Chopin Balladen - muss man alle spielen?

Nun, Claudio Arrau sagte soweit ich weiß auch, dass man immer alle Werke eines Zyklus spielen muss. Ob damit nun sowas wie die Waldszenen als Ganzes oder alle Balladen Chopins als Ganzes gemeint sind - das weiß ich nicht.
Wenn es um die Gesamtwiedergabe im Rahmen eines Konzerts geht, dürfte es natürliche Grenzen geben. Alle Waldszenen sind in weniger als zwanzig Minuten zu schaffen, alle Chopin-Balladen hintereinander dauern schon knapp doppelt so lang. Möchte der Interpret im Verlaufe seines Klavierabends eine gewisse stilistische Bandbreite präsentieren, reduziert sich die dann noch verfügbare Zeit entsprechend. Soll das komplette Schaffen eines bestimmten Komponisten möglichst umfassend präsentiert werden, sieht die Sache natürlich anders aus. Meist wird durch die Konzeption eines Werkes (die Teile sind dann inhaltlich oder dramaturgisch aufeinander bezogen) bereits deutlich, ob eine Konzentration auf einzelne Sätze künstlerisch akzeptabel ist. Bei irgendwelchen Gala-Programmen dominiert sogar eine Art "Häppchen-Ästhetik", bei der am besten nur der jeweils populärste Werkteil aufgeführt wird, da man sonst ab der fünften Minute gepflegte Langeweile befürchtet. Demnach kommt es schon auf den jeweiligen Anlass an, wobei die erwähnten Gala-Programme vermutlich am wenigsten nach Arraus Geschmack gewesen sein dürften.

Die vier Balladen Chopins sind auf jeden Fall einzeln spielbar - da dürfte die Sachlage klar sein. Nimmt man als Kriterium die Prüfungsordnungen unserer Musikhochschulen, an denen sich unsere angehenden Profis der Beurteilung durch eine Prüfungskommission stellen müssen, ist das Angebot vollständiger Werke im Regelfall obligatorisch. Handelt es sich im Regelfall um eine mehrsätzige Sonate aus dem klassisch-romantischen Repertoire, sind alle Sätze des Werks vorzubereiten, auch wenn in der Prüfungssituation lediglich Einzelsätze oder Teilabschnitte aus praktischen Gründen vorzutragen sein sollten. Handelt es sich um groß dimensionierte Zyklen in womöglich mehreren Bänden (etwa Griegs Lyrische Stücke oder Mendelssohn-Bartholdys Lieder ohne Worte), ist eine Auswahl von Einzelsätzen statthaft, deren Zusammenstellung einem Programmteil wie einer klassisch-romantischen Sonate ebenbürtig wäre. Wer als Stück des 20. Jahrhunderts Messiaens "Vingt Regards" anbieten möchte, kann mit den zwanzig Sätzen ein komplettes zweistündiges Recital füllen. In den meisten Fällen wird man sich dann für eine Satzauswahl entscheiden können und müssen.

Man kann sich auch mal ansehen, wie die Komponisten selbst mit ihren Zyklen umgegangen sind. Hat Liszt jemals alle Etudes d'exécution transcendante zyklisch aufgeführt? Hat Skrjabin* op.11 immer komplett aufgeführt? Nein, haben sie nicht. Warum sollte man sich also heute dazu genötigt fühlen, es so zu machen?

*Der hatte nicht mal ein Problem damit, nur einzelne Sätze aus Sonaten im Konzert zu spielen.
Der Haken ist nur der, dass man vor ein oder zwei Jahrhunderten generell andere Programmkonzeptionen wählte. Das Konzert mit wissenschaftlich-fundiertem Anspruch zur Dokumentation künstlerischer Inhalte, bei dem man gefälligst lautlos konzentriert zuzuhören hat, hat sich eigentlich erst in den letzten Jahrzehnten in der heutigen Gestalt durchgesetzt. Dazu kommt eine veränderte Art des Hörens, wenn durch die Verbreitung auf Ton- und Bildträgern festgehaltener Darbietungen Werke auch abschnittweise auf Knopfdruck verfügbar sind. Außer der Live-Darbietung gab es einst gar keine Möglichkeit, Musik überhaupt hörend und sehend mitzuerleben.

