Wie lehrt man Disziplin?

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Violina

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Zum Üben braucht man Disziplin. Und was, wenn man diese nicht hat? Frage an die Klavierlehrer unter euch (oder andere Instrumental- oder Gesangslehrer falls es die hier gibt): Ist Disziplinlosigkeit ein weit verbreitetes Problem und wie helft ihr euren Schülern, diese zu überwinden?

Ich möchte mal meine eigenen Erfahrungen als Schülerin schildern:
Ich habe jahrelang unter der Situation gelitten, dass ich üben wollte, aber mangels Disziplin nicht konnte. Ich saß zwar jeden Tag mit meinem Instrument da, aber es kam nichts Produktives dabei raus. Manches Mal habe ich gedacht, dass man die Übung vielleicht mehrere Male hintereinander wiederholen müsse, um einen Fortschritt zu erzielen, hatte diesen Gedanken aber stets wieder verworfen, weil ich es für zu anstrengend hielt. Mein Lehrer hatte bemerkt, dass es mir an Disziplin mangelte, wusste aber nicht, wie er mir helfen kann.
Der nächste Lehrer hatte dann aber doch einen Plan. Ich fand seine Methode ziemlich brachial und mich würde es wahnsinnig interessieren, wie andere Lehrer das mit ihren Schülern machen.

Nun komme ich dazu, was besagter Lehrer mit mir gemacht hat, um mir Disziplin beizubringen:
Es gab eine Übung, die ich richtig doof fand und daher auch nicht geübt hatte. Zwar war ich höflich und habe nicht gesagt, dass ich diese Übung schwachsinnig finde, aber der Lehrer hatte meine Abneigung schon bemerkt. Daher hatte er entschieden, dass ich das im Unterricht üben musste. Er hat mich auch nicht beim Üben angeleitet, sondern saß einfach nur da und hat aufgepasst, dass ich nicht aufhöre zu üben. 60 Minuten lang! Natürlich habe ich Widerstand geleistet und zwischendurch gejammert und gestöhnt, aber er blieb hart.
Nach dieser Stunde war ich ziemlich sauer, weil ich zu dieser Zeit meinen Unterricht schon selbst bezahlen musste und ich das als Geldverschwendung empfand. Zudem wurde mir klar, dass die nächste Stunde vermutlich genauso laufen würde, wenn ich die Übung nicht zu Hause machte. Daher brauchte ich einen Plan: Ich musste es irgendwie schaffen, diesen Lehrer davon zu überzeugen, dass ich das gar nicht können kann und dass daher Üben auch nichts bringt. Aber wie sollte ich ihn davon überzeugen? Mir ist nur eine Sache eingefallen: Ich musste es wohl doch eine gewisse Zeit üben und wenn ich es dann trotzdem nicht kann, war das der Beweis, dass ich es auch nicht lernen kann. So wollte ich es machen. Wieviel sollte ich üben, um ihn zu überzeugen? Ich war mir sicher, dass es ihn gar nicht überzeugen würde, wenn ich z.B. gesagt hätte, dass ich 3 mal 10 Sekunden geübt habe. Ich entschied, dass ich diese Übung mindestens jeden Tag 5 Minuten machen müsste, um einigermaßen überzeugend zu sein. Das Problem war aber, dass ich nicht die notwendige Disziplin hatte, um 5 Minuten zu üben. Bei jedem Versuch bin ich spätestens nach 15 Sekunden völlig erschöpft zusammen gebrochen. Anderseits fand ich die Aussicht eine weitere Unterrichtsstunde sinnlos zu verschwenden und nochmals 60 Minuten gepeinigt zu werden so schlimm, dass ich mir irgendwas überlegen musste. Und ich hatte mir etwas überlegt: Ich musste es einfach üben, diese 5 Minuten auszuhalten. Dazu nahm ich eine Eieruhr zu Hilfe und versuchte es anfangs erst mal nur mir 30 Sekunden. Dann steigerte ich die Zeit bis ich es tatsächlich 5 Minuten durchgehalten habe. Eigentlich wollte ich mit dieser Aktion ja nur beweisen, dass ich es nicht lernen kann, aber nach einer Woche hatte ich es gelernt! Und nicht nur das, auf diese Weise habe ich eine bemerkenswerte Disziplin entwickelt, die ich nun bei jeder Übung anwenden kann. Wenn es auch in der Situation echt unangenehm war, bin ich diesem Lehrer im Nachhinein schon sehr dankbar, weil ich seitdem nicht nur diszipliniert, sondern auch mit deutlich mehr Freude übe, wodurch ich nun schnelle Fortschritte erziele.

