Yann Tiersen Best Of

  • Ersteller des Themas Klaviersternchen
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Liebe Leute,

zwei Gedanken, die mir im Kopf herumgehen und aufgeschrieben werden wollen:

Das unterscheidet z.B. die Musik wesentlich von der Malerei. Eine solche aussage von einem bekannten Komponisten kenne ich z.B. nicht. Mir ist auch kein Beispiel bekannt, wo es eine Rückbesinnung auf Seichteres gegeben hätte ...
Das hatte Hyp bezüglich Picassos Aussage geschrieben, es habe ein Leben lang gedauert, bis er wieder wie ein Kind malen konnte. Dass mit "Seichter" wohl "einfacher" oder "schlichter" im bereits vor vielen Seiten geklärten Sinne gemeint sein sollte, nehme ich jetzt auch mal an. Ich denke, es kommt zum Einen noch etwas hinzu und zum Anderen gibt es sehr wohl auch Beispiele von großen Komponisten, die eine Rückbesinnung auf die Einfachheit für sich als notwendig empfunden und schließlich umgesetzt haben. Ein Bsp. ist Ligeti, der laut eigenen Aussagen an einem gewissen Punkt sehr stark den Eindruck hatte, wieder eine neue Einfachheit lernen zu müssen. Was hat er dann getan? Er hat sich Haydn Partituren genommen und durchgeschaut, weil er fand, dass bei Haydn keine Note zu viel oder zu wenig da sei. Ich bin sicher, es gibt noch mehr Beispiele.

Darüber hinaus steckt in Picassos Zitat meiner Meinung nach noch eine andere Erkenntnis, von der ich überzeugt bin, dass sie ebenfalls in der Komposition essentiell ist: Auf der einen Seite braucht man eine Menge handwerkliches Können ("Velasquez" im Picasso Zitat; Wissen über strenge Kontrapunktik, Harmonielehre, musikalische Formen, die Möglichkeiten, mit musikalisch-motivischem Material zu arbeiten,... in der Musik), aber auf der anderen Seite kann man sich vor lauter Konstruktion, Wissen und Regeln auch alles zerdenken und jeglichen Gestaltungswillen hemmen. Es reicht nicht eine pure Konstruktion (--> das ist vermutlich auch das, was Monte meint!), sondern es braucht Intuition. Kinder, die noch ganz unverfälscht an die Welt herangehen, sind so offen und intuitiv in ihrem Erleben, dass sie nicht überall den Filter von 1000 Regeln, bekannten Gesetzmäßigkeiten und No-Gos haben und gerade dadurch vielleicht in der Lage sind, mit ihrer ungebremsten, unverfälschten Phantasie etwas wirklich Neues zu denken. Ich sehe absolut keinen Grund, warum dies in der Musik nicht genauso sein sollte - vielmehr bin ich sehr davon überzeugt, dass es sich ebenso verhält:

Auf der einen Seite muss man eine Menge von seinem Handwerk verstehen, auch Dinge, die man nicht so unmittelbar braucht, weil man vielleicht in einem komplett anderen Stil schreibt; z.B. schadet sicher keinem modernen Komponisten die Beschäftigung mit Renaissance-Kontrapunkt, da in dieser Musik auch ästhetische Prinzipien enthalten sind und sich einem vermitteln, die man sehr wohl verstanden und verinnerlicht haben sollte, wenn man schreibt. Auf der einen Seite muss man also viel gesehen haben, aber auf der anderen muss man es dann wieder schaffen, sich von all dem zu lösen, um die für einen persönlich herauskristallisierte Essenz davon wieder ganz intuitiv nutzen zu können - intuitiv wie ein Kind, das in seiner Phantasie neue, eigene Regeln aufstellt und leben darf.

Das ist eigentlich auch schon eine gute Überleitung zu dem, was ich zu Monte ergänzen wollte:
Vielleicht mal ein Beispiel, was ich gemeint habe. Ich war vor einiger Zeit in einem interessanten Konzert mit neuer Musik, es gab u.a. ein Stück von Orm Finnendahl für Klarinette, Klavier, Schlagzeug und 2 Aufnahmegeräte. Die Musiker spielten einen Durchlauf des Stückes, währenddessen wurde das Gespielte von einem Computer aufgezeichnet und im zweiten Durchlauf algorithmisch verändert wieder abgespielt. Die Musiker spielten dazu etwas anderes, was den ersten Durchlauf ergänzen sollte. Das ging ein paar Durchläufe so weiter und das Stück wurde immer komplexer. Es hatte eine quasi spiralenförmige Struktur, die sich von aussen nach innen immer weiter verdichtete. Der Komponist hat uns das Stück vorher erklärt, holte mit mathematischen Formeln und Algorithmen weit aus und ich war sehr gespannt auf das Stück. Rein intellektuell betrachtet gefiel mir das alles sehr. Die Musiker spielten fantastisch, bewundernswert. Aber ehrlich gesagt klang es absolut Scheisse. Und das sagt jemand, der ein Faible für neue Musik hat (bin auch selbst recht aktiv in dem Genre).

