Absolutes Gehör

Debösi

Debösi

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5. März 2017
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Unlängst habe ich einen Thriller gesehen, in dem ein Sonarspezialist ein Passwort aus dem Geräusch der Tasten rekonstruiert hat. Das mag in dieser Ausprägung zwar Kintopp gewesen sein, aber vorstellen kann ich mir das schon.
Ich kann mich erinnern, dass ich als Kind die Musiklehrer in der Schule mit der Fähigkeit verblüffen konnte, Klaviertöne und Tonarten unverzüglich zu identifizieren. Inzwischen ist diese nette Fähigkeit weitgehend verloren gegangen. Allerdings passiert es mir heute oft, dass ich genau um einen halben Ton zu hoch rate und das mit einer Sicherheit, dass ich Haus und Hof verwetten würde. Ich bin mir auch sicher, nicht relativ zu bestimmen. Ich weiß es einfach. Auch wenn es konstant um einen halben Ton zu hoch daneben ist.

Dass es nichts mit Musikalität zu tun hat, ist allgemein bekannt (Richard Wagner). Unsere Katze kann ihre Futterschüsselchen zielsicher von unserem Geschirr am Geräusch unterscheiden (die hört aber auch bis 60 kHz).

Meine Frage: Gibt es solch ausgeprägte Phänomene wie bei dem Sonarspezialisten? Kann man so etwas trainieren, lernen, verfeinern, vergessen, gibt es Abstufungen?
 
Meine Frage: Gibt es solch ausgeprägte Phänomene wie bei dem Sonarspezialisten? Kann man so etwas trainieren, lernen, verfeinern, vergessen, gibt es Abstufungen?

Zunächst: Es gibt kaum etwas was es nicht gibt. Wie bei allen Fähigkeiten, die die Natur/Genetik sozusagen als Sonderausstattungen verteilte: Ja, kann man "trainieren, lernen, verfeinern, vergessen", und Abstufungen gibt es natürlich auch.

Aber kein Mensch kann prognostizieren bis zu welchem Grad oder wie genau die Abstufungen sich manifestieren. Das muss man ausprobieren.

Und sich zuvor überlegen, ob die Investition (Zeit/Mühe) sich lohnt... Blindgeborene (aber auch Erblindete) schärfen in Ermangelung des für Menschen sehr essenziellen Sehsinnes gezwungenermaßen ihre anderen Sinne in unvorstellbarem Maße.

Niemand weiß genau, wie andere Menschen wahrnehmen. Man geht davon aus, Artgenossen nehmen völlig identisch wahr, aber noch nicht einmal das stimmt! Meistens sind es die negativ auffallenden Defizite, die einen Namen bekommen (Achromatopsie, Prosopagnosie, Parageusie etc.), aber nicht die "positiven" Abweichungen von der Norm.


P. S. Es gab vor einiger Zeit die Veröffentlichung einer Studie, in deren Verlauf getestet wurde, wie weit sich der menschliche Geruchssinn verfeinern lässt. Vorbild war natürlich die Spezies "Hund".
Die Veröffentlichung müsste ich aber suchen, und ich weiß auch leider nicht mehr genau, wie das Studiendesign oder die Ergebnisse waren. Nur so viel ist mir in Erinnerung geblieben: Keiner der Probanden konnte je einem durchschnittlichen Hund das Wasser reichen (wie auch, warum auch), obwohl selbstverständlich deutliche Verbesserungen erzielt wurden (wie auch nicht: alles was man trainiert wird besser, alles was nicht trainiert wird, geht verloren ["Use it or lose it"]).
 
Zuletzt bearbeitet:
Unlängst habe ich einen Thriller gesehen, in dem ein Sonarspezialist ein Passwort aus dem Geräusch der Tasten rekonstruiert hat. Das mag in dieser Ausprägung zwar Kintopp gewesen sein, aber vorstellen kann ich mir das schon.
Siehe hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Absolutes_Gehör#Sonstiges

Allerdings passiert es mir heute oft, dass ich genau um einen halben Ton zu hoch rate und das mit einer Sicherheit, dass ich Haus und Hof verwetten würde.
Siehe hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Absolutes_Gehör#Genauigkeit_des_absoluten_Gehörs
 
Auch hier gilt: Use it or lose it!

