Theorie und Praxis

M

Monique.

Guest
Ich habe mal eine Frage. Wieso und weshalb soll man besser spielen können , wenn man mit der Theorie vertraut ist ? Ich bin bis dato Theorieverweigerer gewesen . Habe aber jetzt damit angefangen . Werde ich denn nun besser. Im Stücke lernen ? :denken:
 
Ich bin bis dato Theorieverweigerer gewesen .

Warum?

Meiner Meinung nach:
Musiktheorie hat übrigens viel mit Praxis zu tun. Es erleichtert Verstehen, Erarbeiten, Hören, Kommunikation, Merken usw. von Musik. Und gibt Aufschluss darüber, was eigentlich in der Musik passiert, welche Mittel man einsetzt, ...

Caveat:
Einen Großteil der Musiktheorie habe ich durch Hören erarbeitet, Ausprobieren, was passiert da. Musiktheorie und Gehörbildung gehören da zusammen.

Grüße
Häretiker
 
Werde ich denn nun besser. Im Stücke lernen ? :denken:

Ich habe es aufgegeben mich mit der Theorie zu beschäftigen und spiele - was ich aus Rückmeldungen meiner Freunde (auch KL) und Bekannten schließe - besser und musikalischer als vor einem Jahr. Seit einem halben Jahr habe ich keinen Akkord außerhalb eines Stückes gespielt und keine Tonleiter. Ich hatte einfach keine Zeit und Kraft dazu und die wenige Zeit wollte ich für Stücke nutzen. Aber trotzdem habe ich Fortschritte gemacht. Nur an verzwickten Stellen, wie z.B. im Milhaud mit den enharmonischen Verwechslungen, halte ich mir die Tonart vor Augen, damit ich es weiterhin auswendig spielen kann ohne durcheinander zu kommen.
 
Werde ich denn nun besser. Im Stücke lernen ? :denken:

Lass es entspannt auf Dich zukommen. ;-)

Es wird bestimmt eine Zeit lang dauern, bis Du die neuen Erkenntnisse aus der "Theorie" in der Praxis als förderlich wahrnimmst. Es ist ein wechselseitiger Prozess. :-)

Wenn Du von "Theorie" bislang gar nichts wusstest (kann ich mir eigentlich nicht vorstellen!) steigst Du wahrscheinlich mit Quintenzirkel, Kadenzen und so etwas ein. Das macht sehr viel Spaß. Aber vergiss nicht, die gelernten Inhalte der "Theorie" immer auf Dein aktuell gespieltes Stück zu übertragen.:super:
 
@Barratt , ich habe viele Bezeichnungen nicht verstanden . Quintenzirkel ist heute noch ein Geheimnis für mich . Ich habe mit meiner neuen Kl .mit 3-Klängen begonnen . Diese Frau hat in mir ein ein überraschendes : „Ach sooo!“ ausgelöst ! Endlich habe ich verstanden ,wie man Dreiklänge in Moll und Dur spielt. Und endlich hab ich so viel Spass das zu üben . Bin noch nicht fit dabei ,aber sie sagt es kommt von alleine ,wenn man es übt.
Hatte ja erst. 1 Stunde . Und schon jetzt hatte ich ein unvorstellbares AHA Erlebnis .
Ich habe grosses Vertrauen ,eines Tages das grosse Geheimnis des Qintenzirkels zu lüften .:lol:
 
Auch, wenn ich nicht direkt angesprochen bin:

, ich habe viele Bezeichnungen nicht verstanden .

Aus dem Hören ergibt das Verstehen.

Wenn man es nicht hört, kann man es auch verstehen, aber dann ist das, als würde man Farben, Muster und Farbkombinationen als Blinder lernen.

Hören, Ausprobieren, Hören, Ausprobieren.

"Das ist ein Treugschluss." Und den dann mal in ein paar Tonarten selberst spielen.

Quintenzirkel ist heute noch ein Geheimnis für mich .

