Wie ist für Euch das Unterrichten von erwachsenen Wiedereinsteigern?

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chopinfan

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Hallo liebe Klavierlehrer,

mich würde sehr interessieren, wie ihr an den Unterricht mit einem erwachsenen Wiedereinsteiger herangeht, der in Kindheit/Jugend schon Unterricht hatte und danach jahrzehntelang vor sich hingeklimpert hat, ggf. mit ausgedehnten Pausen dazwischen. Die Situation ist doch eine andere, als wenn man ein Kind oder einen erwachsenen Anfänger unterrichtet.

Gehen wir mal davon aus, dass der Schüler u.a. Chopin und Rachmaninoff sehr mag und im Alter von 15 Jahren zwei Chopin-Etüden in einem Schulkonzert vorgespielt hat, und danach war's erstmal für viele Jahre vorbei mit dem Klavierunterricht und -üben.

-Analysiert ihr erstmal, was der Schüler kann und wo seine Schwächen liegen? Die Schwächen sind massenhaft vorhanden, quasi wie die Löcher in einem Schweizer Käse, wo kaum noch Käse übrigbleibt.

-Unterhaltet ihr Euch erstmal über die gegenseitigen Erwartungen?

-Schlagt ihr Stücke vor, die quasi die Schwächen des Schülers heilen können, und geht ihr dabei auch auf den Geschmack und die musikalischen Vorlieben des Schülers ein?

-Kann ein Schüler, der vergleichsweise wenig Muße zum richtigen "Üben" hat (der also nach Feierabend wenn, dann eher nur "spielt", aber nicht knackig übt), überhaupt noch Fortschritte machen? Ab wievielen Stunden richtigen Übens pro Woche macht Unterricht Sinn?

-Sind überhaupt Fortschritte ab dem Alter von ca. 50 Jahren möglich, d.h. macht Unterricht dann überhaupt noch Sinn, oder ist es zu spät dafür?

-Was gefällt Euch als Lehrer an "alten" Wiedereinsteigern, was nervt Euch potentiell?

- Was fällt Euch sonst noch zu diesem Thema aus Eurer Erfahrung ein? Was sollte man als Schüler beachten?

Ich bin sehr interessiert an Euren Ansichten und Erfahrungen, da ich selbst für mich überlege, nochmals ein paar Unterrichtsstunden auf meine alten Tage zu nehmen. Die Frage ist, ob das einem Klavierlehrer überhaupt Spaß macht, und ob es mir etwas (was auch immer) "bringen" würde - außer natürlich den musikalischen Austausch mit einer musikalisch hochgebildeten Person vom anderen Stern, der immer lohnend ist :-).
 
-Analysiert ihr erstmal, was der Schüler kann und wo seine Schwächen liegen? Die Schwächen sind massenhaft vorhanden, quasi wie die Löcher in einem Schweizer Käse, wo kaum noch Käse übrigbleibt.
"Erst mal" würde ich da nichts analysieren. Wo Stärken und Schwächen liegen, bekommt man beim Unterrichten mit, manches früher, manches später. Das hat nichts damit zu tun, wie alt jemand ist, wie lang er schon spielt oder wie lang irgendeine Pause war. Für mich zumindest aktuell nicht. Ich hab einen Menschen vor mir, einen Schüler, dem höre ich zu und widme mich ihm. Das ist alles.
-Unterhaltet ihr Euch erstmal über die gegenseitigen Erwartungen?
Durchaus - vor allem über die, die der Schüler an sich selbst hat.

