Unkonzentriert im Unterricht/beim Vorspiel vor'm Lehrer

,das mein Lehrer fast platzt und ich seine Hoffnungslosigkeit an seinem Gesichtsausdruck erkennen kann,geht mir so).Ich weiß,ich bin manchmal ein Dickkopf und ziemlich stur,aber manchmal müsst ihr mir einfach glauben(oder wenigstens so tun :-))

Na, das ist ja mal eine entspannte Vorspielsituation. :konfus:

Sprich mit ihm darüber, oder wechsle den Lehrer. Ich bin normalerweise nicht von der Fraktion, die unbekannterweise so etwas rät, aber hier denke ich, wenn die Vorspielsituation derart angespannt ist, und der Lehrer nicht professionell genug ist, seine Mimik und Körpersprache einigermaßen zu kontrollieren, tut Dir das gar nicht gut. Das tut keinem gut.
 
Ja dann mach das mal ! Kannst uns ja mal mitteilen , was Dein Lehrer dazu gemeint hat . Viel Glück ! Und keine Angst , er ist bestimmt keine Kinderfresser ,:-D ;-) :super:
 
..das ist ein guter Lehrer und ich möchte ihn um keinen keinen Preis wechseln..deshalb bin ich innerlich fast am ausrasten und verzweifelt...Ich bin in der Realität nicht so gesprächig und nicht so offen wie als wenn ich schreibe(würde ich in einem eurer Treffen erscheinen,würdet ihr mich nicht wieder erkennen...).Das muss sich wohl jetzt ändern und ich rede mal genau mit ihm darüber(damit er wenigstens weiß was eigentlich los ist)

Wenn das so ist, dann ist in dem Fall reden wohl wirklich Gold! :-)
Möglicherweise rennst Du offene Türen ein, wenn Du das schilderst, und die Situation bessert sich.
 
Lieber Simon,

es geht mir ähnlich wie Dir aber ich habe für mich herausgefunden, wo mein Problem ist:
Wenn ich zu Hause ganz entspannt spiele, läuft sehr viel über das Fingergedächtnis. In der Unterrichtssituation möchte ich natürlich keine Fehler machen und beginne im Kopf die Noten zu kontrollieren,- aber oh Schreck,- der Kopf kennt sie nicht! Und ich habe wohl an dem Stück schon so lange herum geübt, dass meine Aufmerksamkeit immer wieder unbewusst vom Blatt weggeht und ich den Takt nicht mehr finde, wo ich gerade war..............

Was hilft ist nur, jeden einzelnen Takt möglichst penibel zu studieren.......

Vielleicht hilft Dir das ja :bye:

Gruß Ute
 
Wenn ich zu Hause ganz entspannt spiele, läuft sehr viel über das Fingergedächtnis. In der Unterrichtssituation möchte ich natürlich keine Fehler machen und beginne im Kopf die Noten zu kontrollieren,- aber oh Schreck,- der Kopf kennt sie nicht!

Ich finde es immer wieder spannend zu lesen (und zu hören) wie es Euch ergeht.

So war es bei mir auch lange Zeit – der Kopf war zu sehr beteiligt, weil immer diese Furcht vor Fehlern wie ein Damoklesschwert über mir geschwebt hat (so ergeht es einem, wenn man zum Perfektionismus erzogen…. nein, gezüchtet wird). Aber der hat sich fast normalisiert.

Aber inzwischen ist es genau umgekehrt. Zuhause konzentriere ich mich auf die Noten und dann fahre ich zum Unterricht mit dem Gedanken: Lass es einfach laufen, Du hast geübt und jetzt kannst Du nichts mehr ändern. Und dann spiele ich im Unterricht vor und in meinem Kopf scheint Leere zu sein. Ich denke nicht nach sondern es läuft einfach. Das ist toll und dadurch werde ich Unterricht immer entspannter.
 
Mit "es läuft einfach" meine ich nicht, dass ich fehlerfrei spiele. Es ist ein Gefühl, als sei ich fremdgesteuert und dieses Gefühl ist herrlich entspannend (im Gegensatz zu meinem Frust von vor nicht allzu langer Zeit, wenn ich Fehler gemacht habe).
 