Da ich das Stück nicht kenne, kann ich dazu nichts sagen.
Fakt ist allerdings, dass reine Konstruktion nicht ausreicht, das ist klar, jede Art von Kunst braucht natürlich Inspiration und Intuition! Ich persönlich finde es nicht befriedigend, wenn jemand eine Konstruktion 1:1 überträgt, indem er einfach eine Abbildung auf die Töne definiert. Ist hingegen eine Konstruktion (egal ob mathematischer, architektonischer oder welcher Art auch immer) eine Inspiration für einen Komponisten, der auf der Basis dieser Idee eine sinnvolle musikalische, aber eben inspirative und nicht 1:1 kopierende Umsetzung kreiert, so finde ich dies in Ordnung. Die Frage, wo die Musik anfängt, ist eine sehr interessante Frage und wäre ein eigener Faden...

liebe Grüße,
Partita
 
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Lieber Gomez,

ich bin mir in allem was ich denke, glaube, und empfinde, bezüglich dieses Themas hier, selber recht unsicher. Ich kann fast nur versuchen, es zu schildern, mehr nicht.

Zur Wirkung der Comptine auf mich

Musik, die mich nun nicht mehr abstößt beim Hören. Ich kann sie laufen lassen, so wie jetzt, ohne den inneren Drang sie abstellen zu müssen. Das bedeutet wohl auch: die Musik macht in meinem Empfinden bereits den Schritt weg von der genre-"typischen" Funktionsmusik, hinein in die Welt der Autonomen Musik. Typische Funktionsmusik kann alleinstehend nicht "überleben" in meinen Ohren - sie braucht noch einen, wohl visuellen Faktor, wie den Film, oder Waren in einem Kaufhaus. Sie soll ja gerade die ganze Aufmerksamkeit des Bewußtseins nicht zu stark binden, damit genügend Raum für anderes bleibt. Das wird zu einem schweren Manko, will man solche Musik "alleinstehend" genießen - es geht nicht, bei mir. All das als ein kleiner Exkurs.

Wenn die C. aber (sehr schlichte) Autonome Musik ist, müßte man sie wohl "anerkennen".

Ich könnte bei der C. mich selbst, als Bild, sozusagen 2 Stunden an einem Weiher sitzen sehen. Nichts großartiges neues passiert, aber eben auch nichts störendes, und weißt Du wie schön entspannend ein solch ruhiger Sommernachmittag sein kann, die würzige Luft, die wärmenden Sonnenstrahlen, man ist ganz alleine, und die ganze Welt streichelt einem schön die Seele.

Auch so etwas darf man ab und zu genießen. Ich habe meine von anderen übernommen Vorurteile gegenüber diesem Stück nun abgebaut. Die Pour Adeline hingegen weckt bei mir nach wenigen Sekunden Anflüge von Brechreiz - nur weg damit, sofort. Die C. nicht. Weil sie das Bewußtsein füllt ohne es zu überfüllen, weil sie es entspannt sein läßt, ohne es allein zu lassen. Weil sie streichelt, entspannt, und einem nie mittendrin einen Tritt gibt, der einen gewaltsam aus der Entspannung reißt.

Ein Stück welches in Summe eine Qualität wie diese leistet, wird für mich persönlich zu Autonomer Musik. Und sie hilft mir, in einer bestimmten Seelenstimmung das Leben zu bereichern.
Über andere TEY-Stücke kann ich nichts sagen, mehr TEY kenne ich nicht. Brauche ich aber wohl auch nicht: denn ich denke mir reicht dieses Stückchen für die Seelenstimmung "2 Stunden einsamer Sommernachmittag am Waldestümpel".