"Genötigt fühlen" muss man sich heute auch noch nicht. Aber etliche Konventionen haben sich eben geändert - und Musik ist inzwischen für praktisch alle Bevölkerungsschichten verfügbar. Wer sich vor diesem veränderten Hintergrund von der Masse abheben und wahrgenommen werden möchte, wird die Erwartungen des anzusprechenden Publikums nicht einfach ignorieren können. Nicht zuletzt spielt ein Lang Lang auch für einen anderen Personenkreis als einst ein Claudio Arrau, um den Bezug zu einem bestimmten Zitat herzustellen.

LG von Rheinkultur
 
Das ist wieder 'ne ganz andere Hausnummer als: Muss man eine Sonate immer vollständig (kronenzackenabbrechend) spielen?
Wie gesagt, wenn man die Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule bestehen will, wird dies so sein. Ist dies nicht der Fall, weil keine Kommission über einen verfügt oder man sich seine Programme selbst nach Wunsch zusammenstellen darf, muss man im Prinzip gar nichts. Müssen muss man lediglich aufs Klo oder eines Tages mal ins Gras beißen. Egal, ob man alle Sätze der Sonate geübt hat oder nicht.

LG von Rheinkultur
 
Ich finde es interessant, was für eine Diskussion daraus geworden ist ;-) Man muss eben differenzieren zwischen: "Diese Werke muss man zusammenhängend in einem Konzert spielen" (einige Chopin Balladen?) oder "Diese Werke muss man alle einmal gespielt haben um sie künstlerisch/musikalisch/stilistisch/... richtig interpretieren zu können". Ich denke meine ehemalige Klavierlehrerin wollte mir bei den Chopin-Balladen vor Allem sagen: Wenn du nicht die ersten drei schonmal gespielt hast, bist du musikalisch noch nicht "reif" genug, um dich an die vierte zu wagen. Für mich stellt sich aber die Frage, ob es mir so viel weiter bringt, die beiden Balladen (2, 3) zu spielen, an denen sich mein Interesse (zumindest zum selbst spielen) in Grenzen hält, nur um "musikalisch reif" zu werden. Ich habe den Eindruck, dass die musikalische Reife letztlich auch viel durch Persönlichkeit und Lebenserfahrung kommt.
 
Ja, da könnte man aber genau so gut auch andere Werke wählen, die auf dem Weg zur Lösung der jeweiligen technischen Schwierigkeiten des angestrebten Werkes hilfreich sind. Aber es hört sich schon verdammt gut an, wenn man sagen kann, dass man alle Balladen und Scherzi von Chopin spielen kann:-D. Für konservativ geschätzt 99 % der Amateure wird das jedoch ein Traum bleiben:cry2:;-).

Meine erste Aufnahme war die von Katsaris. Ich habe immer davon geträumt alle 8 zu spielen. Balladen 1-3 und Scherzi 2&3 habe ich, der Rest wird noch folgen :-D
 
Ich denke meine ehemalige Klavierlehrerin wollte mir bei den Chopin-Balladen vor Allem sagen: Wenn du nicht die ersten drei schonmal gespielt hast, bist du musikalisch noch nicht "reif" genug, um dich an die vierte zu wagen. Für mich stellt sich aber die Frage, ob es mir so viel weiter bringt, die beiden Balladen (2, 3) zu spielen, an denen sich mein Interesse (zumindest zum selbst spielen) in Grenzen hält, nur um "musikalisch reif" zu werden.
Das Ziel, ausgerechnet die vermutlich schwierigste vierte Ballade einzustudieren, lässt sich durchaus auch auf anderem Wege erreichen: Einige der heikelsten Aufgaben werden in anderen Werken Chopins thematisiert und verarbeitet. Wer also bestimmte Einzelnummern aus den Etüden-Zyklen der Opera 10 und 25 drauf hat, kommt mit der Ballade auch schon besser zurecht. Weitere Alternativen wurden in diesem alten Faden bereits genannt:
https://www.clavio.de/threads/4-chopin-balladen-und-jetzt.10891/

