Kleine Komposition

  • Ersteller des Themas Musicbox
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Bei genauer Analyse verstehe ich eure Regeln und Einwände und finde zahlreiche "Fehler" und "Verstöße", die ich zukünftig versuche zu vermeiden (wobei dies lange Zeit dauern wird).
Vorhin habe ich mir die Mühe gemacht, aus dem motivisch-thematischen Material der Vorlage selbst ein kleines Stück zu machen. Das Ergebnis ist im Anhang zu finden. Es sollte ja nicht so sein, dass hier nur gemeckert wird, sondern ein Ansatzpunkt für Verbesserungen erkennbar ist. Das haben unsere Lehrmeister mit uns einst genauso gehalten und uns Hilfen zum künstlerischen Fortkommen angeboten.

Noch ein Tipp: Im Rahmen der Erforschung von Harmonik und Melodik sollte unbedingt der stilistische Aspekt Berücksichtigung finden: In spätklassischer und frühromantischer Harmonik wirkt ein G11 oder ein Csus reichlich seltsam und stilfremd - und auf melodischer Ebene sind in alle mögliche Richtungen an- und abgesprungene Dissonanzen ohne Auflösung klanglich höchst unbefriedigend. Wenn sich im Zuge verbesserter handwerklicher Kenntnisse das stilistische Empfinden präzisiert, hört sich so manches Ergebnis längst nicht mehr so gut an, da sich auch das Urteilsvermögen weiterentwickelt. Diese Erfahrung wird man Dir nicht ersparen können.

LG von Rheinkultur
 

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Natürlich können wir das. Schaue einfach mal zwischendurch in den Witzefaden - da begegnen Dir viele Bekannte aus diesem Faden. Für Jugendliche unter 18 Jahren ist dieser allerdings aus sittlichen und moralischen Gründen nicht geeignet. Hoffentlich hast Du das notwendige Mindestalter schon erreicht. Der noch minderjährige Ersteller des Witzefadens hat inzwischen von seinen Erziehungsberechtigten lebenslanges Clavio-Verbot erhalten. Ich oute mich hiermit als einer der Hauptschuldigen in der Hoffnung, müllernde Umstände und ein Jahr weniger zu kriegen.

LG von Dr. Rheinkultur ("Dr." steht für "Drecksau")
 
Lieber "Rheinkultur", Du hast mich wahrhaft beeindruckt mit dieser Aktion. Einfach spitzenmäßig. :super::super::super:

Zunächst habe ich dieses wirklich feine Opus auf die Schnelle in hoffentlich schöne Klänge verwandelt, denn nicht jeder wird die Noten singen oder spielen:
https://www.henkessoft.de/Musik/herbst_eh_rk.wav

Vielleicht erlaubst Du mir an geeigneter Stelle mein e-moll Motiv (aus meinem Takt 15) - das war meines Erachtens die schönste Stelle - demnächst noch unterzubringen?
Der Schluss kommt mir irgendwie bekannt vor. :konfus:
 
Bei der "Einspielung" verschwindet ein wenig die Melodie. Einfach alle Noten stur in Midi umgewandelt?
 
Vielleicht habe ich mich mit dem "Herbst" einen Schritt zu weit gewagt - er gefällt mir aber immer noch. :schweigen:

Hier eine kleine, recht einfache Improvisation vom Sommer dieses Jahres "Da oben ist ganz viel": https://www.henkessoft.de/Musik/Da oben ist ganz viel.pdf
Da würde mich interessieren, wie ihr das melodisch/harmonisch seht.
(von mir - in ähnlicher Form - im Juni am Keyboard eingespielt, mit einigen Fehlern, also volles "Human Feel", das ihr so liebt)
 
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Melodisch: sehr von Pentatonik geprägt (上海灘 läßt grüßen). Leitton-Grundton wird konsequent vermieden - absichtlich oder intuitiv?
Der Anfang der eingespielten Version ist gar nicht schlecht (ein Metrumfehler wurde in der geschriebenen Version verbessert). Die Melodie macht eine schöne Entwicklung durch bis zum Höhepunkt im 6. Takt (Takt 10 der geschriebenen Version), auch der Ansatz einer harmonischen Entwicklung ist da mit der Kadenz F-g-C7-F, dann kommen weitere Akkorde dazu (hier wird es schon etwas unbeholfener, es hat aber noch einen, wie soll ich sagen ... 'naiven Charme'.)
Die dazukomponierten Einleitungstakte halte ich für eine grobe Verschlimmbesserung, denn da wird das alles schon vorweggenommen. Vergleichbar einem Witz, bei dem am Anfang schon die Pointe verraten wird.