Und ich ziehe jetzt auch nicht durch YT und suche mehr TEY, dieses Bedürfnis habe ich nicht. Was das andere TEY angeht, kann ich nichts sagen - das müßtet ihr unter euch selbst weiter beleuchten.

darf auf man die Frage einer 18 Jahre alten, d.h. volljährigen und mündigen Frau doch wohl etwas anders antworten, als sich die Fragestellerin vorgestellt hat, zumal sie daraus ja auch ein wenig lernen könnte.

Natürlich darf man das, und natürlich muß man das auch. Wäre doch schlimm, wenn nicht. Es gehört ja wohl zur Mündigkeit von Menschen, kritik- und diskussionsfähig zu sein.

Mir ist durch diese Diskussion hier deutlich klargeworden, wie wichtig das tiefste eigene Empfinden durch und für Musik für den Menschen ist. Und wenn Menschen glücklich sind mit Musik, die mich persönlich nun mal eben nicht anspricht, dann sollen sie das sein.

Ich selbst habe den großen Vorteil, mich nicht mit Menschen auseinandersetzen zu müssen, die mir ihren Musikgeschmack aufdrängen. Für KLs ist das eine ganz andere Situation. Denn auch ich weiß: ich möchte nur dann an dem ruhigen Sommertümpel sein, wenn mir gerade danach ist.

Daß ich persönlich Musik von anderen in deren Beisein nicht mehr als "schlecht" titulieren werde (nur dieses Adjektiv), hatte ich glaube ich schon deutlich gemacht. Wenig komplex, gestalterisch nicht anspruchsvoll oder was auch immer, aber nicht "schlecht".
Das soll aber nichts implizieren. Ich würde sagen: verfahrt doch einfach so wie immer, und beachtet meine Ansichten gar nicht! Hasenbein hatte es mal erwähnt: authentisch sein. Ist wichtig! Es wird schon richtig sein, was ein Gomez, eine chiarina, ein rolf wissen und sagen über Musik und sich geneigt fühlen zu sagen. Und auf welche Art. Ich sag schon deutlich, wenn mir was nicht paßt, und das zu jedem.

Und das TEY - nun, es interessiert mich nicht weiter, und bitte versuche mich auch nicht dafür zu interessieren, weil Musik ein Hobby und eine Bereicherung meines Lebens ist, und solche Dinge pflege ich doch recht stark nach eigenem Gutdünken zu betreiben.

Das war es wohl, was ich zu all dem sagen konnte. Ein paar Dinge sind ja dabei, auf die sich Dein Post bezog.

Viele Grüße,
Dreiklang
 
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Danke Dreiklang für diese Zeilen.

Klavierix
 
...ich - für mich persönlich - werde halt zukünftig die Adjektive "gut" oder "schlecht" - und zwar genau diese - vermeiden, wenn es darum geht, mit anderen über (ihre) Musik zu diskutieren. Selbst wenn es Musik ist, die bei mir erste Ansätze zum Brechreiz auslösen sollte.

Überleg mal: Du selbst weißt doch so viel über Konfliktbewältigung :p. Wenn ich eine Diskussion über Musik(geschmack) mit jemandem beginne, und sage:"Hey - aber schlecht ist sie eigentlich schon, Deine Musik - reden wir mal drüber" dann sind doch schon wieder Türen zu, die nicht zu zu sein bräuchten.


Lieber Dreiklang,

du redest hier aber darüber, wie man Kritik rüberbringt, wie man es schafft, seine Standpunkte klar zu formulieren, ohne den anderen zu verletzen. Es ist natürlich völlig in Ordnung, wenn du aus diesem Grund dabei die Begriffe "gut", "schlecht", "besser" etc. nicht verwenden willst!!!

Etwas ganz anderes ist es aber, zu überlegen, ob Musik besser oder schlechter ist! Die Überzeugung von klaren Qualitätsunterschieden in der Musik ist zu trennen davon, wie ich diese Überzeugung kommunikationstechnisch rüberbringe. Ob man im Gespräch nach deiner Meinung "besser" oder "schlechter" vermeidet, heißt ja nicht, dass Musik nicht besser oder schlechter ist!

Ich bin auch absolut der Meinung, dass man nicht die Leute angreifen oder beleidigen sollte, die diese Musik gern hören.

Aber ist das denn hier gemacht worden? Ich kann nichts dergleichen entdecken, lasse mich aber gern eines Besseren belehren. Im Gegenteil finde ich, dass immer wieder gesagt wurde, dass nicht die Hörer verurteilt werden, sondern der Vergleich Tiersens mit Satie etc..

