Widerstände gegen Bach

Ich bekomme so das Gefühl, dass es zwei "Bachs" gibt. Den harmonischen, netten (Präl. C), und den kantigen, sperrigen. Und wenn ich hier so lese und mich in meinem Umfeld umschaue, so bevorzugen die "Romantiker" den sanften, die Rocker, Jazzer etc. eher den "kantigen" JSB. Leider gibt es die wunderbaren Einspielungen von K. Lifschitz vom "Musikalischen Opfer" nicht auf Youtube.

DAS (in der Klavierversion) möchte ich irgendwann mal spielen können (BWV.1079 - Canon a 2. Quaerendo invenietis) Leider nur zwei "unzureichende" Einspielungen gefunden, die der Klavierversion bei weitem nicht das Wasser reichen können.

http://www.youtube.com/watch?v=JnTJxz22lKM

http://www.youtube.com/watch?v=bKtMMGI50Us

@Didjana: Auch ich hab überhaupt keine Lust mehr, irgendwas anderes zu spielen. Kein jazz - nix. Bin von mir selber überrascht. Erstaunlich, die unterschiedlichen Vorlieben: Ich möchte als nächste Inv. die #6 angehen...
 
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Das werde ich auch, mein lieber Gubu.

Kommt Zeit, kommt Fuge, kommt Contrapunctus:D. Ich freu mich drauf. Herrlich!!!!

danke für den Link.
 


Welche Invention/en würdet ihr denn für den Anfang vorschlagen? Meine Lieblings-9. wohl eher nicht .... :(
 
Ich bekomme so das Gefühl, dass es zwei "Bachs" gibt. Den harmonischen, netten (Präl. C), und den kantigen, sperrigen. Und wenn ich hier so lese und mich in meinem Umfeld umschaue, so bevorzugen die "Romantiker" den sanften, die Rocker, Jazzer etc. eher den "kantigen" JSB.
...wo ist die Musik von Bach denn so ausgesprochen kantig und sperrig? Harmonisch fällt mir da nichts außerordentlich kantiges ein, sperrig ist sicher manches zu spielen (aber abgesehen von einigen Goldbergvariationen nun auch nicht außerordentlich manuell schwierig). Und eine auffallende Nähe oder Ähnlichkeit des Jazz zu linearer Musik kann ich auch nicht finden, ja Jazzfugen scheinen eher die Ausnahme zu sein (z.B. von Bernstein und Gulda gibt es das)

Auch ich hab überhaupt keine Lust mehr, irgendwas anderes zu spielen. Kein jazz - nix. Bin von mir selber überrascht. Erstaunlich, die unterschiedlichen Vorlieben: Ich möchte als nächste Inv. die #6 angehen...
schau Dir auch die dreistimmige Invention (Sinfonia) in e-Moll an (wunderschön!!) und die a-Moll Invention - - - echt nix anderes?

herzliche Grüße,
Rolf
 
Hi,

muss rolf zustimmen.

Ich seh' auch nichts kantiges. Vielleicht meint man damit komplex? Das ist er nämlich (aber nicht immer), der Bach.

Die Polyphonie von Bach hat mM auch sehr wenig mit der (meistens) Homophonie des Jazz zu tun. Die einzigen Ausnahmen, die mir einfallen, die polyphonen Jazz spielen, sind das Modern Jazz Quartet und natürlich Jaques Lousier mit seinem verswingten Bach.

Swing oder besser Puls/Drive ( ;-) ), das hat der Bach. Trotz seiner fast mathematisch konstruierten Melodie/Motiv-Entwicklungen und das auch noch polyphon (wer kann das heute noch?), ist er immer extrem musikalisch. Mir ist das unerklärlich, wie der das hinkriegt und daher liebe ich ihn.

Ich denke die strikte Polyphonie, das ist der Grund warum er heute erstmal nicht mehr so ankommt. Das kennt die Jugend, aufgrund der DSDS-Verdummung nicht mehr. ;-)

Übrigens, die so oft gespielten Inventionen sind nicht nur als Spielstücke gedacht, sondern auch als Komponier-Beispiele für die verschiedenen Möglichkeiten der polyphonen Entwicklungen und dabei haben sie trotzdem eine hohe geniale Musikalität.

Gruß
 
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Ich möchte einmal Bach als Komponisten mit einem sehr guten Koch vergleichen.
Der hat, obwohl er nicht im Ausland war wie Händel, die französische und italienische Küche beherrscht und gezielt eingesetzt (vor allem am Köthener Hof, seine Glanzzeit).
Aber er konnte, um im Bild zu bleiben, auch die traditionelle deutsche Hausmannskost, sagen wir mal Bratkartoffeln, und die hat er dann auch noch mit exotischen Gewürzen verfeinert und weiterentwickelt.

Das sind die von fisherman (oder thomas1966? ich verwechsle euch immer :oops:) angesprochenen "zwei Bäche".

