Keiner will Erwachsene Unterrichten, und nu?

Es gibt konstruktive und destruktive Kritik. Erstere ist etwas motivierender. :coolguy:

In der Philosophie versteht man unter Kritik, eine „Beurteilung, auch Fähigkeit der Beurteilung, der Prüfung…, die vor den Folgen von Täuschung und Irrtum bewahrt

Es geht also um die Schärfung der Empfindung für die Wahrheit.
 
Warum sollte man sich durch Kritik angegriffen fühlen? :denken:

Ich beziehe mich z. B. auf das von dir beschriebene bei Kritik im Sinne von Hinweis auf Fehlverhalten, auch wenn es jetzt nicht 100 % deine Worte sind, aber auch auf andere Beiträge:

Ja, furchtbar ist das. In allen Bereichen des Lebens zu vermerken. Bei jedem Hinweis auf Fehlverhalten kommt sofort eine protoaggressive Replik, warum das Fehlverhalten angeblich keines sei, sondern der Hinweisende im Unrecht sei oder selbst Schuld trage. Ätzend./QUOTE]
 
Deine Erfahrungen sind ja besonders heftig. Harter Tabak. :angst:
Ich hätte vermutet, die Klientel (Klavierlernende) sei tendenziell unauffällig.

Sind sie ja. Die Vorkommnisse waren fast alle Jahre nach dem Unterrichtsende. Bei manchen habe ich aber schon gedacht, wie das nur weiter gehen wird...

Andere waren aber auch hochintelligent und ich habe mir bei denen keine Sorgen gemacht und trotzdem kam dann der Schock.

Es ist da fast immer irgendwas im Elternhaus passiert (Vater wurde arbeitslos und/oder zog aus usw.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Wort "Scheiße" hat im Klavierunterricht nichts verloren. Sonst sollte man auch lieber darauf verzichten.

Das erinnert mich an unseren Babykurs vor 28 Jahren. "Scheiße" war das Lieblingswort der vortragenden und unterrichtenden Hebamme. Auf Vorschlag meiner besseren Ehehälfte brachen wir den Kurs nach dem dritten oder vierten Mal ab, weil wir jedesmal irgendwie schlecht gelaunt nach Hause gingen.
Die Kinder wurden trotzdem groß, auch ohne Babykurs.
 
Bei der Erarbeitung von Stücken habe ich Hinweise des Lehrers, was man besser machen kann, auch nicht als Kritik empfunden und mich deshalb irgendwie angegriffen gefühlt.

Die beste Kritik besteht nun einmal in einem Verbesserungsvorschlag. Idealerweise im Gespräch: Was habe ich gehört (oder - noch - nicht), was hat meine KL gehört. Wo hat es etwas geklappt, wo nicht. Oft sind wir uns einig, manchmal findet sie etwas gut, was mir gar nicht so positiv auffiel, manchmal fiel mir ein Defizit überhaupt nicht auf.
 
Weil ein Schüler der weiss, das es nicht gut war, sich verarscht fühlt.

Und bei "Sch...." fühlt er sich dann besser und nicht verarscht?

Ich habe vor 30/35 Jahren manchmal von Eltern gehört, dass ich die Schüler zu wenig lobe. Und genau bei den Schülern gab es eigentlich so gut wie nichts zu loben.

Ein anderer hat mir mal gestanden, dass er die ganzen Jahre nie was geübt hat. Aber das hat mich gar nicht überrascht.

Diese Energie raubenden Schüler ändern sich in der Regel nicht mehr, kommt aber doch selten vor, dass es der eine oder andere noch auf die Reihe bekommt.

Da heisst es dann cool und freundlich bleiben und in den restlichen 29 Minuten das machbare aufzuzeigen
 
Nachdem ich eine Weile still mitgelesen habe, möchte ich kurz erzählen:

Seit meinem KL Wechsel bin ich furchtbar frustriert. Ich übe ja sehr viel und es macht mir auch Spaß. Aber mit dem „Neuen“ werde ich nicht so richtig warm und vermisse meinen „Alten“ ganz furchtbar.

Mein neuer KL hat bisher nur Kritik geübt. Auf alle Fälle berechtigte Kritik, aber es hat definitiv meine Motivation gebremst nur am Klang der Einzelnen (!) Töne zu arbeiten.
Ich habe mit ihm die gleiche Sonatine durchgearbeitet, die ich schon seit 6 Monaten versuche zu beherrschen und für mein Gefühl wurde es immer schlimmer.

Heute habe ich ihm gesagt, dass mich diese Sonatine mittlerweile furchtbar frustriert und dass ich überhaupt momentan den Eindruck habe, dass es nicht vorwärts geht.
Der KL ist über die Aussage fast erschrocken. Er empfand es überhaupt nicht so und hatte deshalb weiter kritisiert.
Wir arbeiten jetzt an einem neuen Stück, mit dem ich hoffentlich auch umsetzen kann, was er von mir will, denn ich finde es sehr schwer alte Angewohnheiten bei „alten“ Stücken zu brechen.