Daneben gibt es viele, viele Ungeschicklichkeiten, die bis auf wenige Ausnahmen in der geschriebenen Version nicht "bereinigt" wurden. Manche davon würden vielleicht in einer wirklichen Improvisation gar nicht groß stören. Aber hier summieren sie sich doch sehr - warum kommt der Dominantdreiklang denn immer als Quartsextakkord daher? Das geht einem dann irgendwann doch auf den Keks. (Nur ein Beispiel.)

Ansonsten bleibt es bei dem, was oben schon wiederholt gesagt wurde: Je länger man den harmonischen Weg verfolgt, desto mehr gleicht er einem Hin- und Hergeirre. Und da, wo sich ein Bemühen um eine stringente Harmoniefolge erkennen läßt, kommt es zu Kollisionen mit der Melodie. Den "Quintfall" am-dm in T. 14 scheint die Melodie nicht mitbekommen zu haben, sie hackt trotz des neuen Akkords weiter auf der a-moll-Terz (c''-a'-c'') herum. (Auch nur ein Beispiel.)
 
Die dazukomponierten Einleitungstakte halte ich für eine grobe Verschlimmbesserung, denn da wird das alles schon vorweggenommen. Vergleichbar einem Witz, bei dem am Anfang schon die Pointe verraten wird.
Akzeptiert. Full Ack. Intro ist käääse.

warum kommt der Dominantdreiklang denn immer als Quartsextakkord daher? Das geht einem dann irgendwann doch auf den Keks.
Ja langweilig. Danke für den Hinweis.

Den "Quintfall" am-dm in T. 14 scheint die Melodie nicht mitbekommen zu haben, sie hackt trotz des neuen Akkords weiter auf der a-moll-Terz (c''-a'-c'') herum. (Auch nur ein Beispiel.)
uups.

Echt klasse, was man von euch lernen kann. :super:
 
Leitton-Grundton wird konsequent vermieden - absichtlich oder intuitiv?
Intuitiv. Das Stück habe ich einfach freiweg auf dem Keyboard eingespielt. Genau einmal. Dann fing ich erst an zu denken. :-)

Melodisch: sehr von Pentatonik geprägt (上海灘 läßt grüßen).
Das ist eines meiner Lieblingsstücke auf dem Piano. Herrlich.
http://www.ahdoe.com/wp-content/uploads/2008/10/the-shanghai-bund-complete-piano-sheet.pdf (Die Hälfte der Noten kann man weglassen)

View: https://www.youtube.com/watch?v=86BYHzbSDM4&index=1&list=RD86BYHzbSDM4

Wem das zu kitschig ist, vielleicht hier der Theme Song mit Andy Lau:

View: https://www.youtube.com/watch?v=_VvIkoD80b4

Wunderschön und genial. In diesem Song gibt es viele Stellen, die mich musikalisch inspirieren.

Noch schöner und viel viel älter (bez. Pentatonik) ist das koreanische Arirang. So wenig Noten und soviel Abwechslung. Einfach wunderbar.
Da geht mir das Herz auf: https://www.henkessoft.de/Musik/Arirang.pdf

View: https://www.youtube.com/watch?v=gkM_LXUCMeA (Südkorea)


View: https://www.youtube.com/watch?v=eMk_tsIOAd4 (Nordkorea)
 
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Der Quartsextakkord hat eine andere Wirkung als der Grundakkord, er klingt "instabiler".
"Instabiler" klingt er, weil er der Weiterführung und Auflösung bedarf. Unaufgelöste Spannungen wirken so, als wenn das Stück nicht fertig geworden wäre.

