"Für Elise" im Unterricht - ja oder nein?

Ich habe doch vorgestern aufgrund dieses Fadens die alten Noten aufgeschlagen und das Stück gespielt. Nach mehreren Jahren Abstand und mit zweijähriger halbherziger Klavierübephase konnte ich "Für Elise" halbwegs gut vom Blatt abspielen (an den anspruchsvolleren Stellen hat es natürlich gehakt).

Den Tipp von @pianochris66 der Sendung vom Bayrischen Fernsehen habe ich mir angeschaut. Ich wollte unbedingt hören wie Levit es spielt. Aus dem Stegreif sehr schön.

Ich höre darin eine traurige Geschichte, erzählt von einem Mann der den Verlust seiner Liebe beklagt und dabei in schönen Erinnerungen schwelgt bevor das drohende Unheil, in diesem Fall der Verlust, sich abzeichnet. Seid ich das Stück selber gespielt habe (vor 6 Jahren) ist nichts von dem Zauber der von ihm ausgeht verloren gegangen. Wunderbar komponiert!
 
Mit der Einstellung ... neuen Job suchen! Wer das nicht aushält, ist wirklich im falschem Beruf oder nur Fortgeschrittene unterrichten.

Alle meine Lehrer hatten genau diese Einstellung. Und alle konnten bzw. können sich ihre Schüler aussuchen. Ein guter KL ist nämlich kein 08/15-Dienstleister, der sich für sein Kunden verbiegt, sondern jemand, der ein ganz konkretes Angebot macht, das er künstlerisch vertreten kann und will. Das Angebot kann man dann entweder so akzeptieren und annehmen oder es bleiben lassen.

Auf jeden Schwachsinn ihrer Schüler eingehen müssen nur die schlechten Klavierlehrer. Da kommt dann zusammen, was zusammen gehört.
 
Ein guter KL ist nämlich kein 08/15-Dienstleister, der sich für sein Kunden verbiegt
Oh doch! Gerade ein guter Lehrer verbiegt sich, allerdings im Interesse seines Schülers (und zur Not gegen dessen Willen). Deine guten KLs sind ihr Angebot sicher auch nicht nur "durchgegangen" sondern auf Dich eingegangen. Es muss halt pädagogisch Sinn ergeben.
 
Ja klar sind die auf mich eingegangen! Aber dafür mussten sie sich doch nicht verbiegen. Wenn ich nach zwei Jahren mit der ersten Chopin-Ballade angekommen wäre (oder mit irgendwelchem TEY-Kram :lol:), dann hätten sie sich verbiegen müssen, weil das nicht in ihr künstlerisches Konzept gepasst hätte. Sie hätten sich aber nicht verbogen, sondern klipp und klar gesagt, dass das in ihrem Unterricht nicht in Frage kommt.
 
@mick @Peter

Das kommt sicher darauf an, wie groß der Abstand nach oben (oder nach unten!) zum jetzigen Leistungsabstand des Schülers ist. Ist es nur billig oder viel zu schwer, hat es keinen Sinn.

Einer unserer Söhne (kein Profi) wollte irgendwann unbedingt Haydns Cello-Konzert Nr.1 spielen. Wir sind uns ziemlich sicher, dass er das Cellospiel hingeschmissen hätte, wenn sein Lehrer nicht auf seinen Wunsch eingegangen wäre, obwohl es noch etwas zu schwer war. Er hat dann auch mit vollem Einsatz geübt.
 

Das kommt sicher darauf an, wie groß der Abstand nach oben (oder nach unten!) zum jetzigen Leistungsabstand des Schülers ist. Ist es nur billig oder viel zu schwer, hat es keinen Sinn.

Es ist aber auch so, dass man jedes Stück nur einmal im Leben anfangen kann. Und wenn man dann scheitert, ist das eine große, manchmal irreparable Hypothek. Davor muss einen ein guter Lehrer bewahren.

Und wenn ein Lehrer fünfzigmal das erste Tschaikowsky-Konzert unterrichtet hat, halte ich es für sein gutes Recht, vom 51. Schüler ein anderes Konzert zu verlangen.
 
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Es ist aber auch so, dass man jedes Stück nur einmal im Leben anfangen kann. Und wenn man dann scheitert, ist das eine große, manchmal irreparable Hypothek. Davor muss einen ein guter Lehrer bewahren.
Volle Zustimmung: Man sollte zwar den Schüler fordern, aber nicht überfordern. Ergebnis: Schüler gibt auf. Und wenn ein Schüler nach zwei Jahren Klavierunterricht damit kommt, er will zum Beispiel die erste Ballade von Frédéric Chopin spielen, muss ich ihm klipp und klar zu verstehen geben, dass dieses Stück einfach noch zu schwer für ihn ist, und werde ihn vielleicht ein ähnliches Stück von Chopin anbieten, was aber für ihn machbar ist, vieleicht sogar ihn schon etwas fordert, aber niemals überfordert, so dass er aufgibt!
Und wenn ein Lehrer fünfzigmal das erste Tschaikowsky-Konzert unterrichtet hat, halte ich es für sein gutes Recht, vom 51. Schüler ein anderes Konzert zu verlangen.
Weniger gefällt mir dein deuxième paragraphe!