Das große Geheimnis des Quintenzirkel ist, dass es kein Geheimnis ist. :-)

Grüße
Häretiker
 

Ich bin gerade geschockt, dass Du eine neue KL hast, Moni. Du hattest Deinem bisherigen KL doch hier öffentlich quasi "ewige Treue" geschworen. Hoffe, dass der Wechsel keinen ernsten Hintergrund hatte.

Viele Grüße
Christian (der sich mittlerweile zu alt fühlt für die Beschäftigung mit Musiktheorie:cry:;-))
 
Und endlich hab ich so viel Spass das zu üben . Bin noch nicht fit dabei ,aber sie sagt es kommt von alleine ,wenn man es übt.

:super: Ja, Du brauchst nicht ungeduldig zu sein. Je mehr Du "selbst machst" desto mehr erschließt es sich. Möglichst wenig auswendig lernen, sd. ausprobieren, gut hinhören, überlegen, innerlich vorstellen, wie das nächste klingen "müsste" ... großes Vergnügen an grauen Wintertagen. :blume:

Das ist eine Lehrerin, die Du gesondert für "Theorie" hinzugezogen hast, oder verwechsel ich Dich da?:-)
 
@ CHris @ Barret
Ich werde meinen richtigen KL den ich seit 7 Jahren. Habe um nichts in der Welt austauschen . Niiiiiieee ! Theorie mach ich alle 14 Tage bei einer super , super netten und tollen Lehrerin . Aber das weiss mein KL nicht . Wäre sonst sehr traurig . Also Psssssst :geheim:
 
Ich finde, dass das Gleichnis Musik = Sprache, Musiktheorie = Grammatik etwas zu kurz gegriffen ist. Ich wuerde den Vergleich Musik = Realitaet, Ohren = Augen, Musiktheorie = Sprache bevorzugen. Lasst mich dies erklaeren:

Obgleich ich mich nun nicht befaehig sehe Musik allumfassend zu "definieren", wuerde ich doch sagen, dass Musik sehr von Strukturen lebt, welche unser Gehirn/Ohr unterbewusst (sei es durch Konditionierung/Hoererfahrung oder "angeborenes") auch als solche wahrnimmt. Wie bei allen Strukturen ist das entscheidende hier, dass es "Objekte" gibt, und "Beziehungen zwischen den Objekten", welche von unseren Ohren wahrgenommen und von unserem Gehirn kategorisiert und erkannt werden.

Ganz aehnlich ist es mit unserer Realitaet, man laeuft durch die Realitaet, hat Sinnesreize, und unser Gehirn kategorisiert diese Sinnesreize. Sieht es z.B. einen Baum erkennt es diesen, schaut es genauer hin, kann es zwischen Nadel- und Laubbaum unterscheiden, und wenn ein Eichhoernchen angerannt kommt, extrapoliert es, wie das Eichhoernchen den Baum hochkrabbelt.

In der Musik ist es nun aehnlich, hoere ich z.B. in einer klassischen Sonate einen dominantischen Akkord, erkenne ich, dass diese dominantisch ist, an dem Gefuehl, welcher dieser in mir ausloest. Hoere ich genauer hin, kann ich unterscheiden ob es ein Dominantseptakkord ist, oder ein Dominantseptnonakkord. Und wenn davor eine Subdominante mit sixte ajoutee angerannt kommt, extrapoliert mein Gehoer, dass es sich wohl nun gleich in einen Dominantakkord umwandelt, und sich dieser zur Tonika aufloest.

Das alles laeuft unterbewusst ab und ist natuerlich zunaechst nicht auf Sprache angewiesen um erlebt zu werden. Ich kann ja auch unterbewusst den Unterschied zwischen einem Laubbaum und einem Nadelbaum "erfuehlen" ohne diese Begriffe zu kennen, und mir vorstellen - wenn ich es nur oft genug gesehen habe - dass ein Eichhoernchen auf den Baum hochkrabbelt.
Aber ich persoenlich denke, dass die Versprachlichung musikalischer Sachverhalte einige Vorteile mit sich bringt: Erstens, die Objekte und Beziehungen werden kategorisiert und zweitens ihnen wird eine Wort zugewiesen. Beides hilft meines Erachtens ganz essenteiell dabei, dass man die Strukturen bewusster und eindringlicher wahrnimmt, und sich auch besser merken kann, in einer ganz aehnlichen weise, wie die Welt durch Sprache fassbarer wird (letzteres wohl auch, da Sprache nicht nur die Benennung, sondern auch die Kategorisierung von Objekten umfasst).

