Das Fermatenzeichen bei Bach bedeutet nicht immer, dass die Note verlängert wird. Bei den choralgebundenen Werken kann man folgendes beobachten:
1. Bei der Gemeindebegleitung war es im 18. Jahrhundert vielerorts üblich, dass die Gemeinde nach jeder Zeile pausierte und der Organist mehr oder weniger sinnvolle Läufe etc. spielte. Von Bach sind einige solcher Sätze für Orgel überliefert. Diese Praxis wurde aber schon damals kritisiert. Die Fermaten an den Zeilenenden bedeuten hier also wirklich ein Anhalten bzw. Pausieren.
2. Bei den Choralsätzen in den Kantaten schreibt Bach an jedem Zeilenende (oder auch öfters) eine Fermate, oft auch sehr kleingliedrig, ohne Rücksicht auf den größeren syntaktischen Zusammenhang des Textes. Hier stellt sich die Frage, ob und wieviel man die entsprechende Noten verlängern soll. Allerdings gibt es auch etliche Choralsätze mit zusätzlichen (Ober-) Stimmen. Diese Stimmen nehmen oftmals keine Rücksicht auf die Zeilenenden bzw. Fermaten. Insofern kann man das als Hinweis deuten, dass auch bei den Sätzen ohne zusätzliche eigenständige Instrumentalstimmen die Fermaten nicht auszuhalten sind.
3. Im Orgelbüchlein, einer Sammlung von kürzeren Choralbearbeitungen, in denen die Melodien ohne Zwischenspiele durchgeführt werden, schreibt Bach an jedem Zeilenende in der Stimme, die den c.f. hat, eine Fermate. Die anderen Stimmem nehmen darauf keine Rücksicht, sondern laufen in ihrem vorgegebenen Bewegungsmuster weiter. Einige Choralbearbeitungen bringen den c.f. im Kanon, auch hier schreibt an den Zeilenenden Fermaten, während die andere, versetzte c.f. - Stimme noch mitten in der Choralzeile ist. Hier ist es also völlig eindeutig, dass das Fermatenzeichen kein Anhalten bedeuten kann.