Betablocker gegen Vorspielangst

  • Ersteller des Themas KrautundRueben
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Naja, mitunter sind es aber ned immer nur die Spieler selbst, welche Angst vor ihrem eigenem spielen haben - mitunter kann die Umgebung da sehr viel angstbeflügelter sein - wenn ich mir beispielsweise im Mariandl ein Bierchen bestelle und es sitzt niemand am Flügel, bemerke ich schon die bangen Blicke des Personals: "jetzt trinkt er noch zwoa und dann sind wir seinem Lärm hilflos ausgeliefert". Man ist dort daher stets bemüht, mir meine Bestellungen mit gewisser Zeitverzögerung zu kredenzen, was natürlich nach hinten losgeht wenn der Chef da ist, und ich ihn damit nerve wo denn mein Helles bliebe was ich bereits vor einer gefühlten Stunde bestellte. Kam aber auch schon vor daß mich des Personal geflissentlich ignorierte aber kein Chef da war....nun, der Zorn darüber daß man nix kriegt, laßt einen auch jegliche Autrittsangst vergessen, und man spielt solange des Lied vom Mann am Klavier, bis endlich die erste Halberte kommt :rauchen::drink::drink:

LG
Henry
 
Naja, mitunter sind es aber ned immer nur die Spieler selbst, welche Angst vor ihrem eigenem spielen haben - mitunter kann die Umgebung da sehr viel angstbeflügelter sein - wenn ich mir beispielsweise im Mariandl ein Bierchen bestelle und es sitzt niemand am Flügel, bemerke ich schon die bangen Blicke des Personals: "jetzt trinkt er noch zwoa und dann sind wir seinem Lärm hilflos ausgeliefert". Man ist dort daher stets bemüht, mir meine Bestellungen mit gewisser Zeitverzögerung zu kredenzen, was natürlich nach hinten losgeht wenn der Chef da ist, und ich ihn damit nerve wo denn mein Helles bliebe was ich bereits vor einer gefühlten Stunde bestellte. Kam aber auch schon vor daß mich des Personal geflissentlich ignorierte aber kein Chef da war....nun, der Zorn darüber daß man nix kriegt, laßt einen auch jegliche Autrittsangst vergessen, und man spielt solange des Lied vom Mann am Klavier, bis endlich die erste Halberte kommt :rauchen::drink::drink:

LG
Henry
Henry, der Barpianist, der das Personal das Fürchten lehrt. :lol::lol:
 
@Henry :super::lol::lol:


Wenn ich ein halbes Gläsje Woi intus hätte, bekäme ich wahrscheinlich keinen C-Dur Akkord unfallfrei auf die Tasten.
 
"Nö." ??????:konfus:
was spricht Deiner Meinung nach gegen die Erkennung und Beseitigung einer Krankheitsursache?

Den Placebo-Effekt kennt wohl jeder Arzt und nutzt ihn auch. Man sollte aber zu Dokumentationszwecken (DS-GVO lässt grüßen) einen kleinen Eintrag in die Kartei vornehmen. Ich verwende die Abkürzung u.a.f.. (Bei Interesse bitte PN) Damit weiß ich, worum es geht und ein nicht Eingeweihter muss erst mal herausfinden, was damit gemeint ist. Die Altphilologen tun sich da etwas leichter.
 
Hallo zusammen,

Ich freue mich dass ich eine so interessante und intensive Diskussion losgetreten habe. Die war wohl mal überfällig... bitte verzeiht mir dass ich nicht auf jeden interessanten Beitrag eingehen kann und nicht immer zitiere.

Betablocker stehen auf der Doping Liste für Sportler. Sie senken Blutdruck und die Herzfrequenz. Ich finde Doping ist einfach ein Betrug und wird gerne verharmlost.
http://www.bleibsauber.nada.at/de/was-ist-doping/die-verbotsliste/beta-blocker

Dieser Dopingaspekt wirft für mich eine hochinteressante Frage auf:

Wofür ist ein Musiker und seine Leistung da? Macht er seine Musik (und zahlt sein Publikum) für seinen eigenen Selbstzweck oder geht es darum, dem Publikum eine bestmögliche Leistung zu bieten? Nehmen wir an, ein berühmter und anerkannter Pianist, der die Menschen mit seinem Spiel bewegt, neue, schlüssige Interpretationen schafft und das Publikum so berührt dass es in Begeisterungsstürme ausbricht, kann dies in der Öffentlichkeit nur unter Verwendung von Betablockern. Sollte ihm das dann verboten oder er dann aus dem Verkehr gezogen werden, selbst wenn er das Medikament aus freien Stücken zu sich nimmt?

