Chopin Balladen - muss man alle spielen?

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Dommm3E

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Liebe Leute,

ich habe schon vor längerer Zeit Chopin's erste Ballade gespielt. Mit der zweiten habe ich mich auch immer mal wieder beschäftigt, allerdings nicht bis zu einem angemessenen Level. Mir gefällt (natürlich!) die letzte Ballade extrem gut. Wie schwierig ist sie - aus technischer Sicht - einzuschätzen? Ich erinnere mich, dass meine ehemalige Klavierlehrerin gesagt hat, ich solle erst noch die anderen beiden Balladen spielen. Diese sagen mir aber nicht so sehr zu, dass ich sie wochenlang üben möchte.

Gruß
Dominik
 
Ich wollte auch die vierte spielen und habe in der Tat vorher die drei anderen gespielt. Die vierte ist schon viel Arbeit, was daran liegt, dass sie länger ist als die anderen, die technischen Herausforderungen sehr vielfältig sind (klanglich und motorisch, wenn man das so trennen möchte...) und der Anspruch durchgehend hoch ist. Also nicht falsch verstehen, natürlich ist in der Musik immer der Anspruch hoch, aber in den anderen Balladen kam es mir eher so vor, dass ich zwischendurch "Entspannungsmomente" hatte, weil Dinge nicht ganz so anstrengend waren. Mittlerweile ist die vierte aber auch schon wieder Jahre her.

Rückblickend fand ich sie weniger schwierig als befürchtet. Kann aber daran liegen, dass ich die Latte sehr hoch gehängt hatte. Ich sage immer, dass ich die Coda der 1. Ballade am anspruchsvollsten finde von allen technischen Schwierigkeiten aller Balladen. In der 4. kann man mit guten Fingersätzen sehr viel Arbeit sparen, in der 1. nicht. 3 liegt am wenigsten gut, hat aber nur ein paar wenige unangenehme Stellen, 2 ist relativ kurz und die technischen "Hürden" sind weniger vielfältig, außerdem finde ich gerade die zweite auch wunderschön und viel zu wenig gespielt.
 
außerdem finde ich gerade die zweite auch wunderschön und viel zu wenig gespielt.
Geht mir auch so, eine meiner ersten Klassik-CDs war eine alte Richter-Aufnahme der Balladen. Die liebe ich heiß und innig. Gerade, wie er den Mittelteil der zweiten spielt, ist wirklich großartig.
Zur Schwierigkeit kann ich nicht viel beitragen, ist noch über meinem Niveau. Meine KL meint allerdings, die erste und die vierte seien die schwersten. Henle gibt der vierten sogar eine glatte 9.
 
Vielen Dank für die Antworten :-)
@Curby: Das "müssen" im Titel ist natürlich nicht 100% wörtlich zu nehmen. Aber grundsätzlich handhabe ich es eigentlich auch so wie du. Trotzdem finde ich Meinungen wie oben immer hilfreich, da sie einem doch etwas helfen, das Werk einzuschätzen.

Ich finde die zweite Ballade auch sehr schön, insbesondere den Mittelteil, mir ist aber immer wieder die Lust vergangen beim Üben der letzten 1-2 Seiten. Nachdem irgendwann 90% meiner in die Ballade gesteckten Zeit nur noch dafür da waren, ein einigermaßen ordentliches Tempo draufzubekommen, habe ich irgendwann keine Lust mehr gehabt ;-)
 
Nun, Claudio Arrau sagte soweit ich weiß auch, dass man immer alle Werke eines Zyklus spielen muss. Ob damit nun sowas wie die Waldszenen als Ganzes oder alle Balladen Chopins als Ganzes gemeint sind - das weiß ich nicht.

Ich persöhnlch halte da wenig von.
 
Insbesondere als Amateurpianist, wenn man doch deutlich weniger Zeit reinsteckt als "Profis" und trotzdem auf einem hohen Level spielt (zumindest was die Auswahl der Stücke angeht, wie gut man diese spielt ist eine andere Frage...), finde ich das auch sehr schwer umsetzbar. Ein Stück wie die Chopin-Balladen würde für mich bei normalem Übepensum bedeuten, dass ich mindestens 6 Wochen, eher 10, daran sitze, und daneben keine weiteren Stücke auf diesem Level üben kann. Warum sollte ich das tun, wenn es mir nicht gefällt? ;-)
 
Nun, Claudio Arrau sagte soweit ich weiß auch, dass man immer alle Werke eines Zyklus spielen muss. Ob damit nun sowas wie die Waldszenen als Ganzes oder alle Balladen Chopins als Ganzes gemeint sind - das weiß ich nicht.

Ich persöhnlch halte da wenig von.

Die Balladen, Scherzi, Impromptus etc. sind doch kein Zyklus sondern eine Gattung, deren einzelne Kompositionen und Veröffentlichungen mit teilweise Jahren Abstand geschehen ist. Dies hat Arrau, wenn er so eine Aussage gemacht hat, bestimmt nicht gemeint.
 