LG von Rheinkultur
 
Nun, Claudio Arrau sagte soweit ich weiß auch, dass man immer alle Werke eines Zyklus spielen muss.
Die 4 Balladen von Chopin sind kein Zyklus sondern einzelne Werke, jede steht für sich selber da.
Nicht anders ist es mit den meisten Klaviersonaten (Beethovens 32 sind eben so wenig Zyklus wie Skrjabins 10 oder Liszts 2)
Kreisleriana, Wanderjahre, Bilder einer Ausstellung - das sind Zyklen.
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Alle 4 Balladen sind im Bereich virtuoser, also technisch recht anspruchsvoller Literatur angesiedelt. Will man irgendeine davon mit Erfolgsaussichten angehen, dann sollte man von den 24*) Chopinetüden mehr als die Hälfte wirklich (!) können - dann werden die Balladen nur an ein paar wenigen Stellen spezielles technisches üben benötigen**)
Allerdings wird die 4. am meisten von den Übungsweisen benötigen, die nicht in den Etüden schon trainiert wurden, weil sie satztechnisch weiter von den frühen Etüden entfernt ist (wie auch die Barcarole, die Polonaise-Fantaisie, die Fantasie und die h-Moll Sonate) - will man´s noch ärger haben als dort, dann wählt man die komplette b-Moll Sonate (oder das Finale der in h-Moll) Chopin war "klaviertechnisch" nicht bei op.10/25 stehen geblieben (!)

Interessanter aber als spieltechnische Fragen sind die nach der Gattung (Balladen kennt man doch eher aus der Literatur bzw. musikalisch als Vertonungen, z.B. Schuberts Erlkönig, Löws Uhr usw) und nach ihrem jeweiligen Bezug zu literarischen Vorlagen/Anregungen von Adam Mickiewicz (am deutlichsten sind die Parallelen/Bezugnahmen in der 2. und 3. Ballade)

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*) für Schlauberger: ja, es gibt insgesamt 27 - nur sind die drei nachgelassenen so einfach, dass sie für die Balladen nichts nützen
**) das ist eigentlich interessant, denn gerade Akkordkaskaden und repetierte Doppelgriffe tauchen in den Etüden nicht auf - restlos alle anderen technischen Hürden, wie sie auch in den Balladen vorkommen, finden sich bestens abgehandelt in op.10 und op.25
(die auf den ersten Blick in Richtung Liszt weisenden Oktavversetzungen in der 1., 2. und 3. Ballade scheint Chopin für eine Selbstverständlichkeit gehalten zu haben)
 
..., dann sollte man von den 24*) Chopinetüden mehr als die Hälfte wirklich (!) können - dann werden die Balladen nur an ein paar wenigen Stellen spezielles technisches üben benötigen**)
Das macht mir Hoffnung, denn bis auf wenige Ausnahmen (op. 10 nos. 6 und 10; op. 25 no. 10) habe ich bisher alle Chopin Etuden durch. Zwar sicher nicht alle auf einem Niveau, dass man als "wirklich (!)" bezeichnen kann (d. h. 25/6 nicht ganz so schnell wie die Profis), aber ich würde schon behaupten, dass ich mehr als 12 davon zumindest einmal wirklich konnte.
 
(d. h. 25/6 nicht ganz so schnell wie die Profis)
(dann empfehle ich, erst noch eine Weile die chromatischen aufwärts Terzskalen in den Etüde zu üben, damit du dich nicht mit den Terzen der Coda herumärgern musst)
das sieht doch ansonsten nach relativ guten Karten aus :-) trotzdem die Frage: warum nicht was überschaubareres von Chopin, z.B. das 2. Scherzo? Das ist flott, wirkungsvoll und nicht so schwierig wie die f-Moll Ballade.
Ansonsten kannst du dir ja die Noten der Ballade anschauen (und heutzutage auch unschwer anhören, gerade hier empfehlenswert mit Rubinstein wegen der Deutlichkeit und Präzision) und dann mit dem vergleichen, was du von den Etüden schon technisch kennst (z.B. kurz vor der Coda eine Reminiszenz an op.25,12) -- und dann überlegen, was von den Etüden abweicht und was da genau passiert (da gibt es an Skrjabin erinnernde polyrhythmische Stellen, gelegentlich eine brachiale Akkordprügelei, ein beinah lisztiges vollgriffiges quasi Liebestoddickicht usw.) und ob du ähnliches schon mal gespielt hast, oder ob das eher mehr Neuland für dich ist. Wenn zu viel manuelles Neuland drin sein sollte (ich weiß ja nicht, was du alles kannst oder nicht kannst) dann warte noch mit der Ballade und spiel erst mal paar andere Sachen.

