absolutes gehör trainieren etc.

  • Ersteller des Themas xXpianOmanXx
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Hi NewOldie,

ja, faszinierend. ;-)

Das was ich geschrieben hatte ist natürlich ein sehr vereinfachendes Modell.

Etwas realistischer ist es, wenn man nicht nur von einer Abbildung des Klangspektrums und damit Reizung auf ein lineares Nerven-Band, sozusagen 1-dimensional, ausgeht, sondern mehr 2-dimensional auf eine Nerven-Fläche. Natürlich wird dann alles etwas komplexer. ;-)

Das Erkennen von Intervallen (rel. Hören) entspricht einer Reiz-Muster-Erkennung auf dieser Hörnervenfläche.

Das absolute Hören entspricht einer absoluten Lokalisation dieses Musters auf der Fläche.

Das Band oder Fläche der Gehörnervenzellen ist übrigens in der Gehörschnecke sozusagen aufgewickelt.

Jeder Mensch ist bis zu einer bestimmten Qualität fähig relativ oder absolut zu hören, da jeder Mensch einen hohen Ton von einem tiefen Ton auch ohne Referenz unterscheiden kann.

Diese primitivste Unterscheidung zw. hoch und tief reicht aber natürlich beiweitem nicht aus um einen Ton innerhalb unserer Tonleitern zu platzieren. Dazu muss diese Erkennung sehr stark verbessert/trainiert werden. Dieses Training findet aber dummerweise in einer frühen Entwicklungsphase hauptsächlich unbewusst statt und lässt sich wohl danach nur noch schwer verbessern.

Eine Frage ist auch wie genau der Ohrmechanismus das Klangspektrum physikalisch auf die Nervenfläche abbildet und dort aufgelöst wird. Das sind physische Werte, die kann man durch kein Gehirn-Training verbessern.

Gruß
 
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Insofern hören wir nicht was das, was IST, sonder das, was unser Gehör daraus macht.

Daran denke ich immer schön brav im Sinne naturwissenschaftlicher Erkenntnistheorie.
Nicht nur beim Gehör.:D

In diesem Zusammenhang wird Dir Kleists Aufsatz über das Marionettentheater sowie Lems futurologischer Kongress sehr gefallen! :) :) :)
 
Noch eine andere Frage in diesem Zusammenhang an die Absoluthörer:

Das Klavier ist ja wohltemperiert gestimmt, wodurch leichte Abweichungen vom reinen Ton (eigentlich vom reinen Intervall) entstehen.

Hat Euch dies anfangs irritiert oder ist die Abweichung so minimal, dass sie nur einem extrem genau hörenden Absoluthörer auffällt? Der Streicher kann ja offensichtlich enharmonische Verwechslungen vermeiden, also muss es einen hörbaren Unterschied geben.

Wie grauslich hört sich für Euch ein nur leicht verstimmtes Klavier an? Könnt ihr euer eigenes Spiel dann noch klanglich mitverfolgen?
 
Hallo Klimperline,

meines Wissens nach haben Absoluthörer durchaus eine Toleranzgrenze. Ein A wird zum Beispiel als solches erkannt, egal, ob es auf 443 oder 440 gestimmt ist.
Wenn mich jemand aus Jux fragt, was für einen Ton es gibt, wenn er mit der Gabel an sein Wasserglas schlägt, gebe ich den Ton an, der für mich am ehesten dran ist, obwohl so ein Wsserglas-B in den seltensten Fällen mit dem B auf meinem frisch gestimmten Instrument übereinstimmt.

Mithilfe diese Toleranzgrenze lassen sich auch auf einem pythagoräisch oder mitteltönig gestimmten Instrument ohne weiteres die entsprechenden Tonhöhen hören (mal davon abgesehen, dass ab einer Stimmung von 435 das ganze einen Halbton nach unten rutscht...)

Und ich glaube, Verstimmte Klaviere stören Absoluthörer nicht mehr und nicht minder als Relativhörer...;) es klingt halt scheußlich ^^

Liebe Grüße von Rebecca
 
Hi, ich spiele seit fast 12 Jahren Klaiver. Ich kann ohne Probleme Intervalle hören, bestimmen, erkennen und bin gerade dabei, mir ein absolutes Gehör anzutrainieren... Es braucht zwar sehr viel Zeit, aber die meisten Töne kann ich schon erkennen und bin daher auch fest davon überzeugt, dass es möglich ist, sich ein absolutes Gehör anzueignen. Natürlich muss man gut hören können, da man sonst die feinen Unterschiede zwischen den Tönen nicht wahrnehmen kann, aber prinzipiell ist es nicht unmöglich sich ein absolutes Gehör anzutrainieren! Intervalle hören usw geht aber auch ganz einfach ohne ((:

LG
 
Man kann sich kein absolutes Gehör antrainieren. Das ist auch durch Forschungsergebnisse belegt. Allenfalls kann man ein "kind of" absolutes Gehör haben, bei dem man ab und zuinstrumenten- und kontextabhängig Töne wiedererkennt (habe ich auch), aber das wirkliche absolute Gehör (bei dem man unfehlbar sofort sagen kann, welcher Ton es ist) muss sich im Alter von wenigen Jahren entwickeln (und zwar tut es das immer spontan, nie durch Übungen oder "Training"!), sonst tut es das nie mehr.
 
Wenn das absolute Gehör sich entwickelt, muss dann auch schon die Verknüpfung mit bestimmten Notennamen erfolgen? Oder reicht es, dass sich der Absoluthörer zunächst z. B. Lieder oder Kompositionen in der richtigen Tonhöhe alleine durch Anhören merkt, sie auch korrekt singen kann und später dann beim Erlernen eines Instruments als junger Erwachsener etwa eine Art Mapping vornimmt, bei dem den gespeicherten Tonhöhen noch Namen zugeordnet werden?
 
Bewundernswert war vor vielen Jahren ein Kandidat bei "Wetten dass", der vorgespielte, hoch komplexe Akkordkaskaden ( über den gesamten Tonumfang) tongenau und der Reihe nach aufzählen konnte, ohne Fehler zu machen.
Ist aber so lange her, dass ich nicht mehr sagen kann, ob der nicht Klavier-Prof war, was dann in einer solchen Sendung eigentlich anfechtbar ist, wenn Leute ihre Berufsqualifikation zur Schau stellen. Kann aber auch sein, dass der Akkordgeber ein Berufsgenie war. Man findet es unter youtube wohl leider nicht.
 
Ein absolutes Gehör trainieren ist nicht möglich. Wohl aber etwas, was ähnlich wirkt - einzelne Referenztöne sind möglich, und sobald man einen hat, hört man relativ auch alle folgenden.
Ich bin recht sicher, dass auch Vererbung eine Rolle spielt - ich hab sehr früh gesungen, habe dennoch kein absolutes Gehör, und auch sonst hat es in meiner Familie keiner.
Dagegen weiß ich von einigen Musikerfamilien, wo sowohl Kinder als auch mindestens ein Elternteil es haben. 1/10.000 halte ich für viel zu wenig. Vermutlich haben es deutlich mehr Menschen, ohne es zu wissen (ähnlich wie bei Synästhesie).

Mach ruhig trotzdem weiter mit deinen Übungen, die fördern das Hören bestimmt trotzdem.
 
Wenn das absolute Gehör sich entwickelt, muss dann auch schon die Verknüpfung mit bestimmten Notennamen erfolgen? Oder reicht es, dass sich der Absoluthörer zunächst z. B. Lieder oder Kompositionen in der richtigen Tonhöhe alleine durch Anhören merkt, sie auch korrekt singen kann und später dann beim Erlernen eines Instruments als junger Erwachsener etwa eine Art Mapping vornimmt, bei dem den gespeicherten Tonhöhen noch Namen zugeordnet werden?

...die Antwort dieser Frage würde mich auch interessieren. Ich kann mir zB. Tonhöhen merken, aber das nicht immer in Beziehung zu den Notennamen bringen. Das müsste ich dann ganz konkret lernen! Aber auf ein genau definiertes "a" bezogen, sonst bringt es mich wieder durcheinander. Wenn ich zB. eine Tonreihe "lerne", auf ein bestimmtes "a" bezogen, dieses "a" dann aber plötzlich geändert wird (zb. etwas tiefer angesetzt wird), kann ich es nicht mehr und muss alles wieder "neu aufbauen".

Ich muss mir immer "die Taste" des jeweiligen Instrumentes vorstellen. Wenn mir jemand zB. sagt, singe das "a" von deiner Orgel im Orgelraum, kann ich es mir vorstellen und annähernd nachsingen, genauso wenn ich an das "a" des Klavieres im Orgelraum denke, das etwas höher ist.

Ich habe definitv kein absolutes Gehör, reagiere aber ab und zu ähnlich, wie meine Bekannte, die ein absolutes Gehör besitzt (wenn Stücke höher oder etwas tiefer gespielt werden, muss ich erst´mal "umdenken", weil manches einfach absolut anders klingt, manche Intervalle sich sogar total "fremd" und "neu" anhören, oder: wenn ich Stücke, die ich noch nicht auswendig singen kann, vom Blatt singen muss und unser Dirigent zB. höher anstimmt, als angegeben, bringt es mich durcheinander. Ich sehe dann das "g´" auf dem Notenblatt, aber gesungen haben wir im Chor damals ein "a´".)

