unbeaufsichtigtes Geschwisterkind

  • Ersteller des Themas sweetchocolate
  • Erstellungsdatum

S

sweetchocolate

Dabei seit
13. Dez. 2010
Beiträge
234
Reaktionen
284
Liebe Clavios,

eine Zeit lang war ich nicht mehr hier, nun belastet mich eine Situation und ich würde mich gerne mit Euch darüber austauschen:

ich habe einen (leider mir eher unsympathischen ) Vater, der zuerst nur ein Kind bei mir zum Unterricht brachte.
Er selbst hatte vor vielen Jahren bei mir Unterricht gehabt, und nun , inzwischen Vater geworden, fährt er von weiter weg extra zu mir, damit seine Tochter bei mir Unterricht haben kann.

So weit so gut-einfach war dieses Kind nicht, unruhig, wenig Disziplin, leider auch nicht begabt-aber das bin ich ja gewohnt und ich habe einen Draht zu dem Kind aufgebaut und der Unterricht ist auch sehr respektvoll. Ich schreibe dem Mädche die Lieblingsstücke auf (irgendwelche Charts) um das ganze am Laufen zu halten, da alles andere einfach unheimlich zäh ist, weil es ihr so schwer fällt.
Jetzt hat der Vater noch das Geschwisterkind bei mir angelemdet-seit Februar "liefert" er beide Kinder bei mir ab-warten möchte er nicht vor Ort, obwohl ich einen Wartebereich für die Eltern habe.
Leider ist das Geschwisterkind eine kleine Kartastrophe. Am Anfang saß sie da und malte, während ihre Schwester dran war, und zwar im Unterrichtsraum, weil der Vater ja nicht da war.
Zuerst dachte ich, nagut, solange die Kleine ruhig ist...

Allerdings war das mit dem ruhigen Malen nur eine Ausnahme-die nächsten Stunden war sie unruhig, störte andauernd den Unterricht der Schwester-ihren eigenen Unterricht hat sie auch kaum durchgehalten, sagte sie wolle gar keinen Unterricht, war sehr müde und unausgeschlafen und hibbelig.

Ich wies den Vater darauf hin dass die Kleine kaum mitarbeitet und keine Lust hat. Ausserdem kann sie nicht alleine mit uns im Unterricht bleiben kann. Ich bekam aber nur ausweichende Antworten.
Im Grunde ist sie deutlich musikalischer als die Schwester, und ich weiss, dass ich mit einiger Arbeit das noch hinbekommen könnte dass sie mitarbeitet und auch was lernt.

Aber die Situation, dass sie den Unterricht der Schwester beiwohnt, dass war deutlich zuviel und das sagte ich dem Vater.

Dann kam Corona-es wurde Skype Unterricht, und schnell war mir klar dass der Vater dem Kind überhaupt keine Grenzen setzt (er musste dabei sein, sonst wäre die Kleine gar nicht am Klavier geblieben, und griff noch nicht mal oder erst viel später ein, als das Kind den Laptop nahm und durch die Wohnung schleppte oder einfach ausschaltete)
Das Kind ist 6 Jahre alt.
Nachdem die Kinder jetzt wieder kommen dürfen standen diese Woche beide Kinder alleine vor der Türe, die Mama würde noch einen Parkplatz suchen.
Wer nach einer halben Stunde nicht auftauschte war die Mutter.
Die kam exakt nach 60 Minuten um beide Kinder wieder abzuholen. Telefonnummer hatte ich auch nicht von ihr.

Da war ich schon ziemlich sauer-keine Kommunikation vorher, einfach ignoriert was ich zuvor geredet hatte mit dem Vater.
Auch hier nur ausweichende Antworten. (Das Mädchen hätte ja ihre Hauaaufgaben dabei um zu arbeiten während der halben Stunde Unterricht der Schwester, war ihr Argument).

