Was ist am Notenlernen so schwierig?

  • Ersteller des Themas DonMias
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Ich hatte nie Probleme mit dem Notenlesen, in so fern kann ich nichts aus Erfahrung beitragen.
Aber einen Hinweis, was ich mal in einer Geschichte der Gitarre gelesen habe: bereits um 1500 gab es immer wieder Drucke, Leuten das Laute-/Gitarrenspiel beizubringen, die "nicht singen können" - und letzteres bedeutete inhaltlich "die nicht Noten lesen können". Es ist also ein uraltes Thema, bereits ein halbes Jahrtausend alt...
 
Ich kann @Klimperline nur Recht geben. Sie hat diese von ihr selbst erprobte Methodik in ihren Beiträgen mehrmals bekräftigt. Das ist eine ziemlich sichere Methode, um sich auf diese Art die Noten einzuprägen. Ich kenne zwar die von Peter erwähnte Holzweißig-Schule nicht aber ein paar andere:
Emonts Klavierschule
Burkhard Klavierschule
Die Klavierfibel von Willy Schneider.
Die halte ich allerdings alle drei für ein wenig veraltet. Was ich in der Richtung recht gut finde ist:
The Joy of first-year Piano von Denes Agay. Schon von der Progression des Aufbaus her. Für die Kleinen möglicherweise nicht so gut geeignet - kommt aber bei "älteren" bzw. Erwachsenen gut an und - sie führt in der Regel dazu, dass man gut Noten lesen lernt ohne extra etwas pauken zu müssen. Das Notenmaterial ist allerdings etwas knapp gehalten, d. h. dass es ziemlich flott voran geht. Es bedarf eben Ergänzungen durch weiteres "Material", um das Gelernte (bei Bedarf) mehr zu vertiefen.
 
Einen merklichen Fortschritt beim Notenlesen konnte ich verzeichnen, als ich mich mit einigen viel zu schweren Stücken beschäftigt habe.

So selten ist das sicherlich nicht, wie ich vermute. Ich bin so ein Fall. Ein Präludium von Skrjabin z.B. musste ich für das Erlernen vergrößert ausdrucken, weil ich die Noten – beim Blick ins Notenheft – nicht erkennen konnte. Chopin op. 28 Nr. 4 war auch so ein Fall – ganz schwer zu lesen.

Dem kann ich zustimmen. Wenn man mal intensiv und über mehrere Monate in ein solches Stück eintaucht, merkt man nach einiger Zeit, dass die dem eigenen Können eigentlich entsprechenden Stücke plötzlich einfacher zu werden scheinen.

Ausserdem ist das alles nur ein Frage der Zeit. Irgendwann liest man die Noten einfach ab. Zumindest geht es langsam prima (nach gut 4.5 Jahren), bis zum zweiten/dritten Hilfsstrich über oder unter den Notenlinien. Alles andere wird mit Bleistift angeschrieben.
Akkorde zu lesen und auf den Tasten umzusetzen ist da schon um einiges sportlicher.
 
Als sehr langjähriger Amateur kann ich Bass- und Violinschlüssel problemlos unabhängig voneinander lesen. Das habe ich schon als Kind im Klavierunterricht eingebimst bekommen - ist auch gut so.

Dann habe ich vor ein par Jahren 'mal aus Spaß einen von diesen komischen Baritonschlüsseln lernen wollen. Da musste ich dann Ton für Ton mühsam entziffern, mit Eselsbrücken in Bezug auf meine beiden altbekannten Schlüsseln herumraten und so weiter und so weiter.. Das war irgendwann einfach ätzend und so habe ich den Baritonschlüssel schnell wieder verbannt.

Das ist nur etwas für tiefe Streicher und andere Exoten.

Und für Dirigenten. Aber die können ruhig alle Schlüssel lernen. Sie brauchen ja nicht zu spielen.
 
Dann habe ich vor ein par Jahren 'mal aus Spaß einen von diesen komischen Baritonschlüsseln lernen wollen.

Bist du sicher, dass es ein Baritonschlüssel war? Der existiert fast nur in der Theorie und war nie wirklich gebräuchlich (außer als Transpositionshilfe), jedenfalls nicht in der Musik ab ca. 1650. Was man als Dirigent flüssig lesen muss, sind eigentlich nur die C-Schlüssel auf der 1., 3. und 4. Linie. Alles andere ist exotisch und kommt so selten vor, dass man es eh wieder vergisst.

Die eigentliche Schwierigkeit beim Lesen von Orchesterpartituren sind auch nicht die alten Schlüssel, sondern die transponierenden Instrumente. Da gibt es wirklich eklige Kombinationen!
 
