Rubato und Klassik

Warum glaubst du, dass das so ist? Und was genau meinst du mit "fixieren"?
Rubato, also die kleinen feinen Veränderungen im Tempo bei Gestaltung einer Phrase oder eines größeren Zusammenhanges können nur jedes mal neu und jedes mal ein wenig anders im Moment der Aufführung entstehen, nur dann ist es lebendiges Musizieren.
Und der Grad zwischen überzeichnet, gelungen und zu wenig ist oft sehr schmal, besonders in der Klassik.
Das eine bedingt das andere, also z.B. ein wenig mehr oder weniger Beschleunigung, die eins ein wenig früher oder später hat Auswirkung auf die das Nachfolgende. Das gilt natürlich entsprechend für crescendi, Akzente etc.
Dieses nicht exakt Wiederholbare macht ja auch den Reiz von Konzerten aus.
Und dies lässt sich eben nicht genau aufschreiben, weder in Noten, noch auf Walzen von Spieluhren fixieren.
Das ist auch der Grund warum ungeschnittene Live-Aufnahmen oft soviel überzeugender sind.
 
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Ok, das ist wahr. Aber das gilt ja nicht nur für Rubato oder Agogik, sondern für sämtliche Aspekte des Live-Spielens. Dennoch kann man ja sehr genau ausprobieren und ggf. auch planen, wo und wie eine agogische Geste eingesetzt werden kann.
 
Nun ist aber rubato nichts, was man in irgendeiner Weise fixieren könnte. Es entsteht im Moment neu und ist auch jedesmal ein wenig anders. Nur dann wirkt es überzeugend und natürlich.
Naja, das gilt für ALLES, was man spielt. Man kann nie etwas 2x genau gleich spielen und sollte es auch nicht versuchen. Der Versuch führt unweigerlich zur Verkrampfung (geistig wie körperlich).

Was aber sehr wohl geht, ist: Erspüren, was ungefähr die zweckmäßige, sich gut anfühlende Tendenz ist. Dadurch werden sich verschiedene Durchläufe des Stücks vielleicht stark ähneln (und sogar auf den unbefangenen Hörer wie "2x gleich" wirken), obwohl nicht "Gleichheit" oder "Fixierung" vorliegt.

Dies ist gemeint, wenn man einen großen Interpreten lobt, weil sein Spiel klingt "als würde er es gerade frei improvisieren". Ich persönlich bin von Wenigem so abgeturnt wie von Klassik-Interpreten, bei denen alles genau geplant und durchchoreographiert wirkt wie bei Eiskunstlauf-Teilnehmern. (Wink an die Asien-Fraktion...)
 
Kleiner Hinweis: asiatische Menschen sind in ihrem Fühlen und Gestalten von Musik genauso unterschiedlich, wie Europäer oder Nordamerikaner!
Mich beunruhigt mehr, dass die Uniformisierung des Klavierspiels weltweit (auch in Europa) zunimmt und viel zu viel nach 'richtig-falsch' Kriterien bewertet wird, als nach interessant-langweilig.
Aber die Karrieren von Vikungur Olafson und anderen sind erfreuliche Gegenbeweise.
 
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