wie oft vorspielen

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Debbie digitalis

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Liebe Forumfreunde,

zum Thema Vorspielen habe ich bzgl. meiner klavierlernenden Kinder eine wichtige Frage. Wenn ein Kind ein Instrument erlernt, dann ist das ja eigentlich nicht nur dafür gedacht, im stillen Kämmerlein nach Lust und Laune dann und wann Töne zu erzeugen.

Als mein Sohn mit vor einigen Jahren (im Alter von 10 Jahren) mit dem Keyboardspielen begann, war das auch überhaupt kein Problem. Er spielte nach nur drei Monaten Unterricht auf einem ihm nicht vertrauten Instrument eines Profi-Alleinunterhalters über eine Verstärkeranlage bei einer Geburtstagsparty seiner Patentante im Garten den Schneewalzer, den er kurz zuvor im Unterricht gelernt hatte. Er war überhaupt nicht aufgeregt, fand es auch sehr cool über einen Verstärker zu spielen, den man im ganzen Garten hörte und machte ähnliches in den darauffolgenden Jahren auch noch öfter bei diversen Feiern, die es in unserer großen Verwandschaft in dieser Zeit häufiger gab. Dann kam allerdings eine längere Zeit ohne runde Geburtstage in der Verwandschaft und der Privatlehrer, zu dem er eigentlich sehr gerne ging, hat selbst nie irgendwelche Vorspielrunden organisiert. Eine Zeit lang spielte er dann noch mal auf Aufforderung innerhalb der Famile etwas vor, aber das ließ dann auch im Zuge der Pubertät merklich nach. Auch ein Musizieren mit Freunden ergab sich nicht - die hatten alle ganz andere Interessen und so hat er schließlich mit 15 Jahren ganz aufgehört Keyboard zu spielen.

Es wäre schade, wenn bei meiner Tochter (10 Jahre), die seit zweieinhalb Jahren Klavierunterricht hat, die gleiche Entwicklung einträte. Sie spielt jetzt noch gerne in der Famile und bei Familienfesten ihre kleinen Stücke vor und hat auch bei einer größeren Vorspielveranstaltung der privaten Klavierlehrerin vor einem Jahr gerne und schön vorgespielt. Jetzt steht das nächste Vorspiel der Lehrerin aber erst in gut zwei Monaten an und meine Tochter hat mir schon gesagt, sie wüsste nicht, ob sie vor so vielen Leuten vorspielen könnte. Was kann man gegen eine solche Entwicklung bei Kindern tun?

Vielleicht hat ja einer von euch einen guten Tipp

Liebe Grüße
Dd:p
 
Hallo dd,

mein Sohn lernt Klavier auf einem musischen Gymnasium, er hat dort 1x monatlich ein Vorspiel, eben um die Situation "Spielen vor Publikum" zu trainieren. Finde ich super.
Als ich als Kind Klavier lernte, mußte ich nur 1x im Jahr vorspielen und empfand das als extrem stressig, hatte total Angst davor...
Auch jetzt spiele ich ungern vor - am liebsten eher "unbeteiligten" Zuhörern (also z.B. Familienclan sitzt beim Kaffee und unterhält sich...).
Ich glaube schon, daß man das üben kann, und 1x monatlich finde ich ganz gut!
 
Häufiges Vorspielen ist in jedem Fall gut, ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass die Angst und Nervosität merklich nachgelassen hat, je öfter ich aufgetreten bin. Irgendwann hat es sogar Spaß gemacht :D!

Allerdings ist es auch sehr schwierig umzusetzen, Schüler einmal monatlich auftreten zu lassen! Ich als Lehrerin versuche meine Schüler zwar zu motivieren, bei irgendwelchen Geburtstagen oder in der Schule etc. jede Gelegenheit zu nutzen um vorzuspielen, aber wirklich Einfluss darauf habe ich nicht, denn wenn es keine Gelegenheit gibt, bin ich "machtlos". Und als Lehrerin Gelegenheiten schaffen ist nur bedingt möglich. Bei mir gibt es auch nur einmal im Jahr ein Schülerkonzert. Letztes Wochenende zum Beispiel. Und das war ein ziemlich großer Act! Raum organisieren und alles was drumrum noch anfällt (Verpfelgung in der Pause, Transport der Instrumente, Gema, etc.). Das kann ich kaum öfter als einmal im Jahr leisten... Auch wenn es schade ist...
 
Einmal im Monat ist für einen durchschnittlichen Schüler meiner Meinung nach viel. Er hat dann ja lediglich vier Wochen zur Vorbereitung. Viermal im Jahr halte ich für besser und für jeden Schüler machbar. Neben den Klassenvorspielen kann ich nur empfehlen jede Vorspielgelegenheit zu nutzen.
 
Eigentlich sollte man so oft wie möglich vorspielen. Kinder spielen meistens sehr gerne vor weil sie dadurch Aufmerksamkeit bekommen. Daß das zur Pubertät hin nachläßt ist doch logisch, da will man gerade von den Eltern keine Aufmerksamkeit, außerdem gehen die Schulmoden vor, in denen selten Platz für klassische Musik ist. Ab diesem Zeitpunkt wäre die Motivation eher das Teilen der eigenen Begeisterung - und da trennen sich die Lager von Musikern und ... ghmmm, was auch immer, diejenigen, die eben keine Musiker sind.