Also zusammengefasst: Musiktheorie ist meines Erachtens nicht die "Theorie nach der Musik funktioniert", sondern die Abstrahierung und Kategorisierung wahrgenommener Sinnesreize, ihrer Beziehungen und Strukturen untereinander und deren Benennung. (Die Objekte sind hierbei vielfaeltiger, z.B. melodischer, Rhytmischer, harmonischer, ... Natur und die Beziehungen natuerlich auch). Und steht somit in einer ganz aehnlichen Beziehung zur Musik, wie die Sprache zur Realitaet.

Und nun die Frage: "Muss man sprechen/in Sprache denken koennen um die Realitaet zu begreifen?". Naja, muessen muss man das bestimmt nicht, aber da es die Differenziertheit der Sprache ist, welche den Menschen vom Affen unterscheidet (und die Rolle der Sprache in der Entwicklung des Realitaetbegreifens und -formens unverkennbar ist), wuerde ich sagen: Es ist sicher foerderlich. Und wenn diese Analogie - wie ich hoffentlich eroertern konnte - eine stimmige ist, wuerde ich sagen: Jo! Musiktheorie ist wirklich sehr hilfreich (was ich uebrigens auch an mir begreife. Je mehr Theorie ich begriffen habe, desto besser funktioniert mein Gehoer. Man hoert ja eigentlich alles, aber die Benennung ist das Problem. Wenn ich begriffen habe, welche Harmonieprogressionen es gibt etc. dann hoere ich diese auch, und kann diese benennen.)

LG,

Daniel
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich finde, dass das Gleichnis Musik = Sprache, Musiktheorie = Grammatik etwas zu kurz gegriffen ist. Ich wuerde den Vergleich Musik = Realitaet, Ohren = Augen, Musiktheorie = Sprache bevorzugen.
Das scheint mir nun etwas weit gegriffen.

Obgleich ich mich nun nicht befaehig sehe Musik allumfassend zu "definieren", wuerde ich doch sagen, dass Musik sehr von Strukturen lebt, welche unser Gehirn/Ohr unterbewusst (sei es durch Konditionierung/Hoererfahrung oder "angeborenes") auch als solche wahrnimmt.
Jede sinnvolle Definition von Musik geht davon aus, daß es sich um menschengemachte Strukturen handelt. Ein Musikstück, dessen Töne die nach bestimmten Konventionen (oder auch mit Absicht gegen die Konventionen) komponiert sind, kann man mit einem Gedicht vergleichen, vielleicht noch mit einem kunstvoll angelegten Garten, in dem jede Pflanze ihren bestimmten Platz hat, aber nicht mit einer Realität, in der Eichhörnchen herumwuseln.


In der Musik ist es nun aehnlich, hoere ich z.B. in einer klassischen Sonate einen dominantischen Akkord, erkenne ich, dass diese dominantisch ist, an dem Gefuehl, welcher dieser in mir ausloest. Hoere ich genauer hin, kann ich unterscheiden ob es ein Dominantseptakkord ist, oder ein Dominantseptnonakkord.
Dazu muß ich ihn noch nicht einmal hören. Wenn das Musikstück notiert ist, kann ich auch lesen, was das für ein Akkord ist.


Beides hilft meines Erachtens ganz essenteiell dabei, dass man die Strukturen bewusster und eindringlicher wahrnimmt, und sich auch besser merken kann, in einer ganz aehnlichen weise, wie die Welt durch Sprache fassbarer wird (letzteres wohl auch, da Sprache nicht nur die Benennung, sondern auch die Kategorisierung von Objekten umfasst).
Sprache ist viel mehr als die Benennung und Kategorisierung von Objekten.
Ich greife mal ein paar Worte aus Deinem Text heraus:
"und" - welches Objekt aus der Realität beschreibt "und"?
"sich" - welches Objekt aus der Realität beschreibt "sich"?
"auch" - welches Objekt aus der Realität beschreibt "auch"?


