Re: Online-Chang-Erfahrungen
Zitat von Klavirus:
Hallo,
als ich hier neu war, las ich in verschiedenen Threads immer wieder vom Online-Chang. Vor einem Jahr stieß ich selbst durch Zufall darauf und seitdem übe ich nach diesen Tipps.
Es gibt ja hier verschiedene Ansichten, was die Nützlichkeit betrifft. Manche kennen die "Methode" aus dem Klavierunterricht, anderen sind Übungsanleitungen eher unbekannt, da sie auf sich selbst gestellt sind. Ich hatte auch nur sehr wenig Anleitungen, was das Vorgehen beim Üben betrifft. Im Nachhinein sehe ich die "Zeit VOR Chang" als Gewurstel...
Und seit kurzem wird der Link
http://foppde.uteedgar-lins.de/contents.html#Inhalt auch noch als Staffelstab weitergegeben (mehr oder weniger konsequent).
Jetzt möchte ich von Euch einfach mal Erfahrungswerte wissen. Habt Ihr nach Befolgen der Tipps Erfolge erzielt, wenn ja welche etc.?
Klavirus
:idea:
Hallo Klavirus,
ich kann den Kult um Chang ehrlich gesagt nicht nachvollziehen.
Neben ein paar korrekten Aussagen, die aber auch nicht bahnbrechend neu sind, findet man schon einige abenteuerliche Behauptungen.
Mondscheinsonate, 1.Satz ohne Pedalwechsel spielen?!
http://foppde.uteedgar-lins.de/c1ii25.html#c1ii25b
Ich hab's grade probiert, Es klingt auch dann noch sch... wenn man sehr sorgfältig die Melodie herausintoniert, kann auch gar nicht anders sein, denn die tiefen Bässe klingen im Verhältnis zu den höheren Tönen einfach zu lange.
Sicher muß man sehr enge Pedalwechsel machen, die der Hörer gar nicht wahrnehmen darf.
Was mich am meisten stört, Chang schreibt so gut wie nie über Musik.
Keine Silbe darüber, wie wichtig es ist und vor allem wie man die schwierige Aufgabe bewältigt, die großen Melodiebögen zu halten und die Melodietöne überhaupt dynamisch von der Begleitun abzusetzen. Dies ist für mich das zentrale Problem bei dem Stück.
Bezüglich Changs Behauptungen zu
Chopins Fantaisie-Impromptu, Op. 66 streuben sich mir die Haare.
In Wahrheit ist das ein ziemlich einfach zu lernendes Stück!
Sie werden ungefähr 2 Jahre Unterricht benötigen, bevor Sie mit diesem Stück beginnen können
http://foppde.uteedgar-lins.de/c1ii25.html#c1ii25d
Ein gefährliche Aussage, weil es den "fortgeschrittenen" Anfänger und als solchen muss man jemanden bezeichnen der gerade 2 Jahre Klavier spielt, maßlos unter Druck setzt. Gab vielleicht ein paar Wunderkinder, auf die diese Aussage zutrift.
Der einfachste Weg das 3,4-Timing zu lernen, ist, es von Anfang an mit der endgültigen Geschwindigkeit zu tun. Versuchen Sie nicht, langsamer zu werden und herauszufinden, wo jede Note hingehört, weil zuviel davon eine Ungleichmäßigkeit in Ihr Spielen einführen kann, die Sie später nur sehr schwer wieder loswerden können.
Über das 4 gegen 3 Problem kann man trefflich streiten. Wenn überhaupt jemand das "sofort schnell" spielen kann, muss er vorher 2 gegen 3 mühelos gemeistert haben. Ist nach 2 Jahren Klavierunterricht selten der Fall.
Mozarts Rondo Alla Turca
Wie spielt man, damit die Musik wie Mozart klingt? Es gibt kein Geheimnis - die Anweisungen waren die ganze Zeit da! Es sind die Ausdrucksbezeichnungen auf dem Notenblatt; für Mozart hatte jedes Zeichen eine präzise Bedeutung, und wenn Sie jedes einzelne davon befolgen, einschließlich der Taktart usw., wird die Musik zu einer vertraulichen, komplizierten Konversation. Das "einzige", das Sie tun müssen, ist, die Bezeichnungen auf dem Notenblatt mit der größten Genauigkeit zu befolgen und den Drang zu unterdrücken, einen eigenen Ausdruck hinzuzufügen.
http://foppde.uteedgar-lins.de/c1ii25.html#c1ii25c
Natürlich muss man das Rondo mit sehr natürlichem Ausdruck spielen, aber um das zu erreichen muss man ganz genau wissen wo man "hin" spielt. Gerade weil nicht viel in den Noten steht, muss man sich selbst den Kopf zerbrechen wie man die Musik "natürlich" zum klingen bringt. Ein Computer, der die Noten einfach metronomisch abspielt wird das nicht können, selbst wenn man alle Vortragszeichen mit einprogrammieren würde.
Gruß
Franz Titscher, Klavierlehrer in München