Die klassischen Schachprogramme wie Fritz et.al. versuchen "blockierte Stellungen" gezielt zu vermeiden, damit sie nicht in Deadlock-Situationen geraten. Bei den KI-Biestern wie Leila Chess Zero sieht das ganz anders aus. Ich spiele z.B. selbst gerne 1.g4 (Grob's attack). Da
unterstützt der lc0 meine bisherigen Ideen für eigene Varianten, während Fritz mich damit immer abwertete, was ich nie verstand. Leila zeigt mir darüber hinaus hervorragende neue Ideen, wo ich selbst schon in eingefahrenen Gleisen stecke. Das ist sicher auch für Schachgroßmeister interessant, wenn sie Neuerungen suchen, um den Gegner zu überraschen.
Um es klar zu sagen. Für einen Schachfreund, der selbst im Bereich ELO/DWZ 1800 - 2100 steckt, ist gerade das Analysieren/Vorbereiten eigener Ideen zusammen(!) mit Fritz/Stockfish/...
und Leela Chess Zero m.E. ideal. Man benötigt noch die brute-force Engines, um längere taktische Abfolgen nicht zu übersehen. Da ist Leela noch etwas blind. Zukünftig wird man sicher beide Strategien kombinieren. Das Interessanteste ist die Bewertung durch Leila, die signifikant abweicht von Fritz. Man muss allerdings sagen, dass Leila noch deutlich schneller werden muss, damit die Rechentiefe höher wird. Momentan ist Leila bei mir auf dem PC bei Tiefe 10 (Halbzüge), während Deep Fritz 14 schon bei über 20 rechnet. In einer Stellung hat Leila z.B. ein Matt in 14 Zügen (also 28 Halbzügen) nicht "gesehen", hätte also falsch zum klaren Sieg gespielt. Diese KI-Engines verhalten sich also eher wie Menschen und "murksen sich zum Sieg".
Mich wundert das noch etwas, denn ich habe einen immer noch leistungsstarken PC (Intel Core i7-3930K) und auch eine feine Nvidia-Grafikkarte (Geforce GTX 1080), die die
CUDA Version von Leila heftig nutzt (ich höre den Graka-Lüfter brausen), also liegt es an der Programmierung. Da sind sicher noch einige Zehnerpotenzen drinnen, aber pro Halbzug muss man etwa mit Faktor 20 rechnen.
Allerdings verhalten sich hier brute force und KI völlig verschieden:
Fritz 14 rechnet bei mir mit ca. 11000 kN/s, während Leela ca. 70 kN/s anzeigt.
Das ist sicher interessant, dies weiter an konkreten Positionen zu verfolgen.
Zu deiner Hauptfrage: Das Blockieren ist für die KI-Systeme kein Problem. Nach meinen bisherigen Untersuchungen halte ich Leela eher selbst für einen Lavierkünstler. Da kann man nur staunen, wenn man da zuschaut.
Schachgroßmeister treten da schon lange nicht mehr gleichberechtigt an, sondern versuchen irgendwelche Tricks (Figurenvorgaben, völlig abgedrehte Zeitvorgaben, Rechner darf nicht auf Gegnerzeit rechnen, ...), um überhaupt noch eine Chance zu haben.
Man kann es so sagen: Die KI-Systeme sind genial, aber nicht fehlerfrei. Dafür lernen sie ständig dazu. Die Brute-force-Systeme denken alles durch, weil sie 100% betrachten, aber sie lernen in ihrer Bewertung nichts dazu, bleiben also an ihren Schwächen kleben. Man muss also immer neue Versionen kaufen in der Hoffnung, dass sie wirklich deutlich besser geworden sind, was den Entwicklern aber kaum noch gelingt. Das sieht bei den KI-Systemen wie Leela ganz anders aus. Die lernen ständig dazu, und auch die Innereien werden noch weiter deutlich optimiert. Zum Glück kann man Leela noch kostenlos downloaden.
Ich kombiniere bei meinen Schachanalysen inzwischen Fritz14 und lc0 und bin damit super zufrieden. Allerdings kann ich oft nicht entscheiden, wer von beiden wirklich(!) recht hat. Da jeder sein eigenes Bewertungssystem hat, stehe ich als unterlegener Schiedsrichter dazwischen (eine interessante Perspektive auch für andere Bereiche).
Was wäre ich froh, wenn ich beim Komponieren von Musik solche Sekundanten an meiner Seite hätte. Sicher nur noch eine Frage der Zeit. KI ist ein echter Paradigmenwechsel.
Übrigens: Bei den Games (Spielekonsolen, PC, ...) wird KI schon seit einigen Jahren eingesetzt. Für einen echten "Gamer" ist KI also schon ein alter Hut.
