Geschwindigkeit als Ewachsener lernen - realistisch?

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Guterkoch

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Ich hab eine Frage zum Thema Geschwindigkeit und dem Erlernen der selben.
Mich interessiert vorallem, ob es realistisch ist das schnelle Klavierspielen noch als Erwachsener zu erlernen, oder ob hier eigentlich der Zug abgefahren ist.

Kurz zu mir: Ich bin jetzt 55 und habe vor fünf Jahren angefangen ernsthaft Klavierspielen zu lernen. Als Kind hatte ich mal ein Jahr Unterricht, habe aber dann leider damit aufgehört.
Ich habe wöchentlich Klavierunterricht bei einem sehr guten Lehrer und Pianisten und investiere relativ viel Zeit ins Klavierspiel - täglich 1-2 Stunden.

Vom Niveau bin ich jetzt bei Chopin Walzer und Nocturne, Bach Inventionen, Brahms Intermezzi.
Wo ich noch immer Probleme habe ist das schnelle Spiel - z.b. bei der Cis-moll-Nocturne von Chopin die schnelle Tonleiter (in cis-moll) am Ende.

Mein Klavierlehrer sagt ich müsse konsequent Etüden (z.b. Craemer, Czerny) spielen und diese vorallem sehr langsam und konzentriert üben - dann würde auch die Geschwindigkeit kommen. Wichtig: langsam üben!

Er hat sicherlich recht - jedoch beschäftigt mich eine Frage: Ist es möglich das schnell Klavierspiel zu lernen, wenn man erst mit 50 ernsthaft damit angefangen hat? Oder ist das mit der Geschwindigkeit eigentlich etwas was man sich als Teenager antrainieren muss?

Vielleicht noch ein Wort zu Geschwindigkeit - was verstehe ich darunter? Z.b. den 3. Satz Mondscheinsonate im Originaltempo. Das wäre ein Ziel was mir ehrlich gesagt nicht erreichbar erscheint.

Welche Erfahrungen habt ihr damit? Bzw. die Klavierlehrer hier im Forum - habt ihr es bei einem Erwachsenen erlebt dass er noch richtig schnell wird? Natürlich vorausgesetzt er investiert 1-2 h pro Tag und geht das Thema richtig an.
 
3. Satz Mondscheinsonate im Originaltempo
Der ist auch mein Fernziel. Mein KL auf meine Frage, ob das jemals realistisch ist für mich als erwachsenen Anfänger: er hat im Studium jemanden gehört, der das langsamer aber trotzdem sehr schön gespielt hat.
Für mich übersetzt war das: Orignaltempo eher nicht.
Aber wir entdecken eh gerade zusammen die Langsamkeit und dass schön spielen mindestens so lohnend ist (wenn nicht lohnender und bereichernder), als schnell spielen. Also schaue ich einfach mal, was die nächsten Jahre so bringen.
 
Tonleitern sind schwer. Schnell Spielen ist schwer. Zu diesen Themen gibt es hier x Threads.

Dass Tonleitern "leicht" und grundlegend und anfängertauglich seien, ist ein viel zu weit verbreitetes Märchen.

Bis mal die cis-Moll-Tonleiter richtig schön läuft, können noch locker Jahre draufgehen. Da lernt man "zwischendurch" andere Sachen.

Mit 55 Jahren kann man noch sehr gut das Hinhören auf die Schönheiten der Melodie und der Harmonien lernen. Das ist viel wichtiger, als schnell zu spielen.

Gerade vom 3. Satz Mondschein gibt es genügend YT Aufnahmen, die schnell, aber scheüßlich anzuhören sind (die ersten zwei Takte reichen zum Reinhören schon...)

Wenn schon "schnell": dann erstmal nur im Quintraum ohne große Lagenwechsel (etwa gebrochene Terzen oder die weltberühmte allererste Hanon-Übung). Da kann man relativ bald schnell spielen. Aber nicht, wenn Daumenuntersatz ins Spiel kommt oder andere Mätzchen.
 
Zuletzt bearbeitet:
"Schnell spielen" ist etwas anderes als "3. Satz Mondscheinsonate schnell spielen". Dieser Satz gerade benötigt sehr viel Können, Ausdauer und besondere Klaviertechnik. Es gibt auf dem (langen, langen) Weg dorthin bereits unzählige Möglichkeiten, schnell zu spielen - auch schon welche, die auf relativ kurzem Weg zu erreichen sind. Vielleicht meinst du mit "schnell spielen" auch "virtuos spielen" - also etwas, was klangvoll, beeindruckend, u.U. auch laut, nicht für jeden sofort durchschaubar ist. Auch das ist grundsätzlich möglich, mit viel einfacheren Mitteln als bei 3. Satz Mondscheinsonate.