Wenn er an Stellen eingesetzt wird, wo ein Grundakkord oder Sextakkord besser gewesen wäre, bezeichne ich das als "Ungeschicklichkeit".
Insider sprechen bei dieser Satzweise dann schon mal vom sogenannten "Heimorgelgriff". Beliebt bei Spielern elektrischer Orgeln in den 1970ern und bei Keyboardern, wenn mit der linken Hand im "Fingered-Chord-Modus" gespielt wird: Gegriffen werden die Töne und die Begleitautomatik macht ein rhythmisch und stilistisch passendes Muster daraus. Handelt es sich bei den erwähnten Insidern um Kirchenmusiker, meinen sie meist das ungeschickte Hantieren mit Akkordpaketen in der linken Hand bei der Begleitung des Gemeindegesangs.

LG von Rheinkultur
 
Ja, das ist richtig, insbesondere in der Klassik wurde der Quartsextakkord als (dissonantes) Mittel zur Spannung vor dem eigentlichen Schluss verwendet. Hindemith hat damit allerdings aufgeräumt. Er verwendete den Quartsextakkord (o.ä.) als Schlussakkord, und das war schon das letzte Jahrhundert.
https://de.wikipedia.org/wiki/Quartsextakkord#Schlussakkord

Dennoch interessanter Punkt, hiermit bewusst umzugehen. Danke für den Hinweis.
 
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Hindemith hat damit allerdings aufgeräumt.
Was du komponiert hast, hat allerdings mit dem Hindemith-Stil überhaupt nichts am Hut, sondern lehnt sich an ostasiatische Popmusik an. Schau Dir mal das von Dir verlinkte Cantopop-Beispiel an, da gibt es keinen einzigen Quartsextakkord auf schwerer Schlagzeit.

Dass Hindemith mit dem Quartsextakkord als Mittel zur Spannung "aufgeräumt" hat, stimmt übrigens auch nicht. Auch Hindemiths Stücke enden in der Regel mit einem Grundakkord, und wenn er von dieser Regel abweicht, will er damit bewußt eine bestimmte Klangwirkung erzielen.

"Alle Akkorde, in denen Grundton und Baßton nicht identisch sind, sind denjenigen Akkorden mit zusammentreffendem Grundton und Baßton, deren Merkmale sie im übrigen teilen (Gruppenzugehörigkeit, gleicher Grundton), nachgeordnet." (Hindemith, Unterweisung im Tonsatz I, S. 123)
 

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Was du komponiert hast ... lehnt sich an ostasiatische Popmusik an.
Das habe ich nicht bewusst gemacht. Danke für das Feedback.

Meine Stücke enden (noch) immer brav auf dem Grundakkord mit dem Grundton als Basis. Das ist eine der Regeln, die ich strikt befolge.

Frage (als Naturwissenschaftler): Kann man die "Spannungskurve" in einem Musikstück objektiv messen/darstellen? (Grundakkord ohne Umkehrung als Nullpunkt)
 
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Frage (als Naturwissenschaftler): Kann man die "Spannungskurve" in einem Musikstück objektiv messen/darstellen? (Grundakkord ohne Umkehrung als Nullpunkt)

In einem Musikstück: Objektiv? Klares Nein.
Da wäre schon der Grundakkord als "Nullpunkt" ungeeignet. Oder soll ein einzelner Ton oder eine einzelne Terz als mit einem Minuswert auf der Skala eingetragen werden? Und welchen Minuswert hätte dann eine Pause?
In der alten Musik gibt es übrigens "dissonante Dur-Grundakkorde" - Beispiel hier: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a9/Viertelmitteltoenig.ogg

In einem Harmonieschema könnte man den einzelnen Akkorden Spannungswerte zuordnen, aber ein Harmonieschema ist noch lange kein Musikstück. (Allein ein C-Dur-Grundakkord, gespielt auf einem normalen Klavier, läßt sich ja auf tausenderlei Arten realisieren.)

Und ein Akkord hat seinen Spannungswert nicht "in sich", sondern erst im Bezug auf andere Akkorde.
Wenn ich zwischen Tonika und Neapolitaner eine Moll-Subdominante als Grundakkord setze, wirkt der Neapolitaner weniger spannend.
 
