Warum dann Quintenzirkel???

Moin!

Mein Saxlehrer hat damals an der Folkwang studiert. Wie er immer so gerne sagt: Gehörbildung und Musiktheorie zu trennen ist 'ne blöde Idee. Er müsste so in den 80ern dort studiert haben (Querflöte) und da war es getrennt.

Grüße
Häretiker
 
weit gefehlt!

Bleiben wir beim Quintenzirkel:
Gerade als unerfahrenes Klavierspielerlein ist man gut beraten, sich die Dinge übersichtlich zu schaffen.
Habe ich z.B. gelernt, was eine G-dur Tonleiter ist, dann fällt es mir bei neuen Stücken erheblich leichter, einen Lauf, der genau in G-dur steht, zu spielen. Ich frage dann etwas ab, was ich schon abgespeichert habe.
Kümmer ich mich null um harmonische Zusammenhänge, buchstabiere ich jedes neue Stück von Neuem.
Jeder, der schonmal einen Satz in Buchstaben gesprochen hat, weiß, dass er nicht zu verstehen ist.
Worte ergeben Sätze und die dann vielleicht Sinn.

In der Musik ist das genauso.
Beim Vomblattspiel, also dem Spielen eines Stückes zum ersten Mal ohne dass man es kennt, ist es viel einfacher, Zusammenhänge zu erkennen , wenn man direkt einfache Harmonien erkennt - die Hände mögen es übrigens auch gerne, wenn sie das Gefühl für Dreiklänge und deren Umkehrungen "begriffen" haben.

Es ist ja immer eine Frage, wie tief man in die Harmonielehre einsteigt. Sicherlich braucht ein Anfängerlein kein ausgefuchstes Wissen, um komplexe Werke zu analysieren, aber Quintenzirkelverständnis sowie Kenntnis einfacher harmonischer Zusammenhänge sind grundnötig, um dem Musizieren näher zu kommen!
 
Quintenzirkelverständnis sowie Kenntnis einfacher harmonischer Zusammenhänge sind grundnötig, um dem Musizieren näher zu kommen!
Dann sind bei mir halt Hopfen und Malz verloren. Mein Gott, soll’s so sein. 🤷🏼‍♀️ Vielleicht hab ich dann im nächsten Leben das Glück einen sinnvoll aufbauenden Unterricht in der Kindheit zu erhalten. Bis dahin wünsche ich allen die diesen ebenfalls nicht hatten, sich die Freude und den Optimismus nicht nehmen zu lassen auch wenn für sie das kleine Einmaleins kein kleines Einmaleins ist.
 
Bis dahin wünsche ich allen die diesen ebenfalls nicht hatten, sich die Freude und den Optimismus nicht nehmen zu lassen.
Wie kommt man auf die Idee, dass Freude und Optimismus verloren gehen, wenn man verstehen will, was man da tut?
Dann sind bei mir halt Hopfen und Malz verloren.
Du weißt genau, dass das nicht so ist. ;-)
Ich gehe auch ganz stark davon aus, dass du viele musiktheoretische Grundlagen bereits verinnerlicht hast, sonst würdest du nicht so spielen, wie du spielst (wann entstehen Spannungen, wo werden die aufgelöst, warum hier diese und nicht jene Harmonie...).
Evtl. kannst du es nicht mit Begriffen benennen, aber das ist, wie oben schon erwähnt, auch nicht Sinn und Zweck von Musiktheorie.
Deine Abneigung kommt bei mir abstrakt und wenig rationell rüber.
 
dass du viele musiktheoretische Grundlagen bereits verinnerlicht hast
Ich schwöre bei Gott ich weiß nichts darüber. Und wenn du wüsstest wie oft ich das im Unterricht schon gehört habe dass ich absolut blank bin auf dem Gebiet und was mich das teilweise in tiefste Selbstzweifel gestürzt hat, eben weil das so ist und ich mich selbst als lächerlich empfinde und den Deckel zuklappen will weil mir die gefühlte „Berechtigung“ für das Stück fehlt (meine Ansicht, nicht die meines Lehrers).

Aber ich hab eine andere Erklärung dafür und meine Abneigung entsteht daraus, dass ich mich selbst hätte einschüchtern lassen irgendwas zu versuchen, wenn man mir das so gesagt hätte. Und ich will nicht dass es anderen so ergeht. Ich habe eine sehr nahe Verwandte die das Studium (obwohl sie mit 1 durch die Aufnahme kam!) abgebrochen hat weil man sich nicht „kompetent genug“ gefühlt hat auf theoretischer Ebene mit den Studienkollegen mitzuhalten. Und das ist unendlich schade gewesen. Dieser jemand beschloss mit Ende 20 sich noch Musik zu studieren und konnte spielen aber hatte eben 20 Jahre keine theoretische/praktische Erfahrung.