Ich rief sofort den Vater an dass die Kleine nach dem Unterricht abgeholt werden muss weil sie den Unterricht stört.

Daraufhin diskutierte er mit mir, das wäre so schwierig zu organisieren etc. Ich habe aber nicht locker gelassen und jetzt will er "darüber nachdenken"

Ich habe schon überlegt selbst den beiden zu kündigen, weil ich das Verhalten unmöglich finde-er wollte mich am Telefon sogar in die Ecke drängen, er würde ja auch nicht darauf bestehen dass seine Tochter die Unterrichtsziele erreicht (der Mann ist übrigens Lehrer an einer Schule!).

Ich hätte gerne ein paar Meinungen und würde auch gerne wissen ob ihr mal ähnliches erlebt habt?
Reagiere ich über?

Danke für Euer Feedback

Sweetchocolate
 
Du reagierst überhaupt nicht über.

Diese Gedanken, mit denen du dich momentan herumplagen musst, sind eine unnötige Zumutung für jemanden, die qualifizierten Klavierunterricht geben will. Sei dir im Klaren darüber, dass du als Klavierlehrerin nicht die versäumten Erziehungs- und Betreuungsaufgaben offenbar überforderter Eltern übernehmen musst.

Ich würde an deiner Stelle das Gespräch mit beiden (!) Eltern suchen, ihnen verdeutlichen, dass die aktuelle Situation die Möglichkeiten für einen zielführenden Klavierunterricht stark einschränkt und dass du den Kindern nur dann weiterhin Unterricht geben wirst, wenn deine Bedingungen für einen erfolgreichen Unterricht eingehalten werden.

Sollte sich dann die Situation nicht zufriedenstellend ändern, würde ich das Unterrichtsverhältnis beenden.
 
Danke Demian, das ermutigt mich. Die Eltern haben ja leider nie wirklich Zeit, beide werde ich wahrscheinlich nicht antreffen. Ich werde dann mit dem sprechen, der kommt.
Ich werde berichten!
 
Lieber Peter,

Ja das ist richtig- ich bin an guten Lösungen interessiert und fühlte mich völlig verschaukelt, als da beide vor meiner Türe standen ohne Elternteil.
Einfach Fakten geschaffen. Sehr unschön.
Mal sehen wie das weitergeht...meine Laune ist aber schon im Keller.
 
Ich finde auch, dass du absolut zu Recht große Bedenken und Unmut äußerst. Es ist gut möglich, dass die Eltern sich wirklich nicht vorstellen können, dass das alles ein Problem für dich darstellt. Wenn du es allerdings erklärt hast, müssen sie zu einer Lösung bereit sein, ansonsten hat der Unterricht keinen Sinn. Auch wenn es für das Kind schade ist. Wenn sie hochengagiert und / oder begabt wäre, sähe die Lage vielleicht noch etwas anders aus. Aber so würde ich die Lebenszeit, die du für diesen Fall zusätzlich zum Unterricht aufwenden musst, für mich selbst klar begrenzen.
 
Liebe sweetchocolate,
ich an deiner Stelle hätte mich strikt geweigert ein Kind zu beaufsichtigen und das andere zu unterrichten. Du wirst da gerade von den Eltern schamlos ausgenutzt. Für die Betreuung des zweiten Kindes wirst du nicht bezahlt.
 
Die Eltern haben ja leider nie wirklich Zeit, beide werde ich wahrscheinlich nicht antreffen. Ich werde dann mit dem sprechen, der kommt.
Die Eltern haben keine Zeit? Es ist eher mit nahezu hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Eltern ihren Alltag miserabel bis gar nicht organisiert haben und gleichzeitig nicht in Erwägung ziehen, diesen Zustand zu ändern. Ein Instrumentallehrer ist für das Erteilen von Unterricht zuständig, nicht aber dafür da, fehlende Erziehungsarbeit (ja, Arbeit) zu kompensieren und Betreuungsprobleme von Geschwisterkindern zu beheben. Wenn ein Wartebereich vorhanden ist, hat ein Elternteil mit dem Kind dort zu bleiben oder die Zeit anders zu verbringen mit der Vorgabe, zur vereinbarten Zeit mit dem anderen Kind da zu sein, dass der Unterricht pünktlich fortgesetzt werden kann. Zwei oder mehr Schüler sollten sich nur dann im Unterrichtszimmer aufhalten, wenn Kammermusik oder Gruppenunterricht durchgeführt wird, ohne dass die Lehrkraft zusätzliche Betreuungsdienste anbieten muss.