Wollen wir doch bitte Satie in diesem Zusammenhang unerwähnt lassen -
einfach der Gerechtigkeit halber.

Auch die Kritik an Gounod ist wohlfeil und in diesem Zusammenhang deplaciert:
Zum C-Dur-Präludium so kunstvolle Melodiebögen hinzuzuerfinden: das brächte niemand
aus der bewußten Mischpoche (Tiersen/Einaudi/Yiruma et al.) fertig.

Zitat von fisherman

Aber es darf eben nicht in einem Atemzug mit Satie und Co. genannt werden.
Lieber Fisherman, vielen Dank dafür.
Das ist der entscheidende Satz in dieser ganzen Diskussion.

Herzliche Grüße, Gomez

Gegen diesen Vergleich gab es erheblichen Widerspruch, der in die ebenfalls kontrovers beantwortete Frage mündete, ob Musik in der Qualität unterschiedlich oder ob alles reine Geschmackssache sei.

Da bitte ich wie Gomez um Verständnis, wenn Fachleute und Menschen, die sich schon lange Jahre und Jahrzehnte mit Musik beschäftigen und denen sie viel bedeutet, in einem Klavierforum wie diesem hier Stellung beziehen.

Weiter haben sich auch Fachleute wie Monte eingeschaltet und andere Positionen eingebracht. Deshalb hat sich die Diskussion vom Ursprungsthread ziemlich gelöst und wurde intensiver. Ich fand aber, dass alle die ganze Zeit recht sachlich geblieben sind! Nur Klaviersternchen hat sich sicher einen anderen Verlauf vorgestellt. Vielleicht können Tiersen-Anhänger ja wirklich einen Faden eröffnen, in dem nicht über die Qualität seiner Musik diskutiert werden darf.

Ich verstehe nach wie vor nicht ganz, wieso nicht einfach gesagt wird, 'ich liebe Tiersen, auch wenn seine Musik nicht die Qualität der Werke bekannter klassischer Komponisten hat.' Oder so ähnlich.

Was ich gern noch ergänzen möchte: Komponisten selbst haben immer ihre Werke unterschiedlich beurteilt. In gelungenere und weniger gelungenere Kompositionen. Zudem haben sich in der Musikgeschichte immer die Komponisten durchgesetzt, deren Kompositionen etwas Neues brachten, die wegweisend waren für ihre Zeit und die einfach die Besten waren :p (Ausreißer gibt es immer). Qualität hat sich durchgesetzt. Und nicht immer war die Rezeption gleich ein Volltreffer, lieber Monte. Hat dieses Stück andere vielleicht doch berührt oder ist es insgesamt auf Ablehnung gestoßen? Ich verstehe leider noch nicht genau, was du meinst mit diesem Beispiel. Ich weiß nur eins: die Wirkung eines Stückes ist auf jeden anders und kann aufgrund der sehr subjektiven und individuellen Hörgewohnheiten und unterschiedlichen musikalischen Erfahrungen des Rezipienten nicht als Maßstab herangezogen werden, um dieses Musikstück in seiner Qualität beurteilen zu können. Was aber beurteilt werden kann, ist die Wirkung. :p

Liebe Grüße

chiarina
 
Ich verstehe nach wie vor nicht ganz, wieso nicht einfach gesagt wird, 'ich liebe Tiersen, auch wenn seine Musik nicht die Qualität der Werke bekannter klassischer Komponisten hat.' Oder so ähnlich.
... :D ...ich hatte gehofft, mit der kleinen Glosse von Pommesbude und Gourmet-Tempel diese Frage ausreichend beantwortet zu haben :D ;) :D
 
... :D ...ich hatte gehofft, mit der kleinen Glosse von Pommesbude und Gourmet-Tempel diese Frage ausreichend beantwortet zu haben :D ;) :D

Gerade weil du diese köstliche Glosse geschrieben hast, verstehe ich es nicht. Fisherman hatte auch schon so wunderbar Treffendes geschrieben.