Ich musste in der Kantorenausbildung ein wirklich einfaches Stück, das ich aber noch nicht kannte, aus dem Gotteslob singen. Es war etwas zu tief für mich, also wurde es einen Ganzton höher gesetzt, eigentlich fast 1,5 cm höher (ich rechne immer so, da ich mir die Töne wie eine Skala von unten nach oben vorstelle und dort dann ansetze). Ich konnte NICHTS mehr. Ich bin immer wieder "runtergerutscht", in die Lage, die ich kannte. "Schau nicht auf die Noten"... aber dadurch, dass mir das Stück nicht bekannt war, konnte ich es nicht auswendig singen. "Wir sind jetzt in Es-Dur"... aber damit konnte ich noch weniger anfangen.

Ich glaube auch, dass man ein absolutes Gehör hat, und es nicht erlernen kann. Allerdings denke ich, dass man sich ein "gutes, relatives" Gehör schon antrainieren kann. Ein sehr spannendes Thema, wie ich finde. Das ganze Leben ist ja voller Töne ;-)
 

Hallo devaysa,
als ich zum ersten Mal von diesem Phänomen hörte, war ich fasziniert und irgendwie steckt da ja auch was mysteriöses dahinter, da man nicht genau weiß, inwieweit genau Erbfaktoren oder Musikunterricht in jungen Jahren Voraussetzung dafür sind, ein absolutes Gehör zu entwicklen oder zu behalten. Und für mich stecken auch noch im Detail weitere Fragen dahinter, z. B. wie genau ein absolutes Gehör (a.G.) meistens ist, z. B. ob es eine Abweichung von 1 Hz erkennt oder erst größere Abweichungen, und ab es von Anfang an da ist oder sich entwickelt usw. Ein Kind kommt ja auch nicht mit der Kenntnis von Notennamen auf die Welt und muss ja irgendwann die Erinnerung an Tonhöhen und die Namen der dazu gehörigen Noten lernen.

Und Tonhöhen sind ja an sich schon nichts absolutes, was immer und überall genormt wäre: Es gibt CD-Produktionen mit verschiedenen Tonhöhen, es gibt Instrumente, die durch die Bauart bedingt einen Ton a haben, der von 440 oder 443 oder was auch immer abweicht und in Indien wird eine Oktave nicht in 12 sondern in 22 Töne aufgeteilt. Außerdem wird im normalen Musikunterricht ja gar nicht unbedingt getestet, ob jemand ein absolutes Gehör besitzt, weil es für das Musizieren nicht erforderlich ist. Da frage ich mich, wie viele das a.G. haben, es aber gar nicht wissen und ob es im Kindesalter auf die Weise gezielt etabliert werden kann, wenn mit dem Kind geübt wird, Tonhöhen konkret zu benennen. Das relative Hörern (Intervalle, Tonleitern, Akkorde, etc.) gehört ja zu jedem guten Unterricht, aber Tonhöhen frei benennen können kam bei mir nicht vor und spielt in der Musik grundsätzlich ja keine Rolle, weil es normalerweise ausreicht, Tonhöhen von einem Bezugspunkt relativ zu bestimmen.

In Medien wird es oft als eine besondere Gabe für einen Musiker beschrieben, wenn er ein absolutes Gehör - ich erinnere mich daran, als ich es über Glenn Gould hörte. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass man selbst nur Musiker zweiter Klasse wäre, wenn man das a.G. nicht besitzt, aber das ist natürlich Quatsch. Am Ende frage ich mich immer noch, ob es eher ein Vorteil oder Nachteil ist.

Das muss wohl sehr unangenehm für dich gewesen sein, als du das transponierte Stück aus dem Gotteslob singen musstest und so irritiert warst. Bist du wirklich sicher, dass du kein absolutes Gehör hast? Wenn du den Ton a so genau im Ohr hast, noch dazu in verschiedenen Nuancen, sehe ich da schon eine starke absolute Referenz, denn ein Relativhörer ist normalerweise nicht so stark auf eine Tonhöhe fixiert, dass er sich einer Transponierung um 1 oder 2 Halbtöne nicht anpassen könnte. Und für mich spricht auch die Tatsache dafür, dass du Tonleitern auf jedem Ton neu "aufbauen" musst, ähnlich wie Absoluthörer Melodien nicht erkennen, wenn sie transponiert wurden. Es könnte ja sein, dass du das Gehör noch nicht auf die Tonhöhen von anderen Tönen als a "geeicht" hast und dies noch dazu dadurch verhindert werden könnte, dass du immer vom a als Bezugspunkt denkst, statt 11 neue Bezugspunkte zu definieren. Aber du hast dich bestimmt schon intensiver damit beschäftigt und gleiche Überlegungen widerlegen können.