Vergleiche hinken immer, auch der Musiktheorie-Grammatik-Vergleich, aber wenn man es aufs Lernen bezieht, finde ich den Vergleich gar nicht so schlecht. Neulich habe ich anderem Zusammenhang geschrieben:
Muß man nicht. Als kleines Kind habe ich Deutsch gelernt, ohne mir über so Zeug wie Nominativ oder Akkusativ, maskulin oder feminin, Singular oder Plural den Kopf zu zerbrechen.

Wenn man in etwas vorgerückterem Alter eine Sprache lernt, ist es ganz nützlich, sich damit vertraut zu machen.

Besser wird man spielerisch nicht, nur kluger! Oder anders gefragt, kann man besser lesen, wen man die Gramatik einer Sprache kennt?

Doch, man wird spielerisch besser. Nicht im technischen Sinn, sondern im musikalischen. Es hilft sehr zur Interpretation, wenn man eine große Sekunde von einer kleinen unterscheiden kann, wenn man den Rhythmus einer Sarabande von dem einer Gigue unterscheiden kann, wenn man Thema und Kontrapunkt erkennt, wenn man weiß, wo sich die Kadenzen befinden...
 
Doch, man wird spielerisch besser. Nicht im technischen Sinn, sondern im musikalischen. Es hilft sehr zur Interpretation, wenn man eine große Sekunde von einer kleinen unterscheiden kann, wenn man den Rhythmus einer Sarabande von dem einer Gigue unterscheiden kann, wenn man Thema und Kontrapunkt erkennt, wenn man weiß, wo sich die Kadenzen befinden...

Tja, mit so einer Aussage habe ich Mühe .... wegen der Theorie wird man musikalisch besser ?????
Ja nu, man kann halt einiges hineindichten, denn alles was zu spielen, ist soll notiert sein. C-Dur Akkord ist mit c-e-g notiert, die Primen, Sekunden etc. sind auch optisch sichtbar usw. usw. Und ob man einen Kontrapunkt oder Kadenz erkennt, wird musikalisch auch nicht besser .... es sind einfach nur Bezeichnungen (wie in der Sprache "Dativ, Präposition, Verb usw.)
Stücke auswendig zu lernen hilft die Theorie ganz bestimmt und für das Komponieren ist auch ein muss. Stücke zu analysieren ist eine Nette Spielerei die bei modernen Kompositionen z.T. recht versagt (hat auch Mick mehrmals erwähnt).

Im Gegenteil, zu viel Theorie bei Anfängern kann sogar kontraproduktiv sein. Man lernt die Kadenzen auswendig, die Akkorde-Kürzel und dazu die entsprechenden Fingerstellungen. So spielt man u.U. die Harmonien aus Fingerngedächtnis und nicht nach Noten (so wie die Meisten Keyboarder oder Gitarrenspieler mit den Bargriffen). Noch schlimmer finde ich, wenn man die Kadenzen und Akkordekürzer oder irgendwelche Analysen in die Noten einschreibt (und die Harmonien und Kadenzen aus dem Gedächtnis spielt). Wird man dann musikalisch besser, ich behaupte einfach "Nein" .... nur theoretisch kluger.

P.S. ich bin kein Musik-Theorie Verweigerer, nur sehe ich nicht darin ..... man wird dadurch automatisch musikalischer oder spielerisch besser.
 
Zuletzt bearbeitet:
Tja, mit so einer Aussage habe ich Mühe .... wegen der Theorie wird man musikalisch besser ?????
Ja nu, man kann halt einiges hineindichten, denn alles was zu spielen, ist soll notiert sein.