Die Prüfungssituation wirft da natürlich nochmal andere Probleme auf: wird hier dann ein Druck aufgebaut, der Musiker dazu zwingt, Medikamente zu nehmen, damit er gegen die Konkurrenz bestehen kann? Das wäre für mich ethisch bedenklich. Auf der anderen Seite hört man auch aus der freien Wirtschaft, dass viele Angestellte bereits auf Drogen zurückgreifen, um dem Druck im Arbeitsalltag gewachsen zu sein. Das bringt eine Leistungsgesellschaft wie die in der wir leben wohl mit sich, ob man das jetzt gut findet oder nicht (ich finde es nicht gut).

Nun gibt es ja auch nach dem, was geschrieben wurde und in den verlinkten Artikeln zum Ausdruck kommt, Musiker, die den Adrenalinkick durchaus brauchen um Höchstleistung zu bringen. Die benötigen sicher keine Betablocker und erleiden daher sicher keinen "Nachteil" gegenüber den "Gedopten".



Auch habe ich in einem Artikel gelesen, dass der Betablocker für den Musiker deshalb kein Doping darstellt, da er nicht die Leistung steigert, sondern nur hilft, die bereits erreichte Leistungsfähigkeit abzurufen. Das entspricht dem, was @Stilblüte geschrieben hat.

Hab Dir schon damals im Mariandl den Tip gegeben - einfach mal n "Obligatorischen".....

Nee Alkohol führt dazu, dass ich gar nix mehr zustande bringe. Das ist nix für mich, da geht es mir wie @HappyKlene. Ich war übrigens noch nie im "Mariandl" :-D

Noch ein Wort dazu warum ich das Thema angeregt habe: es beschäftigt mich natürlich aufgrund meiner eigenen Auftrittsangst und wurde ausgelöst durch einen Artikel eines Pianisten und Klavierlehrers in einer der wenigen deutschen Zeitschriften zum Thema Klavier. Die Offenheit mit der dort das Thema angesprochen wurde hat mich doch sehr erstaunt. Ob ich selbst zu Betablockern greifen werde weiß ich ehrlich heute noch nicht. Mein Schülerkonzert am kommenden Dienstag werde ich jedenfalls ohne durchführen!

Wenn man also 10 Minuten zuvor Traubenzucker einwirft (so zwei -drei Stücke aus diesen handelsüblichen Würfelpäckchen), dann gehen die körperlichen Beschwerden ruckzuck weg: Keine zitternden Hände, keine schlotternden Beine.
Das wiederum ermöglicht der Seele, sich zu entspannen. Probier es mal aus, Doping ohne Nebenwirkungen ;-)

Mir hilft es, wenn ich mir kurz vor dem Spielen ein Bonbon in den Mund schiebe.
Probiert es einfach mal aus.


Vielen Dank für die Tipps, die werde ich versuchen!

Liebe Grüße
KrautundRueben
 
"Nö." ??????:konfus:
was spricht Deiner Meinung nach gegen die Erkennung und Beseitigung einer Krankheitsursache?

Frag doch meinen Arzt. :-)

Und im Ernst:

Bei Durchfall: erst einmal schauen, ob der nach drei Tagen von selbst weg geht. Mestens lag dem Verdauungssystem irgendwas quer, irgendwas war nicht ganz in Ordnung. Reaktion: Loswerden und gut is'.

Viruserkrankung: Was willst Du da nehmen gegen die Ursache? Wenn Du ein Mittel gegen Rhinoviren entwickelst: herzlichen Glückwunsch, damit wirst Du, wenn Du es richtig anstellst, Millionär. Wenn es mich dann erwischt, fühleich mich schlapp und will einfach nur Schlafen. Und zwar ohne Wicke Medinight oder so'n Scheiß.