Simon, hast du denn sonst im Leben ähnliche Prüfungssituationen?
Wie ergeht es dir dabei?
Wenn du es einfach nicht gewohnt bist "Leistung abzuliefern" ist es doch völlig normal, wenn es nicht 100 % gelingt. Vor allem in einem Alter, in dem man sich deutlich mehr Gedanken über sowas macht wie zuvor.
 
Noch ne Idee für Simon: Dein Klavierlehrer hat auch Schüler bei denen das Spielen im Unterricht noch viel schlechter klappt als bei Dir. Und wenn Du das nicht glaubst dann frag ihn einfach obs so ist oder nicht. Und dann wird er Dir erzählen was sich Menschen seiner Profession berufsbedingt so alles anhören müssen und dass das eine normale Situation für ihn ist.
Persönliche Randbemerkung von mir: man kann nicht den Beruf des Klavierpädagogen ergreifen und erwarten dass die Schüler gut klingend spielen. Sie sind Schüler weil sie das eben nicht tun.
 
Du, ganz ehrlich, ich habe das auch heute noch im Unterricht wie du. Manchmal spiele ich eine Seite, breche ab weil ich unzufrieden bin und fange von vorne an. Wir wollen halt professionell an die Sache heran gehen. Ich bin auch nur bei Konzerten nervös wenn sie im Publikum sitzt... Man gewöhnt sich nie ganz daran aber es wird mit der Zeit besser!
 
Persönliche Randbemerkung von mir: man kann nicht den Beruf des Klavierpädagogen ergreifen und erwarten dass die Schüler gut klingend spielen. Sie sind Schüler weil sie das eben nicht tun.

Unsinn. Ein guter Lehrer erwartet selbstverständlich von seinen Schülern, dass sie gut klingend spielen. (Natürlich ist "gut klingend" immer auch relativ zu verstehen - also im Verhältnis zum Ausbildungsstand des Schülers.)

Und er hat die methodisch-didaktischen Mittel parat, um sie dazu zu befähigen.

Sonst hat er seinen Job verfehlt. Bei "Fordern und Fördern" darf die "Fordern"-Seite nicht zu kurz kommen.

Neuhaus, Martienssen et al. haben immer wieder betont, wie superwichtig es von der allerersten Stunde, vom allerersten Ton an, ist, die Klangqualität als zentrales Element des Spiel- und Übeprozesses zu betrachten. Die Einstellung "naja, klingt noch ziemlich rough und unbeholfen, aber Hauptsache der Schüler kriegt erstmal die Noten irgendwie hin" ist guten KL gänzlich fremd und erscheint ihnen wie ein unmusikalisches "Painting by numbers".

Schüler, die es im Unterricht nicht schaffen, gut klingend zu spielen (entweder weil sie zu wenig oder falsch geübt haben oder weil sie körperlich zu ungünstig an die Sache herangehen oder weil sie psychologische Probleme mit der Vorspielsituation haben) sollten stets die Ausnahme sein. Falls sie es nicht sind, muss sich der KL fragen, was in seinem Fall falsch läuft.
 
Neuhaus, Martienssen et al. haben immer wieder betont, wie superwichtig es von der allerersten Stunde, vom allerersten Ton an, ist, die Klangqualität als zentrales Element des Spiel- und Übeprozesses zu betrachten. Die Einstellung "naja, klingt noch ziemlich rough und unbeholfen, aber Hauptsache der Schüler kriegt erstmal die Noten irgendwie hin" ist guten KL gänzlich fremd und erscheint ihnen wie ein unmusikalisches "Painting by numbers".
Genau darauf läuft es hinaus: Die Trennung zwischen einer Phase des Textstudiums ("erst mal richtige Töne spielen") einerseits und einer Phase des künstlerischen Gestaltens ("jetzt können wir Musik machen") andererseits ist grundfalsch, da die Bewegungsabläufe und die Klangvorstellung untrennbar miteinander verknüpft sind. Ich stelle mir vor meinem geistigen Auge einen Violinlehrer vor, der sich im ersten Unterrichtsjahr seines Schützlings mit körperlich wehtuendem Gekratze seines Schützlings zufrieden gibt, solange er in etwa die vorgesehene Tonhöhe trifft. Im zweiten Jahr soll man das Gekratze einigermaßen ertragen können, im dritten Jahr soll es dann nach Geige statt Oboe klingen?