Wenn du Bachinventionen und Brahms Intermezzi spielen kannst, hast du doch schon ein ordentliches Spielniveau erreicht, mit dem du viele Möglichkeiten hast!
 
Es gibt von Kabalewski ein kleines Stück, das in der Schaum-Klavierschule zu finden ist: „Die Geisterstadt“. Dieses Stück besteht aus einer Fünftonfolge als Hauptmotiv, die schnell, leicht, perlend klingen soll. Anhand dieses kleinen Stückchens kann man ein Gefühl für schnelles Spielen bekommen, ohne dass einem Stolpersteine in den Weg gelegt werden, wie z.B. Daumenuntersätze. Entscheidend ist, dass man an diesem Stück lernen kann, wie es sich anfühlt, jede Fünftongruppe aus einem Impuls leicht und locker abrollen zu lassen. Mein Tipp: Übe dieses Stück mit deinem Lehrer in Richtung Perfektion (also blitzblank sauberes, leichtes, perlendes und sehr schnelles Spiel). Eine Aufnahme von dem Stück (die ich allerdings nicht für perfekt halte), findest du hier:

 
Merci für die Antworten. Klar, schnell spielen ist nicht alles, und besser langsamer und schön, betont und vorallem mit Kontrolle, als schnell und unmusikalisch.
Ich habe den 3. Satz Mondscheinsonate als Beispiel genommen weil er sehr bekannt und außerdem phantastisch ist (wenn er gut gespielt wird). Natürlich geht es da nicht nur um Geschwindigkeit.
Wenn man seine Geschwindigkeit erhöhen will, reicht es da nicht, wenn man schnelle Stücke wählt, oder ist es wirklich sinnvoller sich auf spezielle Etüden für die Geschwindigkeit (z.b. Czerny) zu konzentrieren. Mir werde die Etüden halt schnell zu fad. Da macht ein Chopin Walzer mehr Spass. Den kann ich ja, wenn ich will quasi beliebig schnell spielen- zur Übung.
 
Was ist das? Wenn wir das wüssten, wären wir alle möglicherweise glücklicher.
Original Tempo nach Talsma/Wehmeyer sollte zu schaffen sein. Original Tempo nach Kolisch eher nicht!
Ja, Originaltempo ist unklar ausgedrückt. Ich meinte damit eben wie ein prof. Pianist. Ich habe das Stück noch nie langsam gehört. Dürfte auch sinnlos sein. Es ist nunmal ein Gewaltausbruch. Am besten gefällt mir hier Emil Gilels. Für Beethoven das Nonplusultra. Für meine Ohren.
 
Ich finde schnell spielen auch am allerallerschwersten :019:
Mir hilft es etwas, mein Tempo mit Metronom langsam und allmählich anzuziehen.

Das funktioniert aber nicht bei allen Stücken und Stellen, von denen man manche auch gleich schnell üben muss, wie ich hier bei Clavio gelernt habe.
Bei einem Stück, das ich im letzten Jahr gespielt habe, bin ich einfach nicht aufs Zieltempo gekommen und habe mich dann stattdessen für langsam und schön entschieden.

Ich habe es jetzt letzte Woche wieder rausgeholt und habe das Gefühl, jetzt könnte es mir mit etwas üben schneller gelingen als damals.

Vielleicht schnappst du dir eines deiner frühen Anfängerstücke und versuchst das erstmal auf Geschwindigkeit zu bringen?
 
Auf Deine Ausgangsfrage weiß ich leider keine Antwort, da ich schon als Kind mit dem Klavierspielen angefangen habe. Ich kann Deinen Traum, wirklich virtuos und schnell zu spielen, aber sehr gut nachvollziehen :-) und finde es super, dass Du das erreichen willst.

Für mich war bis ins Erwachsenenalter "klar", dass ich keinesfalls jemals virtuos werde spielen können. Virtuosität und Schnelligkeit gab es früher auf Schallplatten (später auf CDs), aber keinesfalls war das etwas, was ich auch nur im entferntesten erreichen könnte.
Bis ich vor über 10 Jahren zu Clavio kam und dann diverse Klaviervideos anschaute. Und mir dann dachte, ich probiere es jetzt einfach und spiele schnell. Auch wenn es nicht perfekt ist. Mir macht Schnellspielen einfach Spaß.

Voraussetzung fürs Schnellspielen ist, dass Du die Sachen langsam wirklich gut kannst. Du musst also viel langsam üben und dabei auf jeden einzelnen Ton hören. Das Stück muss im langsamen Zustand auch gut klingen, so dass Du es gerne spielst.