So würde ich es eher auch verstehen. Trotzdem gibt es glaube ich einige KL, die der Meinung sind, man muss sich durch alle anderen arbeitet, um das Schwierigste (was auch immer das sein mag) "freizuschalten" :-D
 
So würde ich es eher auch verstehen. Trotzdem gibt es glaube ich einige KL, die der Meinung sind, man muss sich durch alle anderen arbeitet, um das Schwierigste (was auch immer das sein mag) "freizuschalten" :-D

Ja, da könnte man aber genau so gut auch andere Werke wählen, die auf dem Weg zur Lösung der jeweiligen technischen Schwierigkeiten des angestrebten Werkes hilfreich sind. Aber es hört sich schon verdammt gut an, wenn man sagen kann, dass man alle Balladen und Scherzi von Chopin spielen kann:-D. Für konservativ geschätzt 99 % der Amateure wird das jedoch ein Traum bleiben:cry2:;-).
 

Ganz ehrlich - ich kann mir vorstellen, dass er damit meinte, dass mann auch alle Werke z.B. einer kleinen Gattung (wie die Balladen - 4 Werke) oder einer Opus Veröffentlichung nacheinander spielen muss. Es gibt genug Leute die meinen, ja - man darf Beethoven op 27 2 nur nach op 27 1 oder alle Mazurken op.9 nacheinander und nicht einzeln spielen usw.
 
Ist halt die Frage inwieweit das Sinn ergibt. Bei den Chopin Preludes ist es ja mehr oder weniger offensichtlich, dass der gesamte Zyklus eine Art musikalische Geschichte/Reise ist und dass die Preludes einzeln (bis auf wenige Ausnahmen) relativ wenig rüberbringen - nicht zuletzt auch weil viele so kurz sind. Bei den Chopin Balladen finde ich das absolut nicht zutreffend. Und was Klaviersonaten angeht: Da ist es ja noch offensichtlicher, dass eine Sonate je ein Werk für sich darstellt.

Mein Ergebnis: Ich werde mich (irgendwann) doch mal mit der vierten Ballade beschäftigen, ohne vorher alle anderen zu spielen. Vielleicht werde ich vorher nochmal die ersten beiden wiederholen :-)
 
Es ist zwar schön, alle Balladen im Repertoire zu haben, man muss es aber nicht. Ich habe zum Beispiel 1-3 gespielt, mir die 4. aber noch nie ansatzweise zu Gemüte geführt. Das hat einfach damit zu tun, dass sie sehr viel Arbeits- und Zeitaufwand erfordert und ich einfach nie den großen Drang verspürt habe, das alles zu investieren. Es gibt auch noch so viel andere schöne Literatur, die es sich zu lernen lohnt....
 
Ganz ehrlich - ich kann mir vorstellen, dass er damit meinte, dass mann auch alle Werke z.B. einer kleinen Gattung (wie die Balladen - 4 Werke) oder einer Opus Veröffentlichung nacheinander spielen muss. Es gibt genug Leute die meinen, ja - man darf Beethoven op 27 2 nur nach op 27 1 oder alle Mazurken op.9 nacheinander und nicht einzeln spielen usw.

Das kann ich nicht nachvollziehen. Gerade in der Romantik war es so, dass der Markt gerade zu mit Miniaturen überschwemmt wurde. Sehr oft wurden Stücke zu einem Zyklus nur aus einem einzigen Grund zusammengefasst: Sie ließen sich als Zyklus besser verkaufen. Man kann sich auch mal ansehen, wie die Komponisten selbst mit ihren Zyklen umgegangen sind. Hat Liszt jemals alle Etudes d'exécution transcendante zyklisch aufgeführt? Hat Skrjabin* op.11 immer komplett aufgeführt? Nein, haben sie nicht. Warum sollte man sich also heute dazu genötigt fühlen, es so zu machen?

*Der hatte nicht mal ein Problem damit, nur einzelne Sätze aus Sonaten im Konzert zu spielen.
 
Das würde auch die merkwürdige Opus-Benennung und Gruppierung bei Rachmaninov erklären.
 
Die Romantik ist 150 Jahre her. Es ist ja nicht meine Meinung - sondern eine finde ich Beobachtung, dass vermehrt ganze Veröffentlichungen etc. zusammengefasst. Dann heißt es, wenn du X spielst, musst du im selben Atemzug auch B spielen, sonst ergibt A keinen Sinn :blöd:. Entsprechende Meiungen konnte ich hier im Forum immer wieder lesen, aber tut mir Leid ich bin kein guter Diskussionspartner, denn ich bin zu faul entsprechende Zitate rauszusuchen :-D
 
Es würde wohl einige Amateure erschüttern, wenn sie zu Chopins op.9 Nr.2 zwingend op.9 Nr.3 auch dazulernen müssen. Vielleicht darf man demnächst eine Beethoven-Sonate auch nur dann spielen, wenn man die anderen 31 auch spielt...:blöd:
 
..und wer Chopin op.28 Nr.4 spielen will, muss auch Nr. 3 und Nr. 5 machen :denken:
 
Es würde wohl einige Amateure erschüttern, wenn sie zu Chopins op.9 Nr.2 zwingend op.9 Nr.3 auch dazulernen müssen. Vielleicht darf man demnächst eine Beethoven-Sonate auch nur dann spielen, wenn man die anderen 31 auch spielt...:blöd:
Dann wird man sagen, der kann ja nur die Sonaten und seine Interpretation ist entsprechend beschränkt. Ich bin also dafür, dass wer eine Sonate spielen möchte, sogleich auch das gesamte Klavierwerk lernen muss. Am besten blind vom Blatt auswendig.

lg marcus
 

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