Hi, Chiarina!
Vielen Dank für Deine Antwort - und für Deine Fragen.
Kannst du mir aber noch genauer erklären, was du mit verdinglichtem Menschen meinst?
Den Begriff prägt Karl Marx im Kapitel "Der Fetischcharakter der Ware und sein Geheimnis"
aus dem "Kapital", weitergetrieben wird die Ideologiekritik in Georg Lukács' "Geschichte und Klassenbewußtsein"
und bei Horkheimer: "Kritik der instrumentellen Vernunft" bzw.Horkheimer/Adorno: "Dialektik der Aufklärung".
Gemeint ist die Verwandlung des seine Arbeitskraft als Ware Verkaufenden in eine Ware (Marx/Lukács)
und die Akzeptanz dieses Vorgangs durch den zur Ware Degradierten (Horkheimer/Adorno).
Was, wenn der Hörer einen schwebenden Klangteppich (wenn man ihn denn so nennen will)
mit melodischen Bruchstücken als Analogie zu einem Traum oder einer träumerischen Stimmung empfindet.
Und sich deshalb darin wiederfindet? Und gerade diese Stimmung ihm als Bedürfnisbefriedigung völlig ausreicht,
weil er im Moment des Hörens einfach keine Lust auf Auseinandersetzung mit etwas hat,
sondern sich einfach ausruhen will oder eine auch im Alltag empfundene Stimmung von Sehnsucht
o.ä. in Musik umgesetzt hören will? Und auch mal im Multitasking überlasteten Alltag mal bewußt nicht denken will.
Ist denn das mit einer Verdummung der Hörgewohnheiten gleichzusetzen?
Um mal wieder den Vergleich aus der Gastronomie zu bemühen -
Köche und sogenannte Ernährungsexperten weisen verzweifelt darauf hin,
daß man für den Preis eines Fertiggerichts auch frische Zutaten bekommen kann
und eine daraus bereitete Mahlzeit entschieden nahr- und schmackhafter sei.
Das Fertiggericht bietet nur einen Vorteil - es ist schneller zubereitet.
Es ist jedem unbenommen, sich den Magen mit Instant-Suppen und das Gemüt
mit Instant-Klaviermusik zuzukleistern. Man sollte nur wissen, was man tut.
Deine letzte Frage müßte ich - aus Prinzip und um hier im Forum mal wieder
ein bischen Wutgeheul zu entfachen - bejahen:
Längerfristig führt es zur Verdummung,
sofern die Verdummung nicht schon vorausgesetzt werden darf.
Bei der Beschäftigung mit Musik scheint ein Teil der Menschen zu regredieren.
Woher kommt eigentlich die seltsame Idee, jemand würde Schaden nehmen,
wenn er Musik mit wachen Sinnen verfolgt? Ist es nicht vielmehr so,
daß er dadurch außerordentlich beschenkt würde?
Es gibt gestandene Berufsmusiker, die hier im Forum Vernunft gegen Gefühl ausspielen -
und sich damit als ernstzunehmende Diskussionspartner eigentlich verabschiedet haben.
Als ob Vernunft und Gefühl Gegensätze wären!
Da mir diese Geisteshaltung vollkommen unbegreiflich ist, bitte ich Dich,
liebe Chiarina, der Du von diesem Menschentyp schon öfters gesprochen hast
und offenbar Exemplare davon kennst, mir Verständnis-Nachhilfeunterricht zu geben.
Herzliche Grüße,
Gomez
P.S. Zur Belohnung gibt's Zuckerwatte!