Und normalerweise - so war es bei mir die letzten 25 Jahre oder so, brauche ich nicht mehr als drei Tage Ruhe, dann geht es mir mir wieder soweit gut. Medikamente schlucke ich äußerst selten. Hm, voriges Jahr und dieses Jahr war noch gar nicht beim Arzt ...

Aber, wie gesgt, ich vertraue da meinem Hausarzt, der kennt mich jetzt seit 30 Jahren, auch, wenn ich ihn nur selten sehe.

Grüße
Häretiker, der es nicht schafft, seine durchschnittlichen 13 Tage krank pro Jahr für Arbeitnehmer zu "erfüllen"
 
Bei mir ist es ziemlich extrem mit der Auftrittsangst. Teilweise auch schon in Proben. Das geht dann so weit, dass absolut nichts mehr funktioniert. Völlige Blockade.
Früher hatte ich durch sehr viel Vorspielen (vor JuMu teilweise 1-2 mal die Woche) eine gewisse Routine. Nach meinem Neuanfang vor ca. 10 Jahren war davon natürlich nichts mehr übrig.
Momentan habe ich eigentlich nur Auftritte mit anderen zusammen (Salonorchester), da funktioniert es eigentlich problemlos.
Aber als ich vor 4 Jahren bei einem Wettbewerb teilgenommen habe, habe ich auch Betablocker genommen. Der Unterschied war immens!
Ich hatte ehrlich gesagt keine Lust, mich monatelang vorzubereiten, viele hundert Kilometer zu reisen und mich dann bis auf die Knochen zu blamieren. Insofern war das die genau richtige Entscheidung!
LG,
NaMu
 
Es gibt nur persönliche Entscheidungen. Wenn es für dich gut und richtig ist, du dich das traust und dir zugestehst, ist das ein sehr großer und seltener Erfolg!! Diesen Weg muss jeder selber finden. Die Erfahrungen von anderen können einem nur Orientierung geben.
 
Wieder einmal mehr aus der Sportecke: dort gibt es die Sportpsychologie. Die Golfer haben damit angefangen und wurden anfangs belächelt. Heute lacht niemand mehr und sogar im Fußball hat dies Einzug gehalten. Die Spieler werden individuell betreut. Z. Bsp. Elfmeterschießen wird unter Erzeugung von Stresssituationen trainiert.
Ein schlechter Arzt verschreibt nur Tabletten. Ein guter Arzt verweist aus Psychologen. Denn niemand muss gleich krank sein wenn er Ängste hat, das ist normal. So wie man Technik etc. am Klavier trainieren kann , so kann man auch den Geist trainieren, fordern und fördern. Man kann ein gutes Mindset erlernen (gibt Literatur dazu). Das bringt dich @KrautundRueben letzten Endes persönlich weiter.
Irgendwann wird es auch für Profi-Klavierspieler Standard sein eine psychologische Betreuung zu haben, so wie es im Leistungssport mittlerweile längst gang und gebe ist.
 

Auf der anderen Seite hört man auch aus der freien Wirtschaft, dass viele Angestellte bereits auf Drogen zurückgreifen, um dem Druck im Arbeitsalltag gewachsen zu sein.

Nicht "bereits". Das fand schon immer statt, und in früheren Zeiten noch viel "härteres" Zeug, das man heutzutage nur auf dem kriminellen Schwarzmarkt kaufen kann. Kokain / Laudanum hat man früher eingenommen wie man heute noch nicht mal mehr Aspirin einbaut. Das ADHS-Kind hat seinerzeit sein Löffelchen Laudanum verabreicht bekommen und hat funktioniert. Heroin war ursprünglich ein Grippemittel. Legendär auch das Pervitin. ;-)

Früher ist man viel freihändiger mit solchen Substanzen umgegangen, denn sie sind noch gar nicht so lange "illegal".

Die benötigen sicher keine Betablocker und erleiden daher sicher keinen "Nachteil" gegenüber den "Gedopten".

Ich finde nicht, dass man Sport damit vergleichen kann, denn im Sport geht es um den messbaren Leistungsvergleich.

