vorausgesetzt) prinzipiell extrem sensibel - man kann lernen, mit dieser vorgegebenen immensen Sensibilität umzugehen (platt gesagt weit mehr als nur 10 oder 20 Tonstärkegrade verfügbar zu haben) - - - und hierbei interessiert nicht etwa ein Ausmessen der Stärke eines einzelnen Tons, sondern es interessiert einzig:
a) die Gestaltung der Hauptstimme (crescendo-diminuendo)
b) die klangliche Relation zwischen Haupt- und Nebenstimmen (und wiederum ist hier der kleine Schumann Choral für den Einstieg ideal)
 
Am Flügel schätze ich vor allem, dass er irgendwie "verzeihender" ist als das Klavier. Umgänglicher, kooperativer, netter zum Anfänger. Nichts haut mir kleine Unzulänglichkeiten so brutal um die Ohren wie mein V. :girl: Was am Flügel schon recht schön klingt, entlarvt das Klavier nicht selten als halbgare Pfuscherei.:-(
 
Am Flügel schätze ich vor allem, dass er irgendwie "verzeihender" ist
@Barratt: Deine Beobachtung überrascht mich, denn ich bilde mir ein, dass ich genau das Gegenteil erlebe. Bei Stücken, die ich am Klavier ganz gut darzubieten glaubte, sagt mir der Flügel: "Gehst herst, so geht's ja glei goar net, des muast der scho amoi gscheit oschaugn" (er ist Österreicher ;-)). Vielleicht ist es nur ein Placebo-Effekt durch die Freude, dieses Instrument zu haben, aber was beim ersten ersten Umstieg vom Klavier nur noch "greislich" klang, entwickelt sich bei näherer Beschäftigung wesentlich schöner als es auf dem Klavier je war.
Vielleicht müßte man diese Diskussion am Objekt und praktisch weiterführen.
VG Robert
 
@rolf
@Stilblüte

Zwei Fliegen mit einer Klappe: gestern den Choral prima vista gemeinsam gespielt. "Mit guter Laune lernen"

.....und heute dann im gemeinsamen prima vista Programm:
das 3. Klavierkonzert von Rachmaninov
:-D:-D:-D

LG Barbara
 

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