Für Spannung braucht man zwei Pole, das ist klar. Die Grundfrage ist dabei, ob ein Pol dabei fix ist oder ständig beide Pole floaten. Bisher habe ich diesbezüglich funktionell folgendes verstanden: Diatonische Kadenzfunktionen erhalten ihr Auflösungsbestreben (Abbau der Spannung) durch den harmonischen Leitton (IV. Stufe der Tonart). Daher rühren ja auch die "avoid notes" wie 4/11 bei I maj 7 (ionisch). Noch mehr Spannung ergibt sich wohl, wenn man zwei Leittöne einsetzt, also den harmonischen und den melodischen (diese ergeben den bekannten Tritonus, z.B. bei C-Dur f <--->h), also G7 oder das verminderte H7 in C-Dur. Halbwegs richtig?

Ich habe auf meine Weise versucht, für einige typische Harmoniefolgen dies graphisch darzustellen: https://www.henkessoft.de/Musik/Musik_Spannung.pdf (ab Seite 4)

Zumindest verstehe ich auf diese Weise, warum ein Spannungsauf- oder -abbau und damit die Kadenz überhaupt wirkt. Parallel- und Gegenklang wird damit auch deutlicher.

Was mir noch fehlt ist die Darstellung eines Spannungswertes. Zumindest qualitativ wäre das vielleicht interessant. In Büchern zur Musiktheorie wird um dieses Thema m.E. oft drum herum geredet. Ausnahme: Frank Sikora, "Neue Jazz-Harmonielehre", 2012.
 
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Für Spannung braucht man zwei Pole, das ist klar. Die Grundfrage ist dabei, ob ein Pol dabei fix ist oder ständig beide Pole floaten.

Mir ist die Grundfrage nicht klar.
Ich vermute, Du wirst in einer funktionalen Harmoniefolge die Tonika als "einen Pol" definieren. Was wäre in Deinem Diagramm der "zweite Pol"?

Im folgenden Beispiel haben wir zwei Akkordfolgen, beginnend mit C-Dur und endend mit e-moll.
Welcher e-moll-Akkord ist der stärkere?
Beispiel.jpg
 
@Pedall: Dein Beispiel erinnert an katalytische Reaktionen oder Reaktionspfade, also an Kinetik. Ausgangs- und Endpunkt sind gleich. Es geht um den Übergangszustand oder den Reaktionspfad. Übertragen also um den Zwischenakkord zwischen C und Em, um dessen Spannungen und Tonverwandschaften zum Anfang und Ende des harmonischen Trios.

Wir haben T - Tp - Dp vs. T - D - Dp, also nah/weit und weit/nah

Würde man "stark" als möglichst gespannten - also weiten - Weg zwischen Vorgänger und (hier nicht vorhandenem) Nachfolger ansehen, dann könnte man die beiden e-moll - im Trio gesehen - als gleich "stark" ansehen. Wichtiger als der Akkord (der Ort) ist m.E. der Weg, also die Tonwechsel.

Betrachtet man nur den zweiten und dritten Akkord jeden Taktes, dann haben wir weit vs. nah. Im Sinne der Spannung wäre dann der erste e-moll "stärker". Das entspricht diesem Satz hier:
ersterer verlangt für mich mehr eine Auflösung.

Ich habe das mal graphisch verarbeitet: https://www.henkessoft.de/Musik/AkkVerwandschaften3_Beispiel.pdf

Bei mir sind die beiden Pole also Akkord 1 --> Akkord 2, wobei Akkord 1 der jeweilige Ausgangspunkt auf der Zeitlinie ist. Stelle Dir mein Bild einfach als teilweise drehbare Scheibe vor, bei der Du den Akkord 1 immer nach oben drehen kannst.

Man könnte das natürlich auch physikalisch angehen mit der Überlagerung von Obertönen der einzelnen Töne. Dann wird es exakter, aber schnell so komplex, dass es unbrauchbar wird. Always KISS. :-)

Keine Ahnung, ob meine Sicht auf die Dinge Sinn macht. :coolguy:

Volkmar Kramarz verwendet in seinem Buch "Die PopFormeln" das Ton-Netz von Leonhard Euler zur Erklärung. Das ist mir zu statisch. Ich will "Tonwege" sehen. Musik ist Energie (=Spannung) und Bewegung. Letztere kann durch Überlagerung sehr komplex werden.

Die Frage der (Spannungs-)Beziehung zwischen Akkord und Einzelton kann man durch Obertonbetrachtung beantworten.
 
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