-Schlagt ihr Stücke vor, die quasi die Schwächen des Schülers heilen können, und geht ihr dabei auch auf den Geschmack und die musikalischen Vorlieben des Schülers ein?
Beides schließt sich gar nicht aus! Auf jeden Fall gehe ich immer auf die Vorlieben des Schülers ein.
-Kann ein Schüler, der vergleichsweise wenig Muße zum richtigen "Üben" hat (der also nach Feierabend wenn, dann eher nur "spielt", aber nicht knackig übt), überhaupt noch Fortschritte machen? Ab wievielen Stunden richtigen Übens pro Woche macht Unterricht Sinn?
Selbstverständlich kann er das. Ich würde sagen, zwei bis dreimal pro Woche sollte man mindestens an den Tasten sitzen, sonst ist es vermutlich langfristig schwierig (solange man Literatur spielen möchte).
-Sind überhaupt Fortschritte ab dem Alter von ca. 50 Jahren möglich, d.h. macht Unterricht dann überhaupt noch Sinn, oder ist es zu spät dafür?
Meine über 60-jährigen Schülerinnen haben in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, die sie auch selbst wahrnehmen.
-Was gefällt Euch als Lehrer an "alten" Wiedereinsteigern, was nervt Euch potentiell?
Mich nervt an Wiedereinsteigern gar nichts. Wenn "etwas" das Potential hat, mich zu nerven, sind das nur menschliche Angewohnheiten. Schwierig kann manchmal sein, dass alte Muster sehr tief sitzen und man nicht so leicht davon wegkommt, falls man das möchte. Aber auch damit kann man umgehen.
- Was fällt Euch sonst noch zu diesem Thema aus Eurer Erfahrung ein? Was sollte man als Schüler beachten?
Gar nicht so viel - einfach machen! :D Für einen Klavierlehrer macht es unterm Strich keinen so großen Unterschied. Ein Anfänger ist ein Anfänger, ein Fortgeschrittener ist Fortgeschrittener. Jeder hat seine Fähigkeiten, und auf die kann man reagieren und daran anknüpfen.
Die Frage ist, ob das einem Klavierlehrer überhaupt Spaß macht, und ob es mir etwas (was auch immer) "bringen" würde - außer natürlich den musikalischen Austausch mit einer musikalisch hochgebildeten Person vom anderen Stern, der immer lohnend ist :-).
Es gibt keinen Grund, warum das keinen Spaß machen sollte... Diversität in der Klasse ist gut, Abwechslung hält wach und frisch, ist spannend und belebend. Außerdem ist dieses "etwas bringen" doch eher eine Idee, die aus der Wirtschaft kommt. Danach muss man sein Leben nicht ausrichten. Wenn man etwas will und es sich zeitlich, finanziell und kräftemäßig erlauben kann und niemandem damit schadet, sollte man es einfach tun.
 
Die Frage ist, ob das einem Klavierlehrer überhaupt Spaß macht, und ob es mir etwas (was auch immer) "bringen" würde
Aus Schülersicht in einer ähnlichen bzw. "noch schlimmeren" Situation kann ich Dir sagen, dass es mir sehr viel gebracht und meinem KL sehr viel Spaß gemacht hat.
Evtl. kommst Du auch nach einem Jahr, so wie ich, zu dem Schluss, den Unterricht wieder zu beenden. Trotzdem möchte ich dieses Jahr nicht missen und würde es immer wieder tun.
 
Ich bin sehr interessiert an Euren Ansichten und Erfahrungen, da ich selbst für mich überlege, nochmals ein paar Unterrichtsstunden auf meine alten Tage zu nehmen. Die Frage ist, ob das einem Klavierlehrer überhaupt Spaß macht, und ob es mir etwas (was auch immer) "bringen" würde - außer natürlich den musikalischen Austausch mit einer musikalisch hochgebildeten Person vom anderen Stern, der immer lohnend ist :-).

Ich bin keine Klavierlehrerin sondern selbst nur Anfängerin, hatte aber mit meiner Klavierlehrerin in der letzten Stunde ein Gespräch über genau dieses Thema.
Dabei hat sie mir versichert, dass sie sogar sehr gerne Erwachsene aller Stufen unterrichtet, die wären motiviert, würden diszipliniert Üben und wären bereit, mehr Energie ins Musizieren zu stecken als das durchschnittliche Kind.
Bei Leuten mit musikalischer Vorerfahrung freut sie sich über den musikalischen Austausch, während komplette Anfänger sie immer wieder zum Nachdenken über "Selbstverständliches" bringen.