Es dräute eine heikle "Großveranstaltung", die ich leiten musste und für deren Ablauf ich verantwortlich war. Ich wusste, dass problematisches Publikum mit destruktiven Absichten dort erscheinen und es höchstwahrscheinlich darauf ankommen würde, einen ganz kühlen Kopf zu bewahren. Das habe ich meinem Hausarzt, der mich damals schon "ewig" kannte, ganz genau so geschildert und gefragt, ob er mir akzidenziell etwas geben könne, ich müsse hellwach und hochkonzentriert sein, dürfe aber keine Nerven zeigen. Der hat sofort kapiert und kein bisschen rumgedruckst.

Den Namen des Präparats habe ich leider vergessen. Die Veranstaltung wurde mindestens so fies wie befürchtet, aber ich war stets Herr der Lage, weil die Stresshormone Ruhe gaben.
 
Das war nicht von diesem Wettbewerb abhängig (hatte ich nicht erwähnt, glaube ich) und eigentlich überhaupt kein Problem. Die Ärztin hatte selber eine Schwester, die das schon ausprobiert hatte.
 
Was ich interessant finde: wie die Wissenschaft jüngst offenbar herausgefunden hat: Jazzmusiker scheinen seltener und weniger an extremer, den jeweiligen Auftritt behindernder Nervosität zu leiden.
Obwohl sie sich mit Sicherheit im Konzert nicht weniger emotional entäußern als klassische Musiker- Improvisationen, zumal wenn sie gelingen, sind nichts weniger als unmittelbarer Spiegel der Person-
gehen sie lockerer mit der Situation um.
Warum? Technische Fehler, auf deren Vermeidung ein klassisch ausgebildeter Musiker bewusst oder unbewusst großen Wert legt, fallen kaum ins Gewicht. Eine Improvisation, zumal wenn man voll ins Risiko geht, ist per se voller "Fehler". Miles Davis hat das so zugespitzt: Spiele ich eine falsche Note, spiele ich sie noch 3 Mal hinterher.
Zugegeben: man sollte das bei einer Mozart- Sonate nicht unbedingt tun...
So oder so: die zu große Fokussierung auf aseptisch saubere Darbietung trägt auf jeden Fall zur übersteigerten Nervosität bei, sicher auch befördert durch die Ausbreitung der Tonaufzeichnung, die ja perfekt zu sein hat.
Womit G. Mantel in seinem Buch recht hat: die gelegentliche Einnahme von Betablockern ist keineswegs m o r a l i s c h zu bewerten oder zu verurteilen. Als Krücke, die man womöglich demnächst wegwerfen kann, durchaus hilfreich. Wie von Vorrednern hier schon erwähnt: niemand wird durch Betablocker ein besserer Musiker. Abhängig wird man davon auch nicht.
Zur Zeit einer mittleren Nervenkrise habe ich das Zeug schon genommen. Nachdem ich zuvor ein Konzert peinlicherweise abgesagt hatte.
Nach ein paar Malen aber die Einnahme vergessen. Bis heute. Jazzspielen hat auch geholfen.

Die Strategien wie autogenes Training, Muskelentspannung, Meditation, Alexandertechnik und was es dergleichen gibt, sind alle gute Möglichkeiten. Die Persönlichkeitsstruktur, die für Vorspielangst etc. verantwortlich ist, ändern sie nicht.
 
, in denen Medikamente extrem hilfreich und sinnvoll sind.

Zweifelsfrei....sonst könnt ich heuer hier nimmer schreiben (auch wenn es vielleicht dem einen oder anderen ganz recht gewesen wäre :teufel:)

Leider gibt es aber auch immer wieder Fälle wo Medikamente völlig unnötig verordnet werden, das bezieht sich besonders auf Psychopharmaka, Stimulanzien, Beruhigungsmittel, Schlafmittel und Tranquilizer. Hier wird oft zuwenig nach Therapiekonzepten gesucht. Ich habe es selbst erlebt (in der eigenen Familie) daß ein pubertierender Bub aus dem autistischen Spektrum einfach mal zwangmedikamentiert dauerhaft sediert wird, da man seiner ned habhaft wird (bin da allerdings mit dem Arzt in zäher Verhandlung des Zeugs runterzufahren) Ein 14 Jähriger Bub ist sicherlich nicht einfach, da zu braucht es kein Autismus - würde jetzt jeder Halbstarke welcher ned so ganz einfach ist, sediert werden, bestünde der Großteil unserer Jugend nur noch aus zugedröhnten Zombis.

