Pianisten zweiter Klasse

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Nein, keine Umfrage zum Ankreuzen und es geht auch nicht darum, Pianisten einzuschätzen sondern um den Zustand, einigermaßen passabel Klavier spielen zu können, seinen eigenen Ansprüchen selten zu genügen und deswegen zeitweise unter heftigem Frust zu leiden. Ich möchte hier Meinungen, Gefühle und Erfahrungen sammeln, die Andere in vergleichbaren Lagen entwickelt bzw. gemacht haben.

Ich bin mal wieder dabei, mich gegen negative Gedanken zu wehren, bzw. mich damit auseinander zu setzen. Zum Beispiel kann ich eigentlich davon ausgehen, immer zweiter Klasse zu sein und von studierten Pianisten eher von oben herab angesehen zu werden, vielleicht mal mit einem wohlwollenden Lächeln. Ich weiß, es ist nicht besonders nett von mir, sowas zu denken aber erstens mache ich den Studierten dafür keinen Vorwurf und zweitens weiß ich eigentlich ziemlich genau, daß es eine idiotische Sichtweise ist, mit der ich mir, wenn ich sie ernsthaft weiter verfolge, das Klavierspielen verderben kann. Andererseits kann ich mir denken, daß es viele gibt, die ähnliche Gedanken haben, wobei mir zum Beispiel auch Klavierlehrer einfallen, die eigentlich Pianist werden wollten und stattdessen andere auf diesen Weg bringen müssen, deswegen muß ich es hier aussprechen.

Im Moment bin ich natürlich sozusagen drittklassig, denn ich trete ja nicht mal auf. Wie schon erwähnt, schiebe ich das immer auf, weil ich noch hoffe, daß sich meine Fähigkeiten meinem Anspruch etwas mehr annähern könnten. Es macht einfach keinen Spaß, etwas zu präsentieren, wovon man selbst nicht überzeugt ist. Irgendwann muß man natürlich einen Punkt setzen, denn sonst war die ganze Vorbereitung für die Katz' - und jünger werde ich ja auch nicht.

Um Mißverständnissen vorzubeugen, es handelt sich hier um Gedanken, die mir teilweise auch auf den Magen schlagen, aber mich nicht aufhalten können. Sie sind nicht gerade angenehm und vielleicht hilft ja ein Austausch mit Anderen. Wenn man sich in guter Gesellschaft weiß, fühlt man sich ja meistens schon viel besser :)

Also bitte keine Vorschläge oder psychologische Lösungsansätze sondern eigene Erfahrungen auf diesem Gebiet.
 
Ähnliches kenne ich auch sehr gut.... ich spiele zwar pianistisch nicht der selben Liga wie Du, aber auch mir geht es oft so, dass ich sehr genaue Vorstellungen habe, die ich aber mit meinen Können nicht erfüllen kann.
Leider stehe ich mir selbst damit im Weg, denn alle loben meine Fortschritte, nur mir selber genügen sie nicht.... ich kann auch nie wirklich zufrieden sein, mit dem was ich gelernt habe. Eine relative Sicht der Dinge im Verhältnis zur Lernzeit am Klavier gelingt mir nur selten.:confused:

Es ist doch traurig, dass es einem so schwer fällt, sich dessen zu erfreuen, was er kann? Tatsächlich könnte mir die Weiterverfolgung dieses Gedankens auch das Spielen verleiden.
Ich versuche nun diese Strategie: ich lerne am Klavier hinzu, und probiere, was man damit an Klang produzieren kann. Und daran kann ich mich wirkllich erfreuen.:):) Also mehr das momentane Erleben von Musik.
 
