Dieser Rummel um die Instrumente

  • Ersteller des Themas Rebecca
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Versteht mich nicht falsch, ich bin wie jeder andere auch froh, wenn ich einen sehr schönen, gut gestimmten und angenehm intonierten Flügel unter den Fingern habe.

Aber gelegentlich wundere ich mich doch, wie sehr der Fokus gerade bei Laien auf den Instrumenten liegt! Ich hab einmal ein Konzert gegeben, und danach kam jemand auf mich zu, um mir einen Vortrag über den Flügel zu halten, auf dem ich gespielt hatte.
Das wirft für mich dann doch Fragen auf. Stellen sich etwa manche Menschen vor, dass der Flügel spielt und nicht der Pianist? ^^ (Vielleicht habe ich da etwas verpasst, in meiner unsäglichen Naivität

Oder: ich habe einen Freund, der Klaviermusik liebt und sich einen Flügel angeschafft hat. Er spielt eher sehr mittelmäßig und gibt sich auch nur sehr gelegentlich Mühe. Aber wehe, ein Ton ist auch nur ein wenig unrein, wehe, ein Ton ist minimal härter in der Intonation als die anderen, wehe irgendetwas am Klang ist etwas anderes als perfekt! Da kriege ich dann einen verzweifelten Anruf, dass schon wieder der Flügel unbrauchbar sei und in dieser Lage auf keinen Fall geübt werden könne...

Ich habe mich in dem Kontext schon sehr unbeliebt gemacht, nämlich mit dem Hinweis, dass ich Scharen von Klavierstudenten kenne, die auf Instrumenten in viel schlechteren Zuständen üben, und die Gott auf Knien danken würden, hätten sie so ein Instrument zur Verfügung wie er, und dass der Klang noch viel stärker von seinem Üben abhängig wäre als von irgendetwas anderem, weshalb ich es unweise fände, wenn er jetzt damit aufhört!

Da ist doch irgendetwas verkehrt?

Wirklich, jedes Mal, wenn im Zusammenhang mit aktivem Spiel ein nicht weiter störendes (!) Instrument in den Vordergrund gerückt wird, geht mir das Verständnis aus und ich muss mich sehr zurückhalten, um nicht zu sagen "das Instrument ist doch völlig zweitrangig, es geht darum, dass man geübt hat oder noch üben muss, verdammt nochmal! Man möge sich also auf seinen Hintern setzen und üben, bevor überhaupt irgendwelche Ansprüche an das Instrument gestellt werden, und man möge erst einmal anerkennen, dass jedwedes Instrument unter geübten Händen besser klingt als unter ungeübten!!!!"

Selbst wenn ich Interesse daran habe, mir einen neuen Flügel zuzulegen, gehe ich doch nicht nach "hm, also Brendels Spiel hat mir schon sehr gut gefallen, und der hat da neulich auf einem Steinway gespielt, also brauche ich einen Steinway, dann klingt es auch so gut wie bei ihm!"
So ein schwachsinniger Ansatzpunkt...???


Was sagt ihr dazu?

ist das nicht ein bisschen typisch deutsch ?????? :D
ich kenne grosse Pianisten, die üben zu hause auf verstimmten Klapperkisten und auf den Podien werden sie gefeiert. :D:D keiner davon ist ein deutscher :rolleyes:
 
Zitat von Fadentitel:

Ich für meinen Teil verstehe den ganzen Rummel um die Pianisten einfach nich... jeder hat irgendwas Spießiges an, jeder setzt sich hin beim Spielen, jeder drückt ein paar Tasten, mal schnell, mal langsam, mal laut, mal leise.

Was ist denn da überhaupt dabei, und so wahnsinnig toll daran??

(War nicht so ganz ernst gemeint :D:D:D:D)
 
Bruder Gubu, Du schreibst immer, was ich denke - nur schneller;-)

@ Rebecca: Mit einem Konzertpianisten nach dem Auftritt über den Flügel reden ist doch nur eine unbeholfene Anbiederung a la "Ich bin (auch) vom Fach". Und da kannste eigentlich noch froh sein. Stell Dir mal vor, diese Leute würden Dein Spiel "analysieren". DAS wäre wirklich nicht zum Aushalten.

@ Forte: Bei Dir ist Frage nach dem Equipment ne leicht andere Geschichte! Bei der Ultraschärfe Deiner Großprints fragt man sich wirklich, ob da nun jemand nun mit der Großbild durch die Gegend tourt. Und wenn ein Maler durch hyperfeine Einzelhaarmalerei auffällt, so sei auch in diesem Fall die Frage nach den Nuller-Pinsel berechtigt.
 
@ Forte: Bei Dir ist Frage nach dem Equipment ne leicht andere Geschichte! Bei der Ultraschärfe Deiner Großprints fragt man sich wirklich, ob da nun jemand nun mit der Großbild durch die Gegend tourt. Und wenn ein Maler durch hyperfeine Einzelhaarmalerei auffällt, so sei auch in diesem Fall die Frage nach den Nuller-Pinsel berechtigt.

