Erklärungen - KL

  • Ersteller des Themas sonnenblume58
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Aber nach fast zwei Jahren ist mir dann der Kragen geplatzt, weil ich immer nur die Stücke spielen sollte, die er mir aufs Notenpult gestellt hat. Das waren teilweise total nervige Stücke die mir überhaupt nicht gefallen haben. Aber ich habe es lange akzeptiert, weil er sicher aller Wahrscheinlichkeit nach etwas dabei gedacht hatte.

Das finde ich, ehrlich gesagt, ganz schön krass.
Ich hatte im Verlauf der vergangenen 40 Jahren etwa 10 Lehrer für verschiedene Instrumente und Gesang und ausnahmslos alle haben sich darum bemüht, mich mit instruktivem Material zu versorgen das mir liegt, und an dem ich auch Spass hatte.
Da musste ich auch nichts sagen, vorschlagen oder einfordern, dazu hätten mir als Kind auch die Kenntnisse gefehlt, die Lehrer kamen von allein mit Angeboten auf mich zu. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals etwas hätte spielen müssen, was ich als nervig empfunden hätte.......

Unter Demut im Unterricht (bezogen auf Anfänger – siehe oben) verstehe ich, den Weisungen der Lehrkraft zu folgen, weil mir die Kompetenz fehlt es zu beurteilen. Und zu akzeptieren, was im Unterricht geschieht im Vertrauen darauf, dass es mich weiterbringt. Und die didaktische Vorgehensweise nicht zu hinterfragen, weil ich davon als Anfänger keine Ahnung habe.

So eine Haltung ist mir völlig fremd.
Ich hatte bisher bei meinen Lehrern durchaus den Eindruck, dass sie nicht eine- evtl zähneknirschende- Akzeptanz und Befolgung ihrer Anweisungen haben wollten, sondern eine Rückmeldung zum Unterricht von mir erwartet haben. Die bestand zu meiner Kinder- und Jugendzeit erstmal darin, dass ich meine Hausaufgaben gemacht und begeistert geübt habe. Als junge und auch ältere Erwachsene durfte ich die Erfahrung machen, dass meine Lehrer gerne meine Fragen, die sich aus der weiteren Beschäftigung mit den Werken ergeben haben, beantwortet haben, und durchweg erfreut waren, dass ich mich selbständig um eine Vertiefung des Erlernten bemüht habe.

Die Didaktik meiner Lehrer habe ich nie infrage gestellt, dazu hatte ich auch nie einen Grund.

Eines Tages hatte ich die Faxen dicke und die Kündigung im Gepäck. Als wäre es Gedankenübertragung gewesen, hat er wortlos ein Präludium von Skrjabin aufs Notenpult gestellt. Besser konnte es gar nicht sein, er ist mein Lieblingskomponist.

Wusste Dein Lehrer das?
Es tut mir wirklich leid für Dich, dass der Komponist erst aufgelegt wurde, als Du gedanklich bereits gekündigt hattest, da muß viel Energie geflossen sein, die Du besser in die Musik hättest investieren können.

So könnte ich keine musikalische Leistung bringen. Musste es glücklicherweise aber auch nicht. Ich hoffe sehr, dass Du jetzt angemessener betreut wirst.
 

Zuvor hatte ich mit einer KL darüber gesprochen und sie gefragt, ob es normal sei, dass ein Schüler keine eigenen Stücke einbringen darf. Ich habe ihr meine Frust darüber mitgeteilt und meine Kündigungsabsichten erwähnt. Sie hat mir eindringlich geraten bei ihm zu bleiben, er sei sehr kompetent und wisse was er macht. Ich vermute, dass sie mit ihm geredet hat.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits eine Probestunde bei der Mutter einer sehr bekannten Pianistin gemacht. Und dann kam der Unterricht (mit Kündigung im Gepäck), bei dem ich plötzlich auf Skrjabins Präludium auf dem Notenpult blicken durfte. Mein erstauntes Gesicht hätte ich gerne gesehen.

Allerdings habe ich zweimal verweigert: Einmal bei Clementis op. 36 – es hat mich total genervt. Das zweite Mal, als ich ein Stück von Kabalewski und Tschaikowski parallel üben sollte. Das waren Stücke im Stile von Schumanns Knecht Rubrecht das ich auch mit einiger Abneigung (aber ohne Verweigerung) geübt habe. Ich habe ihn gebeten, nie wieder Stücke dieser Art zu wählen, weil das widerwillige Üben meine Schmerzen durch Verkrampfung verschlimmert haben.