Was man trainiert kann man auf jeden Fall besser, als das was man nicht trainiert.

Babies können z.B. noch Affen der gleichen Art am Gesicht unterscheiden.
Späte, in einer kulutrell homogenen Blase aufgewachsen, sehen dann "alle Asiaten gleich aus".

Was mit den Augen geht, geht auch mit dem Gehör und jedem anderen Sinn.
 
Auch hier gilt: Use it or lose it!

Was man trainiert kann man auf jeden Fall besser, als das was man nicht trainiert.

Babies können z.B. noch Affen der gleichen Art am Gesicht unterscheiden.
Späte, in einer kulutrell homogenen Blase aufgewachsen, sehen dann "alle Asiaten gleich aus".

Was mit den Augen geht, geht auch mit dem Gehör und jedem anderen Sinn.

Das Gehör kann man trainieren, das absolute Gehör läßt sich nicht trainieren.
Man hat es oder hat es nicht, und irgendwann funktioniert es dann nicht mehr, wie bei Debösi:


Ich kann mich erinnern, dass ich als Kind die Musiklehrer in der Schule mit der Fähigkeit verblüffen konnte, Klaviertöne und Tonarten unverzüglich zu identifizieren. Inzwischen ist diese nette Fähigkeit weitgehend verloren gegangen. Allerdings passiert es mir heute oft, dass ich genau um einen halben Ton zu hoch rate und das mit einer Sicherheit, dass ich Haus und Hof verwetten würde.
Ich kenne haufenweise Kollegen, bei denen es genauso gekommen ist. Bei allen war das zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr der Fall.
 
Das Gehör kann man trainieren, das absolute Gehör läßt sich nicht trainieren.
Man hat es oder hat es nicht, und irgendwann funktioniert es dann nicht mehr.

Ja, und?

Die Frage war ja nach dem (Buchstaben-)Tastenerkennen des Sonarspezialisten.
Dabei geht es darum, eine Taste an ihrem Klang (nicht Ton, besser ausgedrückt: Geräusch) zu erkennen. Dabei hilft einem auch kein absolutes Gehör.
(BTW: Beim Sonarspezialisten kommt es auf das relative Gehör an, um die Intervelle, die durch den Dopplereffekt entstehen, zu erkennen. Und zusätzlich auf das qualitative Gehör, also die Wiedererkennung und Zuordnung von Geräuschen. Quelle: meine eigene Teilnahme an der EVP, Prüfungsteil Sonar)

Bei Flugzeugunglücken nutzt man die Aufnahmen des Voice-Recorders, um betätigte Schalter zu identifizieren. Ich weiß nicht, ob es nur durch Hören gemacht wird, oder ob technische Hilfsmittel (Laufzeitunterschiede zu den verschiedenen Mikrofonen) zum Einsatz kommen.
Zu lesen war darüber z.B. im Rahmen der Berichterstattung zum erweiterten Suizid des Eurowings-Piloten.

Edit: Ups, Germanwings war's, die wollten den beschädigten Namen ja loswerden ....
 
Die Frage war ja nach dem (Buchstaben-)Tastenerkennen des Sonarspezialisten.
Dabei geht es darum, eine Taste an ihrem Klang (nicht Ton, besser ausgedrückt: Geräusch) zu erkennen. Dabei hilft einem auch kein absolutes Gehör.
(BTW: Beim Sonarspezialisten kommt es auf das relative Gehör an, um die Intervelle, die durch den Dopplereffekt entstehen, zu erkennen. Und zusätzlich auf das qualitative Gehör, also die Wiedererkennung und Zuordnung von Geräuschen.
Wenn der Spezialist ohne Referenzton auskommen muss, braucht er doch ein absolutes Gehör.
 
Wenn der Spezialist ohne Referenzton auskommen muss, braucht er doch ein absolutes Gehör.

Die Aufgabe beim aktiven Sonar besteht darin den Tonhöhenunterschied zwischen ausgesendetem Ton und Echo festzustellen.
Würde man irgendwie den ausgesendeten Ton wegbekommen, bräuchte man in der Tat ein absolutes Gehör und das Wissen um die Frequenz des ausgesendeten Tons.

