Oper komponieren!?

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Hallo zusammen,

ich weiß, es hört sich sehr komisch an, aber: Schon seit langem ist einer meiner größten musikalischen Träume die Komposition einer Oper. =D

Ich habe mich auch schon nach einem Libretto umgeschaut und spiele - seit ich es das erste mal gesehen habe - mit dem Gedanken, den Antigone-Mythos zu vertonen. Jedoch bin ich mir nicht sicher, was ich als Libretto(-Vorlage) verwenden soll. Und auch bei der Umsetzung bin ich mir noch nicht ganz sicher...;)

Also: Schreibt Eure Meinung, gebt mir Tipps, Anregungen, Kritik... Hier könnt Ihr alles schreiben, was Euch zu dem Thema einfällt. :cool: ich bin für alles offen und werde Euch dann natürliche auch regelmäßig über den Stand der arbeit auf dem Laufenden halten...:D

Herzliche Grüße

Lisztomanie
 
Wow, direkt eine ganze Oper?

Fängt man da am besten nicht erst einmal klein an, z. B. mit einem einzigen Singstück nur mit Klavierbegleitung? Quasi als Fingerübung?

So Opern haben ja ihre Länge. Wie lange willst Du den da komponieren, bis alles fertig ist? Fünfzehn Jahre? Oder mehr?

CW
 
Lieber Lisztomanie,

als Fernziel ist die Komposition einer Oper sicherlich ein tolles Projekt. Allerdings möchte ich dich nochmal an die Worte von Rheinkultur erinnern, der anlässlich des 1. Satzes deiner 1. Symphonie u.a. schrieb:
In der Praxis läuft manches anders ab als auf einem MIDI-File - da kommen psychologische Spannungsmomente, raumakustische Besonderheiten etc. hinzu, die der PC natürlich nicht liefert. Der Idealfall, um aus solchen Projekten etwas für die Praxis zu lernen, ist die Zusammenarbeit mit Instrumentalisten und Ensembles, wo sehr schnell klar wird, was praxisgerecht und gut umsetzbar ist und was eher nicht. Deshalb wünsche ich Dir die Möglichkeit, Dein Werk mit einem kleinen Orchester praktisch zu realisieren [...]
Übrigens würde ich mich nicht nur auf organisatorisch aufwendige Projekte mit Orchester konzentrieren, sondern auch kammermusikalische Aktivitäten ins schöpferische Arbeiten einbeziehen - da ist es eher möglich, Interpreten zu rekrutieren, von deren praktischer Erfahrung man unwahrscheinlich viel profitieren kann.

Wie auch Aljechin schon angedeutet hat, ist die Realisierung einer Oper (wenn sie nicht in ihrer leblosen Form auf dem PC und auf den Partituren bleiben soll) ein zeitaufwändiges Unterfangen, bei dem man auch viel organisieren muss. Das Ergebnis ist dann vielleicht eher ernüchternd und enttäuschend, besonders wenn du keine guten Musiker auftreiben kannst. Ich würde dir daher raten, erst einmal kleinere Lieder (à la Beethoven, Schubert oder Schumann) für Klavier und Singstimme zu komponieren, dann zum Orchesterlied (z. B. mit Mahler als Vorbild) voranzugehen, Verschiedenes für Chöre usw. zu schreiben und dann erst eine Oper in Angriff zu nehmen. So könntest du evtl. kleinere Projekte auch wirklich realisieren und dadurch sehr viel lernen.

Was das Libretto für deine geplante Oper betrifft, so würde ich sagen, dass du einen Stoff wählen solltest, mit dem du "etwas anfangen kannst", d. h. der dich anspricht und betrifft. Kannst du dich z. B. mit Antigones Schicksal identifizieren, dich da einfühlen und eine entsprechende Musik schreiben? Wenn nicht, würde ich mir lieber einen anderen Stoff suchen. Es gibt ja genug Theaterstücke, die einem da als Vorbild dienen können.

Viel Erfolg!
Zoel
 
"als Fernziel ist die Komposition einer Oper sicherlich ein tolles Projekt. Allerdings möchte ich dich nochmal an die Worte von Rheinkultur erinnern, der anlässlich des 1. Satzes deiner 1. Symphonie u.a. schrieb: (...)
Wie auch Aljechin schon angedeutet hat, ist die Realisierung einer Oper (wenn sie nicht in ihrer leblosen Form auf dem PC und auf den Partituren bleiben soll) ein zeitaufwändiges Unterfangen, bei dem man auch viel organisieren muss. Das Ergebnis ist dann vielleicht eher ernüchternd und enttäuschend, besonders wenn du keine guten Musiker auftreiben kannst. (...) So könntest du evtl. kleinere Projekte auch wirklich realisieren und dadurch sehr viel lernen.

Was das Libretto für deine geplante Oper betrifft, so würde ich sagen, dass du einen Stoff wählen solltest, mit dem du "etwas anfangen kannst", d. h. der dich anspricht und betrifft."
Hallo Lisztomanie,

natürlich erinnert sich Rheinkultur an seine Ausführungen zum Kopfsatz der 1. Sinfonie und würde an diese anknüpfen, wenn ihm nicht andere (danke, @Zoel!) diese Arbeit abnehmen würden. Mit einem Opernprojekt würdest Du Dich einer der größten Aufgaben stellen, die für einen Komponisten denkbar sind - inklusive der Perspektive, ein fertiges Stück nicht zur Aufführung bringen zu können. Der israelische Komponist Josef Tal wird gerne mit der eigenen Aussage zitiert, eine Komposition sei erst dann fertig, wenn sie aufgeführt ist. Deshalb würde ich zu einer kleinen Solistenformation ohne Chor unter Mitwirkung von Klavier oder von einem kleinen Kammerensemble mit möglichst vielseitig einsetzbaren Melodieinstrumenten raten und mich an den Erfahrungswerten entsprechender "Kleinsttheater" orientieren, etwa wie Hamburger Kammeroper

