Musik und Gehirn

Unsere Alltagskommunikation ist schon ziemlich degeneriert, v.a. von Unaufrichtigkeiten und falsch verstandener Rücksicht ("Kuschelpädagogiksyndrom") durchseucht. Unzulängliches darf möglichst nicht kritisiert werden. Hinter einem Lob könnte sich ja verborgene Heimtücke verbergen. Was ist eigentlich schlimm daran, Kritisches zu kritisieren, Lobenswertes zu loben, möglichst ohne Verbiegung und Umwege?
 
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Wenn sie dann die übertriebene Version des eigenen verbesserungsbedürftigen Spiels vormacht, dann weiss ich genau, worauf sie hinaus will.

Diese Methode finde ich gar nicht schlecht, sie ist m.E. kooperativ und hilfreich.

Solche karikierten Bewegungsimitiationen gibt es von mir zur Auflockerung auch immer mal wieder zu sehen, allerdings ohne genaue Benennung des Fehlers und auch nicht bei jedem Schüler bzw. in Gruppen ohne mitzuteilen, wen ich hiermit darzustellen versuche. Daher demonstriere ich in Gruppen auch immer mindestens zwei Fehlervarianten. Den Anteil an Fehlerdemonstration versus ausschließlicher Vermittlung der Zielbewegung würde ich bezogen auf meine Unterrichtsstunden auf 1:9 schätzen.

Die Schüler sollten sich auf so wenig wie mögliche Details gleichzeitig konzentrieren müssen, zudem möchte ich vermeiden, dass durch das wiederholte Nennen eines Fehlers eine Art "selbsterfüllende Prophezeihung" auftritt. Fehlerkorrektur ist eigentlich nichts anderes als ein Umlernprozess. Möchte ich etwas umlernen, muss ich die falsche Bewegung "vergessen", damit sich die richtige in der Hierarchie durchsetzen kann. Erinnere ich den Schüler aber immer wieder an die falsche Bewegung, verzögere ich hiermit den Verdrängungsprozess.

Nica, bitte verzeihe diese unwissenschaftlich vergröberte Erklärung, ich hoffe, sie stimmt wenigstens....einigermaßen ;)
 
Unsere Alltagskommunikation ist schon ziemlich degeneriert. Unzulängliches darf möglichst nicht kritisiert werden. Hinter einem Lob könnte sich ja verborgene Heimtücke verbergen. Was ist eigentlich schlimm daran, Kritisches zu kritisieren, Lobenswertes zu loben, möglichst ohne Verbiegung und Umwege?

Gar nichts. Aber woher soll denn der Gelobte / Kritisierte wissen, ob er es mit ehrlichem Lob + Kritik zu tun hat oder nicht?
Wenn dich auf der Straße jemand anspricht und dir eine Reise schenken will, wirst du auch nicht Hurra schreien, sondern vermutlich ohne Kommentar und Reaktion weitergehen oder freundlich ablehnen. Keiner hat eine Reise an Fremde zu verschenken, da muss etwas faul sein.
Ähnliche Gedanken hat mancher eben auch bei unerwartetem Lob. Es gibt ja sogar schon Benennungen für manche Arten von falschem Lob - "pädagogisches Lob" z.B.

(Übrigens, wo wir beim Thema sind - ich habe nicht verstanden, was du mir ein paar Beiträge vorher mit "bleib so bescheiden" sagen wolltest... eine "echtes Lob" bzw. Anerkennung war es sicher nicht, eher sarkastisch oder ironisch, aber warum hab ich auch nicht wirklich kapiert)
 
Gar nichts. Aber woher soll denn der Gelobte / Kritisierte wissen, ob er es mit ehrlichem Lob + Kritik zu tun hat oder nicht?

Eben. Das meine ich mit "degeneriert". Und wollte eigentlich nur dafür plädieren, gelegentlich wieder zu klareren Ansagen zurückzukehren. Das ist natürlich ein Prozess, der schon bei der Kleinkindererziehung anfängt...