Wenn das eine Frage am Rande neben anderen wäre, ok. Aber:

Kein Künstler will auf seine technischen Hilfsmittel reduziert werden. Peng. AUS.
 
Forte, ist es Dir im Ernst lieber, mit Pappnasen über Bildkomposition zu sprechen? Über Dinge, die man manchmal kaum verbalisieren kann, die man fühlt oder eben nicht? Ich rede lieber übers Equipment als mir dummes Geschwätz von Möchtegerns anzuhören ...

Und als Betrachter habe ich eine Riesenscheu, mit dem Künstler über dessen Werk zu reden. Ich halte das für vermessen. Worüber ich reden kann, sind MEINE Empfindungen, MEINE Gefühle. UNd eben - sofern für mich von Interesse: Technik.
 
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Doch, doch Fisherman,

das ist manchmal sogar aufschlussreich und oft lustig

Technische Hilfsmittel setzt man ein oder nicht. Darüber zu reden bringt mir nichts.
 
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Rebecca, Dein Freund hat mich leider ein bisschen an mich selbst erinnert. Seit ich angefangen habe, mich für die Technik des Instruments zu interessieren und sogar selbst ein wenig herumzubasteln, geht mit eine Schwebung, eine Schärfe, ein um ein halbes Gramm schwererer Anschlag schon auf den Geist - obwohl mein Spiel bei Weitem kein professionelles Niveau erreicht.

Einerseits freue ich mich darüber, dass die Ohren immer feiner werden und solche Unterschiede wahrnehmen, andererseits ist es frustrierend, wenn man dann im Geiste den schönen und teuren Flügel schon wieder gegen etwas Besseres austauscht :(

Insofern nehme ich Deine Gedanken auf, denke auch an S. Richter, der der Überlieferung nach in sibirischen Bergbausiedlungen auf schrecklichen Instrumenten Konzerte gab - und die Zuhörer damit rührte. Vielleichtg braucht man etwas mehr Gelassenheit im Umgang mit der Unzulänglichkeit dieser Welt...

Es grüßt
Die Drahtkommode
 
Nö - aber off topic ;)
 
Technische Hilfsmittel setzt man ein oder nicht. Darüber zu reden bringt mir nichts.

Technische Hilfsmittel bringt man erstmal auf Vordermann (oder lässt es tun). Dann kommt der gescheite Einsatz.
Und wer sein technisches Hilfsmittel technisch ein wenig besser kennenlernt, kann es auch besser einsetzen [Edit: und kann es auch besser genießen].

Mir jedenfalls macht das Stimmen, Justieren, Reparieren und Experimentieren am Klavier mindestens genausoviel Spaß wie das Spielen. Und obgleich ich selbst ein einfaches Präludium kaum fehlerfrei gespielt bekomme, so merke ich schnell genug am Anschlag oder Ton eine Ungleichmäßigkeit. [Noch'n Edit: ist sie erst behoben, spielt es sich gleich ganz anders.]
 
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Ich hatte hier in Russland die schrottigsten Instrumente, die man sich vorstellen kann zum üben. Die waren nicht nur verstimmt (teilweise so sehr, dass man hingucken musste), sondern auch oft sehr kaputt - klemmende Tasten (grauenhaft!!!!!!), gerissene Saiten, klappernde Tasten, von Intonation oder Gleichmäßigkeit braucht man gar nicht erst zu reden. Auf solchen Dingern kann man ein Stück nur bis zu einem gewissen Grad üben, dann geht es um so filigrane Feinheiten, dass so ein Instrument die nicht mehr hergibt.
Es war jedes Mal ein Wohltat und große Überraschung, auf einem besseren Instrument zu spielen (im Unterricht wars etwas besser), und ich habe mich gewundert, wie leicht und gut es doch auf einmal funktioniert, wenn der Flügel mehr kann. Das ist der positive Effekt: Wenn man sich lange auf kaputten Flügel abrackert und ihnen mit Mühe die schönsten Klänge zu entlocken versucht, gelingts auf guten natürlich viel leichter.
Das geht aber wie gesagt nur bis zu einem gewissen Grad. Wenn einem dauerhaft das "obere Drittel" verwehrt bleibt, kann man sich nicht gut auf Konzerte vorbereiten.

Von einzelnen Tönen, die nicht ganz stimmen, ist da natürlich nicht die Rede, und auch nicht davon, obs jetzt Steinway, Schimmel, Yamaha oder Young Chang ist. Ich habe mich früher auch über sowas aufgeregt und hoffe, dass ich die Qualität der deutschen Hochschulinstrumente jetzt endlich mal zu schätzen weiß.

