In einem anderen Forum schildert Viola, welche Widerstände (jugendliche) Schüler gegen Bach haben. Da es sich an unserer Musikschule genauso verhält (auch meine Tochter mag ihn nicht), ich aber beim Erarbeiten meiner ersten Inventio (#4) ungeahnte Glücksmomente erleben durfte, frage ich mich nach den Gründen.
Zu meinen lebendigsten Kindsheitserinnerungen zählt, wie fad ich Bach
fand, als er mir das erste Mal im Klavierunterricht aufgetischt wurde.
Und das blieb eigentlich so, bis er mir auf der Orgel begegnete - eine
Begegnung, die dort ja, anders als auf dem Klavier, völlig
unvermeidlich ist. Zuerst war es nur der Reiz der technischen
Knobelei, ähnlich wie bei der Übersetzung eines komplexen
Cicero-Satzes: man wird das Ding doch irgendwie mal "herauskriegen".
Irgendwann kam dazu das Empfinden für die ungeheuere, niemals
abbrechende Dynamik in vielen Bachstücken, im Vergleich mit denen
seinen Vorgänger, Buxtehude, Bruhns, V. Lübeck und wie die
Gesellen alle hießen, nach zwei, drei Seiten regelmäßig der Dampf
ausging und sie immer ein paar Minuten Auszeit mit Düdelum
verbrauchten, bis sie wieder ausholen konnten. Schließlich
stellte sich auch sachte sache eine gewisse Einsicht in die
Architektonik ein - wie da aus simplen Elementen wahren
musikalische Hochhäuser aufgetürmt werden -; das erste Mal bei der
Fuge D-Dur BWV 532, wo aus ein bissl anfänglichem dideldudel
dideldudel dadeldidel dum eine gigantische Geschichte entsteht.
Seitdem ist Bach aus meinem Leben nicht wegzudenken.
Also, das alles dauert aber; wie Viola sagt: "kommt Zeit, kommt Bach". Wenn
dein Töchterlein mal technisch einigermaßen fortgeschritten ist, kannst Du
ihr ja Dinge vorsetzen (lassen), die einigen attraktiven "drive" draufhaben, z.B. die
D-Dur-Toccata BWV 912 (zunächst mal nur den ersten Teil; wenn sie den
kann, will sie sicher von alleine auch den hakeligen Mittelteil
packen), oder den 3. Satz des italienischen Konzerts. Inzwischen laß sie
vorderhand einfach in Ruhe damit; nur verpaß nicht die rechte Zeit zur
"Wiedervorlage".