Ich glaube dass jeder Mensch (mit Ausnahme weniger mit einer Verarbeitungsstörung) musikalisch ist. Absolut jeder. Das ist die Grundlage dass wir in der Sprache den Tonfall erkennen. Musik und Sprache haben sich parallel weiterentwickelt, obwohl es die Sprache bereits gab, die Musik verschwand nie. Jeder musikalische Laie erkennt ob ein Stück fröhlich, traurig, wütend ezc. ist. Das ist in uns drin das zu verstehen. Jeder kann eine Melodie zu Ende singen, wo der letzte Ton fehlt. Die Theorie ist die Erklärung für das was wir intuitiv können und tun. Nicht anders herum.

Niemand musste lernen welcher Tonfall beruhigend wirkt, oder mahnend oder ärgerlich. Wir hören Musik und das Hirn erkennt Muster nach Erwartung und Befriedigung. Ohne dass es diese vorher erlernt haben muss. Dazu gibt es Versuche mit Affen. Aber anders als Affen die dass eher am Rhythmus festmachen, können Menschen das mit Tonhöhen. Was ziemlich einmalig ist weshalb auch manche sagen dass „Musik“ rein menschlich ist.

Ich bin felsenfest überzeugt dass wir nur sensibilisiert werden müssen, es nicht aber nicht grundlegend lernen. Wenn man es praktisch anwenden will braucht man ein anders Wissen. Dann macht es Sinn es zu lernen.

Aber Musik erfühlen, das lernen wir in keinem Buch! Und mit keiner Theorie. Das ist eine uns angeborene Fähigkeit, die sich über die ganze Menschheitsgeschichte erhalten und weiterentwickelt hat weil sie wie die Sprache untrennbar zu uns gehört.
 
Und ich spreche niemandem ab, dass eine sinnvolle, aufbauende Ausbildung zu bevorzugen ist! Das nochmal an dieser Stelle!!

Aber manche haben die nicht! Bumm aus, nicht zu ändern. Die haben vielleicht irgendwie Alternativrouten im Hirn gebastelt um „trotzdem“ zu spielen und diese Wahrnehmung überschreibt man nicht einfach mal mit einem anderen „System“.

Ich wäre einfach nur froh, dass diese Leute, mit welchen Voraussetzungen auch immer die zum spielen gekommen sind, da abgeholt werden wo sie sind. Nach dem Motto viele Wege führen nach Rom. Und dass man ihnen Hilft sich in ihrem mit Leidenschaft ausgeübten Hobby WEITER zu entwickeln, satt sie nach „richtig und falsch“ umzukrempeln. Und davon gibts genug Lehrer.

Und wen das interessiert und es lernen will wunderbar!

Aber ich lern das nicht mehr. Weil das was mir beschrieben wird, wie man auf diesem Wissen aufbauend lernt, so konträr dazu ist wie ich lerne, dass ich bei 0 anfangen müsste würde ich das ändern wollen. Und dafür ist mir mein Leben zu kurz.
 
Zum Thema "Musik nach Gefühl" - das ist erlernt und abhängig davon, in welcher (musikalischen) Kultur eine Person aufwächst. Da ist nix in Stein gemeißelt oder im Hirn irgendwie "hardwired", wenn wir zur Welt kommen. Dass Menschen Musik hören wollen und können und machen wollen und können, das ist sicher von Anfang an da. Aber das ist keineswegs auf die westeuropäische Tonalität und Tradition beschränkt.
 
keineswegs auf die westeuropäische Tonalität und Tradition beschränkt.
Ja natürlich nicht. Aber wir in Westeuropa reden ja grad von westeuroäischer Musik. In der sind wir ja sozialisiert. Aber es gibt wohl kulturübergreifende Aspekte die universell verstanden werden. Rhythmus glaub ich gehört dazu. In Bezug auf Wiegenlieder hab ich da kürzlich mal was gelesen.
 

Ohje, was hab ich da losgetreten?

Gerade als unerfahrenes Klavierspielerlein ist man gut beraten, sich die Dinge übersichtlich zu schaffen.
Habe ich z.B. gelernt, was eine G-dur Tonleiter ist, dann fällt es mir bei neuen Stücken erheblich leichter, einen Lauf, der genau in G-dur steht, zu spielen.
Das allerdings, habe ich erlebt. Bei einem Stück, das ich erlernen wollte, sind meine Finger immer ins Stolpern gekommen. Daraufhin kamen wir dann zum Thema G-Dur-Tonleiter und schau mal, das sind genau die Töne des Akkords. Mir selbst ist das nicht aufgefallen, aber nachdem ich das begriffen hatte, stolperten meine Finger nicht mehr.

