jemand, der mechanisch einen Finger nach dem anderen an die richtige Stelle setzt, ohne allzu viel vom musikalischen Gehalt zu verstehen und im Wortsinne zu "begreifen"
Ernsthafte Frage: GIBT es das überhaupt?
Oder anders herum: Ist es nicht so, dass "man" im Laufe seiner hinieden verbrachten Lebenszeit intuitiv (ähnlich dem Spracherwerb) lernt, wenigstens in Grundzügen zu verstehen, wie die Musik "funktioniert", von der man entsprechend dem Kulturkreis umgeben ist (Radio, Fernsehen, ubiquitäres Hintergrundsgedudel) - auch ohne die semantisch korrekten Lexeme für Einzelphänomene zu kennen? Ganz derb: Der Dominantseptakkord will irgendwo hin, zur Tonika. Ich behaupte, auch wenn man die Begriffe nicht kennt, intuitiv "weiß" man es, intuitiv irritiert hierbei auch ein Trugschluss, auch wenn man all diese Phänomene nicht mit dem korrekten Begriff benennen kann.
Es gibt keinen gesunden Menschen, der das
Sprechen nicht lernt. Aber nicht jeder, der sprechen kann, kann grammatisch analysieren, was er da von sich gibt, oft noch nicht einmal auf bodennahem Niveau (S, P, O // HS, GS etc.), die Herkunft/Etymologie der Begriffe ist ihm unbekannt, damit auch ihre korrekte Bedeutung ("Debatte"/"Diskussion"), ggf sogar ihre Flexion ("Antibiotika"), ebenso die Assoziationen, die Begriffe oder Wendungen bei gegebenem Konnotationshorizont auslösen können ("Arbeit macht frei"). Trotzdem kann er sich mit anderen in Alltagssituationen fast unfallfrei verständigen: Man versteht zumindest assoziativ, welcher Sprache er sich zu bedienen glaubt, und hat eine gewisse Vorstellung davon, was er meinen könnte.
Übertragen auf die Musik: Sind es nicht lebenslang erworbene Hörgewohnheiten, die ohne jede deklarative/definitorische/semantische Kenntnis ("Das ist ein Septnonakkord ohne Grundton") ein recht sicheres (wenn auch mangels Begrifflichkeit nicht zu verbalisierendes) Feeling für musikalische Spannungsbögen o.ä. erwerben lassen? Gibt es also tatsächlich Leute, die ohne jedes Feeling Tasten runterdrücken? Ich kann es mir fast nicht vorstellen!
Beispiel: Türkische/chinesische/andere "exotische" Musik entspricht nicht den nebenher erworbenen Hörgewohnheiten von Mitteleuropäern. Türkische/chinesische/andere "exotische" Musik klingt wie planloses und nerviges Gewimmer. Den Angehörigen der entsprechenden Kulturkreise hingegen ist sie ganz offensichtlich begreiflich.
Grund: Man hat als Mitteleuropäer einfach keinerlei intuitives Feeling dafür entwickelt, wie diese Musik "funktioniert".
Ich gehe davon aus: Auch diese uns fremden Tonorganisationen folgen Regeln, und diese Regeln ließen sich gewiss definieren. Aber intuitiv sagt sie einem zunächst mal gar nichts, jedenfalls nicht mit der inhärenten Folgerichtigkeit, mit der ein musikalisch vollständig ungebildeter Mensch die Folgerichtigkeit zwischen Dominantseptakkord und Tonika begreift.
Das geht doch sogar so weit, dass mit wissenschaftlicher Vorhersagbarkeit prognostiziert werden kann, wann in einem Tonsatz sich ein "Gänsehautfeeling" einstellt (die simpelste Technik für die Gänsehaut ist das Transponieren in eine um ein bestimmtes Intervall höhere Tonart - habe neulich einen Artikel dazu gelesen, "Spektrum der Wissenschaft oder so - falls ich meine Aussage belegen muss, würde ich die Zeit dranhängen, ihn rauszukramen)
These: Menschen aus unserem Kulturkreis OHNE JEDE Ahnung vom Harmonielehre/Musiktheorie haben die gängige Musik aus unserem Kulturkreis "irgendwie drauf", so wie sie die Muttersprache verstehen und in gewisser Weise "beherrschen". Obwohl sie, wenn´s zum Schwur kommt (Verschriftlichung), außerstande sind zu begründen, warum die Flexionsendung manchmal auf -m auslautet und manchmal auf -n.