Allerhöchste Zeit, entschiedene Vorgaben seitens der Lehrkraft zu machen - und bei fehlender Kooperationsbereitschaft der Eltern so ein inakzeptables Unterrichtsverhältnis zu beenden, auch wenn man vom finanziellen Verlust nicht begeistert sein wird. Wenn die Eltern einem vernünftigen Dialog ausweichen, wähle man die schriftliche Form, mit der man sein Gegenüber konfrontieren kann, wenn sich an den Zuständen nicht umgehend Entscheidendes ändert.

Was den als Lehrer tätigen Vater betrifft, wundert mich die fehlende Kooperationsbereitschaft gar nicht so sehr: die undiszipliniertesten Mitglieder meiner Chöre sind Lehrer, Polizisten, Juristen... - also Berufsgruppen, die das Dominieren und Herrschen über andere verinnerlicht haben und sich schwer damit tun, sich selbst als Gleiche unter Gleichen einzufügen, Anweisungen anderer zu befolgen oder einfach nur mal den Mund zu halten. Wenn der Corona-Lockdown zu Ende ist, werde ich in meinen Chören auf einem Meter Abstand der Sänger untereinander bestehen, damit man sich innerhalb seiner Stimmgruppe einerseits noch hört und andererseits Privatgespräche der Chormitglieder erschwert werden. Auch hier gilt: wenn keine Grundmotivation vorhanden ist und das Interesse fehlt, ist ein aktives Musizieren nicht sinnvoll.

@sweetchocolate: ich wünsche Dir die Kraft für eine vernünftige Entscheidung.

LG von Rheinkultur
 
Liebe Stilblüte, liebe Samea und lieber Rheinkultur,

vielen Dank! Es hat sehr gut getan Eure Beiträge zu lesen, es bestätigt mich in meinen Gefühlen.
Interessant auch, dass ausgerechnet Lehrer, Juristen etc. sich nicht anpassen mögen.
Da kämpft man plötzlich um Dinge, die für viele andere ganz selbstverständlich sind. Ich fühlte mich in dem Telefonat als ob ich mich dafür rechtfertigen müsse, dass ich die Situation nicht akzeptiere.
Dass manche Menschen gar kein Verantwortungsgefühl / Unrechtsbewusstsein haben ist traurig. Deshalb so gut nochmal von vernünftigen Menschen wie Euch Feedback zu bekommen.
Wünsche Euch allen ein tolles Wochenende und bleibt gesund!
 
Die Tasache, dass es sich bei dem Vater um einen Lehrer handelt, kannst du ja auch nutzen, um auf die Notwendigkeit geeigneter Lernumgebungen und guter Lernbedingungen einzugehen. Das wird er vermutlich objektiv verstehen. Wahrscheinlich ist seine eigene Familie ein blinder Fleck für ihn. Es gilt also, ihm den Blick zu öffnen für seine eigene Situation und ihm die Vorteile einer Veränderung zu zeigen, sie ihm schmackhaft und erstrebenswert zu machen.
 

Ich finde interessant, dass hier immer wieder Themen auftreten, wo es um die äußere Form des Unterrichts geht, Das liegt wohl daran, dass das Arbeiten an der äußeren Form des Unterrichts sehr anstrengend und häufig emotional belastend ist - man ärgert sich. Die Situation ist ja so ähnlich, als ob jemand ständig unpünktlich ist oder ans Bezahlen erinnert werden muss.