Allerdings ist das ja Theorie auf einfachstem Niveau, das ist von Carnina sicher nicht gemeint.
 
Aber ich lern das nicht mehr. Weil ... ich bei 0 anfangen müsste würde ich das ändern wollen. Und dafür ist mir mein Leben zu kurz.
Irgendwie werde ich das Gefühl (!) nicht los, dass du schon die Idee, musiktheoretische Kenntnisse könnten irgendwie, irgendwo, irgendwann nützlich sein, als persönlichen Angriff wertest. Mir ist wurscht, ob Luthers Apfelbäumchen authentisch ist oder nicht, aber mir gefällt der Spruch. Weniger gefällt mir: "Bumm, aus."

Mach dir keinen Kopf, hat nichts mir dir zu tun. Im Universum der Internet-Foren ganz normal, und bei Clavio Teil der DNA :lol: .
 
Theorie auf einfachstem Niveau, das ist von Carnina sicher nicht gemeint.
Doch meine ich.
Irgendwie werde ich das Gefühl (!) nicht los, dass du schon die Idee, musiktheoretische Kenntnisse könnten irgendwie, irgendwo, irgendwann nützlich sein, als persönlichen Angriff wertest.
Absolut nicht! Ich hätte sie gern. Aber ich hab sie nicht und sie jetzt nachzuholen ist utopisch. Ich werd kein Prima Vista Spieler mehr, niemand der gut improvisiert etc. Das ist ein Faktum. Ich könnte drüber heulen oder mich auf das konzentrieren was mir liegt.

Mir ist klar dass wenn ich jetzt Theorie lernen mir das fürs spielen noch EWIG nichts nützen wird und es einen Riesen Aufwand bedeutet wenn ich da einen Vorteil draus ziehen wollen würde. Dieser Aufwand lohnt sich für meine Bedürfnisse nicht mehr.
 
@Carnina
Meine Mutter hat mit Mitte 50 mit Bridge angefangen, weil sie der Meinung war, das sei der vermutlich späteste Zeitpunkt, um dieses komplexe Spiel zu erlernen. Sie hat es viele Jahre lang mit großer Freude gespielt.

Ich habe 2022 mit Mitte Vierzig angefangen, mich ernsthaft mit Jazzharmonik auseinanderzusetzen, weil ich der Meinung war, es sei später für mein Gehirn vermutlich zu spät. Klar, es ist viel Arbeit, aber es ist machbar, und ich erkenne Fortschritte.

Du bist … ähh … höchstens Mitte 30, oder? Ich traue dir zu, noch ganz viel im Bereich der klassischen Harmonielehre lernen zu können. Es ist leichter, als du selbst vermutest, weil du die Hörverknüpfung bereits hast. Wahrscheinlich werden dir in der Beschäftigung damit viele Lichter aufgehen im Sinne von: „Ach, deshalb klingt dies so und das aber anders! Jetzt weiß ich auch, woran das liegt.“
 
Zuletzt bearbeitet:
Na wer würd nein sagen irgendwas zu können. Aber jetzt die Zeit investieren, anderes dafür zurückzustellen vor allem!, denn man ist ja kein Kind mehr, sondern hat tatsächlich einen Job und nicht unbegrenzt Zeit) - nein.

Würd es mir für meine Prioritäten etwas bringen, müsste man die Zeit die man aufwendet dem Nutzen gegenübersetzen.
Wenn ich mich da reinfuxe, dafür weniger Zeit am Tag habe für die Stücke die ich spielen will, aber am Ende dann doppelt so schnell lerne, könnte es sich (für mich) lohnen. Ist aber unter Garantie nicht das Ergebnis.

Einfach um es zu wissen wäre kein Grund.
Und alle anderen Vorteile die man daraus ziehen kann, die bisher genannt wurden, reizen mich nicht.
 
Ich denke, es ist ganz normal und auch absolut verzeihlich, dass in einem Forum, wo man sich ganz überwiegend schreibend über Musik austauscht, musiktheoretische Kenntnisse von Musikern in ihrer Auswirkung auf die musikalische Qualität ihrer Darbietungen dann doch etwas überschätzt werden. Oder sind wirklich die besten Musiker die, die sich am meisten in Theorie verbeißen?
 
@Felix Hack , bei mir zumindest geht es überhaupt nicht, sich in die Theorie zu verbeißen. Sie ist ein nützliches Werkzeug, sie kann uns helfen.
Sich verbeißen ist sogar unsinnig, denn dann fährt man ja über einen anderen Weg am Thema vorbei.
Wichtig ist eben, einfach zu bleiben. Ich wäre sicher, @Carnina in genau einer Stunde die einfachsten und nützlichen Dinge klarmachen zu können.
Und zwar, man glaubt es kaum: spielerisch :-)
 

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