Also, nicht schüchtern sein, gezielt nach einem Klavierlehrer suchen, der explizit Unterricht für Erwachsene anbietet und einfach eine Stunde zum Kennenlernen vereinbaren.
 
[…] Unterricht mit einem erwachsenen Wiedereinsteiger […], der in Kindheit/Jugend schon Unterricht hatte und danach jahrzehntelang vor sich hingeklimpert hat, ggf. mit ausgedehnten Pausen dazwischen.
Es hängt davon ab, wie fundiert der Unterricht in der Kindheit/Jugend war, ob eine solide Technik und nicht zuletzt effiziente Übestrategien vermittelt wurden. Wenn allerdings trotz bester Voraussetzungen später nur noch „geklimpert“ wurde, stellt sich die Frage, ob dem Betreffenden an einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Klavierspiel überhaupt gelegen ist. Wenn nicht, warum dann Unterricht?

Die Situation ist doch eine andere, als wenn man ein Kind oder einen erwachsenen Anfänger unterrichtet.
Bei Kindern muß man sehr spielerisch vorgehen. Vieles funktioniert nur über den Weg der Nachahmung und über Bilder. Für Bilder sind auch Erwachsene empfänglich; nur verlangen sie häufig eine Ansprache, die auch den Intellekt fordert.

Analysiert ihr erstmal, was der Schüler kann und wo seine Schwächen liegen?
Es ist zu hoffen, daß der Lehrer in der Lage ist, die Schwächen des Schülers zu diagnostizieren. Vieles zeigt sich schon in der ersten Stunde, aber letztlich ist es ein lang andauernder und nicht endender Prozeß.

Unterhaltet ihr Euch erstmal über die gegenseitigen Erwartungen?
Das sollte allerdings in der ersten Stunde geschehen. Wenn der Lehrer Anforderungen an die Übezeit stellt, die der Schüler nicht erfüllen kann oder will, sind die Voraussetzungen einer gedeihlichen Zusammenarbeit schlecht. Ähnlich, wenn der Schüler nur Yiruma, Tiersen oder Einaudi etc. Spielen will, der Lehrer aber von dieser Art Musik nichts hält.

Schlagt ihr Stücke vor, die quasi die Schwächen des Schülers heilen können, und geht ihr dabei auch auf den Geschmack und die musikalischen Vorlieben des Schülers ein?
Wenn Unterricht Hand und Fuß haben soll, dann muß sich die Stückauswahl danach richten, was den Schüler in seiner musikalischen Entwicklung weiterbringt. Technische und gestalterische Aspekte lassen sich am besten an Stücken trainieren, die dem Geschmack des Schülers entgegenkommen. Aber musikalische Entwicklung bedeutet auch Erweiterung des musikalischen Horizonts. Das Argument „Mag ich nicht“ kann ich nur sehr bedingt nachvollziehen.

Kann ein Schüler, der vergleichsweise wenig Muße zum richtigen "Üben" hat (der also nach Feierabend wenn, dann eher nur "spielt", aber nicht knackig übt), überhaupt noch Fortschritte machen? Ab wievielen Stunden richtigen Übens pro Woche macht Unterricht Sinn?
Wozu will ein Schüler, der keine Lust/Muße zum Üben hat, überhaupt Unterricht nehmen. Die Frage nach der Stundenzahl taugt nichts: man kann stundenlang am Instrument vor sich hin daddeln, ohne ein merkliche Verbesserung des Spielens zu erzielen.

Sind überhaupt Fortschritte ab dem Alter von ca. 50 Jahren möglich, d.h. macht Unterricht dann überhaupt noch Sinn, oder ist es zu spät dafür?
Fortschritte sind immer möglich! Vielleicht nicht unbedingt in virtuoser Hinsicht, aber doch zumindest in der Breite. Auch die Erweiterung des musikalischen Horizonts und des Wissens ist Fortschritt.
Was gefällt Euch als Lehrer an "alten" Wiedereinsteigern, was nervt Euch potentiell?
Das größte Problem bei erwachsenen Wiedereinsteigern dürfte mitunter eine gewisse Beratungsresistenz sein. Aber mit Erwachsenen kann man auf einer anderen Ebene kommunizieren als mit Kindern.
 