Nun gibt es Leute, die gehen lieber in die Pizzaria, und welche die gern ein Bauernfrühstück bestellen. Ich für meinen Teil schätze beides, genauso, wie ich es mit Bachs Kompositionen halte.

Übrigens sind die Motetten von Bach meiner Meinung nach das schönste, was er geschaffen hat, auch wenn es keine Klaviermusik ist :rolleyes:

Euer Morn
 
Ich möchte einmal Bach als Komponisten mit einem sehr guten Koch vergleichen.
(...:D...)
Übrigens sind die Motetten von Bach meiner Meinung nach das schönste, was er geschaffen hat, auch wenn es keine Klaviermusik ist :rolleyes:

Hallo Morn,
ein hübscher Vergleich!! :D:D
Mir gefällt übrigens aus der Matthäus-Passion die Aria "mache dich, mein Herze, rein" am allerbesten.

Warum Bach aus heutiger (evtl. nur deutscher?) Sicht für die Barockmusik so dominant erscheint, leuchtet mir allerdings nicht so ganz ein - es gibt ja auch noch Purcell, Gluck, Albinoni, Vivaldi, Händel, Scarlatti u.a. - vielleicht liegt das daran, dass er fast alle Gattungen seiner Zeit und die beiden differierenden Stile bediente?

Gruß, Rolf
 
(...)
Übrigens, die so oft gespielten Inventionen sind eigentlich primär gar nicht als Spielstücke gedacht, sondern als reine Komponier-Beispiele für die verschiedenen Möglichkeiten der polyphonen Entwicklungen. Aber sie haben trotzdem eine so hohe geniale Musikalität, dass man sie heute hauptsächlich (missbräuchlich?) als Spielstücke verwendet.
Bach selber wollte wohl doch, dass sie gespielt werden:
Zitat von Bach:
Auffrichtige Anleitung,
Wormit denen Liebhabern des Clavires,
besonders aber denen Lehrbegierigen, eine deüt-
liche Art gezeiget wird, nicht alleine (1) mit 2 Stimen
reine spielen zu lernen, sondern auch bey weiteren pro-
greßen auch (2) mit dreyen obligaten Partien richtig
und wohl zu verfahren, anbey auch zugleich gute inventio-
nes nicht alleine zu bekommen, sondern auch selbige wohl
durchzuführen, am allermeisten aber eine cantable
Art im Spielen zu erlangen
, und darneben einen
starcken Vorschmack von der Composition
zu über-
kommen.
Verfertiget
Anno Christi 1723
von Joh: Seb: Bach.
Hochfürstlich Anhalt-Cöthe-
nischen Capellmeister[
 
Bach hat sich eben auch vermarktet: Die Sammlungen, Inventios oder WK sind ja alle noch von ihm in den Druck gegeben worden. Und das hat er ja ohne konkreten Auftrag gemacht, also quasi ein bisschen aus Eigennutz?

Ist auch egal, durch Lobhudelei, Verkaufsförderung und Legendenbildung seiner ebenfalls im Musikbusiness tätigen Söhne hat Bach eine internationale Beachtung gefunden, die über die anderer Barockkomponisten hinausreicht. Sicherlich findet man auch bei Lully und Co. gleichwertige Stücke, aber die sind erstmal vergessen worden...

Das soll jetzt nicht Bachs Werk herabsetzen, aber etwas Nüchternheit schadet ja nicht, was Rolf?
 

Guten Abend!

Das soll jetzt nicht Bachs Werk herabsetzen, aber etwas Nüchternheit schadet ja nicht...

Bach hat sich eben auch vermarktet: Die Sammlungen, Inventios oder WK
sind ja alle noch von ihm in den Druck gegeben worden.
Und das hat er ja ohne konkreten Auftrag gemacht,
also quasi ein bisschen aus Eigennutz?

Da muß ich doch mal rückfragen: Eine Auftragsarbeit wäre also uneigennützig?
Wo bleibt da die Logik?

Ist 'Eigennutz' die richtige Kategorie zur Bewertung künstlerischer Arbeit,
vorallem wenn man's sich und den Hörern so schwer macht, wie Bach es getan hat?
Davon abgesehen: Bach war als Kirchenmusiker tätig. Vom Verkauf seiner Noten
hat er nicht leben, geschweige denn seine Familie ernähren können.

Ist auch egal, durch Lobhudelei, Verkaufsförderung und Legendenbildung
seiner ebenfalls im Musikbusiness tätigen Söhne hat Bach eine internationale Beachtung gefunden,
die über die anderer Barockkomponisten hinausreicht.

Bei einem so eklatanten Mangel an Nüchternheit hilft nur Richtigstellung:

Bachs Söhne waren nicht im Musikbusiness tätig, sondern haben ebenfalls komponiert
und sich dabei in unterschiedlichem Ausmaß stilistisch von ihrem Vater abgegrenzt.