Wer so unterrichtet, tut weder sich noch seiner Kundschaft einen Gefallen. Auch Klangvorstellung bedarf einer sorgfältigen Kultivierung von Anfang an - einen Zeitpunkt. bis zu dem es auf gewisse Faktoren nicht ganz so drauf ankommt, gibt es nicht. Die Tasteninstrumente haben gegenüber vielen Melodieinstrumenten zunächst einen großen psychologischen Vorteil: Das mehrstimmige und akkordische Musizieren von Anfang an ermöglicht frühzeitig vollklingende Resultate zu einem Zeitpunkt, zu dem ein Geigenschüler noch intensiv daran arbeitet, Einzeltöne in akzeptabler klanglicher Qualität hervorzubringen. Bei vielen ist das Durchhaltevermögen schon zu diesem Zeitpunkt erschöpft. Aber tut sich dann die Lehrkraft einen Gefallen, über offenkundige Mängel hinweg zu hören? Ich meine nein. Spätestens sobald die technischen und künstlerischen Anforderungen zunehmen, rächt sich die Verletzung gewisser Sorgfaltspflichten bitter.

LG von Rheinkultur
 

@hasenbein und @Rheinkultur :

Ihr habt vollkommen recht damit, daß der Lehrer von Beginn an Wert auf Klangkultur legen sollte. Was aber, wenn dem Schüler an Klangkultur erst einmal gar nichts liegt, sondern er in erster Linie ein Ziel vor Augen hat, nämlich die Töne dieses oder jenes Stückes xxx (von Bach-Präludium bis Amélie nach Belieben einzusetzen) zu treffen. Dieser Wunsch ist ja häufig der Auslöser, mit dem Klavierspielen zu beginnen. Von Klanggestaltung haben erst einmal die wenigsten Anfänger eine Ahnung, wenn sie klavierspielen lernen wollen. Und sich mit der Klanggestaltung auseinanderzusetzen, "hindert" sie ja, schnell zu ihrem (sic!) Ziel zu gelangen.

Hinzu kommt: Um Klangkultur zu entwickeln, benötige ich das entsprechende Handwerkszeug. Der Klavierlehrer hat oft genug mit dem wertvollen Familienerbstück zu kämpfen - einem nicht mehr stimmbaren, von Motten zerfressenen Hobel der Urgroßmutter, oder noch schlimmer: mit einem Keyboard, für wenig Geld bei ebay ersteigert. "Für den Anfang wird das ja wohl erst einmal reichen." So argumentieren - wohlgemerkt ! - die Schüler, nicht der Lehrer.

Der Lehrer sollte seine musikästhetischen Ideale durchaus hochhalten. In der Praxis aber wird er kleine Brötchen backen müssen, mitunter sehr kleine. Was tun, wenn ich als Lehrer weiß, was der Schüler zu leisten in der Lage ist, der Schüler aber seinerseits (noch) kein Bedürfnis nach klanglicher Ausgestaltung hat? Konsequent auf dem für den Schüler erreichbaren Optimum bestehen? Mit der Gefahr, daß der Schüler ennerviert das Handtuch wirft? Oder erst einmal Kompromisse eingehen, "weghören" und nur die gröbsten Schnitzer in Artikulation und Dynamik korrigieren? Darauf hoffend, daß man mit der Salamitaktik langfristig den Schüler doch sensibilisiert für das, was man selber für eine durchdachte Klanggestaltung hält?

Als Lehrer ist man halt immer auch mit der Unvollkommenheit des Menschen konfrontiert.
 
Mensch, Wolfgang, ein weiterer echter "Nachtaktiver" heute ?? :super:

Wir sind ja wie Marder:

"Der Tag ist keines Marders Freund -
Die Nacht ist gut und lieb."