Liebe chopinfan,

es lohnt sich auf jeden Fall, mit Klavierunterricht zu beginnen, egal ob Spät-, Wiedereinsteiger oder Anfänger! Einem Klavierlehrer bereitet es nämlich sehr viel Freude, die Leidenschaft für Musik mit seinen Schülern zu teilen. Gemeinsam an Klängen zu arbeiten, Musik zu erforschen, die Fähigkeiten immer weiter auszubauen, macht jedem Lehrer sehr viel Freude (Ausnahmen bestätigen die Regel). Es ist wunderbar, dem Schüler Klangwelten und Wege zu eröffnen, die dieser noch nicht kennt. Staunen und leuchtende Augen sind die Belohnung. Der Lehrer empfindet viel Respekt für den Schüler, dessen Leidenschaft für das Klavierspiel so weit geht, dass er trotz Berufstätigkeit, Alter, Beanspruchung im Alltag Unterricht nimmt und sich ernsthaft weiter entwickeln will. Er will etwas über Musik lernen, er will immer besser Klavier spielen lernen - das ist immer ein Geschenk für den Lehrer. Denn das will er ja auch, immer noch. Sowohl für sich wie für seine Schüler.
-Analysiert ihr erstmal, was der Schüler kann und wo seine Schwächen liegen? Die Schwächen sind massenhaft vorhanden, quasi wie die Löcher in einem Schweizer Käse, wo kaum noch Käse übrigbleibt.
Ich sehe als Erstes die Motivation, Unterricht zu nehmen - die Freude an Musik. Ich unterteile nicht in Stärken und Schwächen, ich höre aber, was noch nicht gut klingt und woran es liegt. Meistens sind es grundsätzliche Dinge wie Klangqualität, Armführung und Gehörschulung. Daraus ergibt sich ein roter Faden für den Anfang, den ich kurz skizziere und vorstelle - bisher habe ich jeden Schüler überzeugt, sich darauf einzulassen.

