Moll-Erklärung sinnvoll?

Der Dur-Dreiklang ist in sich harmonisch. Dies lässt sich gut mit der harmonischen Reihe zeigen, weil diese das Partialtonspektrum wiedergibt. Die ersten Partialtöne sind 1:2:3:4:5:6. 4:5:6 ist der Dreiklang. Er enhält in "4" die Partialtöne 1 und 2, lediglich in Oktaven, sowie in der "6" den Partialton 3, wiederum nur in einer anderen Oktave. Der Dur-Dreiklang ist demnach der reine Naturklang.

Diese Partialtonerklärung für sich genommen überzeugt noch nicht, man kann aber zeigen warum Oktaven funktionieren und dass die Intervalle im Dreiklang zu dessen Grundton, 3/2 für Quinte und 5/4 für die große Terz, sehr konsonant sind. Der Dur ist mathematisch so günstig, dass sich diverse Herleitungen anbieten.

Doch wie man sich auch abmüht, den Molldreiklang aus der harmonischen Reihe herzuleiten ist aussichtslos.

Meine neuer Gedanke ist der folgende. Wir gehen von C aus und bilden den Dur-Dreiklang mit C als Grundton. Das ergibt C-E-G. Außerdem bilden wir den Dreiklang, der auf C endet. Wir setzen also zwei der superharmonischen Dur-Dreiklänge um einen gewählten Ton, hier C. C ist der Grundton.

Dann erhalten wir F-A-C-E-G.

Nun schneiden wir aus dieser Tonfolge den zentralen Dreiklang heraus und erhalten A-C-E. Die Moll-Parallele.

Somit hätte man den Moll-Dreiklang und die Parallelverwandschaft erklärt.


Doch wurde hiermit wirklich was erklärt, oder handelt es sich nur um eine Spielerei die zufällig so hinkommt?


Lieber aths, herzlichen Glückwunsch zu Deiner Entdeckung, Du solltest Musikwissenschaftler werden! =D Kennst Du Hugo Riemann. Der war auch Musikwissenschaftler und hat sich zu dieser Thematik schon vor ein paar Jahren Gedanken gemacht und ist zu folgendem Ergebnis gekommen:

Nach der Funktionstheorie Hugo Riemanns handelt es sich bei diesem e-Moll-Akkord um einen sog. „Leittonwechselklang“, einer „Scheinkonsonanz“, die sich aus den zwei benachbarten Durakkorden (C-Dur 8:10:12 und G-Dur 12:15:18) zusammensetzt und damit einem bitonalen Konstrukt gleichkommt.

Die Quelle findest Du hier: Moll

Aber ich muss sagen - auch wenn es Deine Theorie leider schon gibt :( - : Respekt, wenn Du sie selbst aufgestellt und nicht irgendwo gelesen hast! Du hast wirklich musikwissenschaftliches Talent! =D

Herzliche Grüße

Dein Lisztomanie

P.S.: ich hoffe, ich konnte Dir weiterhelfen, auf Deinem langen und beschwerlichen Weg, das "Mollproblem" zu lösen...;)
 
Mozart konnte es. Violinsonate e-moll, letzter Satz, die E-Dur Stelle, die ist noch trauriger als das vorhergehende e-moll. Aber das darf jeder gerne anders empfinden.

Nein, ich empfinde das z.B. ganz genauso ;) Allerdings, ist das eine Folge des Kontextes: Die Sonate ist in e-Moll, und sie ist überwiegend mit "traurigen" Elementen (Melodien etc.) komponiert. Und dann kommt der "Ausflug" nach E-Dur, der aber recht abrupt wieder nach e-Moll zurückfällt.

Ähnlich, wie ich schon sagte: der Kontrast macht es, daß die Dur-Stelle traurig/melancholisch klingt (sofern man das nachempfinden kann).

Aber die interessante Frage ist wohl: wieso empfinden wir so (daß das "an sich fröhliche" Dur hier plötzlich traurig wirkt)...? ;)

---

Eine schöne Aufnahme davon gibt's übrigens hier:

Mozart - Violin Sonata in E Minor K304 - Mov. 1/2 - YouTube
Mozart - Violin Sonata in E Minor K304 - Mov. 2/2 - YouTube
 
gibt ne ganz simple Definition:

Dur = hart

Moll = weich

meines Erachtens eine Definition welche subjektives Empfindungen wiedergibt. Wenn ich n Klavier intoniert hab, gibts kein hart oder weich mehr :D :D :D


Viele Grüße

Styx
 
Lieber aths, herzlichen Glückwunsch zu Deiner Entdeckung, Du solltest Musikwissenschaftler werden! =D Kennst Du Hugo Riemann. Der war auch Musikwissenschaftler und hat sich zu dieser Thematik schon vor ein paar Jahren Gedanken gemacht und ist zu folgendem Ergebnis gekommen:



Die Quelle findest Du hier: Moll

Aber ich muss sagen - auch wenn es Deine Theorie leider schon gibt :( - : Respekt, wenn Du sie selbst aufgestellt und nicht irgendwo gelesen hast! Du hast wirklich musikwissenschaftliches Talent! =D

Herzliche Grüße

Dein Lisztomanie

P.S.: ich hoffe, ich konnte Dir weiterhelfen, auf Deinem langen und beschwerlichen Weg, das "Mollproblem" zu lösen...;)
Ein Leittonwechselklang wäre ausgehend von C-Dur der E-Moll, ich verstehe Riemann so, dass er von C-Dur auf E-Moll hinauswill. Ich hatte ausgehend von C-Dur auf A-Moll geschlossen, wobei ich nicht sagen will, dass ich damit richtig(er) liege.