Zuletzt bearbeitet:

Ja, die von Carmen bereits erwähnte Schule von J.Alex. Burkard, allerdings in der alten Ausgabe von 1961. Sie kommt komplett ohne bunte Bildchen aus, es gibt nur ein paar Zeichnungen und Photos zur Handhaltung und viele der darin enthaltenen Stückchen treffen wohl nicht den Geschmack der heutigen Jugend, aber ich finde diese Schule nach wie vor gut, da sie nicht nur aus einer Aneinanderreihung von Stücken besteht sondern thematisch und gleichzeitig progressiv aufgebaut ist. So werden z.B. in Band 1 die einzelnen Tonleitern durchgenommen mit jeweils passenden Stücken, genauso wird mit anderne Themen verfahren, es gibt immer erst Übungstakte und dann passende Stücke dazu. Themen sind u.a. Gegenbewegungen, parallele Bewegungen, Untersetzen, Übersetzen, Spreizungen, Unabhängigkeit der Hände, stumme Fingerwechsel, Fingerverdrängung, Unabhängigkeit der Hände, Rhythmusstudien mit unterlegten Silben, Staccato und Legato zunächst separat, später in der einen Hand Legato, in der anderen Stacc., und einiges mehr. Schon in diesem ersten Band sind neben den reinen Übungen auch einfache Originalstücke von Bach, Mozart, Beethoven, Schumann etc. enthalten.
 
Bist du sicher, dass es ein Baritonschlüssel war? Der existiert fast nur in der Theorie und war nie wirklich gebräuchlich, jedenfalls nicht in der Musik ab ca. 1650. Was man als Dirigent flüssig lesen muss, sind eigentlich nur die C-Schlüssel auf der 1., 3. und 4. Linie. Alles andere ist exotisch und kommt so selten vor, dass man es eh wieder vergisst.
Wer sich auf Alte Musik im Vokalbereich spezialisiert, bekommt es mit dem C-Schlüssel auf jeder Linie zu tun. Ich bin heute froh darüber, Kontrapunkt-Unterricht bei einem sehr erfahrenen Mann erhalten zu haben, dessen Aufgaben meist in den erwähnten "Alten Schlüsseln" zu erledigen waren. Danach kommt man nachher in den Denkmäler-Ausgaben sehr gut zurecht.

Die eigentliche Schwierigkeit beim Lesen von Orchesterpartituren sind auch nicht die alten Schlüssel, sondern die transponierenden Instrumente. Da gibt es wirklich eklige Kombinationen!
Oh ja, in symphonischen Bläserbesetzungen gibt es so ziemlich alle Varianten im Holzbereich - auch bei Flöte und Oboe, die mitnichten immer in C stehen müssen. Aufwärts und abwärts auf alle möglichen Tonstufen transponierend - und von diversen Alte-Musik-Varianten (französischer Violinschlüssel und anderes) will ich gar nicht erst anfangen.

LG von Rheinkultur
 
Hab' vor vielen Jahren mal den Bass in einer Bigband gezupft und auch ein Arrangement für die Kapelle geschrieben. Seitdem liebe ich die Querflöte und hasse alle Saxophone.
Die Querpfeifen unserer Spielmannszüge gibt es in drei Varianten:C-/F-Stimmung, Ces-/Fes-Stimmung und B-/Es-Stimmung. Und tiefe Instrumente aus der Familie der Querflöten gibt es auch in G-Stimmung (Altflöte). Auch Oboen- und Klarinetteninstrumente sind in unterschiedlichsten Stimmungsvarianten anzutreffen... .

LG von Rheinkultur
 

Blattspieler lesen keine einzelnen Noten sondern ganze musikalische Figuren. Also rhythmische Muster, Harmonien, Akkorde etc.
Es wäre auch gar nicht möglich in der kurzen Zeit jede Note zu entziffern, also liest man ganze Gruppen auf einmal.

Es reicht also nicht nur die einzelne Noten zu lernen.
 
Es reicht also nicht nur die einzelne Noten zu lernen.

Reichen tut´s nicht, aber irgendwie anfangen muss man ja. ;-)

Ich kann mich übrigens nicht erinnern, als Kind jahrelang mehrere Stunden in das Erlernen des flüssigen Lesens investiert zu haben. Und ich halte flüssiges Lesen für viel komplexer als "einfaches" Notenlesen.

Hier kommt mit Sicherheit ein Faktor von Ungerechtigkeit zum Tragen, den auch linke Parteien nie werden beheben können: Die individuelle Prädisposition. Hier: mit Zeichensystemen umgehen zu können. Es soll Leute geben, deren Beschäftigung mit dem Altgriechischen, dem Russischen oder dem Sanskrit nicht etwa an der komplexen Grammatik scheitert, sondern schon vorher am fremdartigen Zeichensystem. Anderen Personen fällt es leicht. Das ist gemein, aber nicht zu ändern.