LG
Henry
 
Ich leide auch unter großer Auftrittsangst, bin aber so langsam dabei, dass Problem etwas in den Griff zu bekommen und vielleicht kann ich mit dem ein oder anderen Tipp vielleicht weiterhelfen ;-)

Ich habe vor ein paar Jahren nebenberuflich eine Ausbildung in Chorleitung und Orgelspiel begonnen und mittlerweile auch abgeschlossen, worüber ich überglücklich bin, da ich niemals gedacht hätte, die Abschlussprüfungen hinzubekommen.

Anfangs habe ich das Problem allerdings verdrängt und dachte, dass es von alleine wieder verschwinden würde. Ab und an habe ich zwar vorgespielt, bei kleineren Messen oder Freunden, aber das ging regelmäßig schief und endete in einer Katastrophe. Also habe ich irgendwann gar nichts mehr unternommen und gedacht: "wenn ich nicht über die Angst nachdenke, ist sie auch nicht da", so nach dem Motto: "aus dem Auge, aus dem Sinn". Falsch gedacht: als dann, nach drei Jahren Ausbildung, die Abschlussprüfungen in Chorleitung, Harmonielehre, Gesang und Orgelspiel stattfanden, trat ich überall an - außer zur großen Orgelprüfung.

Es war immer schon ein Traum von mir, Orgel zu spielen und als ich damals als Neuling und Tastenanfänger in die Ausbildung startete, wusste ich sofort, dass ich, wenn überhaupt, meinen Schwerpunkt auf das Orgelspiel setzen möchte. Ich hab in diesen Jahren sehr hart an mir gearbeitet und viel Zeit und Energie in das Üben und Spielen investiert. Neben der Technik war mir die Interpretation mindestens genau so wichtig und ich hab gefühlte 1000 Stunden an der Orgel verbracht, weil es mir so viel Freude gemacht hat, an der Musik zu arbeiten, dem Stück Gesicht und Kontur zu geben. Es bringt aber nichts, einfach nur zu verdrängen. Irgendwann holt dich die Angst ein, oder eben das, was man verstecken und nicht beachten möchte.

Bei mir hat das wie gesagt dazu geführt, dass ich zur großen Orgelprüfung nicht mehr angetreten bin. Am Tag der Prüfung habe ich meinem Lehrer um sechs Uhr morgens eine sms geschrieben und abgesagt. Und war dann erst´mal am Boden zerstört, weil ich so unglaublich enttäuscht von mir war. Und man kann sich sicherlich auch vorstellen, wie frustiert man zurückbleibt, wenn man viel Energie in etwas investiert und dann „alles verliert“, weil man nicht antritt, ja, es nicht mal versucht. Man zweifelt an sich selber, versteht „die Welt nicht mehr“ und man schämt sich… alle fragen dich, wie es gelaufen ist, wollen dir gratulieren, sehen ein Foto mit deiner Klasse in der Zeitung, wollen das Ergebnis der Prüfung wissen, und man selber? Will sich nur noch unter der Bettdecke verkriechen und am besten auswandern.

Rückblickend betrachtet glaube ich aber, dass dieses Erlebnis wichtig für mich war, auf vielerlei Ebenen. Zu erkennen, dass man wertvoll ist, egal ob eine Prüfung funktioniert oder nicht, dass sich neue, andere Türen öffnen, man Wege wiederholen und neu, anders kennenlernen und gehen kann, dass man sich für seine Ängste nicht schämen muss, es nicht um Perfektion, sondern um MUSIK geht, und auch Musik hat Zwischentöne, Spannungen, die, um das Große, Ganze „schön“ zu machen, eben auch da sein müssen. Also habe ich mich entschieden, ein Jahr später noch einmal anzutreten, es zu versuchen, egal, mit welchem Ausgang. Heuer im Juni hatte ich meine Orgelprüfung und habe es geschafft, mein Abschlussdiplom.