Also, Guendola, wenn Du nicht Klavier studiert hast und Dich als drittklassig einschätzt, dann bist Du doch verdammt weit. Ich bin wahrscheinlich zwanzigklassig dagegen. Und mich stört es nicht, denn ich weiß genau, erstklassig werde ich in diesem Leben nicht mehr. Aber im nächsten Jahr bin ich wahrscheinlich neunzehnklassig und in fünf Jahren .....wer weiß..... Na und? Macht Dir das Klavierspielen Spaß ? Oder nicht? Machst Du Fortschritte? oder Nicht? Das ist doch entscheidend. Sich mit irgendjemandem messen zu wollen, noch dazu wenn der/diejenige einjahrelangesHochschulstudium hinter sich hat, ist doch nicht realistisch.Es ist m.E.eine Unart unserer Zeit sich mit seinen Leistungen an bzw. mit jemandem messen zu wollen. Dadurch baut man sich einen unnötigen kontraproduktiven Druck auf. Ich spiele , um Spaß zu haben , und um allmählich besser zu werden. Und wenn der Punkt kommt, an dem es nicht mehr (wesentlich) besser geht? Na und? Wir sind doch darüber keinem Rechenschaft schuldig.
 
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(...) Zum Beispiel kann ich eigentlich davon ausgehen, immer zweiter Klasse zu sein und von studierten Pianisten eher von oben herab angesehen zu werden (...)

eine Schülerin von mir (ich unterrichte im Durchschnitt alle 14 Tage auch Privatschüler, ein kleiner Teil davon sind keine angehenden Pianisten) hatte vor ca. 10 Jahren Schuberts Valses nobles derart wunderbar gespielt, dass ich ihr en detail erklärt hatte, dass und warum ich von ihr über diese Schubertstücke lerne! Das war umwerfend musikalisch, das hatte mich sehr begeistert und erschüttert!! Die Schülerin war leider psychisch krank, mehrere Suizidversuche - ich weiss nicht, was aus ihr geworden ist (sie war zu dieser Zeit ungefähr Abiturientin, eine hochintelligente und sensible, enorm musikalische junge Frau -- ok, an Technik hatte es ihr gemangelt, deshalb hatte ich mit ihr die Schubertwalzer und keine Chopinetüden gemacht). Ich erkläre es jederzeit gerne: ich kann diese Walzer musikalisch nicht besser spielen, als meine Schülerin (und ich muss dazu sagen: unterrichten, ob privat oder an Hochschulen, sind für mich geringfügige Nebeneinnahmen: ich lebe von Konzerten etc.) und das werde ich nie vergessen: ihren Klang bei den Walzern habe ich immer im Ohr!!!

eine andere Schülerin ist "technisch" eine absolute Null, aber sie ist musikalischer als die meisten, sie ist hochbegabt, studiert auch mit Bravour Gesang (Sopran) und ihr Debut als Sängerin habe ich begleitet. Sie spielt sehr gerne Klavier, hat aber keinerlei brauchbare technische Grundlage - ich habe mit ihr soweit daran gearbeitet, dass sie sich auf der Klaviatur orientieren kann (um Klavierauszüge zu probieren) und dass sie mit schönem Klang und musikalisch sinnvoll langsame Sätze etc.spielen kann -- und das tut sie gern (z.B. den langsamen Satz aus der f-Moll Sonate von Brahms)

ich hoffe, diese beiden Beispiele mildern etwas die auf mich leicht resigniert wirkende Komponente Deines Beitrags.

Gruß, Rolf
 
Liebe Guendola

Wie bereits vielfach geschrieben bin ich (inzwischen) Ü50 Wiedereinsteiger auf in etwa mittlerem Niveau. Ich habe auf dem Clavio-Treffen in Mainz viele gehört, von denen mich auf Dauer "Welten" trennen werden - aber:

- ich habe mich beim Treffen auch ans Klavier/den Flügel gesetzt und gespielt
- ich würde bei Gelegenheit meine Alkan-Barcarole gerne wieder öffentlich spielen
- ich baue weiterhin mein Repertoire aus
- und vor allem, ich spiele und übe weil es mir Spass macht

man kann sich an Blumen erfreuen, ohne Botanik studiert zu haben, genauso kann man sich und anderen gute Laune durchs Klavierspielen geben, nahezu unabhängig vom Niveau.
 