Ich weiß nicht wie sinnvoll es ist, wenn ein Anfänger wie ich Riemann kritisiert. Seine Deutung aus der Obertonreihe mit der großen Dur-Terz als Prime eines Molldreiklangs hielte ich aber für unbefriedigend. Zwar enthält das C in den Obertönen auch E-G-H, aber das H tritt erst so weit hinten auf, dass ich eine Herleitung der Konsonanz für fragwürdig halte, zumal es Zwischenräume zwischen den Obertönen für E, G und H gibt.

Zudem halte ich E-Moll aus systematischen Gründen für komisch, da die E-Moll-Tonleiter ein Kreuz hat, C-Dur aber nicht. Ich fände es einsichtiger, vom C-Dur auf A-Moll zu schließen. Vielleicht verlange ich hier aber auch Unsinn, weil ich plötzlich vom Akkord zur Tonleiter springe.

Die Scheinkonsonanz bzw. bitonale Deutung von Riemann erscheint mir allerdings überlegenswert. (Nicht, dass es darauf ankäme, dass _ich_ jetzt Riemanns Überlegungen bewerte ...)

Der Wikipedia-Artikel kritisiert wiederum heftig meine zuletzt geäußerte Vermutung, den Moll direkt als Oktav-Invertierung aller Dur-Stufen zu sehen. Die dortige Erklärung ist vom Rechenweg her anders, läuft allerdings auf das Gleiche hinaus.

Meine Darstellung im ersten Posting entspräche, die Mollparallele als verkürzten Subdominantseptakkord zu sehen. Ob das nun was bringt, weiß ich leider nicht.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Meine aktuelle Vermutung ist: In der diatonischen Tonleiter finden sich auch Mollakkorde. Selbst wenn wir eine Tonleiter aus dem Dur herleiten, enthält sie Moll-Stufen. Dreiklänge mit leiterfremden Stufen verlassen den Tonraum und klingen weniger harmonisch, als "falsche" Dreiklänge (falsch im Sinne von Moll statt Dur, um eine Dur-Melodie zu begleiten.)

Das hieße, dass der Moll nicht als eigenständiger Klang erfunden wurde. Stattdessen wurde der Dur-Dreiklang als Konsonanz erkannt, welche den Dreiklangs-Grundton repräsentiert. Um nun alle Stufen der Tonleiter mit Dreiklängen zu verschönern, muss man auch mal auf den "falschen" Dreiklang, also den Moll ausweichen. (Oder sogar auf einen verminderten Dreiklang.) Das ist zwar aus Obertonsicht harmonischer Unsinn, doch die Leiterstufen beizubehalten ist wichtiger. Jedenfalls müsste es so sein, damit meine Vermutung Sinn ergibt.

So richtig zufriedenstellend ist das aber nicht, denn Moll wird auch als tonikataugliches Material genutzt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das lässt mir keine Ruh :)

Den bitonalen Erklärungsansatz lehne ich inzwischen ab. Zumindest in meiner Wahrnehmung hat ein Molldreiklang ein Zentrum.

Beim Dur würde ich als Grundtonkraft das obere Intervall sehen, die kleine Terz. Die ist (ungefähr) im Verhältnis 5:6 gestimmt (in der Reihenfolge tiefer Ton: hoher Ton.) Da will man automatisch vorne die 4 ergänzen. Die kleine Terz strebt imo dorthin, zum nicht gespielten Ton.

Spielt man die große Terz, ruht dieses Intervall direkt auf dem tiefen Ton. 4:5 strebt zur 4. 4:6 ruht ebenfalls direkt auf der 4.

Nun wird es etwas unübersichtlich. In A-C-E können wir drei Intervalle ausmachen.

A-C hat den Ruhepol F (das ist der imaginäre Durdreiklangsgrundton mit dem oberen Intervall A-C.)
A-E ruht direkt auf A.
C-E ruht direkt auf C.


Die Ruhepunkte, F-A-C, ergeben für sich genommen eine klare Konsonanz.

Großer Schwachpunkt dieser (vermutlich ohnehin schwachsinnigen, da kompliziert zusammengestellten) Erklärung: F-Dur löst keine A-Moll-Spannung auf. Immerhin wirkt eine Folge Am-F nicht unharmonisch. Gerade wenn der Moll invertiert gespielt wird, mit E als tiefsten Ton. Doch ich fürchte, dass hierfür die Leittönigkeit zwischen E und F verantwortlich ist und nicht meine hanebüchene Moll-"Erklärung".

Sie hieße, dass sich die Moll-Stufen durch folgende Dur-Stufen ersetzen ließe: In C-Dur statt D-Moll B-Dur, statt E-Moll C-Dur und statt A-Moll F-Dur.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Zurück
Top Bottom