Ein weiterer Grund könnte eine innere Blockade sein. Wie Du (?) schon schriebst, Personen mit gutem Klanggedächtnis halten die Noten vielleicht tief im Innern für überflüssig und sinnlos mühsam. Sie brauchen sie nicht wirklich und ärgern sich jedes Mal über die "blöden Dinger", wenn sie beim Erlernen eines neuen Stücks anfangs darauf angewiesen sind. Sobald sie sich irgendwie durchgefingert haben, können sie sich auch schon von ihnen lösen, weil sie die Musik intus haben. Wenn das Unterbewusstsein sich gegen etwas sperrt, dauert es erheblich länger, bis man es gelernt hat, auch wenn man sich vernunfthalber dazu zwingt.

Schließlich könnte es tatsächlich eine Art Noten-Legasthenie geben. Das könnte bei @stoni99 der Fall sein, zumal seine Tochter offenbar unter dem gleichen Phänomen "leidet" und ein hereditärer Faktor bei manchen - für Außenstehende absurd erscheinenden - Schwächen nicht auszuschließen ist.


Lerntipps habe ich nicht. Ich kann das und vermag mich auch an keinen Augenblick zu erinnern, in dem ich noch keine Noten lesen konnte. Notenschlüssel ist völlig wurscht, Vorzeichen auch. Aber das hat nichts zu sagen, da mir ganz offenbar der Umgang mit Zeichensystemen leicht fällt (bzw. das Erlernen derselben) und ich dementsprechend "Spaß" dabei empfinde, neue zu erlernen.
 
...

Ich kann mich übrigens nicht erinnern, als Kind jahrelang mehrere Stunden in das Erlernen des flüssigen Lesens investiert zu haben. Und ich halte flüssiges Lesen für viel komplexer als "einfaches" Notenlesen.

Du kannst Dich NICHT daran erinnern, als Kind jahrelang mehrere Stunden lesen geübt zu haben?

Klar. Keinem Kind ist das präsent. Aber im Zoo die Tiernamen zu lesen: übt. Den Einkaufszettel schreiben: übt! Postkarte aus dem Urlaub schreiben: übt. Postkarte erhalten und lesen: übt. Zu Weihnachten eine Bastelanleitung für xy geschenkt bekommen und die Bedienungsanleitung lesen: übt. Im 5. Schuljahr in Erdkunde, Geschichte oder Musik ein Referat halten: übt!
JEDES Mal wird lesen geübt. Die Kinder im 6. Schuljahr lesen besser als die Kinder im 5. Schuljahr, können aber noch nicht die Texte begreifen, die im Wirtschaftsteil der Süddeutschen stehen (da schüttelt es selbst mich noch).

Somit ist normales "Lesen" eine Fähigkeit, die über Jahre hinweg täglich (!) immer verbessert wurde - und tatsächlich hat man den Eindruck niemals "geübt" zu haben.

Und genau DAS will ich auch im Klavierunterricht vermitteln. Man "übt" nicht sondern man spielt, trainiert, entdeckt...
 
[Klungscheißmodus ein]
Das a im Bassschlüssel liegt aber nicht in einem Zwischenraum (sondern auf der fünften Linie). Das A liegt im ersten Zwischenraum.
[/Klungscheißmodus aus]
;-)

Oder habe ich einen Denkfehler bzw. eines der



nicht verstanden bzw. irrtümlich verinnerlicht?

:dizzy:



"Der Notenkopf in dem 2. Zwischenraum von unten ist im Violinschlüssel ein "a". Dann noch zwei nach oben rechnen umd man hat ein "c".
Aber wer SO einem 6-8 Jährigen Kind die Noten erklärt hat wohl keinerlei Ahnung von Pädagogik. Aber damals gab es den Beruf "Klavierpädagoge" ja auch noch gar nicht. Der kam erst so 1975 auf. Davor lernte man üblicher Weise beim örtlichen Organisten oder irgendwem, der gerade in der Nachbarschaft wohnte...
 
Und zu den merkwürdigen Transpositionen/Notenschlüsseln:

wenn man mal was für Harfe komponiert hat und das System verstanden hat (habe ich kurzfristig, aber alles wieder weg) freut man sich, dass man am Klavier nur 2 verschiedene Schlüssel hat, die ja eigentlich nur eine jeweilige Erweiterung des anderen sind!

C-Dur wird in His-Dur bei der Harfe notiert, soweit ich mich erinnern kann. 12# Tonart. Sehr merkwürdig.
 
Meines Erachtens ist das Erlernen der Notenschrift nicht diffiziler, als Schrift.

Anders sieht es aus, wenn es um den Zweck geht.
Ich lerne Schrift, unter anderem, um lesen zu können, Texte zu erfassen und zu verfassen.