Ich bin immer gespannt auf die Persönlichkeit des Schülers. Jeder bringt etwas ganz eigenes mit und das macht mir als Lehrer viel Freude. So wird jeder Unterricht individuell und einmalig.
Unterhaltet ihr Euch erstmal über die gegenseitigen Erwartungen?
Vor allem über die des Schülers! Denn die sind von Schüler zu Schüler unterschiedlich und es ist wichtig für mich, sie zu wissen! Danach richtet sich ja die Unterrichtsgestaltung. Meine Erwartungen formuliere ich nicht - die meisten wissen schon aufgrund meiner Website, wie ich arbeite. Wenn tatsächlich jemand zu mir käme und sagen würde, ich will nur alle zwei Wochen Unterricht haben und kann nur ein Mal in der Woche üben, oder, ich will nur ein bisschen klimpern und mich nervt es, an Stücken, am Klang zu arbeiten, würde ich sagen, dass wir nicht gut zusammenpassen. Ist aber noch nie passiert.
-Schlagt ihr Stücke vor, die quasi die Schwächen des Schülers heilen können, und geht ihr dabei auch auf den Geschmack und die musikalischen Vorlieben des Schülers ein?
Unbedingt! Wir haben als Klavierspieler das große Glück, eine riesige Literaturauswahl zu haben. Die Motivation und Lernentwicklung bei Stücken, die der Schüler liebt, ist ungleich größer als bei Stücken, die er nicht mag. Und natürlich wähle ich Stücke aus, die in direktem Zusammenhang mit dem momentanen Ziel stehen, mit Übungen o.ä..
Kann ein Schüler, der vergleichsweise wenig Muße zum richtigen "Üben" hat (der also nach Feierabend wenn, dann eher nur "spielt", aber nicht knackig übt), überhaupt noch Fortschritte machen? Ab wievielen Stunden richtigen Übens pro Woche macht Unterricht Sinn?
Es geht gar nicht so sehr um die Stunden, sondern eher darum, wie oft man in der Woche den Weg ans Klavier findet. Lieber 5 Mal pro Woche 30 Minuten als ein Mal 2,5 Stunden (in den Nächten "lernt" das Hirn, verarbeitet Informationen). Wenn das nur zwei Mal pro Woche geschieht, wird es schwer. Schwierige Zeiten, in denen vor allem Berufstätige nicht oder sehr wenig üben können, sind gar kein Problem, aber dauerhaft zwei Mal pro Woche üben führt zu Frust. Der Schüler hat das Gefühl, nicht vorwärts zu kommen, immer wieder von vorn anzufangen und das macht auf Dauer keinen Spaß. Dem Lehrer auch nicht. Zehnerkarten oder vierzehntägiger Unterricht könnten ggf. eine Alternative sein.
Sind überhaupt Fortschritte ab dem Alter von ca. 50 Jahren möglich, d.h. macht Unterricht dann überhaupt noch Sinn, oder ist es zu spät dafür?
Auf jeden Fall! Sehr viel Fortschritte sogar! Wie viele Fortschritte zu hören sind hängt von Qualität (!!!) und Quantität des Übens ab.
Was gefällt Euch als Lehrer an "alten" Wiedereinsteigern, was nervt Euch potentiell?
Wie ich schon sagte, gefällt mir, wie unterschiedlich Wiedereinsteiger sind und was sie mitbringen. Mich nervt nichts.
Was fällt Euch sonst noch zu diesem Thema aus Eurer Erfahrung ein? Was sollte man als Schüler beachten?
Nix! :003: Spaß haben, dem Lehrer vertrauen, sich selbst mit Humor begegnen und sich nicht unter Stress setzen. Akzeptieren, dass es immer mal wieder Krisen gibt und sich an den vielen kleinen Fortschritten erfreuen, die jede Woche zu hören sind. Da manche ihre Fortschritte kaum wahrnehmen, immer mal wieder aufnehmen.
Ich bin sehr interessiert an Euren Ansichten und Erfahrungen, da ich selbst für mich überlege, nochmals ein paar Unterrichtsstunden auf meine alten Tage zu nehmen. Die Frage ist, ob das einem Klavierlehrer überhaupt Spaß macht, und ob es mir etwas (was auch immer) "bringen" würde - außer natürlich den musikalischen Austausch mit einer musikalisch hochgebildeten Person vom anderen Stern, der immer lohnend ist :-).
Hau rein! :026::026::026::chr01:

Viel Erfolg und liebe Grüße

chiarina
 
Wozu will ein Schüler, der keine Lust/Muße zum Üben hat, überhaupt Unterricht nehmen.
Nun ja, es ging ja nicht darum, gar nicht zu üben. Ich gehöre zu den (Zu)-Wenig-Übern. Ich führe nicht Buch, aber ich tippe mal, ich komme im Schnitt auf 3-4 mal die Woche 30-60 Minuten Übezeit. Warum ich trotzdem Unterricht nehme: Weil ich was lernen möchte. :-)

@chopinfan: Zur Frage, ob es dem KL überhaupt Spaß macht: Ich habe bei all meinen Unzulänglichkeiten in quasi jeder Stunde das Gefühl, dass meinem KL der Unterricht Spaß macht. So zwinge ich ihn z.B. durch mein langsames Lerntempo in Verbindung mit meiner Unfähigkeit, Stücke zu spielen, ohne sie zumindest zu großen Teilen auch analytisch verstanden zu haben, zu einem sehr kleinteiligen Unterricht. Und dabei entdeckt er selbst auch immer mal wieder Aspekte in den Stücken, die ihm vorher noch nicht aufgefallen waren. Darüber freut er sich dann jedes mal fast wie ein kleines Kind. Das einzige, worüber er sich noch mehr freut, sind Fortschritte in meinem Spiel. Egal wie klein sie sind.