In obiger Frage habe ich mich zwar an die Lehrer gewandt, aber mich interessiert natürlich auch die Erfahrung anderer Schüler. Musstet ihr Disziplin auch erst lernen, wenn ja, wie? Ich vermute, dass in vielen Fällen Eltern, die mit ihren Kindern üben, dazu beitragen, dass die Kinder Disziplin entwickeln, aber ich hatte solche Eltern nicht.

Ich entschuldige mich für den langen Text und hoffe, dass der Inhalt die Länge rechtfertigt.
 
Das alte Bibelwort, wonach der Geist willig sei, aber das Fleisch schwach, stimmt nicht! Es ist meist der Geist, der Schwäche zeigt. Die Beine wären durchaus noch in der Lage, ein, zwei Runden zu drehen, es ist der Geist, der da flüstert, daß es auf der Parkbank doch viel bequemet ist. Der Trick mit der Eieruhr ist schon ok, aber auch motivationsfördernd? Auch Deine Argumentationskette, beweisen zu wollen, daß Du es nicht kannst, ist eher eine Motivation von hinten durch die Brust ins Auge. Disziplin läßt sich aber trainieren, indem man sich selbst ein Belohnungssystem schafft. Das ist zwar zunächst extrinsisch, weil es mit der eigentlichen Tätigkeit, dem Üben, nichts zu tun hat, aber auf lange Sicht wird man feststellen, daß man die „Belohnung“ gar nicht einzulösen braucht, daß der Geist schon damit zufrieden ist, daß man die Belohnung einlösen könnte. (PS: Von Schokolade als Belohnung rate ich dringendst ab!)
 
Vielen Dank für diese (Selbst-)Beschreibung eines sehr typischen Schülers, wie man ihn heutzutage an Musikschulen findet!

Die Realität dort sieht heute leider dergestalt traurig aus, dass viele Lehrer es im Grunde aufgegeben haben, die Schüler zum regelmäßigen Üben bringen zu wollen, und die oft nur 30 Minuten wöchentlichen Unterrichts dann mehr oder weniger identisch sind mit der wöchentlichen Übezeit (dann immerhin überwacht und angeleitet vom Lehrer).

Eine Unterrichtslandschaft, die ihr Geld (sowohl vom Staat als auch von den zahlenden Eltern) und die Qualifikation der Lehrkräfte wert wäre, würde alle Schüler, die zu wenig üben, rauswerfen. Übrig bliebe dann nur wenig.

Das, was heute zu großen Teilen abgeht, ist letztlich nichts weiter als Arbeitsplatzsicherung für unterrichtende Musiker. Daher wird völlig ineffektives Unterrichten wie oben beschrieben dann beispielsweise ummäntelt als "Breitenbildung", die ja schließlich wichtig sei, Hauptsache, jeder erhält mal als Kind die Gelegenheit, ins Musikmachen reinzuschnuppern, weil das ja so unheimlich gut fürs Gehirn und Sozialverhalten sei, blaaablaaablaaa.
 
Hinzu kommt, dass jeder in den Himmel, aber niemand dafür sterben will.
 
Es kann eine große Hilfe sein, der Tätigkeit, für die man Disziplin erlernen und aufbringen will, immer einen festen Platz im Tagesablauf zu geben. Dann stellt sich nicht die Frage: Wann gehe ich heute noch ans Instrument? Wo bringe ich heute noch das Üben unter?

Ein übrigens oft unterschätzter Faktor ist übrigens die Verringerung des zu überwindenden Widerstands: Liegt deine Geige eingepackt im verschlossenen Kasten? Womöglich noch im oberen Regal des Schlafzimmerschranks, während du immer im Wohnzimmer übst?
Aufs Klavier bezogen: Ist der Deckel zugeklappt?
Diese scheinbar banalen Umstände erhöhen den inneren Widerstand. Wenn die Geige an Ort und Stelle griffbereit ist und die Noten aufgeschlagen sind, wenn der Klavierdeckel offen ist, dann kann man die Instrumente rufen hören: „Spiel mich!“
 
Der nächste Lehrer hatte dann aber doch einen Plan. Ich fand seine Methode ziemlich brachial und mich würde es wahnsinnig interessieren, wie andere Lehrer das mit ihren Schülern machen.
Das kommt mir bekannt vor. Ich habe ähnliches erlebt - nicht am Klavier, sondern in Mathe. Dank dieses “brutalen" Lehrers hat mein Leben damals eine andere Wendung genommen und ich bin ihm heute noch dankbar.