Es tut mir wirklich leid für Dich, dass der Komponist erst aufgelegt wurde, als Du gedanklich bereits gekündigt hattest, da muß viel Energie geflossen sein, die Du besser in die Musik hättest investieren können.

Vielleicht war er der Ansicht, dass ich dazu technisch noch nicht in der Lage war. Dieses Präludium war in der Tat eine Herausforderung mit vielen gebundenen weiten Akkorden in teilweise unangenehmen Lagen. Gleiches gilt für Mignon von Schumann das ich sehr gerne spielen wollte. Er hat es abgelehnt es mit mir zu machen, weil er eine Verletzung befürchtet hat. Daraufhin habe ich ihn um den Fingersatz gebeten, drei Wochen geübt und ihm dann gesagt, dass ich hier und da nicht mit seinem Fingersatz zurechtkäme. Ich durfte es vorspielen, er hat gemerkt, dass ich es spielen kann und dann haben wir gemeinsam daran gearbeitet. Meine Vermutung ist, dass sich irgendwann ein Schüler im Unterricht verletzt hat und er – wegen meiner rheumatischen Beschwerden – übervorsichtig war. In einem Präludium von Skrjabin hat er mir z.B. verboten, die Dezime zu spielen, ich sollte sie arpeggieren.

Ich hoffe sehr, dass Du jetzt angemessener betreut wirst.

Bis auf einige Ausnahmen hat er mich angemessen betreut. Ihm würden die Ohren klingeln, weil ich immer mal an ihn denke. Gestern z.B., als eine eigentlich simple Stelle in Rachmaninovs Romanze mal wieder verunglückt ist. Er hätte mir auf Anhieb sagen können, warum diese eigentlich lächerlich einfache Stelle nicht klappen will.

Hat dich diese Unterrichtsmethode entscheidend weitergebracht?

Ja, sonst hätte ich mich nicht an zu schwere Stücke heranwagen können.
 
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Nein, Du hast genau diese Haltung gehabt, sonst hättest Du nicht mit Begeisterung gelernt.

Der "Drive" mag der gleiche sein, aber meine Einstellung ist, denke ich, eine andere.

Das Gefühl "Demut" vor dem Lehrer zeigen zu müssen, impliziert quasi schon, dass ein gewisser "Hochmut" vorhanden ist, (sorry Marlene, bitte nicht persönlich nehmen, ist nicht auf Dich und Deinen Lehrer bezogen), die Vorstellung etwas "akzeptieren" zu müssen, beinhaltet für mich, dass in gewisser Weise auch eine "Ablehnung" im Raum steht oder gestanden hat.

Ich gehe schon grundsätzlich mit der Vorstellung in den Unterricht, dass mir da jemand gegenübersteht, der mehr von der Sache versteht als ich, und der außerdem weiß, was er tut. Das kann ich so annehmen.
 
Lohnt sich zu lesen.
„Intellektuelle Demut“

Die Psychologin Kelin Pesebir definiert das so „ vermögen demütige Menschen über die Anliegen des eigenen Egos hinwegzusehen, sozusagen ihr Selbst zu vergessen, um ihre Aufmerksamkeit auf „etwas Grösseres“ zu richten, es zu ehren und möglicherweise zur Entfaltung desselben beizutragen.“

In manchen BerufsGruppen stellt sich diese Frage überhaupt nicht, ob man sich dem Lehrer beinhart unterzuordnen hat oder nicht.
Mein Chirurgie-Professor sagte „mein OP! Kommen Sie her, wenn sie etwas lernen wollen oder gehen Sie“. Wenn er will dass du hundertmal nur zunähst, oder irgendwas weghältst, dann tust du das gefälligst. Das sind heikelste Aufgaben die man lernen muss und da ist kein Platz für „Ich fühl mich heut nach höherem oder was anderen. Ich hab keine Lust mehr auf Haken halten etc.“. Interessiert kein Schwein wie man das findet. Der hatte hunderte Studenten vor einem und so individuell anders ist niemand, dass das was bei 100 anderen funktioniert für einen selbst so unglaublich falsch ist. Auch wenn heute alle meinen man sei in allen Punkten ausgesprochen Einzigartig, man ist es nicht! Dort lernt man auch! Und zum Dank der Patienten sehr gut!
 

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Das Problem ist halt nur: es gibt Stücke, die übt man halt. Weil jetzt Zeit zum Klavierspielen ist, und das ist halt die Hausaufgabe.

Und dann gibt es Stücke: wenn das Notenblatt aufliegt, dann kann ich kaum am Klavier vorbei gehen. "Ach komm, die Zeit, um das einmal durchzuspielen, hab ich jetz auch noch".