(da dir op.25,10 bislang fehlt, könnte es sein, dass dich ein paar sehr schnelle linke Hand Oktaven in 16tel Triolen plagen werden)
 

das sieht doch ansonsten nach relativ guten Karten aus :-) trotzdem die Frage: warum nicht was überschaubareres von Chopin, z.B. das 2. Scherzo? Das ist flott, wirkungsvoll und nicht so schwierig wie die f-Moll Ballade.
Das zweite Scherzo habe ich bereits vor knapp 10 Jahren gespielt, das erste auch (aber nicht vor 10 Jahren). Gefallen mir beide gut, aber nicht so wie die Balladen (wohl eher wegen dem "Gere").
Etwas OT, aber ausgerechnet mit dem zweiten Scherzo habe ich als Schüler (also Schule-Schüler) mal eine schrecklich ernüchternde Erfahrung gemacht. Ich hatte bei einem Austausch spontan die Chance, auf einem Flügel vorzuspielen. Zu diesem Zeitpunkt (ich war 17) war das 2. Scherzo aufgrund der technischen Herausforderungen das einzige, was ich aus dem FF ohne Noten spielen konnte. Die Audienz war kaum begeistert. Danach spielte ich ein selbstgeschriebenes Cover des damaligen Songs "Apologize". Trivial, einfach (musikalisch wie technisch). Erst dann waren plötzlich alle begeistert. Klar - das Publikum bestand hauptsächlich aus Schülern und einigen Lehrern (Banausen) und mir war eigentlich vorher klar, dass es so laufen wird. Aber der Unterschied war so deutlich, dass es mich doch nachhaltig erschüttert hat ;-)

Ansonsten kannst du dir ja die Noten der Ballade anschauen (und heutzutage auch unschwer anhören, gerade hier empfehlenswert mit Rubinstein wegen der Deutlichkeit und Präzision) und dann mit dem vergleichen, was du von den Etüden schon technisch kennst (z.B. kurz vor der Coda eine Reminiszenz an op.25,12) -- und dann überlegen, was von den Etüden abweicht und was da genau passiert (da gibt es an Skrjabin erinnernde polyrhythmische Stellen, gelegentlich eine brachiale Akkordprügelei, ein beinah lisztiges vollgriffiges quasi Liebestoddickicht usw.) und ob du ähnliches schon mal gespielt hast, oder ob das eher mehr Neuland für dich ist. Wenn zu viel manuelles Neuland drin sein sollte (ich weiß ja nicht, was du alles kannst oder nicht kannst) dann warte noch mit der Ballade und spiel erst mal paar andere Sachen.

(da dir op.25,10 bislang fehlt, könnte es sein, dass dich ein paar sehr schnelle linke Hand Oktaven in 16tel Triolen plagen werden)

Die von dir genannten Stücke habe ich zwar noch nicht gespielt, aber ich spiele generell viel (seit ich keinen Unterricht nehme sogar fast nur noch) Chopin und Liszt. Wenn ich mir die Noten der 4. Ballade ansehe, habe ich den Eindruck, dass sie (für mich persönlich) schwieriger ist, als Liszt h-moll Sonate, die ich abgesehen von den ganzen Oktav-Passagen recht gut im Griff habe (die Oktavpassagen fallen mir so schwer, dass ich daher niemals behaupten würde, ich könnte die Sonate spielen ;-) )
 
aber ich spiele generell viel (seit ich keinen Unterricht nehme sogar fast nur noch) Chopin und Liszt. Wenn ich mir die Noten der 4. Ballade ansehe, habe ich den Eindruck, dass sie (für mich persönlich) schwieriger ist, als Liszt h-moll Sonate, die ich abgesehen von den ganzen Oktav-Passagen recht gut im Griff habe (die Oktavpassagen fallen mir so schwer, dass ich daher niemals behaupten würde, ich könnte die Sonate spielen ;-) )
...schau an, gibt es nur "die Oktavpassage" in Liszts Sonate, oder plagt der Franz aus Ungarn die Leute mit mehr davon in diesem Stück? ;-)