( Hermann Löns: Goldhals ) ;-)
 
Was tun, wenn ich als Lehrer weiß, was der Schüler zu leisten in der Lage ist, der Schüler aber seinerseits (noch) kein Bedürfnis nach klanglicher Ausgestaltung hat? Konsequent auf dem für den Schüler erreichbaren Optimum bestehen? Mit der Gefahr, daß der Schüler ennerviert das Handtuch wirft? Oder erst einmal Kompromisse eingehen, "weghören" und nur die gröbsten Schnitzer in Artikulation und Dynamik korrigieren? Darauf hoffend, daß man mit der Salamitaktik langfristig den Schüler doch sensibilisiert für das, was man selber für eine durchdachte Klanggestaltung hält?
Dieser Fragenkatalog deckt sich ganz sicher mit einem Szenario, wie es sich nicht selten ereignen dürfte - und leider kann die Lehrkraft nicht in allen Fällen argumentativ Abhilfe schaffen, da für etliche Faktoren die Schülerseite oder andere Komponenten verantwortlich sind. Je etablierter am Markt die Lehrkraft auftreten kann, desto unmissverständlicher kann sie die Einhaltung gewisser Mindeststandards auf allen Seiten einfordern - sonst kann ein Unterrichtsverhältnis eben nicht funktionieren. Selbstredend hat ein qualifizierter Anbieter auch in Krisensituationen (schlechte Auftragslage) seinen Marktwert und Preis und es ist nicht leicht, den einmal aufgedrückten Stempel des Billigdienstleisters wieder los zu werden. Irgendwann werden die einzugehenden Kompromisse so faul, dass man um das Neinsagen nicht mehr umhin kommt.

Anderes Beispiel: Es ist legitim, sich nicht körperlich betätigen und nicht ins Schwitzen geraten zu wollen, aber man sollte mit dieser Einstellung dann eben nicht einem Sportverein beitreten, wo das Schwitzen bei Training und Wettkampf einfach dazugehört. Von nichts kommt nichts, sagt der Volksmund. Oder: Ein Arzt ist kein Wunderheiler, ein Erzieher ist kein Zauberer - einfach untätig hinsetzen, nichts tun, sich unterhalten lassen und auf ein Wunder warten, das funktioniert halt nicht. Derartige Betätigungsfelder sind einfach auf Lernbereitschaft und aktive Mitarbeit der betreuten Klientel angelegt, sonst lässt man besser die Finger davon. Dass einen wirtschaftliche Zwänge zur professionellen Erledigung auch unattraktiver Aufgaben zwingen, lässt sich tatsächlich nicht immer vermeiden. Aber die große Anzahl erfolgreich musikpädagogisch tätiger Anbieter am Markt beweist ja, dass man dieses Spannungsfeld zwischen Anspruch und Realität durchaus nicht kurz-, aber mittelfristig in den Griff bekommen kann.

LG von Rheinkultur
 
(1) Was tun, wenn ich als Lehrer weiß, was der Schüler zu leisten in der Lage ist, der Schüler aber seinerseits (noch) kein Bedürfnis nach klanglicher Ausgestaltung hat? (2) Konsequent auf dem für den Schüler erreichbaren Optimum bestehen?
(2) ja!
(1) zu sinnvollem Unterricht (angepasst an das individuelle Lerntempo, kognitive Entwicklung etc.) sollte ab ovo die "Bedarfsweckung" in Sachen Klanggestaltung dazu gehören ;-) ...der Eleve darf doch gerne gute Aufnahmen seines Repertoires anhören oder es gut gespielt von der Lehrkraft anhören dürfen und kann dann selber wahrnehmen, dass und was nach dem floten Töne treffen zu tun ist:-)
 
(1) zu sinnvollem Unterricht (angepasst an das individuelle Lerntempo, kognitive Entwicklung etc.) sollte ab ovo die "Bedarfsweckung" in Sachen Klanggestaltung dazu gehören ;-) ...der Eleve darf doch gerne gute Aufnahmen seines Repertoires anhören oder es gut gespielt von der Lehrkraft anhören dürfen und kann dann selber wahrnehmen, dass und was nach dem floten Töne treffen zu tun ist:-)
Kein Widerspruch. So mancher Appetit erwacht erst, wenn das Essen auf dem Tisch steht und besser schmeckt als erwartet.