Fish mit 16 oder 17. Mathe 5-6. Null Bock, null Durchblick. Also ständig im Unterricht zwischengefragt und auch stets umfassende Antwort bekommen, die allerdings ohne Erkenntnisgewinn „am rechten Ohr rein und am linken Ohr wieder raus ging“.
Neuer, gereifter Mathlehrer kurz vor Pensionierung: ... macht das Affentheather eine Woche mit. Dann verkündet er, dass ich mich nicht mehr mit Fragen im Unterricht melden dürfe, er aber sehr gerne bereit sei, alle Fragen am Nachmittag in einer Art Einzelunterricht ohne Zeitlimit zu beantworten. Aufgrund rudimentärster Busverbindungen wäre ich dann immer erst zwischen 18 und 19 Uhr nach Hause gekommen. Nene, DAS wollte ich ganz bestimmt nicht...

Also irgendwann mal im verhassten Mathebuch geblättert, das bislang nur als Übermittler der Hausaufgaben diente. Und, siehe da - hier war ja alles erklärt. Musste man halt eine Stunde mehrfach lesen und ein paar Testaufgaben machen, bis man es kapierte. Nach kurzer Zeit hat das - ähnlich wie ein Kreuzworträtsel - sogar Spaß gemacht. Ein bisschen Knobeln - das war eher Zeitvertreib als „blöde Mathematik.“ Also habe ich auch schon mal an dem Zeugs getüftelt, was in der nächsten oder üpbernächsten Stunde dran kommen würde.

PENG! Das war der Wendepunkt. Denn da ich ja mit dem neuen Stoff nun schon vertraut war, war dessen allgemeine Erarbeitung im Unterricht für mich nur noch eine verfestigende Übung. Dass man dann natürlich mündlich brillieren konnte, war ein willkommener Nebeneffekt. Ich hatte also bei gleichem Zeitaufwand das verhasste Lernen gegen freudvolle Knobelei & Erkundung vertauscht. Innerhalb von vielleicht vier Wochen war die 5 oder 6 einer strahlenden 1 gewichen und ich habe dann dieses System des „selbständigen Vorlernens“ auf alle Fächer mit ähnlichen Ergebnissen übertragen.

Dass das Ganze mit einem knallharten Zeitmanagement hinterlegt sein muss, versteht sich von selbst, weil sonst der große Prokrastinator zuschlägt.

Seitdem habe ich es in der Kunst des Selbstüberlistens zu großer Meisterschaft gebracht und mache hier noch eine Empfehlung:

Wenn ich z.B. Im Dezember den Urlaub im nächsten September plane und/oder buche, schätze ich die gesamten Kosten großzügig und trage sie SOFORT als Negativposten in meine Finanzübersicht ein. Das tut dann gar nicht so arg weh, weil es ja erst mal nur virtuell ist und sich nicht im IST, sondern im zukünftigen SOLL-Status neiederschlägt. Irgendwann müssen dann natürlich Flug o.ä. „echt“ gezahlt werden - aber auch das schmerzt nicht, weil die Beträge dann ja bereits seit Monaten „ausgebucht“ waren und man lange Zeit hatte, sich an den reduzierten Soll-Status zu gewöhnen. Am schönsten allerdings ist dann der Start in einen Urlaub, der „eigentlich nix mehr kostet“. Und mit ein wenig Glück (aber ohne stressige Sparerei) kommt man sogar mit einem Plus nach Hause, weil man die Kosten bewusst großzügig angesetzt hatte und gar nicht soviel ausgegeben hat. Funzt super und macht viel Freude.
 
Ich finde Motivation und Disziplin hängen unmittelbar zusammen. Wenn es keine intrinsische Motivation gibt das Instrument zu lernen, ein besonderes Stück zu können usw. dann wird das mit der Disziplin schwierig. Ich hatte als Kind auch Klavierunterricht, da kam aber die Motivation von den Eltern, die wollten dass ich das lerne und daher hatte ich auch keine Disziplin beim üben. Heute ist es anders, ich möchte die Sachen die ich gezeigt bekomme, selbst können, da ist die Disziplin einfach kein Thema mehr, was an Zeit zur Verfügung steht wird genutzt zum üben und auch das üben macht Spaß
 
Bei Kindern MÜSSEN die Eltern die fehlende Eigendisziplin des Kindes (die gar nicht erwartet werden kann, außer das Kind ist ohnehin äußerst begabt und intrinsisch motiviert) ersetzen, indem sie immer für das Üben sorgen und es überwachen.