Ich habe oft, nachdem die Klavierschulen ab dem zweiten Band durch waren, die ersten Beethoven Sonatinen den Schülern aufgegeben, oder die Clementi- Sonatinen op. 36. Literatur gibt es genug! Ich muss nicht immer zum Beispiel Beethoven Sonatinen unterrichten, und kann zum Beispiel auch mal auf Clementi zurückgreifen. Wennd der Schüler aber speziell will, dass er diese Beethoven Sonatine spielen, will, obwohl ich sie als Lehrer schon 50 Mal unterrichtet habe, dann lasse ich ihn diese Sonatine auch spielen! Denn ein Schüler hat auch nach zwei Jahren Klavierunterricht ein Mitsprache- Recht wenn es um die Stückauswahl geht! Natürlich soll der Schüler auch die geforderten Stücke des Lehrers üben, aber der Lehrer sollte nach zwei Jahren Klavierunterricht dem Schüler auch die Möglichkeit geben, sich auch Stücke selber aussuchen zu dürfen. Die Aufgabe des Lehrers ist es aber auch, dem Schüler zu sagen, wenn es noch zu schwer ist. Die meisten Schüler haben das bis jetzt immer akzeptiert, da ich ihnen alternative Stücke angeboten habe.

Ich pflege es übrigens immer so, dass ich mehrere Stücke dem Schüler vorspiele, und dann den Schüler frage, welches ihm am Besten gefällt, welches ihm weniger gefällt. Dazu wähle ich Stücke in seinem Schwierigkeitsgrad. Und gebe ihm dann als neues Stück das auf, was ihm am Besten gefiel. Literatur gibt es nämlich genug! Da ist immer etwas dabei, was dem Schüler in seinem Schwierigkeitsgrad gefällt, und man muss ihn nicht gleich mit utopischen schwierigen Stücken überfodern, dass ihm die Lust vergeht. Aber auch zu leicht sollten die Stücke nicht sein! Bei Unterforderung kann der Schüler die Interesse verlieren, wenn er nur zu leichte Stücke aufbekommt. Ab und zu zum Relaxen ist ok. Fazit: Den Schüler weder über- noch unterfordern.
 
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Die Kl vergessen ganz das sie Dienstleister sind, ein Dienstleister hat sich nach den Wünschen des Kunden zu orientieren . Er kann versuchen mich mit Argumenten zu überzeugen, wenn ich darauf eingehe gut wenn nicht gilt mein Wunsch. Ich bin jetzt 69, wenn es mein Wunsch ist bevor ich abtrete noch mal Elise zu spielen, dann ist das so.
Die ganze Diskussion hier lehrt mich mir entweder ganz genau meinen KL auszusuchen, oder weiter alleine weiterzumachen.
 
Die ganze Diskussion hier lehrt mich mir entweder ganz genau meinen KL auszusuchen, oder weiter alleine weiterzumachen.

Ach man kann auch das eine tun ohne das andere zu lassen. Im Unterricht bleiben und die Elise außerhalb lernen. Ich bin übrigens noch nie auf die Idee gekommen zu fragen, ob ich etwas anfangen kann, ich probier es immer einfach aus.
 
Die Kl vergessen ganz das sie Dienstleister sind, ein Dienstleister hat sich nach den Wünschen des Kunden zu orientieren . Er kann versuchen mich mit Argumenten zu überzeugen, wenn ich darauf eingehe gut wenn nicht gilt mein Wunsch. Ich bin jetzt 69, wenn es mein Wunsch ist bevor ich abtrete noch mal Elise zu spielen, dann ist das so.

Ein Dienstleister ist allerdings kein Bediensteter und darf sich aussuchen, wem er in welcher Form zu Diensten ist. Dein Pech ist, dass die meisten guten Klavierlehrer Schüler mit solch einer "Ich allein bestimme, wo es langgeht"-Attitüde gar nicht erst annehmen oder den Unterricht mit solchen Schülern bald wieder einstellen.

Lehrer, die jedem Wunsch ihrer Schüler nachgeben, gibt es sicher auch. Die Frage ist, ob man bei denen viel lernt. Die Antwort lautet: eher nicht.
 

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