Aber es macht doch auch einfach Spaß, sich über sowas aufzuregen, denn es sind verhinderbare Missumstände, deren Nichtvorhandensein die Qualität des Spiels wenigstens um 0,1% steigern könnte... :D
Ich habe kürzlich das Schumann-Konzert hier gehört, da war eine einzelne Taste ganz grauenhaft verstimmt. Ich denke, da hat sich der Pianist sicher drüber geärgert, das sollte im Konzert nicht sein.
 

@Blüte: genau das meine ich mit "nicht stören" vonseiten des Instruments. Schon klar, dass schlimme Verstimmungen oder nicht funktionierende Tasten furchtbar sind...
Aber dass man sich auf den Boden wirft und nicht mehr üben will, weil ein Ton minimal härter ist als ein anderer, das ist doch wieder was anderes ;)
 
ich würde erstmal vermuten, dass derart fanatische präzisionansprüche an das instrument eine fortsetzung des auf die praxis gerichteten pianistischen ehrgeizes darstellen, was an sich doch recht unbedenklich ist.
sobald sich solche ansprüche jedoch als hindernis zum üben erweisen, muss man von einer zwangsneurose sprechen.

Dito.
Das sage ich dem betreffenden nächstes mal am Telefon (und mache mich gleich noch unbeliebter ;) )
 
Mich erinnert sie ein wenig an die Gespräche früher aus dem HIFI-Highend-Bereich, welche Lautsprecherkabel, und wie den Plattenspieler aufstellen, Goldkontakte und dergleichen Chichi. Jeder ernstzunehmende Tonmeister kann darüber nur müde lächeln (oder bastelt selbst ein chic gestyltes Kästchen, das zwar nix kann, aber das sich für teuer Geld verkaufen läßt)
(da fällt mir noch der unsportliche Hobby-Biker ein, der Unsummen für Fahrrad und zugehöriges (und natürlich dringendst benötigtes) Marken-Profi-Equipment investiert, aber bei keinem Dorfrennen über den Trostpreis hinauskommt... sowas gibts... in jedem Hobbybereich)
 
oder ein hübsches beispiel aus dem bereich der edm-produktion: gibt genügend leute, die sich hardware (mixer, synthesizer, drumMachines) für unsummen an geld hinstellen und dann nicht einen ordentlichen track im jahr rausbringen. ein anderer produziert nur auf einem uralten laptop einen hit nachm anderen.

da steckt wohl tatsächlich so ein denken hinter: "wenn ich xxxxx mache/kaufe, dann bin ich wie xxxxx und kann somit auch xxxx".

was die sache mit dem kla4klang angeht: da kann ich mir auch gut vorstellen, dass es quasi kein zurück mehr gibt, wenn man erst anfängt sich mit den ganzen feinheiten detallierter zu befassen. wie bei einem chirurgen, der vermutlich an keinem menschen vorbeigehen kann ohne sich seine innereien vorzustellen :-D
 
(da fällt mir noch der unsportliche Hobby-Biker ein, der Unsummen für Fahrrad und zugehöriges (und natürlich dringendst benötigtes) Marken-Profi-Equipment investiert, aber bei keinem Dorfrennen über den Trostpreis hinauskommt... sowas gibts... in jedem Hobbybereich)

Genau der, der mit 15 kg Übergewicht/Bierplautze und werbebedrucktem Spandex-Trikot auf dem gewichtsoptimierten Schönwetter-Carbonrenner sitzt...
 
Mich erinnert sie ein wenig an die Gespräche früher aus dem HIFI-Highend-Bereich, welche Lautsprecherkabel

aber man hört doch das sauerstoffarme Kupferkabel...!! :D:D (war ein Scherz)

Echt geil, was ich gerade gelesen habe (für die Kenner)

"Nicht selten lassen sich mehr als 50 % der Klangverbesserung am Lautsprecher auf das Lautsprecherkabel zurückführen". Aber das beste: hunderte von Euros teure Kabel verhindern schließlich "undefiniertes Verhalten der Elektronen". Und dann noch die ganzen "undefinierten Kontaktstellen" innerhalb normaler Kabel... :D
 
Bei anderen Instrumenten ist es aber auch nicht besser. Da kommen eher noch zusätzliche Elemente dazu (Bögen bei Streichern, Blättchen/Rohre bei Holz-, Mundstücke bei Blechbläsern; unterschiedliche Bauformen und Spezialinstrumente....). Dazu dann noch diverse Voodoohilfsmittelchen für besseren Klang oder leichteres Spiel und dergleichen. Bestimmte Kombinationen sind dann halt unübertrefflich, andere wiederum gehen gar nicht.... Dagegen ist es bei den Klavieren ja noch richtiggehend friedlich. :D:D

Letztlich bleibt es eben bei der unfreundlichen Tatsache, daß der überwiegende und entscheidende Anteil am klanglichen Ergebnis vom Musiker und nicht vom Instrument abhängt. (Und mit der Zeit bin ich auch mehr und mehr davon überzeugt, daß dabei der bloße (Schön-)Klang noch am unwichtigsten ist.)
 

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