Liebe Grüße

chiarina

P.S.: Übrigens hier noch eine zugegebenerweise alte Rezension der Zeit Chansons: Generation Gainsbourg | Feuilleton | ZEIT ONLINE ,die sich mit den damaligen französischen Chansons der Nouvelle Scene Francaise befasst. Zu Tiersen wird da gesagt:

"Unvermeidlich schließt die aktuelle Chansonwelle auch vieles ein, was man nicht wirklich vermisst hat: etwa das Werk von Yann Tiersen, der mit dem Soundtrack zum Kinofilm Die fabelhafte Welt der Amélie bekannt geworden ist. Hört man sein neues, mit großem Orchester eingespielte Live-Doppelalbum C’Etait Ici, stellen sich unweigerlich Assoziationen an lustige Musikanten ein, die mit Wohnwagen durch die französischen Lande touren und in jeder freien Minute jonglieren. Auch wenn Tiersens Arrangements für Françoiz Breut sehr stimmig sind, wirkt sein eigenes musikalisches Schaffen eher wie ein Rückfall in die folkloristische Tradition der Vor-Gainsbourg-Zeit."

Und ich hoffe jetzt, dass ich Tiersen-Anhänger mit dieser Kritik nicht beleidige!!!
 
Ein Stück welches in Summe eine Qualität wie diese leistet, wird für mich persönlich zu Kunstmusik. Weil es mir hilft, in einer bestimmten Seelenstimmung das Leben zu bereichern.
Lieber Dreiklang - mit Verlaub - das ist fürchterlicher Käse! Damit begründet man Heino zur Kunstmusik, das Kitschfoto vom Sonnenuntergang zur Kunst und den geilen Striptease zum Ballett. Ich bitte Dich!!! DU. BIST. NICHT. DER. NABEL. DES. UNIVERSUMS. Es ist sch... egal, was Du glaubst. Es geht um Wissen. Nicht Glauben. Mach diese Unterhaltung mal mit Deinem KFZ-Mechaniker - der erzählt Dir was. Aber da traut sich keiner ... ;-)
 
Ich verstehe nach wie vor nicht ganz, wieso nicht einfach gesagt wird, 'ich liebe Tiersen, auch wenn seine Musik nicht die Qualität der Werke bekannter klassischer Komponisten hat.' Oder so ähnlich.
Kannste haben, liebe Chiarina. Ich liebe - wenn die Stimmung es "erfordert", manches von Eunaudi und auch Sakamoto. Aber ich erkläre es bestimmt nicht zur hohen Kunst.
 
Und ich hoffe jetzt, dass ich Tiersen-Anhänger mit dieser Kritik nicht beleidige!!!
Dann lenke ich mal von Dir ab. Gerade bevor ich das hier las, hatte ich nämlich einen Filmausschnitt mit Gainsbourg gesehen, der ganz gut paßt:
Zitat von Serge Gainsbourg:
Zitat von Georg Christoph Lichtenberg:
Die Häßlichkeit ist der Schönheit darin überlegen, daß sie von Dauer ist.

Ein wenig pessimistisch stimmt mich das jetzt aber schon. :D
 
Liebe chiarina,

Aber ist das denn hier gemacht worden? Ich kann nichts dergleichen entdecken, lasse mich aber gern eines Besseren belehren. Im Gegenteil finde ich, dass immer wieder gesagt wurde, dass nicht die Hörer verurteilt werden, sondern der Vergleich Tiersens mit Satie etc..

Weiß ich nicht genau... hab ich aber auch nicht behauptet. Ich hab mich u.a. deswegen hinter "Sternchen" gestellt, weil sie mir doch einem sehr starken Gegenwind (Orkanstärke) ausgesetzt schien, und ich das Gefühl hatte, daß sie vielleicht einen "Freund" gebrauchen könne. Ihr wenig "aggressiver" Charakter, der mir durch ihre Posts hindurchschien, hatte sie mir eben auch sympathisch gemacht.

Gegen diesen Vergleich gab es erheblichen Widerspruch,

Dieses Feld überlasse ich gern den Leuten, die mehr von Musik allgemein verstehen als ich. Diese muß man sicher nicht unbedingt lange suchen :D

Da bitte ich wie Gomez um Verständnis, wenn Fachleute und Menschen, die sich schon lange Jahre und Jahrzehnte mit Musik beschäftigen und denen sie viel bedeutet, in einem Klavierforum wie diesem hier Stellung beziehen.

Aber unbedingt...!

Viele Grüße! ;)
Dreiklang

P.S. an alle Leser: ich habe Teile meines Posts entfernt, auf die sich chiarina im folgenden bezieht, weil sich gezeigt hat, daß diese Argumentation kein gangbarer Weg ist. Daher möchte ich euch diese gleich ersparen ;)
 
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Mit einer Trennung in "musikalisch-emotionale Qualität" und "musikalisch-gestalterische Qualität" bekämen wir also schon mal sehr viel in den Griff (wenn nicht gar, alles?).