Zitat von Stilblüte:
Wenn dich auf der Straße jemand anspricht und dir eine Reise schenken will, wirst du auch nicht Hurra schreien, sondern vermutlich ohne Kommentar und Reaktion weitergehen oder freundlich ablehnen. Keiner hat eine Reise an Fremde zu verschenken, da muss etwas faul sein.

Eben. Das Gehirn kann ja gerne eingeschaltet bleiben. :p

Zitat von Stilblüte:
(Übrigens, wo wir beim Thema sind - ich habe nicht verstanden, was du mir ein paar Beiträge vorher mit "bleib so bescheiden" sagen wolltest... eine "echtes Lob" bzw. Anerkennung war es sicher nicht, eher sarkastisch oder ironisch, aber warum hab ich auch nicht wirklich kapiert)

Die Bescheidenheit bezog ich "augenzwinkernd" auf die eher schlichte Belohnung durch (ein :D) Gummibärchen. Null tiefere Bedeutung !:D (( Heutzutage werden an Belohnungen ja nicht selten erheblich höhere "Ansprüche" gestellt....:-)))
 
@Rebecca
Jaein,
Klavierunterricht ja, aber auch, weil es mir gerade in den Sinn kam, loben / kritisieren an sich.
Deinen Standpunkt kann ich so unterstützen.

@Klimperle
das vorhandene unterstützen und fördern , aber was machst Du, wenn derjenige gerade überhaupt keine Lust hat ?
(Sportunterricht als Schulunterricht betrachtet, d.h. der muss dahin, während beim Klavierunterrciht der Besuch eher freiwillig ist.)
 
Ich bin zwar kein Musiklehrer, unterrichte als Sportlehrerin und Trainerin aber ebenfalls Bewegungen. Ich bemühe mich, bei meinen Korrekturen den Fehler erst gar nicht als solchen zu benennen sondern gehe nur auf die von mir im Moment gewollte Zielbewegung ein.


Der von Klimperline hier angesprochene Punkt ist sehr wichtig und gilt nicht nur im Unterricht!

Möchte ich, dass ein Kind nicht über die Straße rennt, ohne nach rechts und links zu schauen, ist es besser "warte am Straßenrand...!" zu sagen anstatt "renn nicht über die Straße"!

Hintergrund: die Worte, die man benutzt, bleiben dem Kind (bei Erwachsenen ist das Wort "nicht" in seiner Bedeutung schon gefestigter) in Erinnerung. Im ersten Fall hört es "warte", im zweiten Fall hört es "renn". Das Wörtchen "nicht" geht oft unter. Also möglichst positiv formulieren.

Die Vorgehensweise, die Klimperline beschreibt, ist absolut zielorientiert. Es wird konzentriert an einer Bewegung oder an einem Ablauf gearbeitet. Ob jemand etwas schlecht oder gut macht, steht überhaupt nicht zur Debatte! Und da liegt meiner Meinung der Knackpunkt der momentanen Diskussion:

Lob und Tadel sind etwas anderes als positives und kritisches Feedback!

Lob ist ein kleiner möglicher Teil von Anerkennung, es bezieht sich fast immer auf eine Person. Arbeite ich am Klang, an einer Bewegung o.ä., steht nicht die Leistung der Person, sondern die Sache selbst im Mittelpunkt. Und da kann ich reden (und das tue ich auch :p ), wie einem der Schnabel gewachsen ist: ständiges Feedback von beiden Seiten ist unumgänglich, um etwas zu verbessern.

Lieber searcher, das von mit verlinkte Buch gibt es auch für Manager und Führungskräfte (auch für Lehrer):

Thomas Gordon: Manager-Konferenz - Effektives Führungstraining: Amazon.de: Thomas Gordon: Bücher

Ich hab's nicht gelesen, weil ich meine eigene Führungskraft bin. :D Aber die Prinzipien Gordon's finde ich hervorragend und diese beschäftigen sich u.a. auch mit Lob und Kritik und deren sprachliche Umsetzung.

Liebe Grüße

chiarina

P.S.: Ich mache übrigens äußerst selten vor, wie etwas schlecht klingt. Höchstens mal als Gag. :p Sowas prägt sich meistens ein und ich gebe lieber Hinweise bzw. lasse Hinweise geben :p , wie der Schüler etwas üben kann, um ein Ziel zu erreichen (Herangehensweise). Oder frage nach musikalischer Struktur und Entwicklung. Oder.............oder........... .
 