Begeisterung will geweckt sein - aber wo nichts ist, kann auch nichts geweckt werden. Aus gar nichts etwas herzaubern, dazu ist vermutlich nur Gott in der Lage. Wäre Jesus als Klavierlehrer auf die Welt gekommen...!*

LG von Rheinkultur

*P.S.: Ich habe heute noch die Äußerung eines namhaften Kirchenmusikdirektors im Ohr, der mit seiner Kantorei ein großes eigenes oratorisches Werk zur Uraufführung einstudierte; ich saß seinerzeit als Korrepetitor bei den Chorproben am Klavier. Mit der Zeit wurde es unter den Chorsängern immer unruhiger. Irgendwann klopfte der Dirigent genervt ab: "Ihr könnt Euch doch nachher unterhalten! Wie die Kinder... gut, Jesus sagte zwar, 'Werdet wie die Kinder', aber der hat ja auch keinen Chor geleitet...!"

P.S., die zweite ist der heutige gespielte Witzzzz, viel Vergnügen:
Was ist der Unterschied zwischen einer Blondine und Jesus?
Ist doch klar: Der Gesichtsausdruck beim Nageln...!
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Zu deinem Beitrag zurück zu kommen
Ich selber kenne das Problem auch Zuhause läuft es richtig gut und entspannt und im Unterricht leider nicht mehr. :cry: Ich stocke häufig oder fliege raus wobei ich mithilfe der Noten wieder reinkomme. Zwar wird es von mal zu mal besser aber mich enttäuscht es jedes mal weil ich weiß wie gut das Stück sonst fließt. Dabei spiele ich Zuhause auf einen Digi und im Unterricht an einem Klavier oder Flügel mit schwergängiger Klaviatur. Da ist die Umstellung schon groß:-| Leider habe ich keine Möglichkeit mich einzuspielen und meistens fangen wir mit dem schwersten Stück an. Ich finde es hart, hat was vom mit der Tür ins Haus fallen. Aber man hat nicht so die Zeit sich noch mehr Nervös zu machen. Vielleicht wäre das eine Möglichkeit oder du versuchst mal ein paar Entspannungsübungen. Mir selber hilft es mich auf die Klänge zu konzentrieren und zu ignorieren was meine Kl macht. Letztens musste sie laut Stopp rufen damit ich aufhöre zu spielen hab wohl auf ihre Bitte kurz aufzuhören nicht reagiert:-D Versuche es mal
 
Hallo,

Dein Beitrag ist schon über eine Woche her.
Was Du beschreibst, ist m.M. nach so etwas wie Bühnenangst bzw. ein tiefer liegendes Selbstwertproblem.

Ich kenne das sehr gut aus meiner Jungendzeit-auch ich konnte die "einfachsten" Dinge nicht mehr spielen, kaum war der Klavierlehrer zugegen.

Ich weiss dass es niemals am Leher lag...der war einfach super, auch im Nachhinein bin ich ihm unendlich dankbar, da er einfach gepasst hat.

Ein wichtiger Teil des Trainings ist es,
seinen Körper zu kontrollieren. Es ist wie bei einem Angstpatienten, der lernt, wieder aus dem Haus zu gehen. Ich weiss z.B. dass mein Handgelenk versteift wenn ich nervös werde.
Ich weiss, dass ich aufhöre zu atmen.
All diese Reaktionen verhindern, dass ich noch gut spielen kann.
Auch die Gedanken kenne ich, die einen einholen, mitten beim Spielen: "Oh ob ich gleich rausfliege?" Zack, schon draussen... usw.