Genau das findet heutzutage aber kaum noch statt; die Eltern haben keinen Bock dazu bzw. haben irrige Glaubenssätze wie den, dass die Übemotivation aus dem Kind heraus kommen müsse. Normale Kinder haben keinen Bock auf Üben, peng, aus.
 
Mangelnde Disziplin kann töten.
Im Krassen erlebten wir das bei uralten Freunden. Die - wie wir - immer mal aufhören wollten mit dem Rauchen. Das hatten sie über ein Jahr geschafft - doch als wir das nächste Mal auf eines unserer kulinarischen Wochenenden kamen, gingen sie raus auf die Terrasse - eine rauchen ...

Ich dachte gleich, au backe, das geht nicht gut aus.
Im letzten Jahr - 12 Jahre später - war es soweit. Er starb als Spätfolge seines zweiten Schlaganfalls, Alkoholiker, er wurde nur 67 Jahre alt. Keine fünf Monate später starb auch sie, mit 66, an einem bösartigen und schnell wachsenden Darmkarzinom.

Ich ... denke, dass Disziplin an Verhaltensweisen gebunden ist, die zuallererst in der Herkunftsfamilie zu lernen sind. D.h. Papa und Mama haben gegenüber dem Kind die größte Verantwortung, ihm bei der Übermittlung von essentiellen mentalen Fähigkeiten zum Leben und zum Überleben u.v.a. auch einen Zugang zu Disziplin zu ermöglichen.

Es ist das nicht allein Aufgabe der Eltern, aber wenn Eltern meinen, solche lästigen Dinge "outsourcen" zu können - an die Kita, an die Schule, an bezahlte Lehrer, ob nun Golf, Tennis, Fußball oder Musik - dann erfährt man zweierlei: es dauert wesentlich länger, und es ist oft nicht von nachhaltigem Erfolg. Besser ist, man bietet das Prinzip der Disziplin schon den ziemlich kleinen Kids an.
 
@fisherman, das Angebot deines Mathelehrers, dir nachmittags im Einzelunterricht alle Fragen zu beantworten, ist bemerkenswert und ebenso, dass es dir geholfen hat, obwohl du sein Angebot gar nicht angenommen hast. Danke für deinen Erfahrungsbericht.
 
Zuletzt bearbeitet:

@Demian, ja meine Geige liegt stets griffbereit und ich habe das Disziplinproblem ja auch nicht mehr. Und damals habe ich ja auch nicht zu wenig geübt, aber halt nie richtig. Üben sah bei mir immer so aus, dass ich es einmal probiert und dann 10 Minuten gejammert habe. Dann habe ich es noch mal probiert und wieder 10 Minuten gejammert. Dann habe ich frustriert aufgegeben und stattdessen irgendein Stück gespielt.
 
das Angebot deines Mathelehrers, dir nachmittags im Einzelunterricht alle Fragen zu beantworten, ist Bemerkenswert
Ja, das war ein besonderer Mann - sah aus wie Erich Kästner. War ultrakorrekt und gerecht. Ich hatte ihn auch in Chemie und eine versaute Ex mit einer 3 + (statt einer gnädigen 2-) hat mir letztendlich das Stipendium verhagelt, dass genau dieser Lehrer mir verschaffen wollte. Er war selbst sehr geknickt und dann doch sehr erleichtert, als ich ihm am Schluss für alles dankte und erklärte, dass ich enttäuscht gewesen wäre, wenn er für mich Fünfe hätte gerade sein lassen. Wie schon gesagt: Ein aufrechter, geradliniger und somit auch für alle berechenbarer Mann...
dass es dir geholfen hat, obwohl du sein Angebot gar nicht angenommen hast.
... der nicht zuletzt ein hervorragender Pädagoge war. Ihm war von Anfang an klar, dass ich sein Angebot nicht annehmen würde und er setzte auf die intellektuelle Neugier, die er bei mir spürte.

Manchmal braucht es ihm Leben nur ein oder zwei besondere Menschen, die am Schluss dann das eigene Leben „formen“.
 