LG
BP
 
Ich habe vor einiger Zeit dazu eine Radiokolleg-Reihe auf Ö1 gehört. Im Detail weiß ich es nicht mehr, aber das absolute Gehör ist anscheinend nicht angeboren, sondern kann erworben werden. Für die Entwicklung eines absoluten Gehörs ist es offenbar förderlich, dass in einer bestimmten Zeitspann der Kindesentwicklung Musikstücke wiederholt werden und zwar in der selben Tonhöhe. Wenn also Eltern einzelne Lieder immer in der jeweils gleichen Tonhöhe singen, ist es wahrscheinlicher, dass man später ein absolutes Gehör hat. Es geht dabei interessanterweise um die gleiche Zeitspanne, in der Kinder lernen Sprachlaute zu unterscheiden.

Was ich auch interessant fand, war die Info, dass Absoluthörer individuell unterschiedliche Referenztöne haben.

Auch Nicht-Absoluthörer sind zu Leistungen fähig, die man eigentlich Absoluthörern zuschreiben würde. So haben viele Leute einzelne Lieder absolut im Ohr. Man erlebt das auch manchmal in Chören. Stücke, die der Chor wirklich gut kennt, klappen auch ohne Tonangabe.

Das Ganze ist also keine binäre Sache haben oder nicht, sondern da gibt es ein breites Kontinuum an Möglichkeiten.

Absolut zu hören, hat Vor- und Nachteile. Als Chorsänger bin ich froh, dass ich nicht absolut höre.

Liebe Grüße
Gernot
 
Ich habe Morgens, bevor ich andere Töne gehört habe, meist ein a im Kopf und kann es recht treffsicher singen. Aber das war's auch. Nach der ersten Musik ist das weg. Trainieren hat bei mir nichts genützt.
 
Ein absolutes Gehör hat man, oder man hat es eben nicht. Antrainieren wird man es sich nie können, wenn man nicht schon ohnehin ein sehr gutes Gehör hat.
Das sogenannte absolute Gehör ist in der Regel immer antrainiert. Das tatsächliche absolute Gehör ist absolut selten anzutreffen und meist nur bei Personen mit Autismus anzutreffen. Beim absoluten Gehör weiß man sofort auf welcher Frequenz beispielsweise gerade der Kammerton liegt - so etwas habe ich in meiner 40 Jährigen Berufspraxis bisher nur ein einziges mal erlebt, das ein Kunde auf Anhieb wusste das sich der Kammerton bei ihm auf genau 436,5 Hz lag....ich hab nachgemessen, er lag bei 436,4 hz....wobei des Instrument bereits durchaus weiter an Höhe verloren haben könnte. Bei dem Kunden handelte es sich um einen Kannerautisten.

LG
Henry
 
Ich hatte mal einen Klavierstimmer da, der Absoluthörer war. Ich fand es ausgesprochen spannend den zu beobachten. Der schlug eine Taste Allegro an und der Stimmschlüssel machte dabei eine fliessende Bewegung. Natürlich war der wahnsinnig schnell fertig.
 
Offenbar ist das angeborene Absolute Gehör fürs Musizieren schlimmstenfalls sogar hinderlich. Da werden Klänge wohl tatsächlich "absolut" gehört, d.h. der Sinn für musikalische Spannungsverhältnisse muss erlernt werden. Nachvollziehen kann das ein normal ausgestatteter Mensch nicht, wenn die Betroffenen kein a' hören sd 443 Hz :denken: so wenig wie man synästhetische Wahrnehmungen nachvollziehen kann. Trainieren (durch Üben verbessern) kann man nur, was man schon hat.

@lidiilein
Diese spezielle Eigenschaft ist eine Anomalie des Wahrnehmungsapparats und nicht das "sehr gute Gehör", das man sich fürs Musizieren wünscht.

Was nichts daran ändert, dass es immer von Vorteil ist, am "guten Gehör" zu arbeiten.:super:

Jemand mit gutem Gehör kann z. B. ein Umweltgeräusch nachsingen und trifft auf Anhieb den passenden Ton auf der Klaviatur. Dafür muss er kein Absoluthörer sein.
 

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