Was mir u.a. geholfen hat waren Seminare bei Rainer Flatischler-selbst ehemalig ein Hoffnungsträger am Klavier, Schüler von Friedrich Gulda, der den Druck aber nicht mehr aushielt, das Klavierspielen geschmissen hat, lange im Ausland war und nun nur noch Percussion macht und Kurse gibt.
Er lässt die Seminarteilnehmer den Moment des "in der Musik seins" erfahren-und er sagt: "Wenn du aus der Musik rausfliegst, musst du wieder reinfliegen!"

Ich denke es ist wichtig sich klar zu machen, dass dein Problem kein kleines ist, sondern DAS Problem für einige Künstler, und nicht wenige haben deshalb aufgehört oder treten so gut wie nicht mehr auf (Martha Argerich ist so ein Beispiel)

Wenn Du dem Problem angemessen begegnest und verstehst, dass es eine Lebensaufgabe ist, damit klar zu kommen, (die dich persönlich aber unglaublich weiter bringt) dann wirst du hoffentlich gnädiger mit dir selbst sein können und dich selbst mögen und dir Mitleid schenkst statt dich auch noch zusätzlich runter zu machen, wenn Du demnächst wieder in der Situation bist.

Lies alles zum Thema Lampenfieber, was du finden kannst. Beschäftige dich damit.
Du bist damit nicht allein, und es gibt Möglichkeiten, das Problem anzugehen.
Nur: Von alleine wird es sich leider nicht lösen. Du musst hart an dir und an deinen Zielen arbeiten und auch lernen, gnädiger zu dir selbst zu sein.
Und stets 110% vorbereitet sein im Klavierunterricht.
Versuche doppelt soviel zu üben wie bisher, und schau mal, ob es besser läuft im Unterricht.
Nimm dir ein kürzeres Stück vor, ein leichteres Stück. Lerne es auswendig, nehme es auf. Spiele es auch auswendig mit jeder Hand einzeln.
Spiele es in völlig unterschiedlchen Tempi, von extrem langsam bis schnell.
Spiele es mit geschlossenen Augen.
Lerne es so gut, dass du überall jederzeit einsteigen kannst, in jedem Takt, ohne dass du die Noten dazu brauchst.
Irgendwann kannst du es so gut, dass du deine Nervosität besiegst und es auch im Unterricht fehlerfrei kannst.

Viele Grüße und viel Erfolg!
 
Ich sehe es anders.

Natürlich ist es zum Fortkommen sehr wichtig, dass man richtig und genug übt, dass man ein Stück wirklich beherrscht etc. - darüber braucht man nicht zu diskutieren.

Aber um etwas an der Nervosität und evtl. auch etwas an dem Im-Unterricht-schlechter-Spielen zu ändern, ist vor allem eines wichtig:

Du darfst nicht mehr den Anspruch haben, fehlerfrei oder auch nur "gut" vorzuspielen! Ja, ganz im Ernst!

Du solltest mit der Einstellung vorspielen: "So, egal, ob das jetzt gut klappt oder nicht, lieber KL, ich spiel Dir jetzt mal so IN ETWA vor, wie das Stück mittlerweile so geht, damit Du einen ungefähren Eindruck erhältst und Du mir vielleicht noch ein paar Tipps bezüglich Fingersätzen, Ausdruck, Technik usw. geben kannst." Mehr nicht!

Und dann während des Vorspielens auf keinen Fall wie verrückt konzentrieren, um alles richtig zu machen (wenn ich mich voll konzentrieren muss, ist das eh' ein klares Zeichen, dass ich es eben noch nicht drauf habe!), sondern einfach in den Klängen und Emotionen sein.

Thematisiere das mit dem Lehrer, vereinbare es mit ihm ausdrücklich - wenn er Ahnung hat, wird er es richtig finden.

Nur aus dieser "Absichtslosigkeit" heraus kann es dann VIELLEICHT irgendwann mal passieren, dass Du tatsächlich gut und fehlerfrei vorspielst.

Ach so, und wichtiger Test: Bitte mal gucken, wie es ist, wenn man sich zu Hause selber aufnimmt!
Erstens kann man dadurch die Frage klären, ob man zu Hause tatsächlich gut spielt und sich nicht nur z.T. was einbildet; zweitens trainiert man die Situation, "abliefern" zu müssen, das Stück wirklich mal in einem Stück vorspielen zu müssen.
 