Und damals habe ich ja auch nicht zu wenig geübt, aber halt nie richtig. Üben sah bei mir immer so aus, dass ich es einmal probiert und dann 10 Minuten gejammert habe. Dann habe ich es noch mal probiert und wieder 10 Minuten gejammert.
Das kommt mir sehr bekannt vor ... ;-)
 
Ich finde Motivation und Disziplin hängen unmittelbar zusammen. Wenn es keine intrinsische Motivation gibt das Instrument zu lernen, ein besonderes Stück zu können usw. dann wird das mit der Disziplin schwierig.
Dem stimme ich zu, aber ich denke, mein Beispiel zeigt, dass intrinsische Motivation manchmal nicht ausreicht, denn diese war bei mir sehr hoch. Immerhin habe ich mich ja sehr gerne täglich mit meinem Instrument beschäftigt. Umso mehr habe ich darunter gelitten, dass ich nicht üben konnte. Ich denke, ich hatte einfach nicht verstanden, was diszipliniertes Üben überhaupt ist.
 
Bei mir wirds ohne Ziele immer irgendwann zäh. Sport mache ich z.B. entweder weils mir direkt gut tut oder ich trainiere auf einen Wettkampf.

Mit mein größter Motor beim Klavierspielen war immer das Musizieren vor und mit anderen. Vor dem Auftritt stellt sich die Frage ob ich Lust hab zu üben gar nicht. Und auch eine Probe macht viel mehr Spaß, wenn man seine Sachen beisammen hat. Das war im Nachhinein betrachtet auch ein fantastisches Langzeitprojekt, bei dem ich mich über viele Jahre sehr verbessert habe: Vom einsamen, unsicheren Klimpern im Zimmer (zittrige Hände sobald jemand zuhörte), zu kleinen Auftritten und gemeinsamen Musik machen.

Vor einiger Zeit hat sich meine Band aufgelöst. Danach waren eine Zeit lang auch Klavierunterricht und mal eine Aufnahme zu machen Ziele. Aber ich merke zuletzt, es wird wieder sehr zäh und ich will wieder Mit-Musiker suchen. Gerade Richtung Jazz ist das halt Teil vom Spaß.
 
Ich habe jahrelang unter der Situation gelitten, dass ich üben wollte, aber mangels Disziplin nicht konnte. Ich saß zwar jeden Tag mit meinem Instrument da, aber es kam nichts Produktives dabei raus. Manches Mal habe ich gedacht, dass man die Übung vielleicht mehrere Male hintereinander wiederholen müsse, um einen Fortschritt zu erzielen, hatte diesen Gedanken aber stets wieder verworfen, weil ich es für zu anstrengend hielt.
Hattest Du denn überhaupt vermittelt bekommen, welches sinnvolle Übestrategien (es gibt ja nun wahrhaftig mehr als eine) sind? Disziplin hat ja wenig Sinn, wenn man dann Dinge macht, die einen nicht weiterbringen.
Nicht ganz zufällig hat es sich in den allgemeinbildenden Schulen in den letzten 25-30 Jahren durchgesetzt, dass man Lernstrategien vermittelt bekommt, was partiell auch in Lehrbüchern verankert ist.

Mein Lehrer hatte bemerkt, dass es mir an Disziplin mangelte, wusste aber nicht, wie er mir helfen kann.
Der nächste Lehrer hatte dann aber doch einen Plan. Ich fand seine Methode ziemlich brachial und mich würde es wahnsinnig interessieren, wie andere Lehrer das mit ihren Schülern machen.