Mein Fazit des Tages:
Auch ich höre gern Lob, obwohl ich mir bisher sicher war, dass ich objektiv genug wäre, es nicht zu benötigen.
Nur reine Kritik kann die Motivation sehr dämpfen und wenn das bei mir so so ist, wie frustrierend muss das erst für Kinder sein?

Daher denke ich diese geschönigte Lob-Kritik-Variante: „das und das war schon sehr gut, aber...“ hat definitiv ihre Berechtigung, auch bei Erwachsenen!

Lg
 
Es ist halt wichtig, dass der Lehrer auch meint was er sagt. Also wenn er wirklich einen Teilaspekt des vorgetragenen Stückes besser findet, kann er das auch würdigen, ohne dass es wie eine Floskel klingt. Wenn er dagegen in Gedanken schon bei dem Satz hinter dem ",aber..." ist, dann kann man sich das "Das war schon ganz gut," auch sparen.
 
Ich spreche ja dann auch an, was besser war. ZB das Tempo oder Dynamik usw

Die nicht übenden Schüler werden trotzdem leider immer zahlreicher und die Schulaufgabenwelle rollt weiter

Habe heute schon wieder 4 neue Anfragen bekommen
 
Nur reine Kritik kann die Motivation sehr dämpfen und wenn das bei mir so so ist, wie frustrierend muss das erst für Kinder sein?
Auch wenn ich gegen das rosa Schleifchen bin, kann ich das trotzdem nachvollziehen. Und es ist schade!

Wenn man das Gefühl hat, dass gar nichts gelingt, verliert man die Lust.

Nun bin ich nicht dabeigewesen, aber wenn die Kritik überhand nimmt, könnte es verschiedene Ursachen haben:
  1. Lehrer ist pingeliger als der alte oder hat andere Schwerpunkte. Natürlich muss alles sein Maß haben, aber grundsätzlich könnte man das beides auch positiv sehen. Kann man viel lernen.
  2. Die Sonatine war (noch) zu schwer für Dich, so dass Du den Ansprüchen des neuen Lehrers an ihr nicht gerecht wirst. Dann hoffe ich, das neue Stück ist einfacher, so dass Du es entsprechend schöner spielen kannst.
  3. Vielleicht schafft der Lehrer auch nicht, sich zu fokussieren. Wie Anne schon schrieb - man kann immer 20 Dinge finden, die besser gehen (Selbst wenn es schon sehr gut war, geht es immer noch besser). Jedenfalls kannst Du zu einem Zeitpunkt ja nur ein 1 oder 2 Dingen arbeiten. Der Lehrer sollte wissen, welche 2 Dinge im Moment drankommen müssten. Den Rest könnte er vielleicht für sich behalten.
Es muss natürlich auch die Chemie stimmen. Du wirst den Lehrer nicht umkrempeln.
 

„das und das war schon sehr gut, aber...“
Das "aber" ist der Fehler. Die noch zu bewältigenden Herausforderungen stellen keinen Gegensatz dar zu den notwendigen Fähigkeiten, die bereits erbracht werden können, sondern sie bauen subjektiv auf diesen auf. Das besagt wohl auch das Sprichwort "Der Weg ist das Ziel". Das große Ziel ist noch weit weg, vielleicht nicht erreichbar, na und? Wir schauen einfach auf das bisher Geschaffte. Auf dem Weg nach vorne müssen kleine Meilensteine her, bei deren Erreichung man zufrieden sein kann, denn nur Aufwand und kein Nutzen begleitet von ständiger Kritik, sei sie noch so sachlich und berechtigt, das ist wie ein Fass ohne Boden, in das man Wasser gießt. So geht es einfach nicht. :coolguy:

Nach einem Wechsel des "Trainers" (Lehrer klingt so schrecklich nach Schule) sollten sich beide Seiten einige Runden gönnen, bevor sie einander be-/verurteilen.

Bleibt die Atmosphäre allerdings angespannt und freudlos (niemand lacht, niemand freut sich spontan), dann ist der Trainer eben nur ein "Lehrer", der den "Schüler" nicht zum "Spieler" entwickeln kann. ;-)
 
Wenn ich hier lese, komm ich mehr und mehr zu dem Schluss, dass mein Lehrer alles richtig macht. Der sagt nicht künstlich was positives, bevor er die Baustelle benennt. Aber ich bekomme auch immer ein Feedback, wenn ich es besser gemacht habe.
Das Arbeiten an Tönen empfinde ich aber auch als hart. Das Stück an dem wir zur Zeit arbeiten, konnte ich vorher recht gut durchspielen, jetzt ist es total zerrupft und läuft gar nicht mehr. Aber das muss ich wohl aushalten, ich mach weiter und dann wird es hoffentlich am Ende besser als es vorher war.
 
