Ist euch beim Vorspielen die Anerkennung der Zuhörer wichtig?

  • Ersteller des Themas WittgensteinKlavier
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Leute, ich sage nicht, dass das für ALLE Stücke und ALLE Leute gilt... meine Güte!
Ich WEIß, dass manche klassischen Werke auch bei der breiten Masse sofort ankommen... glücklicherweise... und bei den anderen... müssen sie sich halt einhören!!!

Und ahc, ist doch toll, wenn du einen Zugang dazu hattest, dagegen sage ich ja nichts das ist doch wunderbar so! Es ging mir um die Leute, die sagen, sie können mit Klassik nichts anfangen! Himmel! (Es wäre ja schön, wenn es allen so ginge wie dir, aber du gehörst leider offensichtlich zur Ausnahme!)

Egal, diskutiert hier mal ohne mich weiter, das ist ja nervig so...
Ging ja hier um etwas, das die Erfahrung und auch die Forschung zeigt, immerhin.
 
Rebecca, ich stimme zu, dass die Diskussion wohl nichts bringt. Du scheinst Deine eigene Überheblichkeit gar nicht mehr zu bemerken. Genau die von Dir hier vertretene Einstellung ist einer der Hauptgründe, warum so viele Leute überhaupt nicht bereit sind, sich Klassik mal ohne Vorurteil anzuhören.

Denn, wie ja die Klassikvertreter immer wieder betonen: Man muss eben intelligent genug sein und einen ausreichenden Bildungsbürgerhintergrund haben und dann bereit sein, sich alles "zu erarbeiten", damit man es auch "versteht". Da braucht man sich doch nicht zu wundern, wenn Klassik überall auf Ablehnung stößt.

Dabei kann man sich doch einfach mal verschiedene Epochen und Stücke anhören und dann entscheiden, was man mag und was man nicht mag. Und wenn man das meiste nicht mag, sollte man sich nicht einreden lassen, dass man nicht genug "gearbeitet" hat und es nicht richtig "versteht". Meine Güte, Rebecca, kannst Du nicht auch einfach mal eine Geschmacksentscheidung akzeptieren? Du tust so, als müsste Klassik allen gefallen, wenn sie nur lange genug dran arbeiten. *kopfschüttel* *zensiert*
 
Da würde ich aber gerne wissen, welcher psychologische „Mechanismus“ dahintersteckt, dass das funktioniert: Dealer und Obdachlose mit Klassischer Musik zu vertreiben !!!! Ich weiß, dass es funktioniert – ich möchte nur wissen warum??????

Ich selbst treffe immer mal wieder Menschen, die mir sagen: Klassische Musik macht sie aggressiv – das sagen durchaus intelligente Menschen! Warum gibt es (auch intelligente) Menschen, die vor Klassischer Musik flüchten????? Ich renne ja auch nicht aus meinem Fitnesscenter, nur weil dort Hard Rock gespielt wird. (Beim Trainieren würde ich auch keine Klassik hören wollen, selbst als eingefleischter Klassik-Fan.)

Ich wage mal einen vorsichtigen Versuch, dieses Phänomen zu deuten: Ich glaube, viele Menschen haben das Vorurteil, Klassische Musik immer noch mit der Elite der Gesellschaft zu verbinden. Dieses Vorurteil hat auch bei der Diskussion in diesem Thread durchgeschimmert. Vielleicht glauben diese Menschen, Klassik-Fans würden sich einbilden „etwas Besseres zu sein“. Ist dem so?? Bei mir jedenfalls nicht !!!. Heutzutage hat Klassik nichts mehr mit der Elite der Gesellschaft zu tun. Eine Konzertkarte für Klassik ist im Durchschnitt deutlich billiger als eine Konzertkarte für ein Konzert eines Popstars. Zudem gibt es in kirchlichen Kreisen viele Konzerte (logischer Weise mit Klassik), die gratis sind. Klassik ist für jedermann zugänglich – und wenn man nicht von vornherein Blockaden in seinem Geist aufbaut, kann sich Klassik einem genauso leicht oder schwer erschließen wie Jazz, Pop, Hardrock etc. :-)
 
Ich selbst treffe immer mal wieder Menschen, die mir sagen: Klassische Musik macht sie aggressiv
Ich denke, so eine Aussage bezieht sich versehentlich allgemein auf die ganze Klassik. Kommt ja immer drauf an, was für Musik gerade gespielt wird. Klassik kann unheimlich aufregend sein. Ich merke das oft beim Autofahren: Bei entsprechenden Stücken werde ich sehr fahrig, ungeduldig, genervt....dann schalte ich den Sender um. :) Mozart oder Vivaldi z.B. wirken dagegen beruhigend auf mich.