Lieber Dreiklang,

das finde ich keine gute Idee. Die Gestalt enthält doch die Emotion. Das kann man doch nicht trennen. Wenn ich mir die Pieta von Michelangelo anschaue, sage ich doch auch nicht: "Oh, die hat aber eine hohe gestalterische und emotionale Qualität!" Sondern ich nehme sie als Ganzes wahr und nur so kann ich überhaupt versuchen zu erfassen, was in ihr steckt.

Höre ich Musik, so wirkt sie durch ihre Gesamtheit auf mich. Ihre Gestalt ist diese Gesamtheit und hat auch eine emotionale Wirkung. Sie regt aber im besten Fall auch zum Nachdenken, zur Reflexion an, sie eröffnet neue Perspektiven. Die Emotion ist also ein wichtiger Teil der Wirkung der Gestalt und lässt sich von ihr nicht trennen. Ein künstlerisches Werk kann doch nur in seiner Gesamtheit beurteilt werden oder steht in Buchrezensionen auch "Satzbau 2-, Wortwahl 3, Sinngehalt 1, emotionale Wirkung auf den Rezensenten 6 "? :D

Würdest du eigentlich bei der Bildzeitung auch sagen, dass sie eine hohe literarisch-emotionale" Qualität hat?

Liebe Grüße

chiarina
 
Hallo ihr,

meine Ausführungen die hier standen, haben sich im späteren Verlauf der Diskussion als nicht hilfreich, sondern eher Verwirrung stiftend entpuppt.
Daher habe ich sie herausgenommen.

Lest einfach dort weiter, wo es wieder "interessant" wird ;)

Schönen Gruß
Dreiklang
 
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Mit meiner beschriebenen Einteilung kann man es schaffen, u.a. die Kontroverse TEY/Klassik zu lösen, nämlich: TEY hat eine hohe "musikalisch-emotionale Qualität" (weil viele Menschen es kaufen), aber eine unbestreitbar geringe "musikalisch-gestalterische Qualität" (das weist der Musikexperte dem Laien ggf. nach).
lieber Dreiklang,
viele Menschen kaufen Socken, das aber macht die Socken nicht zu Transporteuren emotionaler Befindlichkeiten... und die Socke ist auch kein Hochzeits- oder Ballkleid ;)

überdenk das alles noch mal... und sei gewiß: man kann nicht nur "bewerten" oder beurteilen, man soll das auch - wie überall.
 
Hallo ihr,

ich hatte an dieser Stelle und durch dieses Post ursprünglich einen Klassifizierungsversuch gemacht, der aber durch Gomez' Beitrag im folgenden obsolet wurde.
Da mein ursprünglicher Beitrag nach meiner augenblicklichen Meinung nur Unklarheit schaffen kann anstelle Klarheit, habe ich den Inhalt für die geneigte Fadenleserschaft, entfernt. ;)

Viele Grüße
Dreiklang
 
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Lieber Dreiklang, zur Terminologie nur soviel: Es gibt funktionale Musik,
also für einen bestimmten Anlaß komponiert - zur musikalischen Untermalung
von Feuerwerken (à la Händel), zu irgendwelchen repräsentativen Anlässen
(Inthronisationen), als Bühnen- und Filmmusik, oder zu Vernissagen etc.
Und es gibt autonome Musik: direkt für den Kammermusik- oder Konzertsaal
geschrieben, direkt fürs Ohr eines aufnahmebereiten Musikliebhabers gedacht.

Mit beidem kann man scheitern oder reüssieren. Es gibt funktionale Musik
auf höchstem Niveau - und autonome Musik, die vollkommen mißraten ist.
Es ist übrigens falsch zu glauben, Filmmusik dürfe nicht zu gut sein,
weil sie sonst den Bildern etwas von der Wirkung raube. Wenn dem so ist,
dann sind die Bilder zu schlecht.

Und die emotionale Wirkung, die Musik ausübt, ist kein Gradmesser
für ihre Qualität - weder bei der funktionalen noch bei der autonomen Musik.
Man kann mit Filmmusik aus der Retorte, musikalischen Bewegungsabläufen
und Tonsatzklischees, die zur Handlung passen, immer die gewünschte Wirkung
erzeugen (Hollywood); das bewegt sich schon an der Grenze zum Manipulativen.
Wenn Du Cineast bist: Schau Dir mal Veit Harlans "Jud Süß" an und achte dabei
auf die Tonspur.

