Fingersatz-Empfehlungen bei Trillern

Kingofbali

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Hallo,

ich wundere mich u.a. über folgende Fingersatz-Empfehlung von Walter Gieseking für Takt 7 und 8 des Impromtu f-moll Op. 142 von Schubert:


215_TrillerFingersatz_2.jpg


Der Fingersatz ist im Anhang der Henle-Ausgabe angegeben.

Offensichtlich scheint es dem Fingersatz-Autor darauf anzukommen, die Hand möglichst kompakt über die Tasten zu bekommen. Das ist mir schon wiederholt auch bei anderen Werken aufgefallen.
Warum nur?
Insbesondere bei der fünften Sequenz um das "Des" herum verknoten sich mir die Finder, wenn ich das "Des" auf 2 und das "Es" auf 5 (!!) spielen will. Die ganze Hand quetscht sich soz. zwischen das "C" und das "Es".
Intuitiv würde ich das "Des" auf 3 nehmen und dann "-4-3-2-3-4" spielen, das folgende "C" dann analog wieder auf 3.
Ich unterstelle Herrn Gieseking aber, dass er sich dabei etwas gedacht hat. Gibt es eine Technik, die ich nicht kenne oder deren Notwendigkeit sich mir erst bei höherem Tempo erschliessen wird?

Gruß
Bernd
 
Zitat von Kingofbali:
Intuitiv würde ich das "Des" auf 3 nehmen und dann "-4-3-2-3-4" spielen, das folgende "C" dann analog wieder auf 3.
erstmal dazu: das ist riskant. bedenke das enorme tempo. der wechsel zwischen 3/4 ist anatomisch gesehen der schwerste, da beide finger abhängig voneinander sind (vlt. ist hier irgendwo ein arzt, der dir noch die lateinischen bezeichnungen der sehnen etc. erläutern kann - mir wurde jedenfalls beigebracht, dass das abwechselnde spiel zwischen 3,4 aufgrund der anatomie so schwierig ist. für mich eine einleuchtende erklärung, denn selbst das permanente üben stößt dabei an seine grenzen). jedenfalls finden sich oft bei trillern, die zwangsweise mit den oberen fingern (3,4,5) ausgeführt werden müssen, weil 1,2 z.b. fixiert sind, ein fingersatz von 3-5 statt 3-4 oder 4-5. und ich denke, darum geht das hier im wesentlichen auch. dein fingersatz mag klappen, sich gut anfühlen etc... aber ich bin mir fast ziemlich sicher, dass der andere fingersatz mit 3-5 im endeffekt sicherer ist, soll heißen eine höhere quote liefert, dass der doppelschlag so klappt, wie man sich das wünscht, eben aufgrund der vermeidung von 3-4. ansonsten ist die kompakte hand von dir auch ein wichtiges stichwort: bei dem tempo muss man quasi am ende eines doppelschlags schon in der position der nächsten verzierung sein. wenn das wirklich im "allegro moderato" geschehen soll, ist das echt schwierig. grundsätzlich kann man fast sagen: die fingersätze der ausnahmepianisten wie godowsky, backhaus, gieseking, cortot, rachmaninoff etc. sollte man unbedingt beachten, auch wenn sie z.t. sehr außergewöhnlich und vlt. auf dem ersten blick umständlich erscheinen (ich denke da z.b. an den terz-fingersatz von godowsky für chopins terzenetüde - wer die noten hat, sollte sich den mal ansehen!). diese leute konnten schließlich hervorragend spielen und wussten auch aus pianistischer sicht, was gut und angenehm spielbar ist. insbesondere bei schuber, dessen werke häufig echt schlecht in der hand liegen - schubert war kein besonders guter pianist, daher sind viele seiner werke nicht sehr pianistisch geschrieben - kommt das einem sehr zugute.
probiers einfach mal mit dem gieseking - FS, er macht für mich einen vernünftigen eindruck.
im übrigen: das impromptu ist wunderschön, eines meiner lieblingsstücke von schubert und vlt. das schönste seiner impromptus. wann hören wir deine erste aufnahme? :)
 
Hallo Konstantin,

vielen Dank für die umfassende und kompetente Antwort!

Ich hab es inzwischen mal ein wenig ausprobiert und muß Dir zunehmend Recht geben: Auch wenn 2-5 (insbesondere bei zwei schwarzen Tasten) auf den ersten Versuch umständlich erscheint, bekomme ich es bei zunehmenden Tempo immer noch gleichmässiger hin.
Also werd ich es so weiter üben.

Das Stück ist wirklich genial. Die komplexen Harmonien finde ich typisch für Schubert´s letzten Schaffensjahre (bzw. -monate). Ich fange gerade damit an und brauche noch eine Weile. Technisch finde ich es für Schubert weitestgehend verhältnismässig moderat, aber das immer wiederkehrende Thema (mit den repetierenden Achtel und der Sekunde nach unten) wird dann sauschwer, wenn es gleichmässig leise klingen soll (auch wenn 16tel in der rechten Hand mitlaufen). Dann erst kommt der Reiz dieser sanften Melancholie richtig raus.
Mit der Aufnahme das weiss ich noch nicht (hab nicht das Equipment), aber vielleicht kriegen wir ja mal eine "Schubertiade" auf die Beine gestellt im Forum hier? :-D

Gruß
Bernd
 

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