Zuletzt bearbeitet:
[...] 1. ) Ich denke es ist wichtig sich klar zu machen, dass dein Problem kein kleines ist, sondern DAS Problem für einige Künstler, und nicht wenige haben deshalb aufgehört oder treten so gut wie nicht mehr auf (Martha Argerich ist so ein Beispiel)
2. ) Wenn Du dem Problem angemessen begegnest und verstehst, dass es eine Lebensaufgabe ist, damit klar zu kommen, (die dich persönlich aber unglaublich weiter bringt) dann wirst du hoffentlich gnädiger mit dir selbst sein können und dich selbst mögen und dir Mitleid schenkst statt dich auch noch zusätzlich runter zu machen, wenn Du demnächst wieder in der Situation bist.
3. ) Lies alles zum Thema Lampenfieber, was du finden kannst. Beschäftige dich damit.
4. ) Du bist damit nicht allein, und es gibt Möglichkeiten, das Problem anzugehen.
5. ) Nur: Von alleine wird es sich leider nicht lösen.
[...]
a ) Versuche doppelt soviel zu üben wie bisher, und schau mal, ob es besser läuft im Unterricht.
b ) Nimm dir ein kürzeres Stück vor, ein leichteres Stück. Lerne es auswendig, nehme es auf.
c ) Spiele es auch auswendig mit jeder Hand einzeln.
d ) Spiele es in völlig unterschiedlchen Tempi, von extrem langsam bis schnell.
e ) Spiele es mit geschlossenen Augen.
f ) Lerne es so gut, dass du überall jederzeit einsteigen kannst, in jedem Takt, ohne dass du die Noten dazu brauchst.

Guten Morgen,

Zu den einzelnen markierten Punkten im Zitat ist meine Meinung folgende:
1. ) Lampenfieber, auch "Podiumsfurcht" von manchen ( wie dem berühmten und hervorragenden Pianisten Walter Gieseking ) genannt, ist, wie wir hier schon mehrfach festgestellt hatten, keine schlechte Sache, sondern sie tritt UNWEIGERLICH bei JEDEM MENSCHEN ein, der vor einem oder einer Gruppe anderer Menschen, also vor einem Publikum, etwas darbietet, eine besondere Leistung zeigt o.ä. . Das Gefühl tritt unabwendbar ein. Es zeigt, dass einem die Sache, die man vorführt, WICHTIG ist.
Diesen Punkt müssen wir unbedingt im Hinterkopf behalten, und ihn vom Begriff des "belastenden Problems" trennen!! Zum "belastenden Problem" wird es erst dann, wenn komplette öffentliche Konzerte so unterbrochen würden, dass ein Wiedereinstieg nicht möglich ist. Das ist beim Threadersteller aber nicht der Fall.

2. ) Die "Aufgabe" bezieht sich nicht auf das ganze Leben, sondern nur auf kurze Zeitspannen. Gnädigkeit und "sich selbst mögen" , noch gesteigert von "Mitleid für sich empfinden" sind zu weich und labberig, um weiterzuhelfen, die ersten beiden könnten allerhöchstens Voraussetzung und nicht Resultante sein. Mitleid ist unangebracht.
3. ) Zum Thema Lampenfieber gibts - wie in 1. ) erläutert - auch hier auf Clavio bereits gute Stellungnahmen. Weiteres findet man auch in den Bereichen der angewandten Kommunikation, wenn es um Auftritte jeder Art vor Publikum geht. Die Bibliothekare Eures Vertrauens helfen Euch da weiter. Einiges hatte ich in anderen Threads schon beschrieben. Wenns wirklich z.B. eine WICHTIGE KONZERT-SITUATION ist, muss bis zum Einfallswinkel des Lichts durch die Fenster, die Position der mitgebrachten Getränkeflasche, die Art und Position des Instrumentes im Raum, der Zielgruppe und der Farbe der Tapete alles im VORHINEIN angeschaut werden und mit ALLEN ERDENKLICHEN GEISTIGEN AUSWEICHMÖGLICHKEITEN und WORST-CASE - SZENARIEN verknüpft werden. Alles ist haargenau vorher zu durchdenken.