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@Chiarina

die Familienkonferenz habe ich auch irgend wann einmal gelesen ... zumindest in größeren Teilen. Das entspricht nicht (mehr) in allem meiner heutigen Meinung zu Kindererziehung / Konfliktbewältigung - man wird ja auch älter und die Kinder auch :-)

und wenn man das gelesen hat ... kommt man evtl. auch zu

Steiner ist mir auch ein Begriff, dem stimme ich aber auch nur in Teilen zu ... aus vielen Dingen das für sich passende heraus suchen finde ich nicht schlecht und praktiziere das in vielen Bereichen.
Aus dem Grund bin ich (Gitarrenspieler) auch bisher hier geblieben ;-)
 
die Familienkonferenz habe ich auch irgend wann einmal gelesen ... zumindest in größeren Teilen. Das entspricht nicht (mehr) in allem meiner heutigen Meinung zu Kindererziehung / Konfliktbewältigung - man wird ja auch älter und die Kinder auch :-)

Lieber searcher,

ich staune!!! Hast du sie auch verstanden? Weißt du, was Gordon über Lob, Tadel, Kommunikationssperren, Aktives Zuhören und Ich-Botschaften schreibt?

Wenn ja, warum ist das

Loben will gelernt sein - ich tue mich da ab und an ein wenig schwer, damit ein Lob an z.B. Kollegen nicht als ironische Bemerkung abgetan wird.
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Wie kritisiert man denn jetzt vernünftig (als Lehrer / Eltern) ? (hier jetzt speziell [Musik]Schüler, Jugendliche).
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das vorhandene unterstützen und fördern , aber was machst Du, wenn derjenige gerade überhaupt keine Lust hat ?
(Sportunterricht als Schulunterricht betrachtet, d.h. der muss dahin, während beim Klavierunterrciht der Besuch eher freiwillig ist.)

dann ein Problem??? :confused:

Liebe Grüße

chiarina

P.S.: Ich unterstütze übrigens gubu absolut in seiner Fürsprache für klare Ansagen. Alles, was ich hier gesagt habe, gibt Klarheit und nicht das Gegenteil!
 
Lieber searcher,

ich staune!!! Hast du sie auch verstanden? Weißt du, was Gordon über Lob, Tadel, Kommunikationssperren, Aktives Zuhören und Ich-Botschaften schreibt?

Wenn ja, warum ist das



dann ein Problem??? :confused:

Liebe Grüße

chiarina

P.S.: Ich unterstütze übrigens gubu absolut in seiner Fürsprache für klare Ansagen. Alles, was ich hier gesagt habe, gibt Klarheit und nicht das Gegenteil!

aktives Zuhören ... das kann man eigentlich überall einsetzen, nicht nur bei Kindern

und warum das (manchmal) ein Problem ist ? (EDIT: nicht das aktive Zuhören)

Weil hin und wieder die Theorie auf die Praxis trift und die Praxis anderer Meinung ist
 
aktives Zuhören ... das kann man eigentlich überall einsetzen, nicht nur bei Kindern

Lieber searcher,

das weiß ich - weil ich den Eindruck hatte, es ginge dir (auch) um Erwachsene, hatte ich doch extra das Buch für Manager/Lehrer verlinkt.

und warum das (manchmal) ein Problem ist ? (EDIT: nicht das aktive Zuhören)

Weil hin und wieder die Theorie auf die Praxis trift und die Praxis anderer Meinung ist

Bei dem verlinkten Buch handelt es sich um Konfliktlösungsstrategien, die man anwenden kann, wenn man will. Es geht also nur um Konflikte- nebenbei gibt es ein paar Ausführungen zu Lob und Tadel - und mir schien es so, als wären die von dir beschriebenen Situationen welche. Und bitte sei mir nicht böse: aber es könnte ja sein, dass du die Praxis, also die Strategien, die ähnlich dem Klavierspiel Übung und eine gewisse Technik voraussetzen, nicht wirklich beherrschst. :p Die Strategien sind die reine Praxis und ich wüsste sofort, wie die von dir beschriebenen problematischen Situationen angehen würde.