Was mir persönlich geholfen hat:
  • ausgezeichnet vorbereitet sein (die Stücke, die man vorträgt, müssen 100% sitzen, dazu habe ich unterschiedliche Übetechniken angewandt)
  • auswendig spielen (mir persönlich hat das geholfen, um besser IN der Musik zu bleiben)
  • von Takt zu Takt denken, IM Moment bleiben
  • Immer wieder Vorspielmomente suchen, kleinere wie größere
  • „sich künstlich in Spannung bringen“ (1 Minute im Stand laufen zB. und sich dann sofort auf die Orgelbank sitzen) um sich ein wenig an die andere körperliche Situation (kalte Hände, beschleunigter Herzschlag) zu gewöhnen und zu sehen, dass man trotzdem spielen kann
  • Atmen nicht vergessen! Und damit meine ich nicht ein künstlich herbeigeführtes „Atmen“ (mich macht sowas immer noch angespannter), sondern das „mit der Musik mit Atmen“ in kleineren, aber auch größeren Schritten
  • schauen, was hinter der Angst steht, sie sozusagen an der Wurzel packen und daran arbeiten (bei mir waren/sind es nicht nur soziale Ängste, sondern auch die massive Angst vor Kontrollverlust)
  • Offen mit dem Lehrer darüber reden und gemeinsam nach Strategien suchen
  • Sich ein Stück in Sequenzen einteilen, ähnlich wie einen Roman in Kapitel, oder ein Gedicht in Strophen und Bewegungsmuster dazu einbauen
  • Mit anderen musizieren! Freunden, der Familie… man öffnet sich, ist Teil einer Gruppe, muss sich zeigen, sich überwinden und gleichzeitig auf den anderen hören… das schult dich nicht nur auf einer Ebene
Zu Betablockern: ich hab´s mal probiert, aber mir persönlich haben die Tabletten nichts gebracht, da ich eh schon einen sehr niederen Blutdruck habe und ich von den Tabletten schwindelig wurde. Ich habe Beruhigungstropfen verschrieben bekommen, von denen ich ein paar am Tag der Prüfung genommen habe.

Die Prüfung selbst war okay, obwohl meine Leistung, um´s mit Hasenbeins Worten zu formulieren, auch „lausig“ war. Ich hatte leider einige BlackOuts, hab mich aber dennoch durch die Stücke gebissen und bin am Ball geblieben. Und DAS versuche ich zu sehen. Den Erfolg auf persönlicher Ebene. Denn für mich war es, als hätte ich den Nanga Parbat bestiegen ;-)

Was ich jetzt noch versuche, ist: zu komponieren und improvisieren. Ein Musiker, der in der Kommission saß, meinte am Ende der Prüfung zu mir, dass er das Problem von früher kennt und es ein langer und harter Weg ist, so eine Form der Aufregung in den Griff zu bekommen. ABER: dass es möglich ist und man am Ende belohnt wird. Und: ihm hätte es geholfen, zu komponieren und zu improvisieren, also sich darin zu schulen. Grade bei BlackOuts würde das sehr weiterhelfen.

Ich hab bei der Prüfung leider ganz mit dem Spielen aufgehört und musste mich für ein paar Sekunden sammeln ;-) Leider ist das das schlimme, wenn man BlackOuts hat: wenn man ruhig ist, weiß man, dass das as mit dem dritten Finger und das g mit dem vierten zu spielen ist. Bei einem Blackout ist wirklich ALLES weg… man fällt und fällt und fällt… und da kann ich mir schon vorstellen, dass Improvisieren dich wieder auffangen und Sicherheit geben kann.

Mein Lehrer hat mich über all die Jahre aber auch wirklich sehr gut untersützt, nicht nur musikalisch, sondern auch zwischenmenschlich. Ich denke, dass auch das wichtig ist. Eine gute, vertrauensvolle und offene Beziehung zu seinem Lehrer zu haben. Einerseits Unterstützung und Sicherheit zu bekommen, aber in der Selbstverantwortung dann bei sich zu bleiben und die Schritte alleine zu gehen.

Jetzt hab ich leider viel zu viel geschrieben und hoffentlich niemanden gelangweilt ;-)
 
Leider gibt es aber auch immer wieder Fälle wo Medikamente völlig unnötig verordnet werden, das bezieht sich besonders auf Psychopharmaka, Stimulanzien, Beruhigungsmittel, Schlafmittel und Tranquilizer.