Der Sinn der Beherrschung der Notenschrift ist vielschichtiger.

Während beim Lesen von Texten die Augen auf denselben verweilen können, muss der Anfänger beim Spielen eines Instrumentes sein Augenmerk vom Text lösen, die Note einer Taste zuordnen, hinhören, u.s.w.

Ich denke, dass dieses Gesamtpaket eine größere Herausforderung darstellt, für Anfänger, und auch fortgeschrittene Spieler, die zwar bereits ein Musikstück ohne Kenntnis der Notenschrift spielen können.
 
Übrigens:
Meine Tochter (7 Jahre) spielt seit ca. 1 Jahr an der Musikschule Klavier.
Ich habe sie mal beim Üben etwas mehr beobachtet: Sie spielt noch schlechter nach Noten als ich. Und ich dachte das geht nicht. :-D
Hab ihr mal zum Test die falschen Noten aufgelegt. Sie hat es nicht bemerkt und das richtige Stück gespielt - auswendig logischerweise.
Wenn sie ein neues Stück einlernt flucht & schimpft sie wie ein Rohrspatz. Eben weil sie auch jeden einzelnen Ton suchen muß. Hat sie Melodie, Rhythmus & Fingersatz erfasst spielt sie eigentlich nur noch auswendig.
Ich schwöre: Ich habe ihr das nicht beigebracht!!
Ich hatte sie letztens erwischt wie sie ein Stück etwas falsch spielte: Melodisch passte das Gespielte schon, aber auf dem Blatt stand was anderes. Ich machte sie darauf aufmerksam und bekam erst mal einen kräftigen Anranzer: Du hast ja keine Ahnung und so. :-D Ich fragte sie dann was denn dies für eine Note ist. Nach ca. 35s ähmmmm: Ein h. Nein, ein g. Es war dann ein e. Sie kann es gut verbergen die Noten nur wenig zu kennen.
Wir haben mal die KL darauf angesprochen: "Das kommt mit der Zeit von allein..." Ok, sie muß es ja wissen.

Das ist interessant...
Meine Tochter (7) hat zeitgleich mit der Schule an der Musikschule mit Blockflöte angefangen.
Jetzt nach einem Jahr spielt sie so gut vom Blatt wie sie auch einfache Texte lesen kann.
Im Tonumfang der Blockflöte den sie bislang kann (c2 bis d3) spielt sie Notenwerte (Ganze bis Achtel, Punktierte, 3/4, 4/4 Takt), Pausen, Auftakte etc.pp.
alles beim ersten Mal nahezu einwandfrei vom Blatt runter. Ich bin immer wieder erstaunt.
Sie möchte dann bald auf Klavier umsteigen - ich hoffe, die Grundlagen sind damit gelegt.
 
Mein Start in die Welt der Noten erfolgte mit 4 Jahren an der Blockflöte, ungefähr in dem Alter sind auch Buchstaben oder überhaupt Zeichen interessant und es ging ums Entdecken und übersetzen in Klang, mir 7 kam dann das Klavier dazu und der erweiterte Notenumfang war dann gar kein Problem, weil die Unbefangenheit und Entdeckerfeude für dieses Zeichensystem schon lange vorhanden war und auch der Stolz, schon vor der Schule Noten lesen zu können. Mein Unterricht an der Flöte begann 1976, da gab es noch nicht viel pädagogischen Schnickschnack, vielleicht ist es auch das: die Einfachheit und Selbstverständichkeit der Herangehensweise, es sind Zeichen, die übersetzt werden können in Musik mit Hilfe des jeweiligen Instrumentes, das ist das Wunder und auch ein Antrieb, Noten zu lernen, sich die viele, schöne Musik, die es gibt, zu erschließen. Die Entdeckerfreude ist mir geblieben, denn für das Cello brauche ich den Tenorschlüssel und auch das ist im Grunde kein Problem, es braucht etwas Zeit, sich hineinzudenken.
 
Der Notenkopf in dem 2. Zwischenraum von unten ist im Violinschlüssel ein "a"

Richtig, aber Du hast auf Seite 1 etwas anderes geschrieben, und das ist (zweifach) falsch*:

(...) den Bass-Schlüssel zu lesen:
2. Zwischenraum von unten ist ja eigentlich ein "a"

Aber ich denke, diese "Lesetechnik" hat etwas mit dem "Übertragen" des Bassschlüssels auf den Violinschlüssel zu tun.

Ich schaue lieber auf die Noten und sehe, was es ist - ohne das Rauf- und Runterrechnen einer Terz oder so.
(bei mir gab es auch nie Fische und Brötchen als Eselsbrücke für den Quintenzirkel)

P.S.: *Ja, ich weiß, ich kann eine ziemliche Korinthenkack**** sein!
:-D
 
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