Und ein Komponist kann die Idee, seine Hörerschaft anrühren zu müssen,
als Zumutung empfinden, demonstrativ verweigern und mit seiner Vorstelllung
von Musik für unvereinbar halten (Strawinsky: "I consider that music is,
by its very nature, powerless to express anything at all, whether a feeling,
an attitude of mind, a psychological mood, a phenomenon of nature.").
Du wirst daraus schlecht folgern können, daß die Musik des neoklassizistischen
Strawinsky - weil sie unterkühlt ist und nur wenige Menschen anrührt - nichts tauge.

Deine Beiträge der letzten Tage sind von einer Wankelmütigkeit, die sich jetzt aufklärt:
Du hattest nicht verstanden, daß hier niemand gegen Tiersen polemisiert, sondern nur
gegen dessen Gleichsetzung mit Komponisten wie Erik Satie oder Charles Gounod,
und Du glaubtest, das arme Klaviersternchen vor einer Horde entfesselter Intellektueller
in Schutz nehmen zu müssen. Herausgekommen ist dabei nach meinem Empfinden
nichts gutes - weder für Klaviersternchen, die dieses Schutzes nicht bedarf,
stattdessen gerade aus den kontroversen Beiträgen einiges lernen könnte,
noch für Dich, der sich in heillose Widersprüche verwickelt hat: die "Comptine"
adelst Du zum lyrischen Klavierstück, die "Ballade pour Adeline" erzeugt Brechreiz?
Und wenn Klaviersternchens Lieblingskomponist nun Paul de Senneville wäre, müßte es
sich dann nicht genau umgekehrt verhalten? Logisch kannst Du den Lobpreis des einen
und die Herabwürdigung des anderen nicht begründen, weder nach eigenen Maßstäben:
die "Adeline" rührt genauso die Herzen, nur vielleicht die einer anderen Altersgruppe;
noch nach Dir fremden (= analytischen) Maßstäben: Wenn man von den unsäglichen
Sextparallelen absieht, ist die "Ballade pour Adeline" sogar ganz gut komponiert,
jedenfalls auf einem Niveau, das Tiersen bis jetzt nicht erreicht hat.

Ich bitte Dich, zumindest beim Schreiben über Musik, Deine Empfindungsfähigkeit
(deren Vorhandensein Du jetzt genügend unter Beweis gestellt hast) zurückzustellen
und Deiner Denkfähigkeit wieder mehr Raum zu geben.

HG, Gomez

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Lieber Gomez,

vielen Dank für Deinen Beitrag, der mein Wissen über die Musik erweitert hat.

Lieber Dreiklang, zur Terminologie nur soviel: Es gibt funktionale Musik, und es gibt autonome Musik

Von dem WP-Artikel Autonome Musik aus kann man lesend weiter verzeigen und tiefer in die Materie eindringen (wer das für sich selbst möchte oder braucht)

Es ist übrigens falsch zu glauben, Filmmusik dürfe nicht zu gut sein, weil sie sonst den Bildern etwas von der Wirkung raube. Wenn dem so ist, dann sind die Bilder zu schlecht.

Ja, das wird mir dank Deines Hinweises ebenfalls gerade bewußt!

Und die emotionale Wirkung, die Musik ausübt, ist kein Gradmesser für ihre Qualität

Kannst Du mir bitte alternativ einen Artikel, oder eine verbale Erklärung darüber geben, wie die Musikwissenschaft die "Qualität von Musik" definiert? Nur durch den Anspruch ihrer handwerklichen Gestaltung? Am besten in möglichst knapper Form (WP-Stil) - danke im voraus.

Du wirst daraus schlecht folgern können, daß die Musik des neoklassizistischen
Strawinsky - weil sie unterkühlt ist und nur wenige Menschen anrührt - nichts tauge.

Für mich ist Musik immer Emotion - nicht nur Rührung, auch Schwung, Kampf, vielleicht kann auch ostentative Gleichgültigkeit eine Emotion sein. Aber alles was sich Musik nennen will, muß für mein Empfinden auch Emotionen ansprechen können. Wenn 100 Personen zusammen Papier zerreißen, dann würde für mich rein der entstehende Klang keine Musik sein. Wenn ein langer Güterzug an einem Bahnübergang vorbeidonnert, gibt es die verschiedensten komplexen Schallereignisse - alles das kann sogar einige Minuten lang anhalten, es ist aber keine Musik. Ebenso wohl nicht die Geräuschkulisse an einem Flughafen.