Mein Vorschlag wäre, dass Du Dir die Chopin-Etüde Op. 25 No. 2 anhörst und dann ganz geduldig lernst (auch wenn es sehr lange dauert, das lohnt sich). Wenn Du sie langsam kannst, kannst Du allmählich das Tempo steigern. Oder Du steigerst zwischendurch das Tempo stark, um das Erlebnis des Schnellspielens zu haben, und gehst anschließend wieder zum langsamen, meditativen Üben zurück.

Es gibt ein gutes Video von Danae Dörken zu diesem Thema:
 

@Guterkoch , setz Dich mal an´s Klavizimbel, lege eine Hand auf die Tasten, so ganz bequem und dann bewegst Du deine Finger, einfach so, von 1-5, von 5-1 und höre mal, was passiert, erst langsam und dann auch einfach mal sehr schnell.
Klappt´s?
Das Loslassen ist eine fundamentale Voraussetzung für das schnelle leichte Spiel.
Jeder kann auf der Tischplatte schnell die Finger bewegen, es sei denn, gesundheitliche Einschränkungen verhindern dies.
Mit Druck geht nix, egal, was du übst.
Wenn Du also so vor Dich hinklimpernd feststellst: Ach, das geht ja doch recht flott, dann kommt Erkenntnis zwei:
In der Regel ist das Gehirn der Verlangsamer. Es will alles kontrollieren. Und der Effekt tritt ein, wenn Du Stücke spielst.
Darum sagt Dir Dein KL ja auch: Langsam üben. Das hilft dem Hirn, nicht den Fingern.
Wichtig ist aber auch gelegentlich, den totalen Kontrast zu üben. Also eine Passage sehr langsam - sie darf nicht zu lang sein - und dann mal richtig flott.
Probier mal aus.
Ach, und übrigens: Schnelle Töne sind leicht. Fluffig. Ohne Stress.
;-)
 
Pauschal "langsam üben" zu sagen ist Quatsch.

Langsam üben führt nicht dazu, dass man das dann auf einmal auch schnell kann.

Es hilft nur dann, wenn man das langsame Üben sehr gezielt und wach dafür nutzt, überflüssige Bewegungen und Anspannungen immer mehr wegzulassen sowie die zweckmäßige Zusammenarbeit von Armen, Händen und Fingern zu etablieren und so zu einem möglichst mühelos fließenden Spiel zu kommen. Dieses Spielgefühl merkt man sich, so dass man dann im Laufe der Zeit immer schnellere Dinge mit diesem Spielgefühl hinbekommt.

Nicht selten ist es jedoch angesagt, eine Stelle nicht langsam zu üben, sondern sehr wohl schnell - weil ein ganz bestimmter Bewegungsablauf notwendig ist, der nur schnell überhaupt sinnvoll spür- und umsetzbar ist. Dazu spielt man dann eben z.B. nur kurze Abschnitte oder vereinfachte Versionen der Stelle (z.B. mit weggelassenen Stimmen).

Es wäre Aufgabe des KL, darauf hinzuweisen und differenziert dem Schüler zu zeigen, wann und wo er welche Übeart einsetzt und was dabei bewegungstechnisch zu beachten ist bzw. welches Körpergefühl anzustreben ist. "Langsam üben" ist so ein typischer nichtssagend-fauler "Rat" in schlechtem Klavierunterricht.
 
Pauschal "langsam üben" zu sagen ist Quatsch.

Langsam üben führt nicht dazu, dass man das dann auf einmal auch schnell kann.

Es hilft nur dann, wenn man das langsame Üben sehr gezielt und wach dafür nutzt, überflüssige Bewegungen und Anspannungen immer mehr wegzulassen sowie die zweckmäßige Zusammenarbeit von Armen, Händen und Fingern zu etablieren und so zu einem möglichst mühelos fließenden Spiel zu kommen. Dieses Spielgefühl merkt man sich, so dass man dann im Laufe der Zeit immer schnellere Dinge mit diesem Spielgefühl hinbekommt.

Nicht selten ist es jedoch angesagt, eine Stelle nicht langsam zu üben, sondern sehr wohl schnell - weil ein ganz bestimmter Bewegungsablauf notwendig ist, der nur schnell überhaupt sinnvoll spür- und umsetzbar ist. Dazu spielt man dann eben z.B. nur kurze Abschnitte oder vereinfachte Versionen der Stelle (z.B. mit weggelassenen Stimmen).

Es wäre Aufgabe des KL, darauf hinzuweisen und differenziert dem Schüler zu zeigen, wann und wo er welche Übeart einsetzt und was dabei bewegungstechnisch zu beachten ist bzw. welches Körpergefühl anzustreben ist. "Langsam üben" ist so ein typischer nichtssagend-fauler "Rat" in schlechtem Klavierunterricht.