Aber man muss nicht! :p

Liebe Grüße :)

chiarina
 
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:D Den Wei-Tsin-Fu-Faden hätte ich z.B. angesichts der Masse an OT-Beiträgen zwischenzeitlich in Clavio-Kneipe umbenannt...
...würde ich befürworten, gäbe es da nicht ein paar (d.h. fünfundfünzig an der Zahl) justiziable Realien was diesen Herrn und seine "Methoden" betrifft... ...aber davon abgesehen hat das Hirn-Blabla dort schon einigen Unterhaltungswert ;);)
 
...ich werde die gepriesenen Werke von Sanctus Normannus (???) Gordus nicht zu Heiligen Schriften deklarieren ;)

...und die biochemischen Vorgänge im Hirn werde ich ebenfalls nicht erfolgheischend oder Erklärungen vorgaukelnd überbewerten ;)

Wenn ich was übe oder lerne, dann tue ich das - nicht "das Gehirn in meiner Birne". Es ist erfreulich, wenn Organe ihren Dienst tun, und das taten sie schon, bevor es echte Neurowissenschaften und selbsternannte Hirnforscher gab: die Herren Kant, Goethe, Mozart kamen ganz gut ohne jegliches Hirn-Tamtam zurecht :D

...krass gesagt gibt es nur zwei "Motivationen", irgendwas zu lernen: entweder ich will das oder ich muss das - und in beiden Fällen bin ich gefordert, mir Strategien zurecht zu legen, mit denen das klappt; und inwieweit das dann tatsächlich gut geht, hängt vom Verstand ab. Eigentlich ganz einfach
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Gab es die Mozartsonaten eigentlich schon, bevor sie komponiert wurden? ;)
 
Gab es die Mozartsonaten eigentlich schon, bevor sie komponiert wurden? ;)

Die Frage (die kann man ja auf alles beziehen, nicht nur auf Musik) hat mich stark beschäftigt, bevor ich überhaupt angefangen habe Klavier zu spielen.
Eigentlich will ich an dieser Stelle fragen, ob ein Mensch überhaupt in der Lage ist, kreativ zu sein. Gibt es wahre Kreativität oder kann alles nur entdeckt werden?
 

Hallo rudl,

interessanter Artikel,

habe ihn gerade gelesen - weiss aber nicht, ob er für mein Projekt "Klavierspielen lernen" irgendeine Bedeutung hat....

Um noch mal auf das ursprüngliche Thema "Musik und Gehirn" zurückzukommen, möchte ich hier eigentlich noch mal ein paar Fragen stellen, und zwar ganz konkret aufs Klavierspielen bezogen:


Aus meinen unterschiedlichen Erfahrungen mit verschiedenen Klavierlehrern ist mir folgendes zum Thema "Üben von schwierigen Stellen in Endlosschleifen" in Erinnerung: einer sagte: "dann aufhören, wenn du merkst, dass es schlechter wird", ein anderer sagte: "dann aufhören, wenn es dir einige male gut gelungen ist, denn das Letzte wird verinnerlicht!" Was ist nun richtig??? Zwar habe ich mich vor Jahren auch mal im Studium mit unterschiedlichen Lerntheorien befasst, aber ich kann mich nicht erinnern, dass da irgendetwas für das Klavierspielen Lernen Relevantes dabei gewesen sein könnte. Da ich dann auch später auf ganz anderen Gebieten beruflich tätig war, habe ich nur noch diffuse Erinnerungen an black-box-Theorien, Versuche mit Ratten und den Pavlovschen Hund!

Ich weiß nicht, ob nica geneigt ist, sich zu dieser doch eher grundsätzlichen Frage mal kurz zu äußern. Für Klavierschüler wäre es doch zumindest hilfreich zu wissen, ob man am besten aufhört, wenn es einmal ein paar mal gut geklappt hat, oder dann, wenn es gerade immer schlechter wurde!???

LG

Debbioe digitalis
 

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