Manchmal frage ich mich, ob mein KL nicht eigentlich mich bezahlen müsste. :-D

Langer Rede, kurzer Sinn: Nimm Unterricht!

PS: Sorry, dass ich hier als Schüler geantwortet habe, wo die Frage doch explizit (und berechtigterweise) an Lehrer ging. Bin auch schon wieder weg.
 
Liebe/r @Stilblüte, @Zuckerfee, @Peter, @Cheval blanc, @chiarina, @DonMias, vielen Dank für Eure ausführlichen und inhaltsreichen Antworten, die das Thema von den verschiedensten Seiten beleuchten und damit Licht ins Dunkel bringen :-).

Ich habe alles, was ihr geschrieben habt, sehr genau gelesen und mir durch Kopf/Herz/Magen gehen lassen bzw. es geht noch :-).

Letztlich dampft das alles zusammen auf die Frage, was einem im Leben wichtig ist und worin man sein Herzblut vergießen möchte. Bei mir gibt es da Mehreres, und die Musik bzw. die Klaviermusik ist eines dieser Angelegenheiten.

Ich werde sicher Unterricht nehmen, im Rahmen meiner zeitlichen Möglichkeiten. Das Wort "Unterricht" schreckt mich etwas ab, da es mich an Schule und Schulbank und Kindheit und Schulranzen usw. erinnert. Vielleicht nenne ich es für mich selbst einfach Klaviercoaching. Klingt irgendwie moderner ;-), ist vom Inhalt her aber das Gleiche.

Nach fast 30 Jahren Klavierspielen, davon ca. 12 Jahre mit Unterricht, bin ich mittlerweile wieder ziemlich durstig nach Feedback zu meinem Können. Seit einiger Zeit habe ich das Gefühl, auf der Stelle zu treten und würde gerne mal wieder einen kleinen Schritt nach vorne aus meiner "Autodidakten"-Zelle heraus machen. Die Käfigtür öffnet sich gerade :-). Es ist toll, autodidaktisch unterwegs zu sein. Ich konnte mich richtig austoben, nach Herzenslust Pianisten online zuhören und nachspielen, ohne dass ein/e Lehrer/in die Augenbraue hebt. Es war eine tolle Zeit der Freiheit :-).

Aaaaber: ich höre eben auch, dass bei "richtigen" Pianisten (z.B. auf youtube) alles viel feiner und ausgearbeiteter klingt als bei mir. Der Anschlag ist viel gleichmäßiger und dosierter. Ich mache immer wieder Fehler, oft immer die gleichen. Mir tut nach einem virtuosen Stück wie Rach 39,1 mittlerweile der Arm etwas weh, so dass ich dieses Stück nun leider ruhen lassen muss :-( - offensichtlich habe ich eine falsche "Technik" (?). Ich kann oft das Tempo nicht halten, sondern werde schneller, ohne es zu wollen. Oder ich mache Pausen zwischen Phrasen zu kurz.
Ich "höre" das, was ich spiele, oft nicht richtig, sondern das, wie es meiner Ansicht nach klingen "sollte". Wie man diesen Widerspruch auflöst und wirklich das hört, was man da spielt, würde mich auch einmal interessieren.
Was es mit dem geheimnisvollen "Armgewicht" auf sich hat, und wie man laut spielt, ohne zu "hauen", würde ich auch sehr interessieren. Und ich hätte gerne eine Inspiration, welche Stücke für mein Niveau angemessen wären, mich aber trotzdem weiterbringen und trotzdem nicht langweilig klingen. Meine Angst ist nämlich, dass ich langweilige langsame Stücke spielen "muss" ;-) und damit meine knappe Lebenszeit vergeude. Andererseits fand ich z.B. Haydn bis vor wenigen Jahre noch todlangweilig, was sich nach und nach zu meinem großen Erstaunen wandelt.
Ach ja, und ich möchte gerne virtuoser spielen können. So richtig schnelle Sachen auch so richtig schnell und perlend. Das wäre das Fernziel ;-).
 
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