Ist aber nicht so. Je weiter wir in der Musikgeschichte zurückgehen, desto weniger haben sich die Komponisten um Notationsfeinheiten gekümmert. Viele Stücke haben nicht einmal eine Tempoangabe. Das war auch nicht nötig, weil die Noten in erster Linie für Profis gedacht waren. Und ein Profi erkennt auf den ersten Blick, daß das Stück z. B. im Sarabandenrhythmus komponiert ist und selbstverständlich "grave" und nicht "vivace" musiziert wird.


Und ob man einen Kontrapunkt oder Kadenz erkennt, wird musikalisch auch nicht besser
Der Komponist schreibt an bestimmten Stellen Kadenzen, um damit sein Stück zu gliedern. Er rechnet natürlich damit, daß der Interpret das auch erkennt und braucht nicht extra "Kadenz" drüber zu schreiben. Wer die Gliederung nicht erkennt und über die Kadenzen drüberholzt, spielt der musikalisch besser oder schlechter?

... es sind einfach nur Bezeichnungen (wie in der Sprache "Dativ, Präposition, Verb usw.)
Da verwechselst Du die Bezeichnungen mit der Theorie. Bezeichnungen sind zweitrangig. Auf den Inhalt kommt es an. Wir können die Kadenz auch "Wrdlbrmpft" oder "Hampftnquempftn" nennen, solange wir beide wissen, was damit genau gemeint ist. Wenn Du nicht weißt, was ein Quartsextvorhalt oder was eine plagale Kadenz ist, hilft es natürlich nichts, in die Noten "Quartsextvorhalt" oder "plagale Kadenz" reinzuschreiben.
 
Das scheint mir nun etwas weit gegriffen.

Das dementiere ich nicht :-D Ich mag so Vergleiche eigentlich auch nicht so, aber habe die Erfahrung gemacht, dass man damit Leute eher zum nachdenken anregen kann. Wenn ich nun geschrieben haette: "Musiktheorie dient meines Erachtens hauptsaechlich zur Kategorisierung und Benennung musikalischer Objekte und Zusammenhaenge und kann somit hilfreich sein letztere nicht nur rational zu begreifen sondern auch bewusster wahrzunehmen", waere der Satz womoeglich in 20s gelesen und nach 30s vergessen gewesen. Also hier geb ich dir recht: Mein Vergleich ist etwas zu weit gegriffen, aber ich finde er ist besser geeignet als der Sprache/Grammatik-Vergleich und zwar aus obengenannten Gruenden.

Jede sinnvolle Definition von Musik geht davon aus, daß es sich um menschengemachte Strukturen handelt. Ein Musikstück, dessen Töne die nach bestimmten Konventionen (oder auch mit Absicht gegen die Konventionen) komponiert sind, kann man mit einem Gedicht vergleichen, vielleicht noch mit einem kunstvoll angelegten Garten, in dem jede Pflanze ihren bestimmten Platz hat, aber nicht mit einer Realität, in der Eichhörnchen herumwuseln.

Tut mir Leid, das sehe ich anders. Um mal ein Extrembeispiel zu nennen: Eine sehr komplexe, gross angelegte Sinfonie (beispielsweise die dritte von Mahler) hat eine solche Unzahl an musikalischen Objekten und Strukturen, dass es einem Laien wohl schwer fallen mag all diese Strukturen auch nur intuitiv zu begreifen geschweige denn zu verstehen. Und gerade auch von dieser "Reizueberflutung" lebt solche Musik. Also, zumindest solche Musik umfasst eine Unmenge akustischer Sinnesreize, welche fuer mich zumindest durchaus an die Flut an Sinnesreizen der "normalen Realitaet" heranreichen. Weiter sind diese Sinnesreize hier noch nicht versprachtlicht, im Gegensatz zu einem Gedicht, in welchem die Objekte bereits mit sprachlichen Mitteln gefasst sind. Und weiter sind die Objekte in solcher Musik auch fuer den normalen Menschen nicht in dieser Komplexitaet reproduzierbar, im Gegensatz zu einem sorgsam gepflanzten Garten, den wohl jeder irgendwie hinbekommt. Zusammengefasst: Deine Vergleiche hinken, erstens weil die Flut an Sinnesreizen solcher Musik m.E. sehr, sehr hoch ist, zweitens, weil diese Sinnesreize zwar von Menschen gemacht sind, aber der normale Mensch dennoch nicht in der Lage ist sie zu verstehen und zu reproduzieren und drittens, weil sie nicht bereits in sprachlicher Form vorliegen. Somit sind sie eben fuer die meisten Menschen nicht "menschengemacht" in dem Sinne, dass sie deren Erschaffung nichtnachvollziehen koennen. Also wuerde ich sagen: Da deren Erschaffungsprozess fuer die meisten Menschen nicht nachvollziehbar ist, die Objekte nicht in sprachlicher Form vorliegen sondern in reinen akustischen Sinneseindruecken und der Umfang an Sinnesreizen ein ganz betraechtlicher sein kann, empfinde ich den Vergleich mit der "Realitaet" als angemessen, da diese Attribute auch auf die Realitaet zutreffen (wie die Realitaet geschaffen wurde weiss ich nicht, die Reizueberflutung ist ganz gross, und den Baum seh ich als Sinnesreiz und nicht als Wort "Baum").