Und wenn mir das fünf mal am Tag passiert, dann übe ich natürlich viel besser und mehr, als bei einem "ist halt auch zu lernen" Stück.

Klar, es gibt Dinge, die muss man halt einfach lernen und üben, sonst kommt man nicht weiter. Auch wenn sich die Begeisterung gerade in Grenzen hält. Aber es braucht sicher auch die anderen Stücke.
 
Wenn er will dass du hundertmal nur zunähst, oder irgendwas weghältst, dann tust du das gefälligst.
Sofern das Übrige dann nicht zu kurz kommt.
Ist weitaus weniger heikel, aber ich kenne jemanden, der bei seiner Tischler-Gesellenprüfung mit Bomben und Granaten durchgefallen ist, da er während der gesamten Lehrzeit fast nur Schleifarbeiten machen durfte. :016:
 
Klar, es gibt Dinge, die muss man halt einfach lernen und üben, sonst kommt man nicht weiter. Auch wenn sich die Begeisterung gerade in Grenzen hält. Aber es braucht sicher auch die anderen Stücke.
Absolut! Mir gehts ja nicht anders. Aber man muss sich auch mal klar machen, dass einem niemand verbietet neben den Stücken im Unterricht noch anderes zu üben.

Mein Prof. meinte „seine Aufgabe sei sich selbst irgendwann überflüssig zu machen“. Wo zu nimmt man denn Unterricht? Um Klavierspielen zu lernen und sich musikalisch zu entwickeln. Es soll ja keine lebenslängliche Abhängigkeit werden. „Ich brauche einen Lehrer um ein Stück was mich interessiert zu spielen“. Um Gottes Willen!!

Sich gemeinsam auf ewig vor die Tasten zu setzen, was ist das für eine verrückte Weltsicht! Das ist die reinste Form der Abhängigkeit. Da kann man noch so schön pädagogisch säuseln was man den Schüler nicht zur Selbständigkeit führen will und fördern bla bla. Wenn das Ziel kein musikalisch entwickelte, selbständige Person ist.

Ich beuge mich lieber der Empfehlung von Menschen die mit Elan, Kompetenz und Erfahrung mich dorthin bringen wollen, dass ich als Person in dem was ich gerne tue „Musik machen“ selbständig werde. Da ist Demut vor dem Wissen und sich fügen keine „Knechtschaft“, sondern ein Mittel zum Zweck mit dem größten Respekt vor der Person die ich mir dazu ausgesucht habey das ist eine freiwillige (!) Entscheidung sich diesem Lernprozess unter zurückstellen des eigenen Egos auszusetzen und hat nichts mit Hochmut des Lehrers zu tun.

Also spiele doch daneben was dich interessiert. Und übe die Stücke die du üben sollst. Versuche was du lernst auf das was dich interessiert anzuwenden. Wenn du denkst es ist gut genug bring es ab und zu mal mit für ein Feedback.
 
Aber man muss sich auch mal klar machen, dass einem niemand verbietet neben den Stücken im Unterricht noch anderes zu üben.
Ganz ehrlich, dazu fehlt mir dann die Zeit und Energie. Da wird entweder das eine (die Stücke aus dem Unterricht) oder das andere (mein Herzensstück) nichts.

Und eigentlich finde ich es sehr schön, wenn er mir hilft, das, was mir am Herzen liegt, schön zu spielen.

Gerade am Anfang gibt es doch in quasi jedem Stück Stellen, die man mit etwas Anleitung viel ausdrucksvoller und schöner hinbekommt.
 

Gerade am Anfang gibt es doch in quasi jedem Stück Stellen, die man mit etwas Anleitung viel ausdrucksvoller und schöner hinbekommt.
Das ist nicht nur "am Anfang" so, sondern bleibt lebenslang - und das ist auch gut so.

Wenn der KL sich endlich überflüssig gemacht hat, lernt man aus Tipps oder Hinweisen von anderen Musikern, von Klavierstudenten, von Konzertpianisten, von Meisterkursen, von clavio...
 
Wenn der KL sich endlich überflüssig gemacht hat, lernt man aus Tipps oder Hinweisen von anderen Musikern, von Klavierstudenten, von Konzertpianisten, von Meisterkursen, von clavio...
Danke, darauf wollte ich raus 😎!! Damit haben wir den Faden zurück zum Thema „etwas lernen wollen ist eine Frage der Selbstverantwortlichkeit“ 👍🏻👍🏻 Ich suche mir die Person, den Umstand aus und dann muss ich bereit sein anzunehmen nach was ich gefragt habe.
 