Das Stück an dem wir zur Zeit arbeiten, konnte ich vorher recht gut durchspielen, jetzt ist es total zerrupft und läuft gar nicht mehr. Aber das muss ich wohl aushalten, ich mach weiter und dann wird es hoffentlich am Ende besser als es vorher war.
Vielleicht helfen Aufnahmen weiter, so dass man nach einiger Zeit selbst beurteilen kann, ob sich die Mühe des Umkrempelns gelohnt hat. Es gibt auch immer eine Schnittstelle zwischen bewussten (neu, überarbeitet - vielleicht besser) und weitgehend unbewussten (schnell, sicher - vielleicht schlecht) Teilen. Das ist eine kritische Phase.
 
Leute, wenn Ihr das nächste Mal pissig seid, weil der Lehrer wieder nicht gelobt, sondern nur kritisiert hat:

Fragt euch dann doch mal: Was hätte er denn loben sollen? Was habe ich denn tatsächlich gut (oder besser als beim letzten Mal) gemacht, das über Selbstverständlichkeiten hinausgeht und somit auf jeden Fall hätte erwähnt werden sollen?
Gibt es da was? Oder möchte ich in Wirklichkeit nur ein narzisstisches Bedürfnis befriedigt haben?

Diese Frage, ehrlich beantwortet, dürfte bei so manchem zu unschönen Erkenntnissen führen...
 
Aber Leute, die geschont werden wollen, finde ich eigenartig. Zumal wenn es um so etwas völlig Harmloses und gänzlich Unwichtiges wie Klavierspiel-Vermittlung geht.
@hasenbein: ohne diese Sätze wäre mir dein Beitrag ein "Gefällt mir" wert gewesen. Ich halte auch nichts von Weichspülern. Aber ich kenne jemanden, der die Zuchthaus-Klavierlehrer ihrer Kindheit bis heute einen natürlichen Zugang zum Klavierspielen verleidet haben, was ihre aktuelle Klavierlehrerin mühevoll kompensieren muss. Und ich finde diese Schülerin überhaupt nicht "eigenartig"!

Dass die Klavierspiel-Vermittlung etwas völlig "Harmloses und gänzlich Unwichtiges" sein soll, diese Ironie aus dem Munde eines Klavierlehrers, der seinen Job ernst nimmt und bekanntermaßen militant verteidigt, die habe ich gerade noch verstanden;-):-D.
 
Wie so oft: Der Ton macht die Musik.

Es ist alles andere als ausgeschlossen, dass die Lehrkraft das "Elaborat" tatsächlich von vorn bis hinten furchtbar findet und auch recht damit hat.

Aussagen wie "Da war alles falsch, was falsch zu machen ist" (oder so ähnlich) sind so lange demotivierend und vollkommen unangemessen, wie der Lernende noch nicht auf einen gewissen Fundus an Erfolgserlebnissen zurückgreifen kann und somit das Vertrauen entwickelt hat, dass er mit Unterstützung der Lehrkraft den aktuellen Status quo überwinden KANN.

Wenn tatsächlich so viel zu bemängeln ist, wäre es taktvoller/respektvoller, den Lernenden aufzufordern, die eigenen Eindrücke zu benennen. Also selbst zu sagen, wo er/sie Defizite ausmacht. Diese gemeinsam zuerst angehen, in der Reihenfolge der Behebbarkeit.

Alles auf einmal zu bemängeln und alles auf einmal beackern zu wollen, ist im Anfängerbereich kein sinnvolles pädagogisches Konzept. Mit Mimimi oder Buhuhu hat es nichts zu tun. Wie @Stilblüte schrieb - der Lehrkraft werden noch lange Zeit viele suboptimale Dinge auffallen, aber diese Defizite müssen systematisch beackert werden.

Die Unkräutlein einzeln mit der Hand auszupfen statt das komplette Terrain in Agent Orange zu baden.

Bei erwachsenen Anfängern ist und bleibt das Klavierspiel garantiert ein Hobby. Die müssen ihre Übezeit in aller Regel aus ihren Alltagsverpflichtungen freikämpfen. Die streben keine Aufnahmeprüfung an und keine Konzertreife. Wenn sie trotzdem ehrgeizig sind, dauert es eben ein bisschen länger als bei Kindern/Jugendlichen. Dafür kommen sie nicht plötzlich in die Pubertät und werden nicht bockig. Die Fortschritte sind deutlich langsamer, aber bei entsprechendem Engagement vermutlich trotzdem stetiger.


Heute habe ich ihm gesagt, dass mich diese Sonatine mittlerweile furchtbar frustriert und dass ich überhaupt momentan den Eindruck habe, dass es nicht vorwärts geht.
Der KL ist über die Aussage fast erschrocken. Er empfand es überhaupt nicht so und hatte deshalb weiter kritisiert.

Es ist denkbar, dass da einfach ein Missverständnis vorliegt. Offenbar hat Dein KL keine schwerwiegenden Defizite mehr festgestellt, so dass er mit Dir an die Arbeit an einzelnen Tönen gegangen ist. Gut, dass Du es angesprochen hast. Dass Du nach sechs Monaten keine Lust mehr auf diese Sonatine hast :blöd:und nicht noch mal alles umkrempeln möchtest, weil Dir das Stück eh schon zum Hals raushängt, konnte er offenbar auch nachvollziehen. :super:

Viel Erfolg beim neuen Stück!
 

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