Schubert: 3 Klavierstücke op. posth. - 3 Fragen

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Ich beschäftige mich gerade mit den 3 Klavierstücken op. posth. von Schubert, genauer gesagt mit dem ersten. Dazu habe ich drei Fragen, die mir vielleicht @rolf, @Alter Tastendrücker, @Stilblüte, @mick @chiarina, oder auch andere beantworten können?

1. Das Trio hat die Tempobezeichnung „Andante“. Alle mir bekannten Aufnahmen machen daraus aber ein Adagio bzw. sogar ein Largo. Beim Spielen habe ich das Bedürfnis, im Trio den Puls der Rahmenteile beizubehalten, also aus Halben einfach Viertel zu machen. Ich komme da auf die Metronomzahl 76, was einem Andante viel mehr entspricht, als die üblichen 58-63 Schläge pro Minute. Natürlich muss man im Trio die beiden schnellen Läufe bewältigen, aber in manchen Aufnahmen wird getrickst, indem sie unmittelbar nach der Zählzeit 1 beginnen statt auf der ZZ 2. Und mir ist es lieber, an den Stellen mit den Läufen das Tempo etwas freier zu halten, als das gesamte Trio als Largo zu spielen. Ohnehin wird diesem Stück ja seine Länge als „Mangel“ nachgesagt, was in verschnarchtem Tempo natürlich noch verstärkt wird. Was meint ihr dazu?

2. Im ersten Takt des von mir fotografierten Ausschnitts ist es nicht möglich, die Bassstimme über drei Schläge zu halten. Pedalnutzung ist aus klanglichen Gründen ausgeschlossen. Bleibt nur noch die Kürzung des Tons um einen Schlag, oder?

3. Es gibt einen zweiten Trio-Teil, den Schubert im Autograph gestrichen hat (s. Anhang). Gibt es davon vielleicht eine gedruckte Ausgabe?
 

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Ich habe mir die Stelle mit dem fehlenden Bass auf Drei angeschaut und höre, wenn ich nicht zu klinisch pedalisiere kein Problem, vor allem dann nicht, wenn ich nicht zu langsam spiele. Wenn es Dich aber partout stört, dann kannst Du auf Drei das kleine cis leise mit dem 5. mitnehmen, dann ist die reale Kontinuität des Basses gesichert. Selbst wenn man rechts den Akkord fis-fis-ais greifen kann klingt das Ganze doch recht eckig.

Also 2 Lösungsvorschläge 1. Weiches Pedal und virtuelles Weiterklingen des Basses oder gleichfalls ohne Sagrotan Pedal leichtes Mitnehmen des kleinen cis auf Drei.
 
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Die Bärenreiter-Ausgabe „Späte Klavierstücke“ (BA 9634) notiert die von Schubert gestrichene Episode.
 
@Cheval blanc
Danke. Toll, dass wir mit dir jemanden so Editionskundigen an Bord haben!
 
RNatürlich muss man im Trio die beiden schnellen Läufe bewältigen, aber in manchen Aufnahmen wird getrickst, indem sie unmittelbar nach der Zählzeit 1 beginnen statt auf der ZZ 2.
wieso müssen diese Figuren auf der zwei beginnen?

Ohnehin wird diesem Stück ja seine Länge als „Mangel“ nachgesagt
Von wem? Brahms (bzw. die Herausgeber der Erstauflage) jedenfalls fanden an diesem Stück nichts zu lang, auch nicht das zweite Trio: https://www.henle.de/blog/de/2013/0...erstucke-impromptus-d-946-von-franz-schubert/
2. Im ersten Takt des von mir fotografierten Ausschnitts ist es nicht möglich, die Bassstimme über drei Schläge zu halten. Pedalnutzung ist aus klanglichen Gründen ausgeschlossen.
Wieso? Ausgeschlossen ist sicher, das Pedal bei 1 zu treten und den ganzen Takt liegen zu lassen. Aber es soll ja noch differenziertere Lösungen geben....
3. Es gibt einen zweiten Trio-Teil, den Schubert im Autograph gestrichen hat (s. Anhang). Gibt es davon vielleicht eine gedruckte Ausgabe?
Bereits die Erstausgabe von 1868 druckte beide Trios, spätere Ausgaben auch wie z. B. Peters. Ebenso Henle von 2013 (siehe Link zum Henle-Blog mit sehr aufschlussreichen Ausführungen zu dieser Frage).
 
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Danke, Schöner Beitrag zu den wie ich finde schönsten Klavierstücken Schuberts, viele interessante Beiträge zum Hintergrund, besonders der link zum Henle-Blog.
2. Im ersten Takt des von mir fotografierten Ausschnitts ist es nicht möglich, die Bassstimme über drei Schläge zu halten. Pedalnutzung ist aus klanglichen Gründen ausgeschlossen. Bleibt nur noch die Kürzung des Tons um einen Schlag, oder?
Hier geht es wirklich nur um den Punkt hinter der halben Bassnote. Den kann man finde ich, getrost ignorieren, es genügt, sich die Länge vorzustellen. In einem Raum mit einer knappen Sekunde Nachhall ist der Basston von alleine da. Und das auch nur, wenn einen die harmonische Vermischung stört, ich würde das Pedal einfach halten, verklärter romantischer Sound, passt gut zum Stück. Brendel hebt den Fuß, wie man in youtube gut hören kann, ich finde aber beides kein Problem.
 
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Vielen Dank für die Antworten. Bleibt also nur noch die Frage, warum es sich etabliert hat, das Andante-Trio als Adagio oder als Largo zu spielen. Ich finde ein gehendes Tempo viel passender, und Schubert hat ja auch explizit „Andante“ notiert. Trotzdem hat sich das offenbar nicht durchgesetzt.
 

Bleibt also nur noch die Frage, warum es sich etabliert hat, das Andante-Trio als Adagio oder als Largo zu spielen. Ich finde ein gehendes Tempo viel passender, und Schubert hat ja auch explizit „Andante“ notiert. Trotzdem hat sich das offenbar nicht durchgesetzt.
Um nochmal Brendel zu erwähnen (der für mich wirklich nicht immer der Maßstab ist) - er spielt das Andante agogisch, aber nicht viel langsamer als das Allegro (bei 1/4=1/8). Würde er, als Beispiel, bei ca 1/4=164 die 84 bpm spielen anstatt seine in gemütlicheren ca-69, würde es ganz schön gedrängelt klingen, und: wie willst Du das Andante nach den ersten 8 Takten spielen mit 76, erst recht ab Takt 133 wäre das Stück entstellt. Der Charakter ist besinnlich, intim und kaum metrisch pulsierend nach meinem Empfinden. Spiel es doch einfach etwas schneller als die meisten, es geht um die Musik und nicht dass da Andante steht.
 

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