Bach war zu Lebzeiten - außer unter ein paar Kennern und Liebhabern -
keineswegs der anerkannte Musiker, als den man ihn anachronistisch gerne sieht.
Seine Musik galt als verschroben und gelehrt, als "Verstandesmusik" -
da sind schon alle Klischees beieinander, wie sie auch im hiesigen Thread zu finden sind
(vorallem in schöner deutscher Tradition die Kontrastierung von Herz und Hirn,
und damit verbunden die Verachtung des rationalen Anteils künstlerischer Arbeit).

Das stilistische Ideal zu Bachs Zeiten war elegante Musik à la Telemann.

Es gab keine Repertoire-Pflege in jener Zeit. Ohne den Baron van Swieten
hätten Haydn, Mozart und Beethoven nichts von Bach gesehen und gehört -
zum Nachteil ihrer Musik.

Die Legendenbildung setzt nach der Neuaufführung der "Matthäus-Passion" ein,
mit Mendelssohns und Schumanns Bach-Begeisterung.

Bach selber wollte wohl doch, dass sie gespielt werden...

Lieber Rolf,

ist der diskrete Hinweis Bachs und Bachopins, daß sich die Inventionen
auch als Modelle zum Komponieren eignen, nicht hervorhebenswert?

Die Inventionen sind bisher eher als Klaviermusik denn als
Einführung in das musikalische Denken gewürdigt worden.

Herzliche Grüße,

Gomez

.
 
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Lieber Gómez,

Betreffend deines Beitrages, volle Zustimmung.

KISS - Keep it small and simple, sozusagen Ockham's Skalpell auf "neudeutsch". ;)

KISS

LG, PP
 
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Bach hat sich eben auch vermarktet: Die Sammlungen, Inventios oder WK sind ja alle noch von ihm in den Druck gegeben worden. Und das hat er ja ohne konkreten Auftrag gemacht, also quasi ein bisschen aus Eigennutz?

Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, sind weder die Inventionen noch beide Bände des Wohltemperierten Klaviers zu Zeiten Bachs gedruckt worden. Es existieren jeweils das z.t. überarbeitete Autograph sowie einige Schülerabschriften. Tatsächlich gedruckt worden sind die vier Teile der Klavierübung (Die Kopien gibts sogar bei IMLSP) und sehr wenige späte Orgelwerke (Schübler-Choräle und Kanonische Variationen über "Vom Himmel hoch da komm' ich her).
 
...wo ist die Musik von Bach denn so ausgesprochen kantig und sperrig? Harmonisch fällt mir da nichts außerordentlich kantiges ein, sperrig ist sicher manches zu spielen (aber abgesehen von einigen Goldbergvariationen nun auch nicht außerordentlich manuell schwierig). Und eine auffallende Nähe oder Ähnlichkeit des Jazz zu linearer Musik kann ich auch nicht finden, ja Jazzfugen scheinen eher die Ausnahme zu sein (z.B. von Bernstein und Gulda gibt es das)

Rolf, das war eine laienhafte Verallgemeinerung. Geh zum deutschen Bildungsbürger und er wird erklären, dass er die Brandenburgischen Konzerte sehr hübsch (!!!) findet - spiel ihm das musikalische Opfer vor und er tut sich schwer. Ich habs ausprobiert. Vielleicht ist es wirklich das stetig vorwärts Drängende, was ihn für moderne Musiker so interessant macht? Ist mir aber letztendlich egal - ich finds einfach nur höchst befriedigend, Bach am Klavier zu stottern.
 
Lieber Rolf,

ist der diskrete Hinweis Bachs und Bachopins, daß sich die Inventionen
auch als Modelle zum Komponieren eignen, nicht hervorhebenswert?

Die Inventionen sind bisher eher als Klaviermusik denn als
Einführung in das musikalische Denken gewürdigt worden.

Lieber Gomez,

Bachs eigen wörtlichen Hinweis, dass die Inventionen zum erlernen des cantablen Spielens dienen, wollen wir aber auch nicht einfach so nonchalant beiseite legen...

musikalisch zu denken sowie cantabel zu spielen setzt jeweils voraus, das eine wie das andere auch zu können - - auf den Weg zum Können hat Bach die Inventionen als Wegweiser für beides aufgestellt, sehr zum Nutzen für beides.

herzliche Grüße,
Rolf
 
Rolf, das war eine laienhafte Verallgemeinerung. Geh zum deutschen Bildungsbürger und er wird erklären, dass er die Brandenburgischen Konzerte sehr hübsch (!!!) findet - spiel ihm das musikalische Opfer vor und er tut sich schwer. Ich habs ausprobiert.

...dann brauch ich ja nicht mehr zu diesem hingehen, wenn Du die Ergebnisse Deiner Feldforschung referierst ;) :D

herzliche Grüße & Prost (ich hab grad ein Bitburger)
Rolf
 

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