Da würde ich aber gerne wissen, welcher psychologische „Mechanismus“ dahintersteckt...
Ich glaube das hat weniger mit Elitedenken zu tun als viel mehr mit dem Gefühl, dass etwas nicht zusammen passt.
Als Handwerker bin ich ständig auf Essensuche. Finde ich ein preiswertes Restaurant, was stilvoll eingerichtet ist und im Hintergrund Klassik läuft, fühle ich mich in meinen Arbeitsklamotten schrecklich deplatziert und suche was Anderes. Umgekehrt kann ich mir in einer Bahnhofskneipe oder einem Rockkonzert nur schwer Gäste in Abendgarderobe vorstellen.
 
Da würde ich aber gerne wissen, welcher psychologische „Mechanismus“ dahintersteckt, dass das funktioniert: Dealer und Obdachlose mit Klassischer Musik zu vertreiben !!!!

Ich denke nicht, dass es "gegen Obdachlose" genauso wirkt wie gegen Kriminelle. Unter Obdachlosen sind sehr nachdenkliche und tiefsinnige Leute, die ein böses Schicksal - oft ohne eigenes Verschulden - in diese Situation gebracht hat. Die verziehen sich vermutlich - wenn überhaupt! -, weil die KlaMu sie zu traurig macht.

Anders bei Kriminellen ... Kann man sich vorstellen, ein Delikt zu begehen, wenn Haydn, Mozart, Beethoven et al. erklingen?
 
Hallo 12345,

auch ich hätte eine Mischung aus "Wohlbekanntem" (klassischen!) und Neuem, leichter Zugänglichem, bevorzugt. Bin gespannt, was heraus kommt.

@Barratt: Sehe es wie Du. Ich denke, dass die klassische Musik Obdachlose mit dem konfrontiert, dem sie geistig evtl lieber aus dem Weg gehen wollen, weil ihr eigenes Dasein ein zu krasser Kontrast dazu ist: Eleganz, Leichtigkeit, Wohlstand, Bildungsbürgertum etc.
 
Hallo Peter,

Danke für Deine Erklärung, was TEY bedeutet ! Jetzt bin ich schlauer !

Was das "Aggressionsphänomen" anbelangt, habe ich noch folgende Idee: Könnte es sein, dass Mozart's Musik manche Menschen aggressiv macht, weil sie (oft, nicht immer !!!) so naiv klingt und damit eine (utopische) "heile Welt" suggeriert? (Klar, man muss entsprechend "konditioniert" sein, um diese Assoziation zu haben.)

Zum andern: Ich denke, selbst unter Klassik-Fans gibt es viele, denen Operngesang, speziell von Sopranistinnen auf den Wecker geht. Manchens ist eben gewöhnungsbedürftig. Ich habe jedenfalls Jahre gebraucht, bis ich die Sopranduette aus Straussens Rosenkavalier und Arabella einigermaßen als schön empfunden habe. (Heute bin ich Strauss Fan! ;-) ;-) )
 
Als Handwerker bin ich ständig auf Essensuche.
Jetzt kommt endlich die wahrheit über "die Handwerker" raus.

Zur Psychodebatte: Klassische Musik "greift ein" - als Hintergrundmusik ist sie nur bedingt brauchbar. Um Klassik dauerhaft zu „ertragen“, muss man recht gut ausbalanciert sein. Ist man selbst nicht im Lot, kann Klassik - aber auch jede andere Musik, die über Hintergrundgedudel hinausgeht, furchtbar nerven.
 
Klassische Musik "greift ein" - als Hintergrundmusik ist sie nur bedingt brauchbar.