Ich suche mir die Person, den Umstand aus und dann muss ich bereit sein anzunehmen nach was ich gefragt habe.
Aber muss man auch akzeptieren, dass man (zumindest gefühlt) nicht das bekommt, wonach man gefragt hat? Bzw. wenn eine spezifische Frage nicht beantwortet wird, ist es nicht nur ein Gefühl, sondern offensichtlich, dass man nicht bekommt, wonach man gefragt hat. Einzige Ausnahme: Bei der Kommunikation geht etwas sehr schief.
 
Aber muss man auch akzeptieren, dass man (zumindest gefühlt) nicht das bekommt, wonach man gefragt hat? Bzw. wenn eine spezifische Frage nicht beantwortet wird, ist es nicht nur ein Gefühl, sondern offensichtlich, dass man nicht bekommt, wonach man gefragt hat. Einzige Ausnahme: Bei der Kommunikation geht etwas sehr schief.
Klar Kommunikation muss passen, aber oft ist die Antwort richtig, aber nicht das was ich erwartet habe.
Ging mir schon soooo oft so. Ich hab was gefragt (egal welcher Bereich) und hatte in meinem Kopf schon mögliche Antworten die ich eigentlich verifizieren wollte. Die Antwort die ich bekam machte mir klar, dass man die Frage so entweder garnicht hätte stellen können, oder es keine einfache Antwort darauf gibt, oder die Antwort die ich bekam zu meinem derzeitigen Wissenstand passt wenn auch nicht ganz korrekt wäre (Beispiel Chemie. Da bekommt man oft Antworten die richtig und falsch zugleich sind, weil einem noch Background fehlt)

Es bleiben nicht viele Alternativen wo folgendes eintreten kann:
1)dem Lehrer glauben:
- Falsches lernen
- Richtiges lernen

2) dem Lehrer nicht glauben
- Falsches nicht lernen
- Richtiges nicht lernen

Da der Lehrer im Normalfall ausgebildet ist unterliegt er einem Selection Bias nach Kompetenz.
Daraus folgt:

-> Lehrer glauben führt eher zu Richtiges lernen als Lehrer nicht glauben

Daher: glaube ich dem Lehrer und verfahre weiter:

Wenn ich glaube und nichts dazu lerne (objektiv bewertbar) dann ist das der Beweis der Hypothese „bei dem Lehrer lerne ich nichts “

Bleibt-> Lehrerwechsel

Im obigen Fall bedeutet „Lehrer glauben, üben und Zeit“ ist der einzige Weg rauszufinden ob man wechseln sollte.

Ich hab gewechselt letztes Jahr mit dem Ergebnis, dass ich nie wieder woanders hin will.Topf und Deckel Phänomen. Einfach richtig Glück gehabt.

Fazit: sudern hilft nix. Wechseln oder bleiben. 🤷🏼‍♀️
 
Genau bei dieser Entscheidung sicht die TE Hilfe.
Die kann man aber nur selbst treffen. Niemand weis wie der Unterricht zwischen der Lehrkraft und ihr abläuft. Jede Meinung dazu wer sich hier „falsch“ verhält ist beeinflussend. Die TE wird mit einem Sammelsurium von Kritik im Hinterkopf alles in Frage stellen. Und dann positives nicht mehr sehen können, selbst wenn es da sein sollte.

Man Diskutiert doch auch nicht im Forum ob man sich trennen sollte und besser einen neuen Partner sucht oder ob das eigene Kind evtl. nur mäßig intelligent ist.

Das einzige was meiner Meinung nach hilfreich ist, ist der TE bewusst zu machen dass sie ganz allein mit der Situation zurecht kommen muss und für ihr Fortkommen ganz allein verantwortlich ist. (Durch wechseln oder bleiben würde sie dafür Verantwortung übernehmen) in dem Moment wo ich das mit anonymen Personen diskutiere, die noch weniger als man selbst die Situation bewerten können (weil sie anders als Freunde, nicht mal die TE persönlich kennen), hab ich das als nötig empfunden.
 
Die Entscheidung ja, aber beim Fakten sammeln und Gedanken sortieren darf man sich Hilfe holen.

Man Diskutiert doch auch nicht im Forum ob man sich trennen sollte und besser einen neuen Partner sucht
Nein, dafür hat man (beste) Freund(innen). Die haben zwar eigene Erfahrungen bzgl. Beziehungen, aber nicht so sehr bzgl. Musiklehrer.
 

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