Dazu muß ich ihn noch nicht einmal hören. Wenn das Musikstück notiert ist, kann ich auch lesen, was das für ein Akkord ist.

Allerdings ist hier mein Punkt, dass jegliche Notation und Theorie sekundaer ist und dem Hoereindruck zu folgen hat. Klar kann man es lesen, man koennte auch T S56 D7 T lesen und sich die Wirkung dieser Buchstaben vorstellen. Aber an erster Stelle steht der Sinnesreiz, das wollte ich mit diesem Gleichnis ausdruecken. Die Theorie ist meines Erachtens sekundaer.

Sprache ist viel mehr als die Benennung und Kategorisierung von Objekten.
Ich greife mal ein paar Worte aus Deinem Text heraus:
"und" - welches Objekt aus der Realität beschreibt "und"?
"sich" - welches Objekt aus der Realität beschreibt "sich"?
"auch" - welches Objekt aus der Realität beschreibt "auch"?

Deswegen versuchte ich ja auch in meinem Beitrag klarzustellen, dass Versprachlichung nicht nur die Kategorisierung von Objekten, sondern auch die Kategorisierung von Beziehungen zwischen den Objekten beinhaltet. Das Wort "und" kann man auffassen als eine Vereinigung von Kategorien deren Ergebnis eine Ueberkategorie ist welche beide Kategorien beinhaltet. "Sich" bezeichnet hier noch im einfachsten Sinne das Objekt des eigenen Individuums, welches ich persoenlich (aber das ist mein Standpunkt) im intuitionistischen Sinne nicht weiter hinterfrage. Das Wort "auch" bezeichnet oft, dass etwas neben anderen Dingen zu einer Ueberkategorie gehoert.

Ich hoffe meinen Punkt nun besser erlaeutert zu haben.

Liebe Gruesse,

Daniel
 
Oder anders gefragt, kann man besser lesen, wen man die Gramatik einer Sprache kennt?

Selbstverständlich. Falls Du "lesen" nicht als bedeutungsleeres Aneinanderreichen von Lautzeichen auffasst.

Hättest Du z. B. berücksichtigt, dass man die temporale/konditionale Konjunktion im Gegensatz zum Pronomen im Akk. Sg. mit doppeltem n schreibt, wäre Dein Text besser zu lesen gewesen. Das ist zwar bei einer so kurzen Interjektion nicht wirklich von Relevanz, aber falls dieses "Prinzip" sich durch einen längeren Fließtext zöge, würde es mühsam.

Einen Text lesen findet auf einem weitaus höheren Abstraktionslevel statt als Musik hören. Das liegt wohl auch daran, dass "Musik" (i.w.S.) der Sprache evolutionär vorausgeht und analog zum "Ursprungsprinzip von Sprachentstehung" noch onomatopoetische Wörter in Gebrauch sind. :-)
 
Zuletzt bearbeitet:

Zurück
Top Bottom