Fehlinterpretation. Natürlich sagt mein KL nicht nur "langsam üben", sondern gibt noch zahlreiche andere Hinweise, wie wechselnd punktiert und gebunden, aber auch Hinweise auf Körper und Ellbogenhaltung usw usw.
Es ging mir bei meiner Frage nicht darum ob mein KL das Thema Geschwindigkeit richtig behandelt. Das tut er mit Sicherheit.
Wenn er einen 14-Jährigen so unterrichtet und dieser mitzieht, wird dieser mit der Zeit (1-2 Jahre) sehr schnell werden.
Ich frage mich ob das für einen 50-jährigen auch gilt, oder ob in diesem Alter eine deutliche Geschwindigkeitssteigerung eher die Ausnahme ist.
Und da wäre es eben hilfreich von KLs deren Erfahrungen kennenzulernen.
 
@Guterkoch
Es gibt 50jährige, die das noch lernen können, andere nicht. Man kann da keine Aussage treffen, ohne Dich beim Spielen zu sehen!
Schnell spielen - was ist das überhaupt - geht nur mit Üben. Etüden, Burgmüller, und Tonleitern.
Schnelles Spiel hat viel mit Technik (automatisiertem Fingersatz*), guter Finger- und Körperhaltung und guter musiktheoretischer Basis zu tun. Von allem etwas.
Technisch schnell etwas runterrattern ist machbar, Tonleitern z.b. .
Technisch schnell und mit Ausdruck ist etwas anderes!

Nutze einfache Etüden oder einfache Stücke, die du beherrschst und übe daran, mit KL, wie du das Tempo steigern kannst (natürlich muss das Stück dafür passen. Eine Berceuse ist weniger geeignet). Bis du das flott, aber sicher und ohne zu stolpern oder hudeln spielen kannst.

*Ihn also so zu nutzen und verinnerlichen, dass man nicht überlegen muss. Es kann aber sein, dass sich die Finger irgendwann andere Fingersätze suchen, die kann man dann nutzen. Fingersatz ist nicht in Stein gemeißelt (deswegen kann ich ab einem bestimmten Level Stücke mit fast komplett ausnotiertem Fingersatz nicht leiden, der macht die Schüler nämlich unflexibel).
 
Ich frage mich ob das für einen 50-jährigen auch gilt, oder ob in diesem Alter eine deutliche Geschwindigkeitssteigerung eher die Ausnahme ist.
Im Bereich "mittelschwierig" sollte es möglich sein, vorausgesetzt dass die nötigen Bewegungsabläufe korrekt und umfänglich gelehrt werden und das auch mit viel Geduld umgesetzt wird.
Im Bereich "schwierig" (z.B. sehr rasche Doppelgriffpassagen) dürfte der Zug abgefahren sein, d.h. die hierfür benötigten Reflexe bleiben außerhalb der Reichweite.

Was @Tastatula erwähnt hat (54321) zu machen, ist eigentlich kein Problem, es zu begreifen und zu erkennen, was alles und wie beteiligt ist, steht schon auf einem anderen Blatt.
 
Langsam üben führt nicht dazu, dass man das dann auf einmal auch schnell kann.
playing fast ist playing slow but faster.
In meiner 175jährigen Unterrichtspraxis ist es extrem selten vorgekommen, dass Schüler grundsätzlich zu langsam spielen, oder ausschliesslich langsam üben.
Das Gegenteil ist der Fall.
Die meisten überfordern sich, weil sie ein schnelles Tempo als Ziel vor Augen haben und viel zu schnell schnell spielen.
Und natürlich soll das langsam üben nicht pauschal erfolgen, sondern mit Ohren und Aufmerksamkeit. Genau das fällt den meisten schwer. Also muss man genau das üben und siehe, die schnellen Abläufe werden viel einfacher.
Es ist logisch, dass man auch schnell üben muss - z.B. wenn schnelle Sprünge auf dem Plan Stehen. Aber diese Tätigkeit folgt nach der Bewusstmachung, nicht vorher.
Wenn ein Schüler schnelle Sprünge sofort schnell übt, dann wird er (oder sie oder es) naturgemäß oft nicht treffen.
Fein: Dann übt man Fehler.
Und das ist ein solcher.
Fehler darf man nicht üben, sie sind die hartnäckigsten Verehrer deines Klavierspiels.
"Langsam üben" ist so ein typischer nichtssagend-fauler "Rat" in schlechtem Klavierunterricht.
Sehe ich anders und nehme in Kauf, dass mein Klavierunterricht schlecht ist. ;-)
 

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