Es ist m.E.eine Unart unserer Zeit sich mit seinen Leistungen an bzw. mit jemandem messen zu wollen. Dadurch baut man sich einen unnötigen kontraproduktiven Druck auf. Ich spiele , um Spaß zu haben , und um allmählich besser zu werden. Und wenn der Punkt kommt, an dem es nicht mehr (wesentlich) besser geht? Na und? Wir sind doch darüber keinem Rechenschaft schuldig.

ebenfalls die völlig richtige Einstellung!!! (((einzig den "Spaß" würde durch "weil es mir gefällt" oder "aus Interesse" erstzen, aber ich sicher, dass Du es in diesem Sinne gemeint hast)))

Gruß, Rolf
 
Aber, Rolf, wenn deine Schülerin eine technische Null ist, warum bringst du ihr dann keine bessere Technik bei? :D

weil man als Sängerin nicht notwendig mehr als das, was ich beschrieben habe (und wofür nur anderthalb Jahre Zeit vorhanden waren) braucht (und für die Aufnahmeprüfung zum Gesangsstudium hatte es gereicht): "eine andere Schülerin ist "technisch" eine absolute Null, aber sie ist musikalischer als die meisten, sie ist hochbegabt, studiert auch mit Bravour Gesang (Sopran) und ihr Debut als Sängerin habe ich begleitet. Sie spielt sehr gerne Klavier, hat aber keinerlei brauchbare technische Grundlage - ich habe mit ihr soweit daran gearbeitet, dass sie sich auf der Klaviatur orientieren kann (um Klavierauszüge zu probieren) und dass sie mit schönem Klang und musikalisch sinnvoll langsame Sätze etc.spielen kann -- und das tut sie gern (z.B. den langsamen Satz aus der f-Moll Sonate von Brahms)" - und wer heute für Koloraturpartien in guten Opernhäusern engagiert wird, hat anderes dringender zu üben, als Klavier ;)
das war vor 8 Jahren, sie lebt inzwischen vom Singen (Oper, Lieder, Unterricht)
 
Ich bin mal wieder dabei, mich gegen negative Gedanken zu wehren, bzw. mich damit auseinander zu setzen. Zum Beispiel kann ich eigentlich davon ausgehen, immer zweiter Klasse zu sein und von studierten Pianisten eher von oben herab angesehen zu werden, vielleicht mal mit einem wohlwollenden Lächeln.

Guendola, ich weiß jetzt nicht, ob du dich auf Erfahrungen hier im Forum oder auf Erfahrungen im wirklichen Leben beziehst.

Ich weiß aber, wie "studierte Pianisten" über einander reden - und da ist boshaft noch ein sehr gemäßigtes Wort dafür.

Wenn du also ein Zeichen dafür benötigst, daß dich ein sP "ernst" nimmt, dann solltest du nicht auf Anerkennung hoffen - weil sowas von einem sP niemals kommen wird - sondern auf bissige Bemerkungen :D

Solange sie einen noch mit einem schulterklopfenden Lächeln behandeln, ist man für sie noch eine Null.

Und noch ein zweiter Punkt:

auch "echte" Pianisten, also solche, von denen man eigentlich denken sollte, die habens geschafft, können unter enormen Selbstzweifeln leiden. Da sorgen schon die Musikkritiker dafür 8)

Den Zustand zufriedener Selbstgewißheit wird man als Klavierspieler/Pianist um so weniger erleben, je weiter man fortgeschritten ist.

Gut, es gibt ein paar ganz seltene Ausnahmen: mir fallen jetzt spontan Rubinstein und Volodos ein.
 
Hallo zusammen,

ich melde mich in dieser Diskussion auch einmal zu Wort. Um es gleich vorweg zu sagen, ich habe kein Musikstudium absolviert, sondern übe einen völlig anderen Beruf aus. "Anhörbar" Klavier zu spielen, bezeichne ich als Luxus und für mich persönlich als einen deutlichen Zuwachs an Lebensqualität. Folglich war / ist / bleibt das für mich immer nur ein Hobby, das ich sehr gerne betreibe.