...schön dass die Liszt Sonate mittlerweile leichter als die f-Moll Ballade ist!! Hoffen wir, dass diese Entwicklung zügig voranschreitet, sodass dann nachfolgend auch Petrouchka und Gaspard leichter werden :-D:-D:-D
 
...schön dass die Liszt Sonate mittlerweile leichter als die f-Moll Ballade ist!! Hoffen wir, dass diese Entwicklung zügig voranschreitet, sodass dann nachfolgend auch Petrouchka und Gaspard leichter werden :-D:-D:-D

Ich weiß gar nicht, was du hast. Nach der Henle-Einteilung ist die Ballade sogar schwieriger als die Tannhäuser-Paraphrase. Da könnte man das Ding mit der
Zitat von Hector Berlioz:
doch prima zwischendurch als Vorübung einschieben.

:lol::lol::lol:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ok @rolf jetzt weiß ich was du meinst. Ich finde, dass da trotzdem eine enge "Verwandschaft besteht. Jedenfalls habe ich es ähnlich empfunden.

Achja und... wenn Oktaven auch Doppelgriffe sind, kommen in op. 10,9 ganz viele davon vor.
:lol::lol::lol:
 
Ich konnte mir denken, dass so etwas kommt ;-). Vermutlich ist die 4. Ballade schon "leichter" als die h-moll-Sonate. Letztere hat für mich sowieso einen ganz besonderen Stellenwert, da ich schon als Kind davon träume, sie eines Tages mehr oder weniger spielen zu können. Daher habe ich schon mehr Arbeit reingesteckt, um sie ansatzweise zu spielen, als ich in die 4. Ballade stecken möchte - ehrlich gesagt. Außerdem sprach ich davon, dass das nur mein Eindruck ist, wenn ich mir die Noten anschaue.
@rolf Außerdem hab ich ja die Mehrzahl Oktav-Passagen benutzt ;-) Ich denke dabei insbesondere an die kanonartigen Oktaven relativ am Anfang und natürlich an das Prestissimo in der Endphase.
 
Die 4 Balladen von Chopin sind kein Zyklus sondern einzelne Werke, jede steht für sich selber da.
Nicht anders ist es mit den meisten Klaviersonaten (Beethovens 32 sind eben so wenig Zyklus wie Skrjabins 10 oder Liszts 2)
Kreisleriana, Wanderjahre, Bilder einer Ausstellung - das sind Zyklen.
Eine Sonderform sind dann wohl große Sammlungen in mehreren Bänden, deren komplette Darbietung mindestens einen kompletten Klavierabend lang dauert, beispielsweise Griegs Lyrische Stücke oder Mendelssohn-Bartholdys Lieder ohne Worte. Wenn Du mit den "Wanderjahren" allerdings Liszts "Pilgerjahre" meinst, hast Du im Gegensatz zur Kreisleriana oder den Bildern einer Ausstellung wieder so ein mehrbändiges Großwerk erwischt, mit dem Du gleich drei Klavierabende füllen kannst.

Überschaubare Zyklen bei Schumann wären beispielsweise die Waldszenen, Carnaval, der Faschingsschwank aus Wien oder die Kinderszenen. Eine Art Sonderstatus käme den Novelletten zu, die man komplett oder einzeln gleichermaßen spielen kann. Eigenständige Stücke, die im Gegensatz zu Chopins Balladen aber im gleichen Zeitraum entstanden sind.

Da der in der Gestaltung seiner Programme eigenverantwortlich entscheidende Solist in der Regel eine Kombination unterschiedlicher Werke zusammenstellen wird, dürfte ein groß dimensionierter Zyklus, der länger als eine Konzerthälfte (vor oder nach der Pause) dauert, schwierig in eine Konzeption zu integrieren sein. Einem bestimmten Anlass gewidmete Portraitkonzerte oder Jubiläen (oft im Rahmen eines ganzen Festivals) sind dann manchmal eine bessere Gelegenheit, "sperrige" Sachen konzeptionell sinnvoll zu verarbeiten.

LG von Rheinkultur
 

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