Schauma. Der Umstand, dass "unnötig" Medikamente verordnet werden könnten, tut der Tatsache keinen Abbruch, dass all die von Dir aufgezählten Präparatgruppen gleichwohl sinnvoll zum Einsatz kommen. :-)

Die Betroffenen, die oft genug auf solche Aussagen stoßen (im Sinne von "Was "Richtiges" haben und Medikamente nehmen ist ok und selbstverständlich, aber auf keinen Fall wegen so ner Psychosoße, das ist unnötig") müssen entweder ein dickes Fell haben oder sich in die Verteidigungsposition gedrückt fühlen.

Wenn jemand eine Pankreasinsuffizienz hat oder wenn jemandes Cholesterinspiegel zu hoch ist, bekommt er auch keine Bemerkungen über die Tabletteneinnahme zu hören. Andere haben zu wenig Serotonin, zu wenig Dopamin oder zu viel Adrenalin. Diese Leute sollten mit ihrem Anliegen nicht weggewischt werden, weil man Psychozeugs ja auch anders in den Griff bekomme. :-)
 
Schauma. Der Umstand, dass "unnötig" Medikamente verordnet werden könnten, tut der Tatsache keinen Abbruch, dass all die von Dir aufgezählten Präparatgruppen gleichwohl sinnvoll zum Einsatz kommen. :-)

Die Betroffenen, die oft genug auf solche Aussagen stoßen (im Sinne von "Was "Richtiges" haben und Medikamente nehmen ist ok und selbstverständlich, aber auf keinen Fall wegen so ner Psychosoße, das ist unnötig") müssen entweder ein dickes Fell haben oder sich in die Verteidigungsposition gedrückt fühlen.

Wenn jemand eine Pankreasinsuffizienz hat oder wenn jemandes Cholesterinspiegel zu hoch ist, bekommt er auch keine Bemerkungen über die Tabletteneinnahme zu hören. Andere haben zu wenig Serotonin, zu wenig Dopamin oder zu viel Adrenalin. Diese Leute sollten mit ihrem Anliegen nicht weggewischt werden, weil man Psychozeugs ja auch anders in den Griff bekomme. :-)

Nicht mißverstehen liebe @Barrat , .....ich formuliere es mal so - wenn ich jetzt beispielsweise aufgrund einer angeschlagenen Pankreas Insulin verordnet bekomme, obwohl sich die Blutzuckerwerte im Normalbereich befinden, ist des ned bloß unnötig sondern auch gefährlich.

Und natürlich lassen sich psyschische Erkrankungen oder auch Störungen mit Medikamenten lindern, gar keine Frage. Beispiel ADHS: Kinder können sich einfach mal besser mit Methylphenidat konzentrieren (Bei Erwachsenen machts auch die Zigarette). Allerdings hört man auch bezüglich überforderter Eltern daß sie ihrem Kind einfach mal Ritalin verschreiben lassen, damit es besser in der Schule wird. Hier gibt es leider Ärzte welche dies ohne ADHS Diagnostik einfach mal verschreiben - nur bei Nicht ADHSlern wirkt Methylphenidat wohl wie Speed.

Und was den Fall von meinem Großen anbelangt; ihn ohne unser Einverständnis zwangs zu sedieren nur weil er mal etwas ausgetickt ist (kommt ja wohl bei anderen Halbstarken ned vor :blöd:), ist ne ziemliche Sauerei und grenzt nach meinem Dafürhalten schon an Körperverletzung.....aber diesbezüglich haben schon andere Eltern die Klage gegen die Heckscherklinik verloren, da diese immer mit dem Argument der Fremdgefährdung kam - Nur wäre es in meinem Falle ja überhaubt nicht zu Übergrifflichkeiten von Seiten meines Großen gekommen, hätte man wie tel. ausgemacht, entsprechendes Medikament bei Nichtwirkung oder Verschlechterung des Zustandes sofort abgesetzt. Aber nein, was tut man...man setzt des eine ab um ungefragt des nachste zu verordnen welches dann fatale Folgen hatte - seine Ausraster waren also Medikamentenbedingt.

LG
Henry
 

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