Ich bin also das, was man einen "Amateur" nennt. Das soll jetzt nicht abqualifizierend klingen, denn da steckt das lateinische Stammwort (Inf.) "amare" drin, also "etwas lieben und / oder mit Leidenschaft betreiben". Da passt vielleicht auch das Beispiel mit der Hausfrau, die "mit Liebe backt" dazu, die sich aber in ihrem Leben niemals anmaßen würde, ihre "individuelle Backkunst" mit den Arbeitsergebnissen einer kompletten Backwarenfabrik zu vergleichen.

Daher kann ich als Rezept gegen "negative Gedanken" nur raten: Leute, bleibt auf dem Teppich: Versucht nicht, aus Sicht der Amateure, Euch mit Profis zu vergleichen. Da bleibt Ihr als "ewig Unglückliche" auf der Strecke und könnt Euer Klavierspiel gleich sein lassen.

Und den Profis, die hier diskutieren, denen ist zu sagen, dass die Kombination zwischen "Liebe zum Beruf" und dem reinen Brotewerb durch das eigene Tun auch nicht gerade in jedem Fall vorhanden ist. Nicht ganz selten ist es doch so (wie überall), dass Vieles im eigenen Beruf eine reine Pflichtübung ist und auch so abgehandelt und behandelt wird. Es kommt also immer auf die Perspektive und die (ur)eigene Empfindung an. Auch die eigene Beziehung zu seinem Tun ist wichtig, denn Amateur zu sein, heißt ja nicht per se "Na, ja - wie ein Profi werde ich ja eh nicht, also kann ich das Ganze eher nachlässig oder liederlich betreiben". Dann kann man es gleich sein lassen. Man sollte durchaus schon im Rahmen seiner Möglichkeiten nach dem Optimum streben, aber eben nicht "nach den unerreichbaren Sternen greifen".

Die Profis aber, die ihr Tun zum Broterwerb nutzen, die müssen sich, jeder für sich, sehr wohl fragen, ob ihnen die eigenen Ansprüche an ihr Tun genügen oder ob sie hier nicht für Verbesserung sorgen sollten, um schlechte Gedanken (Gefühle) zu vertreiben. Dazu kann im Ernstfall auch das Erkennen, dass man dem Betrieb / den Anforderungen eben nicht genügt, gehören und somit der Beginn eines Perspektivwechsels eingeleitet werden, in dem man sich, so schmerzlich das vielleicht im Einzelfall "ob der vergeudeten Mühen" (Studium, jahrelanges Üben usw.) sein mag, beruflich anderweitig orientiert. Das sind grundsätzliche Fragen, die sich jeder von uns, der im Berufsleben steht (egal ob Musiker oder nicht), stellen muss.

Ich selbst lebe in der glücklichen Lage, dass mir mein Beruf Spaß macht und dass ich ihn gerne ausübe. Auch die Resultate (überdurchschnittliche Leistungseinschätzungen mit dementsprechend besoldungsrechtlichen Folgewirkungen) unterstützen meine Sichtweise auf mein alltägliches Tun im Rahmen eines normalen Aktes der beruflichen Selbstwahrnehmung / -erkenntnis ("Wo steht man und was will / kann man erreichen?"). Aber auch hier ist übertriebenes Karrierestreben fehl am Platz. Für mich persönlich aus beruflicher Sicht (dort bin ich Profi, im Gegensatz zu meinem musikalischen Hobby) heißt das: "Wenn ich etwas gerne mache, dann mache ich es auch gut, weil es auch dann nachhaltig mit Liebe / Leidenschaft' betrieben wird." Alles Andere (Angenehme) im Sinne von beruflichem Aufstieg und / oder Entwicklungsmöglichkeiten "kommt dann ganz von alleine" und braucht gar nicht "gezielt angepeilt oder erzwungen" zu werden. Letzteres klappt sowieso nicht. Deshalb sind Streber, aus meiner Sicht, eigentlich nur "arme, kleine und mit sich selbst ständig unzufriedene Wichte", die bedauernswert sind. Schon während der Schulzeit habe ich das so abgeklärt gesehen.