Auch wenn ich ansonsten kein Anhänger von Schopenhauer bin, finde ich dennoch das, was er über die Wirkung von Musik sagte, ziemlich zutreffend. Sie spannt einen Bogen über die Gesamtheit des Seins hinweg, von der dumpfesten Grundlage der mineralischen Existenz bis in lichteste Höhen des "Ewigen". Es hängt sicher von vielen Faktoren ab, wie dieses Phänomen auf einen wirkt. Beim Autofahren könnte ich keine KlaMu hören, denn sonst würde mich der nächste Baum, Brückenpfeiler oder ein anderer Verkehrsteilnehmer umgehend zu einer eher mineralischen Existenz machen (oder die lichten Höhen der Ewigkeit persönlich kennenlernen lassen). ;)

Folgend dem Schopenhauer´schen Theorem würde sich vielleicht auch der Wirkungsunterschied zwischen "klassischer" und sog. U-Musik erklären lassen.
1. Es gibt auch U-Musik, die so alt ist, dass man sie heutzutage als "klassisch" empfindet. Die wird in der Regel von jedermensch gut vertragen, da sie wie die heutige wenig polyphon ist und von einer netten musikalischen Idee gespeist wird. Sie deckt aber nur einen geringfügigen Ausschnitt des musikalischen Methodenarsenals und damit Wirkspektrums ab.
2. Die U-Musik der Nachkriegszeit lebt v.a. vom Beat. Das tut klassische Musik selten. Je mehr "Beat" im Klassikstück, desto mehr Leute mögen es, obwohl sie sonst keinen Zugang zur Klassik haben. DIe musikalische Hörgewohnheit hat sich also durchaus verändert.
3. Die reine Länge eines Stücks. Ich behaupte, es ist anstrengender, die musikalische Entwicklung eines Themas während eines durchschnittlichen Sonaten- oder Sinfoniesatzes zu verfolgen, sich dem Spannungsbogen hinzugeben etc. als einen 3,5 Minuten-Song zu genießen, der musikalisch durchaus auch hochwertig ist (es ist ja weiß Gott nicht alle heutige U-Musik platt, schlecht, einfallslos o.ä.!!!).

Schwer zu verbalisieren... aber die Unterschiedlichkeit liegt irgendwie im "Eingreifen". Ich könnte beim Essen auch nicht Billy Joels "Leningrad" o.ä. hören, da würde mir auch der Bissen im Halse steckenbleiben. Noch befremdlicher finde ich es, wenn bei Wolfgang Normalbildungsbürger zum Essen eine Beethovensinfonie als Hintergrundmusik aufgelegt wird.
 
Hallo Peter,

Danke für Deine Erklärung, was TEY bedeutet ! Jetzt bin ich schlauer !

Was das "Aggressionsphänomen" anbelangt, habe ich noch folgende Idee: Könnte es sein, dass Mozart's Musik manche Menschen aggressiv macht, weil sie (oft, nicht immer !!!) so naiv klingt und damit eine (utopische) "heile Welt" suggeriert? (Klar, man muss entsprechend "konditioniert" sein, um diese Assoziation zu haben.)

Zum andern: Ich denke, selbst unter Klassik-Fans gibt es viele, denen Operngesang, speziell von Sopranistinnen auf den Wecker geht. Manchens ist eben gewöhnungsbedürftig. Ich habe jedenfalls Jahre gebraucht, bis ich die Sopranduette aus Straussens Rosenkavalier und Arabella einigermaßen als schön empfunden habe. (Heute bin ich Strauss Fan! ;-) ;-) )

1. Mozart und "naiv"/"heile Welt"? - Wer sich mal ernsthaft mit Mozart Werk beschäftigt wird entdecken, dass dies ein gravierender Fehlschluß ist. In Mozarts Werk steckt wie auch in seinem oft voreingenommen als kindisch antizipierten Leben eine enorme philosophische Tiefe. Anders, als bei Beethoven, aber deswegen doch nicht schlechter?