Es gab eine Übung, die ich richtig doof fand und daher auch nicht geübt hatte. Zwar war ich höflich und habe nicht gesagt, dass ich diese Übung schwachsinnig finde,
Gab es einen Grund dafür, dass Du die Übung doof und schwachsinnig fandest? War sie sehr schwierig? War Dir klar, worauf es ankommt und was es bringt? Das sind für mich ganz entscheidende Fragen.
Bei jedem Versuch bin ich spätestens nach 15 Sekunden völlig erschöpft zusammen gebrochen.
Das ist ja schon extrem - woran lag das? Also: worin bestand die Übung?
Irgendwie klingen für mich Deine Ausführungen mehr danach, dass Du wenig zum Thema "Üben" vermittelt bekommen hast. Nun ist es aber freilich so, dass Kinder/Jugendliche (wie alt warst Du denn?) natürlich eher wenig nachfragen/hinterfragen, als es Erwachsene tun.
Musstet ihr Disziplin auch erst lernen, wenn ja, wie?
Jetzt mal ganz allgemein und vom Instrument abstrahiert: Disziplin kann und muss man sein ganzes Leben lang lernen. Oft setzen Daten ein Limit ("am 20. Mai müssen die Abikorrekturen abgegeben werden" oder die Seminararbeit oder die Steuererklärung ...), dann lernt man ganz gut, sich die Zeit einzuteilen.
Wenn es um Hobbys geht, die man sich freiwillig wählt. sieht es natürlich anders aus. Üben hat zwar mit Disziplin zu tun, aber auch ganz viel mit Motivation. Wenn ich etwas machen will und Freude daran empfinden möchte, dann muss ich in der Tat was dafür tun. Das fällt Erwachsenen, die sich bewusst dafür entscheiden, oft leichter.
Ich vermute, dass in vielen Fällen Eltern, die mit ihren Kindern üben,
Um des Himmels Willen! Eltern als Musik-Nachhilfelehrer - nein! Wobei es nicht schaden kann, wenn man ans Üben erinnert, wenn man sich dafür interessiert, zu den Vorspielen geht oder am Anfang mit dem Instrument hilft (Stimmen etc ...), sofern man die entsprechenden Kenntnisse mitbringt. Oder auch: gemeinsam musiziert, wenn das möglich ist!
Wenn jemand nicht üben will - na und? Entweder aufhören oder mit wenig üben weitermachen (manche erreichen da trotzdem ein erstaunliches Level!).

Allen (!!) Lehrkräften sei übrigens ans Herz gelegt, sich mit der Umstrukturierung im Gehirn während der Pubertät zu beschäftigen.
Ich entschuldige mich für den langen Text und hoffe, dass der Inhalt die Länge rechtfertigt.
Absolut! Ist doch sehr interessant!
 
Um des Himmels Willen! Eltern als Musik-Nachhilfelehrer - nein! Wobei es nicht schaden kann, wenn man ans Üben erinnert,
Darüber bin ich auch gestolpert.
Bei mir ist das Problem immer, überhaupt mal von der Couch hochzukommen.
Kinder wird man wohl immer ans Üben erinnern müssen, weil sie den Tag nicht selbst planen können.
Aber wenn ich dann mal am Instrument sitze, ist es eher selten, dass ich mich durchquälen muss. Und eigentlich würde ich das auch bei Kindern so erwarten: Wenn sie mal zu Üben begonnen haben, und die Aufgaben klar sind, dann sollte die Motivation doch aus dem Spiel kommen?
Aber ich bin jetzt auch kein Lehrer, ich stelle mir das nur so vor.
 
Und eigentlich würde ich das auch bei Kindern so erwarten: Wenn sie mal zu Üben begonnen haben, und die Aufgaben klar sind, dann sollte die Motivation doch aus dem Spiel kommen?Aber ich bin jetzt auch kein Lehrer, ich stelle mir das nur so vor.
Sofern es sie wirklich interessiert (und nicht nur der Wunsch der Eltern ist), schon.

Wichtig finde ich auch, was @Johnny1900 geschrieben hat: mit anderen zu musizieren kann sehr motivierend sein! Musizieren ist etwas sehr Soziales! Bei unseren Kindern kamen die größten Motivationsschübe immer dann, wenn es darum ging, irgendwo mitzumachen (Vororchester, Orchester, Musikverein).
 
Hattest Du denn überhaupt vermittelt bekommen, welches sinnvolle Übestrategien sind?
Ich denke schon. Der Lehrer hatte ja auch im Unterricht mit mir geübt. Da hätte ich es eigentlich mitkriegen müssen, wie ich das zu Hause üben soll. Dass es bei mir nicht ankam, lag daran, dass ich nicht geglaubt hatte, dass er das zu meinem besten macht, weil ich es doch lernen wollte. Nein, ich hatte geglaubt, dass er mich ganz fürchterlich quälen und fertig machen will. Mein innerer Widerstand war enorm, aber da ich Angst vor ihm hatte, habe ich so gut ich konnte, gemacht, was er von mir wollte und mich dabei die ganze Zeit als Opfer gefühlt. Das waren natürlich keine guten Voraussetzungen, um was zu lernen und viel gelernt habe ich da auch nicht.
 

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