Und noch mal zum Thema "Klavieramateur": Ich spiele einzig und allein aus Spaß an der Freude und deshalb stelle ich auch einige meiner Songs bei clavio.org ein. Im Übrigen scheint mein Spiel nicht nur mir, sondern auch anderen Zuhörern zu gefallen, denn ich bin derzeit in der TOP20-Liste vertreten. Das ist aber kein Zwang für mich, ich freue mich nur sehr darüber, dass offensichtlich nicht nur ich daran Spaß habe. In diesem Sinne, Leute - geht in Euch (wenn Ihr wollt) und überdenkt Eure Situation in realistischer Weise und Ihr werdet sehen: Schlechte Gedanken sind im Nu verflogen. Das Wochenende ist ja auch nicht zum Frusten da. Ein schönes Selbliges wünscht Euch Razo!

Für alle von uns jedoch gilt uneingeschränkt: per aspera ad astra igitur (mit Fleiß / Mühe / Anstrengung gelangen wir zu den "Sternen", soweit man sich den Griff nach diesen als persönliches und vor allem erreichbares Ziel setzt)
 
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ebenfalls die völlig richtige Einstellung!!! (((einzig den "Spaß" würde durch "weil es mir gefällt" oder "aus Interesse" erstzen, aber ich sicher, dass Du es in diesem Sinne gemeint hast)))

Gruß, Rolf



....Ja :). Du hast es natürlich besser formuliert!:D

(Meine Tippfehler kann ich leider nicht mehr korrigieren...:rolleyes::D)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

ok dann dazu jetzt was von mir:

ich kann deine gedanken SEEHHHRRR gut nachvollziehen. ich hoffe ich stoße den richtig späteinsteigern jetzt nicht vor den kopf, aberich könnte mich schimmilig ärgern, dass ich erst so spät angefangen haben. es macht mir so viel freude und ich bin so lernbereit und es geht alles superschnell und auhc schneller als bei den meisten anderen, aber ich muss immer drüber nachdenken wie gut ichwohl wäre, hätte ich wie andere mit 5 angefangen.:-|

das ist frustrierend und irgentwie liegt das auch wei ein schatten auf dem glanz des klaveirspielens für mich, aber ich schaffe es ihn immer mehr zu vertreiben, weil mir immer bewusster wird, dass ich in der zeit anderes gemacht hab, damals wirklich noch nciht spielen wollte, und es eignetlich nicht hätte besser kommen können...

man muss ja auch imemr bedenken, dass besseres spiel auch mit mehr mühe verbunden ist,ich wünsch mir auch wie kissin spielen zu können, aber ich würde nie 8 stundenam tag klaveirspielen müssen, dafür ich hätte ich keine zeit und keine lust.

ich denke, wenn man mit leidenschaft dabei ist und sich immer verbessertund vorallem kleine etappenziele setzt, erreicht man irgentwann auchdas wovon man lange geträumt hat :)

ich hoffe das hat dir ein wenig geholfen, du bist nicht allein ;)
 
(...)
Den Zustand zufriedener Selbstgewißheit wird man als Klavierspieler/Pianist um so weniger erleben, je weiter man fortgeschritten ist.

Gut, es gibt ein paar ganz seltene Ausnahmen: mir fallen jetzt spontan Rubinstein und Volodos ein.

Und da hat Haydnspaß etwas sehr Richtiges gesagt:
Je mehr man weiß über gute Musik, umso mehr weiß man auch, wo es hingehen soll. Und was dem Anspruch nicht genügt.

Will sagen: ein unbeleckter Anfänger ist wahrscheinlich eher mit seinen Leistungen zufrieden als jemand, der weiter ist und weiß, wohin die Reise gehen soll und was ihn davon unterscheidet.
 