2. Operngesang ist hammergeil! Allgemein bin ich ein Gesangsfan. Natürlich muss man sich an die Musik gewöhnen, wie man sich an jede Musik gewöhnen muss, aber wer nicht vollkommen voreingenommen ist, wird schnell die schier unerschöpfliche Schönheit der Oper zu schätzen wissen. Ich glaube, ich darf hier im Namen aller hier ja sehr zahlreich im Forum vertretenen Opernfans sprechen...:D

Und hier noch ein "naiver Mozart" als "Rausschmeißer":



Herzliche Grüße

Euer Lisztomanie
 

wenn bei Wolfgang Normalbildungsbürger zum Essen eine Beethovensinfonie als Hintergrundmusik aufgelegt wird.
Nana! Wenn die Ködel (in Franken: Klöße) dampfen und der Schweinsbraten duftet, da ist doch mal die Pastorale angesagt! Und beim ersten Freilandsalat freuen wir uns mit Vivaldi. Bach gibts zum Wochenend-Frühstück. Macht das Herz auf!
 
Zum andern: Ich denke, selbst unter Klassik-Fans gibt es viele, denen Operngesang, speziell von Sopranistinnen auf den Wecker geht. Manchens ist eben gewöhnungsbedürftig. Ich habe jedenfalls Jahre gebraucht, bis ich die Sopranduette aus Straussens Rosenkavalier und Arabella einigermaßen als schön empfunden habe. (Heute bin ich Strauss Fan! ;-) ;-) )

Es ist für mich ganz und gar unverständlich, wie man das Terzett aus dem Rosenkavalier nicht mögen kann ...
 
So, dann will ich auch mal meinen Senf dazugeben. Zu TEY sage ich nicht mehr viel, hatte ich in einem anderen Thread schon getan, dass ich die Wertung von Gut und Schlecht für falsch hatte. Ist letztlich alles subjektiv. Und Äpfel mit Birnen zu vergleichen nützt auch nicht viel.


Allgemein würde ich sagen, sind sicher viele Stücke für Kaufhausberieselung nicht so gut geeignet. Ich schrieb schonmal an anderer Stelle, dass ich beim Autofahren durchaus mal TEY höre, da es mich dabei sehr entspannt. Beethoven kann ich da nicht höre, da es mich dort nur nervt. Höre ich aber bewußt, z.B. daheim, ja, ist es anders. Ich mag Beethoven sehr und dann kann ich mich voll darauf einlassen und es ist wunderbar. Im Kaufhaus wiederum würde mir das nicht soviel geben. Es sei denn - für Elise - etwas was eben eher leicht ist, was auch mal nebenbei gut gehört werden kann.

Die Frage ist also, wie sieht es dort aus. Ist es ein direktes Vorspiel oder eher eine quasi Hintergrundmusik. Und es gibt auch Menschen die mit Chopin nix anfangen können. Ich z.B. ;) Ist nicht meins. Ok ok - ein zwei Stücke mag ich auch von ihm. Aber im Kaufhaus - ne - doch eher nicht.

@WittgensteinKlavier
Da Dir doch offensichtlich TEY widerstrebt, dann spiele es nicht. Ich halte nichts davon etwas zu spielen ohne mit voller Emotion quasi mit Herz und Hand dahinter zu stehen. Ich würde eher einfachere Stücke spielen, die mir aber auch gefallen. Du hast ja bereits die Mondscheinsonate und einiges genannt. Und dann streust Du vielleicht auch mal was aufwendigeres dazwischen, warum nicht. Du solltest aber immer voll dahinterstehen. So, sehe ich das jedenfalls.


Soviel von mir dazu :)
 
an Lisztomanie,

ich gebe Dir vollkommen recht und finde auch, dass Mozarts Musik tiefgründig ist. Ein Mensch, der jedoch nicht an klassische Musik gewöhnt ist, wird dies leider bei weitem nicht so empfinden. Wenn er, der vielleicht nur laute Popmusik mit ständigem Beat gewohnt ist, auf einmal "kleinlaute" Klaviermusik hört mit Albertibässen in der linken Hand, wird das für ihn naiv klingen. Denke ich schon. Wir, die wir Mozarts Musik besser kennen, wissen genau, wieviel Schmerz oft in Mozarts Musik steckt. Das empfindet man aber nur, wenn man mit Mozarts Musik vertraut ist.

an Mick: Klar, jetzt, da ich "süchtig" nach Strauss-Opern bin, ist es für mich auch unverständlich, den Rosenkavalier nicht zu mögen. Aber "Einsteigermusik" für Menschen, die Klassik kennenlernen wollen, ist es BEI WEITEM nicht. ;-)

Gruß Romantikfreak
 

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