WP (für Dich die Quelle allen Übels, ich weiß ;)) sagt nichts darüber aus, daß für die Musik zentral sei, daß sie Emotionen auslösen kann. Für mein persönliches Musikverständnis ist letzteres absolut unabdingbar. Wie klärt sich dieser Widerspruch?

Oder anderes gesagt: es gibt keine Musik ohne eine auf Menschen vorhandene emotionale Wirkung dieses Schalls. Drei Beispiele von Schall, der keine Musik ist, habe ich Dir genannt.

Logisch kannst Du den Lobpreis des einen und die Herabwürdigung des anderen nicht begründen

Das ist absolut richtig erkannt! Ich kann es eben nur subjektiv-emotional beurteilen. Aber: Menschen urteilen emotional - wenn sie die Wahl dazu haben, und die Entscheidung keine schwerwiegenden Konsequenzen hat. Wie z.B. die Entscheidung, gebe ich 20€ nun für diese oder nun für jene CD-Zusammenstellung im virtuellen oder realexistenten Verkaufsraum unserer Zeit aus?

Vielleicht ist einer der "größten kleinen Genüsse", der sog. "kleinen Freuden des Lebens", in Sachen wie dem Kauf der persönlichen Musik rein emotional reagieren und handeln zu dürfen.

Schönen Gruß
Dreiklang
 
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Lieber Gomez,

ich bewundere deine intellektuellen Fähigkeiten und deine Analysen sehr. Immer Alles sehr perfekt ausgedrückt.

Nur würde ich Empfingungsfähigkeit zumindest beim Hören der Musik über die Denkfähigkeit stellen. Und warum sollte man die Empfindungsfähigkeit nicht ins Schreiben einfliessen lassen.

Meiner Meinung nach kann man nur mit der Empfindungsfähigkeit in das Mysterium Musik eintauchen; wogegen man mit dem Denken nur an der Oberfläche kratzt.

Gruss RUdl
 
Meiner Meinung nach kann man nur mit der Empfindungsfähigkeit in das Mysterium Musik eintauchen; wogegen man mit dem Denken nur an der Oberfläche kratzt.

Lieber Rudl,

ich glaube, dass man Musik umso tiefer empfindet, je besser man sie versteht. Mir ist das in all den Jahren so gegangen. Habe ich früher als Jugendliche .... Musik gehört, hat die mich immer sehr angerührt. Doch jetzt ist das noch ein ganz anderes Empfinden, das viel tiefer geht. Denn mittlerweile verstehe ich die Strukturen viel besser und kann die Musik in ihrer Schönheit und Tiefe viel allumfassender wahrnehmen!!! Das eine bedingt das andere und man kann es nicht trennen!!! (Hilfe, warum versteht das denn keiner!)

Daher, lieber Dreiklang, bekomme ich bei deiner Trennung in musikalisch-gestalterische und musikalisch-emotionale Qualität graue Haare, erhebliches Magengrimmen und Falten, die mit einer verschrumpelten Apfelsine konkurrieren können. :)

Liebe Grüße

chiarina
 
ich glaube, dass man Musik umso tiefer empfindet, je besser man sie versteht. Mir ist das in all den Jahren so gegangen. Habe ich früher als Jugendliche .... Musik gehört, hat die mich immer sehr angerührt. Doch jetzt ist das noch ein ganz anderes Empfinden, das viel tiefer geht. Denn mittlerweile verstehe ich die Strukturen viel besser und kann die Musik in ihrer Schönheit und Tiefe viel allumfassender wahrnehmen!!! Das eine bedingt das andere und man kann es nicht trennen!!! (Hilfe, warum versteht das denn keiner!)
Sehe ich auch so, Du bist also nicht alleine im Universum :-)

Allerdings verliert man durch diesen Prozess auch eine ganze Menge (positiver) Naivität. Gewisse Harmoniefolgen können nicht mehr unbefangen genossen werden, sondern man weiß sofort ... ah ja, jetzt kommt gleich die Doppeldominante und hier passiert jetzt sicher ein Trugschluß etc. Ich mag z.B. immer noch Quintfallsequenzen, aber als ich noch nicht wußte, was das ist, war das eben noch viel aufregender. D.h. man gewinnt und verliert aber auch durch Wissen. So ist das Leben, alles hat mindestens zwei Seiten.

Monte
 

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