Schön, daß das Echo so groß ist! Was bei mir leider erschwerend hinzukommt, ist die Tatsache, daß ich eben nicht Klaviermusik für den Hausgebrauch im Sinne habe. Ein bischen für mich selbst spielen ist ganz nett, und ich verbringe gelegentlich Stunden damit, durch alte Noten zu spielen. Das ist auch ein ganz gutes Mittel gegen Frust, jedenfalls kurzfristig, und besser als sich in eine Stelle in einem Stück zu verbeißen, die gestern noch fabelhaft ging. Allerdings fehlt das Publikum - ich habe eigentlich fast nie Musik als Selbstzweck betrieben. Vielleicht sollte ich wirklich mal anfangen, ein Programm aus mehr oder weniger unbekannten Stücken zusammenzustellen und endlich nach Auftrittsmöglichkeiten suchen. Möglicherweise ist es genau das, was jetzt fällig ist. Vielleicht ein bischen Clementi, ein paar Schubert-Walzer, etwas Chopin. Ich will ja nicht Furore oder das große Geld machen, sondern einfach ein bischen Spaß dabei haben, meine Musik mit anderen zu teilen. Viele kennen von der Bühne her ja vor allem Angstschweiß und große Aufregung aber es kann einem auch unvergleichlich gute Augenblicke bereiten - sowohl während des Konzertes als auch nachher. Und da will ich wieder hin, diesmal am Klavier.
 
Egal, ob Anfänger, Fortgeschritten, Profi oder oder ... Wenn man drin ist in der Sache, sich über Hürden durchgehangelt hat, bleiben Selbstzweifel nicht aus. Der innere Schweinehund läßt sich nicht so leicht zum Schweigen bringen. Schließlich gehen Erkenntnis und Kritik immer zusammen. Musizieren fordert den ganzen Menschen. Man kann kein Detail auslassen und wenn, muß man wissen, wie man es kaschieren kann. Und es ist immer dieses kleine süße verdammte Detail, daß die Hutschnur zum Reißen bringt.

Ich jedenfalls stecke ich so tief drin, ich kann da nicht mehr raus. Über Selbstzweifel habe ich lange nachgedacht, weil sie schrecklich sind. Danach habe ich sie verbannt. Natürlich kopfen sie immer wieder an; Meine Technik - oh je, ich müßte den Deckel gleich zu klappen. Die Motorik kommt nicht mit dem theoretischen Wissen mit. Dann ergeben sich Spannungen - ja sicher. Und doch Sisyphosarbeit, aber freiwillig.

Selbstzweifel - ja, die müssen wohl sein, damit man wie Phönix aus der Asche steigen kann. Und das ist ein wunderbares Gefühl :).
 
Das ist auch ein ganz gutes Mittel gegen Frust, jedenfalls kurzfristig, und besser als sich in eine Stelle in einem Stück zu verbeißen, die gestern noch fabelhaft ging.
Paß auf, daß Du Dich nicht verbiesterst.
Im kleinen Rahmen wird sich sicherlich was ergeben, wenn Du es möchtest. Eins kommt zum anderen, wenn man erst unterwegs ist. Und die Clavianer würden sich riesig freuen, wenn Du auf dem nächsten Forum-Treffen mit dabei bist. Das ist eine so wunderbare Atmosphäre, die ohne großen Anspruch jeden auf seine Art spielen läßt und sogar kleine Konzerte mit einer offenen wohlwollenden Zuhöhrerschaft.
 
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Was bei mir leider erschwerend hinzukommt, ist die Tatsache, daß ich eben nicht Klaviermusik für den Hausgebrauch im Sinne habe. (...) Allerdings fehlt das Publikum - ich habe eigentlich fast nie Musik als Selbstzweck betrieben. Vielleicht sollte ich wirklich mal anfangen, ein Programm aus mehr oder weniger unbekannten Stücken zusammenzustellen und endlich nach Auftrittsmöglichkeiten suchen. Möglicherweise ist es genau das, was jetzt fällig ist. (...) Ich will ja nicht Furore oder das große Geld machen, sondern einfach ein bischen Spaß dabei haben, meine Musik mit anderen zu teilen. Viele kennen von der Bühne her ja vor allem Angstschweiß und große Aufregung aber es kann einem auch unvergleichlich gute Augenblicke bereiten - sowohl während des Konzertes als auch nachher. Und da will ich wieder hin, diesmal am Klavier.

hallo,

mir gefällt das, was ich hervorgehoben habe (wobei eine Frage bleibt: wie meinst das "wieder da hin kommen"?) und ich halte Deine Einstellung für durchaus nachvollziehbar! Mach das!!