Man sollte aber nur vorspielen, was dafür reif ist. Die Begeisterung, die einen bei einem neuen Stück hat motiviert, kann man mit Zuhörern leider nicht teilen, ausgenommen ist natürlich der eigene Klavierlehrer. Ich habe inzwischen festgestellt, daß es in allen Bereichen des Lebens falsch ist, halbe Sachen vorzustellen, die Leute sehen nur, was fehlt, und nicht, was schon da ist oder gar die große Idee dahinter. Vielleicht sollte man diese Erfahrung auch selbst machen, aber zu oft demotiviert einen. Also lieber alles komplett im stillen Kämmerlein vorbereiten und dann vorspielen, wenn man es selbst kaum noch abwarten kann.

Ich denke, die Klavierlehrer sollten darauf achten, daß ihre Schüler immer ein kleines Repertoire von möglichst nicht ganz uninteressanten Stücken aktiv haben, damit sie bereit sind, wenn sie mal gebeten werden.
 
meine Tochter hat mir schon gesagt, sie wüsste nicht, ob sie vor so vielen Leuten vorspielen könnte. Was kann man gegen eine solche Entwicklung bei Kindern tun?
Häufiges Vorspielen ist in jedem Fall gut, ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass die Angst und Nervosität merklich nachgelassen hat, je öfter ich aufgetreten bin. Irgendwann hat es sogar Spaß gemacht!
Einmal im Monat ist für einen durchschnittlichen Schüler meiner Meinung nach viel. Er hat dann ja lediglich vier Wochen zur Vorbereitung.
Eigentlich sollte man so oft wie möglich vorspielen. [...]
Man sollte aber nur vorspielen, was dafür reif ist. [...] die Leute sehen nur, was fehlt, und nicht, was schon da ist oder gar die große Idee dahinter. Vielleicht sollte man diese Erfahrung auch selbst machen, [...]
Ich denke, die Klavierlehrer sollten darauf achten, daß ihre Schüler immer ein kleines Repertoire von möglichst nicht ganz uninteressanten Stücken aktiv haben, damit sie bereit sind, wenn sie mal gebeten werden.
Kinder tun sich in der Phase der pubertären Selbstfindung häufig schwer, sich vor anderen (vor allem vor Erwachsenen) zu exponieren. Deswegen tendiere ich eher zu "offenem Unterricht" und zu "Klassen(vor)spielen": Zuhören darf nur, wer sich auch selbst beteiligt.

Ein nicht unwesentlicher Gesichtspunkt ist die innere Haltung: ein Stück vor-spielen, weil es "verlangt" wird, oder spielen, weil man etwas zu sagen hat, etwas ausdrücken möchte. in Wien konnte man sehr schön Beides beobachten und verfolgen, wie sich im Laufe der Tage sich die Gewichte verschoben.

Schülerkonzerte dürfen in keinem Fall in eine "Leistungsschau" ausarten. Das erst erzeugt den Stress, mit dem viele nicht ungehen können. Nicht die Konzertvorbereitung sollte im Mittelpunkt stehen, sondern die kontinuierliche Repertoire-Pflege. Deswegen sind Novitäten auf dem Programmzettel immer heikel.
 
vorspielen

als Nicht- oder Nicht-mehr-Klavierunterricht-gebender

getraue ich mich einfach mal, in diesem erlauchten Kreis des Klavierlehrerforums was beizutragen.

Generelles habe ich versucht, in
https://www.clavio.de/forum/klavierspielen-klavierueben/7257-lernalter.html
auszubreiten.

Kinder im 1. goldenen Lernalter wollen was einüben und vortragen/vorführen. Sie wollen nicht nur Anerkennung (das wollen wir alle), sie erleben die Prozedur des Übens und des Dabietens als eine sinnvolle Beschäftigung: die Darbietung als lohnendes Ziel der Einübens. (In diesem Alter lassen sie sich auch noch oder geradeso nicht mehr fotografieren).

Mit der Pubertät wird das alles anders. - Vorspielen? Ja, aber gewissermaßen heimlich: Der oder die Angebetete sollte das schon hören, aber nicht wissen, wer da gespielt hat, am besten von jemandem anderem erfahren, dass ich es war, der da gespielt hat ... sich fotografieren lassen ist da komplett bä!
(ganz schön kompliziert, die jungen Leute in dem Alter).

Im zweiten goldenen Lernalter wird das anders, aber nur sehr allmählich. Wie schon geschrieben wurde:als Klavierspieler immer was vorspielfertig haben!

Wie war das beim Wien-Treff im Museum? - "Mutige vor!" - Gelegenheit, auf einem alten Kasten was zu spielen. Keine Zeit oder Gelegenheit, nach Noten zu kramen. Und unser Grüppchen war ja so was von nachsichtig!!!

Genau so oder noch schlimmer bei den Jugendlichen: die wirklich attraktiven Vorspielmomente kommen unerwartet, wenn die Clique um ein Instrument rumsteht, die nette Person ist dabei, der man imponieren möchte - dann muss das erste Stück schon ohne Einspielen sitzen! - Eine ganz schöne Herausforderung!

Debbie digitalis, Deine Tochter wird im passenden Alter ihrem Traumprinzen ganz bestimmt was vorspielen wollen, sie brauchen bis dahin aber immer wieder Stücke und Gelegenheiten, mit denen sie Gleichaltrigen imponieren können.

Für uns (abgeklärte) Erwachsene eine komische Motivation, aber ich bin überzeugt, dass ein Stück unserer Welt so funktioniert. :p

Walter
 

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