Einen generellen Überblick über diese Bühnengattung mit vielen Werkbeispielen (in englischer Sprache) vermittelt die folgende Quelle: Category:Chamber operas - Wikipedia, the free encyclopedia

Große Sorgfalt ist in der Tat bei der Auswahl des Librettos geboten - selbst von großen Opernkomponisten wie Rossini und Verdi haben sich eine ganze Reihe von Werken im Spielbetrieb nicht behaupten können; Grund dafür war vielfach die mangelhafte Textvorlage, die die Bühnenwirksamkeit von vornherein stark beeinträchtigt hat. Wenn es denn wirklich der schon oft umgesetzte Antigone-Stoff sein soll, empfiehlt sich das Studium früherer Vertonungen, was beim Ausloten der musikalischen Deutungsmöglichkeiten sehr lehrreich sein dürfte: Zehlendorfer Operngespräche: Antigone und die Musik

Der Quelle ist zu entnehmen, dass mehrere (vor allem italienische) Komponisten im 18. Jahrhundert diesen Stoff vertont haben; im 20. Jahrhundert sind die Arbeiten von Honegger, Orff und Katzer in größeren zeitlichen Abständen zu erwähnen. Wer Ohren hat zu hören, der höre! ( Lk 8,8 ) und wer Augen hat zu sehen, der lese!

LG und gute Inspiration wünscht
Rheinkultur
 
Die Oper ist sicher eine der absoluten Königsdisziplinen. Du musst es schaffen, das Publikum über mehrere Stunden permanent zu unterhalten. Ich denke das ist mit ein Grund dafür, warum wie Verdi sagte es zu allen Zeiten nur relativ wenig gute Opern gab. Drei Dinge sind in jedem Fall erforderlich…

1. Grundlagen
Die sind wohl immer notwendig, wenn man sich an etwas versuchen will. Harmonik, Kontrapunkt, Choralsatz, Orchestersatz usw. müssen perfekt sitzen. Da du dich schon an Sinfonien versucht hast nehme ich an, dass dieses Wissen vorhanden ist. Ist dir vertraut, was die menschliche Stimme im Stande ist zu leisten? Kennst du die einzelnen Stimmlagen? Wie schon richtig gesagt wurde, muss das auch singbar sein. Kennst du die kompositorischen Mittel einer Arie, eines Duettes, Terzettes, Quartettes und von Chören?

Ich nehme mal an, du willst eine deutsche Oper komponieren und natürlich beherrschst du diese Sprache, das allein reicht aber nicht. Mach dir genaue Gedanken über die Eigenheiten der deutschen Sprache. Zum Beispiel: Beim Ungarischen wird fast jede erste Silbe eines Wortes betont, die italienische Sprache verweilt relativ lang auf den Vokalen, im Spanischen haben die Konsonanten mehr Bedeutung, Französisch fließt und kommt mit sehr wenigen Akzenten aus. Deutsch ist unter anderem durch lange, schwere Worte gekennzeichnet. All diese Merkmale hörst du auch, wenn die Sprache gesungen wird, selbst bei instrumentalen Stücken hört man es (vergleiche hierzu z.B. Werke von Bartok, Verdi, Ravel und Wagner/Schumann/Schubert). Es geht also um die typische Sprachmelodie einer Sprache, die beachtet werden muss. Welche Wörter, welche Silben müssen durch Akzente oder bestimmte Tonhöhen betont werden, welche dürfen länger gehalten werden… Verdi griff nicht grundlos gerne ins Libretto ein, wenn ihm etwas nicht in die Musik passte. Auch die Beschäftigung mit deutschen Volksliedern ist hier sehr wichtig.

Tragödien müssen technisch anders gesungen werden, als Komödien und selbst da gibt es noch viele Unterschiede. Die Carmen wird ganz anders gesungen, als Don Pasquale oder die Meistersinger und Verdi hat sich lange darüber Gedanken gemacht, wie sein Falstaff zu singen ist. Warum?

Wie können Opern aufgebaut sein? Nummernoper, durchkomponierte Oper, Einakter…

2. Konzept
Du brauchst ein stimmiges Konzept, ein Grundgerüst für die Oper. Möchtest du eine durchkomponierte Oper oder eine Nummernoper schreiben? Möchtest du Leitmotive verwenden… Ist das Libretto stimmig und umsetzbar, passt der epische Aufbau? Wie schaffst du es, dass Publikum musikalisch und dramaturgisch permanent zu unterhalten? Hier gilt es sich anzusehen, wie die großen Komponisten das geschafft haben. Schau dir zum Beispiel den Rigoletto, La Traviata und Il Trovatore an, das sind für mich vollkommene Opern.

Rossini hat neununddreißig Opern geschrieben, trotzdem sind nur sehr wenige davon im Standardrepertoire. Warum? Sind die schlecht komponiert? ;)

3. Schöpferische Geist
Den muss man für eine Oper mitbringen und zwar im überdurchschnittlich hohen Maße.

Mein Vorschlag: Wenn du dich für ein Libretto entschieden hast, dann such dir eine Arie heraus und versuch mal, diese zu vertonen, das könntest du auch mit irgendeinem Gedicht für den Anfang probieren.

Soweit ein paar Gedanken von mir…

Viele Grüße!
 

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