Konzertprogramme müssen nicht notwendigerweise aus virtuosen und ultraschwierigen Sachen zusammengestellt sein! Und das gleich zweimal nicht bei der Ambition/Absicht, die Du mitteilst. Natürlich musst Du Dir selbstkritisch die Frage stellen, ob Du bei vereinfacht gesagt "mittleren" Stücken (Schubert Imprompti, Janaceks "auf verwachsenem Pfad" etc) klanglich und ausdrucksmäßig in der Nähe eines Standardniveaus spielst, oder ob da noch viel zu tun ist. In letzterem Fall würde ich das auftreten noch eine Weile hinausschieben (aber nicht aus den Augen verlieren).

Gelegenheiten für interessante Programme abseits des Konzertrummels und ohnehin interessante Programme gibt es genügend.

Eine Idee wäre: Klaviermusik von Wagner und Sibelius - das wird kaum gespielt, das kennt fast keiner und es ist nicht schwierig zu spielen im Sinne von Lisztetüden.
Wagner: Fantasie fis-Moll
Albumsonate As-Dur
Sibelius: Idyllen
und als Vergleich dazu evtl. ein paar Lieder ohne Worte von Mendelssohn, ein paar Nocturnes von Chopin.

von beliebten und bekannten Stücken aus den "Standard"-Programmen der Profis (z.B. Schubert/Liszt Ständchen und ähnliches) würde ich abraten.

Gruß, Rolf
 
Lang Lang hat mal gesagt, er würde sich auf der Bühne wie zu Hause fühlen. Er bzw. wohl auch andere Profis finden das eine gute Voraussetzung für öffentliche Auftritte.
Und da hast du den meisten schon mal etwas Wichtiges voraus: es ZIEHT dich auf die Bühne, zu den Leuten. Freu dich darüber!
Außerdem bin ich mir ganz sicher: so wie du spielst (was ich bisher an Forumseinspielungen gehört habe), spielst du gut (jedenfalls besser als ich wohl je sein werde). Sei also nicht ZU kritisch zu dir selbst, sonst machst du dir was kaputt.
 
Rolf, mit "da will ich wieder hin" meine ich ganz einfach die Bühne. Welche Stücke von Schubert meinst du? Ich will z.B. gelegentlich das Es-Dur Impromptu spielen, aber erst, wenn ich damit wirklich zufrieden bin.

Melodicus, zu selbstkritisch kann man nicht sein. Entweder man ist selbstkritisch oder man ist es nicht. Eigentlich muß man sich als Musiker auf ein Niveau beschränken, das man beherrscht, dann bringt einem Selbstkritik genau das richtige Maß. Heikel wird es dann, wenn man lernen will, denn dafür muß man das eigene Niveau ja ein bischen überschreiten (das des Spielens, nicht das Lernniveau).

Es gibt aber noch eine andere Art, sich selbst zu kritisieren, bzw. besser ausgedrückt, sich runter zu machen. Typische Merkmale sind Sätze wie "das schaffe ich nie" oder auch "ich fühle mich als Pianist zweiter Klasse" (!). Solche Phasen mache ich gelegentlich durch und will mich hier darüber austauschen. Objektiv gesehen schaffe ich im Moment sehr viel, allerdings fordere ich mich auch sehr und das ist wohl das eigentliche Problem. Man kann nicht erwarten, daß man zehn Stücke gleichzeitig neben einem Hammer wie Pathetique einüben kann und dann noch überall rasante Fortschritte macht. Pathetique gehört halt zu den Stücken, an denen ich wachse, sowas muß auch sein. Ich habe übrigens auch festgestellt, das Frust ein starker Motor sein kann, wenn man sich dabei nicht gehen läßt, nur muß das, was man mit diesem Antrieb schaffen will, auch wirklich machbar sein. Unter solchen Bedingungen zu üben ist zwar höllisch anstrengend aber auch sehr effektiv. Aber ich werde es sicherlich nicht zur Regel machen :D
 
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