In solchen Fällen ist es ist sicher gut, für ein Gespräch Begründungen parat zu haben, aber wenn Du beginnst zu argumentieren wäre das fatal. Das wäre so ähnlich als ob Du erklären müsstest, warum man pünktlich zu Stunde kommen soll oder warum Klavierunterricht zu bezahlen ist.
Abgesehen davon ist es der älteren Tochter gegenüber sehr unfair, wenn die kleine Schwester ihren Unterricht zerstört wie sie es sicherlich schon mit manchem Spielzeug getan hat.
Ich befürchte das zweite Kind soll Klavier spielen lernen WEIL es so praktisch ist (abgesehen davon, dass die Kinder den Wunsch des Vaters Klavier zu spielen erfüllen sollen): die Eltern haben nur einen Weg und dann eine Stunde frei - und der Widerstand wird daher groß sein, die Kinder einzeln zu bringen.
Sinnvoller wäre ja für das zweite Kind ein anderes Instrument, insbesondere wenn die Kleine begabter ist und irgendwann schneller Fortschritte macht: das wird es der großen schnell verleiden.
Freuen kannst Du Dich jedenfalls darüber, bei dem Vater einen so guten Eindruck hinterlassen zu haben, dass er Dir auch seine Kinder anvertraut. Das könnte auch eine Möglichkeit sein, das Gespräch zu eröffnen.
 
Hallo Virtualcai,

ja das ist richtig. Man kämpft schon um die Rahmenbedingungen.
Ich habe auch einen anderen Vater der zwei Kinder bringt.
Es ist ohnehin einfach: Er bringt beide (nur ein Weg) dann wartet er mit der Kleinen (während die Grosse Unterricht hat), dann kommt die Kleine dran, und der Papa kann arbeiten, während die Grosse ein Buch liest o.ä.
Ich sehe gar nicht, was dara unpraktisch sein soll-der Anspruch, "frei" zu haben, ist meiner Meinung nach schon merkwürdig. :-)
 
Ja, wenn es tatsächlich um die Kinder geht wäre es sehr einfach. Auch die Chance, sich intensiv nur mit einem der Kinder zu beschäftigen könnte die Familie ja nutzen... weil es merkwürdig ist, liegen Ursachen auf einer Ebene, die mit Klavier nichts mehr zu tun hat und wenn das sich nicht ändert: hasenbein fragen, was zu tun ist.
 
Ich kann mich meinen Vorredner größtenteils anschließen, verwehre mich jedoch dagegen, mit Lehrern in einen Topf geschmissen zu werden :017:
 
:005: Ich tippe eher auf die "die kleine Rache des frustrierten Lehrers".

Motto: "Ich schlag mich täglich mit 30 dieser Unruhestifter herum – sollen andere Leute doch mal am eigenen Leibe nachempfinden, was es bedeutet Lehrer zu sein!"

Alternative: "Die kleine Rache des frustrierten Vaters".

"Ich zahle Geld dafür, dass ich wenigstens eine Stunde lang die Blagen los bin – soll die Klavierlehrerin doch zusehen, was sie mit beiden anstellt."

Plus eine Prise Schadenfreude – voilà. :egelTeufel:
 
Barrett genau so ist es, die Eltern wollen einfach die Kinder für einige Zeit los werden. Vielleicht bis Du ja billiger wie eine Kinderfrau! Dazu können sie sich noch einreden das sie das beste für die Kinder wollen.
Wenn das bei uns ( Reitunterricht) vorkommt gibt es erst eine Ermahnung für die Eltern dann den Rauswurf. Ende Gelände .
 
Wenn wir schon bei der Motivsuche sind: Ich vermute keine Böswilligkeit, sondern einfach plumpe Bequemlichkeit.
 

Zurück
Top Bottom