4. ) Nur dann aktiv gegenarbeiten, wenn eine besonders schwerwiegende Störung in ERNSTFALLSITUATIONEN überhand nimmt. Das Vorspiel vor einem Klavierlehrer ist - auf Deutsch gesagt - gar nix. Unwichtig. Denkt in diesem Zusammenhang auch daran, dass der Klavierspieler unbedingt, ich wiederhole es, unbedingt eine übergeordnete Stellung zum Publikum, egal welchem, einnehmen MUSS, geistig. Er bestimmt, er beeinflusst, und er regiert die unwichtigen "Schafe". Sie haben nichts zu melden, und sind - tatsächlich und realiter - unbedeutend. Diese - einzig richtige und wahre Einstellung - verringert Problematiken. Bitte aber nicht verwechseln mit "jemandem ist der Vortrag WICHTIG." Dies ist nur für ihn selbst wichtig, denn je besser sein Vortrag / seine Rede / usw. ist, je wirkungsvoller aufs Publikum bzw. auf die kenntnisreichen des Publikums, desto zufriedener wird er sein. Das ist das Wichtigste.

5. ) Das soll es auch gar nicht. Beim TE liegt normales Lampenfieber vor, wie bei jedem. Das ist, wie oben gesagt, nichts Negatives.
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a ) Nein. Sondern effizient. Nicht doppelt so viel. Wenn er doppelt so viel übt, und Probleme werden größer aus Erwartungshaltung, dann => größere Unsicherheit.

b ) ja. Oder ein kürzeres schwieriges. Dann klappen hinterher die leichteren besser.

c ) Wir sind Klavierspieler, und Klavierspieler spielen mit beiden Händen. Wir lernen, was wir üben.
d ) ja.
e ) ja.
f ) nein. Das würde ja das Gefühl voraussetzen, dass es sein könnte, dass man "rausfliegt". Außerdem braucht das nicht gesondert geübt werden ( obgleich mir bekannt ist, dass es zuweilen so gehandhabt wird ) : 2 Dinge sprechen dagegen: Erschtens: Wenn man das Werk im Ganzen kann, kann man automatisch an DER Stelle wieder reinkommen, ( nicht an "irgendeiner" ), wenn man aus irgendwelchen unwahrscheinlichen Gründen mal "rausgekommen" ist. Und zwotens: Man hat in jedem Fall und immer die Noten dabeizuhaben. ( Allein das ist eine Top-Rückversicherung, sicherer als die "Securitate" und der KGB und die NSA zusammen. )


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Mein Fazit lautet also: Je WICHTIGER einem Menschen die vorzutragende Sache für ihn selbst ist, desto größer wird auch das Lampenfieber sein. Weicht man davon ab, und bezieht das Publikum unnötigerweise in den Begriff "wichtig" mit ein, kann es zu Problemen kommen.

Daraus folgt: Je weniger wichtig man die Sache für sich selbst ansieht, und - vor allem - je weniger wichtig man das Publikum nimmt, desto weniger Lampenfieber tritt ein.

Man kann Fehler machen im Stück - diese hören ( bzw. wollen ) sowieso nur Zinnzähne und Schlaumeier aus dem Publikum hören. Unwichtig, solange Werk mitreißend und individuell interpretiert wird ( also jenseits vom Einheitsbrei ) . Denkt an meinen kl. Bericht neulich, von einem Zuhörer eines D'Albert-Konzertes.

Man kann "rauskommen", und - auch nach kl. Denkpause ( paar Sekunden ) wieder reinfinden. Aber was man NIEMALS tun sollte, ist: Abbrechen und aufhören!! Auch sollte man nicht VOR der Stelle "wieder einsetzen", sondern: Weiter!! Weiterspielen. VORAN. niemals ZURÜCK !!

LG, Olli
 

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