Bei der Aufgabe, einzelne Tasten einer Tastatur am Klang zu erkennen, geht es nicht um Tonhöhen, sondern um Geräuschqualitäten.
So wie man einen V8-Mercedes von einer Corvette (auch V8, für die Unwissenden) am Klang unterscheiden kann, oder wie es der Sonarspezialist mit den Antriebsgeräuschen (oder sogar Geräuschen von Hilfssystemen) von U-Botten kann. Diese unterschiede liegen aber nicht in einer Tonhöhe und haben nichts mit einer absoluten Tonhöhe zu tun, sondern mit anderen Qualitäten der jeweiligen Geräusche zu tun.

Wenn man mit einem Hammer auf einen Tisch schlägt, klingt es anders, als wenn man dies mit einem anderen Gegenstand tut. Dieses Beispiel verstehen vielleicht auch Laien.

Edit: Das Beispiel "Sonarspezialist" bezieht sich nicht auf ein absolutes Gehör, sondern ein trainiertes Gehör.
 
Absolutes Gehör ist doch das WIEDERERKENNEN von Tönen oder Geräuschen, also Frequenz/Zeit-Mustern, oft über lange Zeiträume hinweg.
Kann also absolutes Gehör verblassen?
Niemand ist doch mit einem Frequenzzähler oder Oszillographen im Kopf geboren.
 
@Sven wohlgemerkt: es geht auch um das Identifizieren von Geräuschen, die ja nichts anderes als eine Mischung verschiedener Frequenzen, deren Interferenzen in einem Zeitablauf darstellen.
 

Um wieviel Cent darf der absolute Hörer sich vertun?
:017:
 
So etwas gibt es, ja. Ich kann des auch am Ton unterscheiden ob meinen Familienmitgliedern eine Metall oder Porzellanschüssel runterfällt :lol:
 
@altermann 30 Pro-Cent?
 
@Sven wohlgemerkt: es geht auch um das Identifizieren von Geräuschen, die ja nichts anderes als eine Mischung verschiedener Frequenzen, deren Interferenzen in einem Zeitablauf darstellen.

Das gesamte Klangerlebnis hat dann aber keine identifizierbare Tonhöhe. Es ist eben kein Ton, sondern ein Geräusch.
Es gibt um einiges mehr Geräuscherkenner als Absoluthörer auf der Erde.
 

ALLES "verblasst", was nicht benutzt wird.

Auch die Sinne. Mein Mann hatte nach seinem Unfall wochenlang keine Brille auf und auch nichts gelesen, nicht in die Ferne geschaut. Danach ist er mich wegen seiner "Sehprobleme" fast verrückt gemacht. Wiederum wenige Wochen später: Sehprobleme weg. Der Sehsinn wurde wieder alltagsadäquat genutzt und erholte sich.

Wenn Du als Absoluthörer akzeptierst, dass man im Alter scheinbar "tiefer" hört (der Hörsinn als solcher "verblasst" leider im Laufe des Lebens) und dass Deine Fähigkeit hin und wieder mal wachgerüttelt werden muss um dauerhaft zuverlässig zu funktionieren, hat Deine betrübte Frage sich (hoffentlich) erledigt.
 
Um wieviel Cent darf der absolute Hörer sich vertun?
:017:
Siehe hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Absolutes_Gehör#Genauigkeit_des_absoluten_Gehörs

Manche Absoluthörer sind lebende Stimmgeräte, andere machen recht viele Fehler, sind aber noch immer deutlich besser, als es eine Zufallsverteilung erwarten ließe.
"Die Genauigkeit des absoluten Gehörs ist nicht pauschal bestimmbar."

Wenn Du als Absoluthörer akzeptierst, dass man im Alter scheinbar "tiefer" hört (der Hörsinn als solcher "verblasst" leider im Laufe des Lebens) und dass Deine Fähigkeit hin und wieder mal wachgerüttelt werden muss um dauerhaft zuverlässig zu funktionieren, hat Deine betrübte Frage sich (hoffentlich) erledigt.
Das hat in diesem Fall nichts mit "Wachrütteln" zu tun, denn auch absolut hörende professionelle Musiker beschreiben das Phänomen, gehörte Töne zu hoch einzuordnen.
 
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