Langsam = leicht / Schnell = schwer

M

Martin2

Guest
Heute hatte ich Besuch und der Besuch meinte dass langsame Stücke ja eh leicht zu spielen seien als schnelle. Schnelle Stücke seien automatisch schwerer.
Der Besuch spielt selbst kein Instrument.

Ich halte diese These auch für falsch. Oder?
 
Ich finde langsamere Stücke
- musikalisch genausoschwer / oft anspruchsvoller als schnelle Stücke
- technisch schwerer, was das auswendiglernen betrifft.
Ich habe erst gestern in einem Buch gelesen, dass sich die Finger Bewgungsabläufe erst ab einer gewissen Geschwindigkeitsfrequenz merken.

Rein technisch, d.h. motorisch gesehen ist natürich langsames erstmal einfacher. Einen schönen Klang zu erreichen, was ja auch motoritsche "Arbeit" erfordert, ist allerdings genauso schwer wie im schnellen Tempo.
 
Hm. Langsames Spiel bedarf oft einer hohen Konzentration und Aufmerksamkeit. Während man bei schnellen Läufen eher automatisch spielt, muss man hier bewusst spielen (sollte man natürlich auch bei schnellen Stücken).

Außerdem ist es meistens schwierig, einen einheitlichen Puls zu finden, also durchgängig im möglichst gleichen Tempo spielen. Probierts mal aus: Spielt mal ein schnelles Stück im halben Tempo, oder sogar noch langsamer, ihr werdet mehr Fehler machen, als im schnellen Tempo. Bei mir ist das zumindest so.
 
- technisch schwerer, was das auswendiglernen betrifft.
Ich habe erst gestern in einem Buch gelesen, dass sich die Finger Bewgungsabläufe erst ab einer gewissen Geschwindigkeitsfrequenz merken.

Rein technisch, d.h. motorisch gesehen ist natürich langsames erstmal einfacher. Einen schönen Klang zu erreichen, was ja auch motoritsche "Arbeit" erfordert, ist allerdings genauso schwer wie im schnellen Tempo.

Du sollst ja auch nicht nur motorisch auswendig lernen, sonst fliegst du wenn's drauf ankommt raus und findest nicht mehr rein und weißt gar nicht genau was du spielst bzw. worauf du hinspielst! ;)
Von daher sehe ich das nicht als Argument. Ein besseres Argument wäre, dass bei langsamen Stücken unschöne Töne (nicht unbedingt falsche, aber schlecht artikulierte etc.) sofort auffallen.
 
Es gibt Stücke, die ich mal eben so husch husch eingeübt habe und die sind schnell. Aber wehe ich versuche, die mal langsam zu spielen, dann tauchen plötzlich tausende von Problemchen auf, wobei das Metrum noch das kleinste ist. Das kann man natürlich nicht als Gegenargument verwenden, denn schnell muß man häufig anders spielen als langsam, daher klappt es langam nicht. Aus ähnlichen Gründen ist ja auch der Spazierlauf so unbeliebt.

Laß dir von deinem Besucher nichts einreden, Tempo hat mit Schwierigkeit überhaupt nichts zu tun. Wenn er darauf besteht, schlage ihm vor, daß er ein Instrument lernt und ihr euch in ein paar Jahren wieder darüber unterhaltet.

Schnelle Stücke sind meistens so angelegt, daß man sie gut schnell spielen kann, vorausgesetzt, man hat entsprechende Fähigkeiten. Langsame Stücke sind ebenfalls so angelegt, daß man sie gut langsam spielen kann, dafür kann der Komponist aber auch viel mehr Details einbauen, die im Prestissimo einfach untergehen würden. Es gibt bei Youtube eine Aufnahme vom 2. Impromptu OP. 90 von Schubert (es dur), in dem das deutlich wird, der Pianist durchbricht nämlich die Schallmauer und man hört kaum noch irgendwelche Betonungen - übrigens keine Amateuraufnahme (4:43 Spielzeit):

http://www.youtube.com/watch?v=-3WWZQyPs30

Der folgende ist noch etwas schneller, da wird es wieder interessanter (4:10 Spielzeit):
http://www.youtube.com/watch?v=9TVU76J_LjI
(Hier sollte man während der Läufe am besten der linken Hand zuhören)

Zimmermann spielt es aber immerhin so, daß man es noch gut anhören kann. Aber ich hätte lieber den Flügel von Peskanov :D
 
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Es gibt bei Youtube eine Aufnahme vom 2. Impromptu OP. 90 von Schubert (es dur), in dem das deutlich wird, der Pianist durchbricht nämlich die Schallmauer und man hört kaum noch irgendwelche Betonungen - übrigens keine Amateuraufnahme (4:43 Spielzeit):

Huch, ich finde die Aufnahme grandios und das Tempo genau richtig (hab's auch ca. in dem Tempo gespielt, findest du das wirklich so schnell?).
Zimerman gehört aber sowieso zu meinen Lieblingspianisten.
 
Huch, ich finde die Aufnahme grandios und das Tempo genau richtig (hab's auch ca. in dem Tempo gespielt, findest du das wirklich so schnell?).
Zimerman gehört aber sowieso zu meinen Lieblingspianisten.

Es geht natürlich nur um den ersten bzw. dritten Teil (die beiden sind ja identisch), das nur zur Verdeutlichung. Zimmermann spielt da aus meiner Sicht zu weich, Peskanov wiederum zu hart - aber das ist natürlich reine Geschmacksache.

Das Tempo ist eingentlich nicht das große Problem. Aber z.B. kann man ab der Es-Moll Passage noch viel rausholen, was in der Regel durch das Tempo flöten geht. Schubert hat ja nicht nur aus Spaß dort ein paar Akzente gesetzt. Das ist auch ein Grund, warum ich die Aufnahme von Peskanov mit dazugesetzt habe (eigentlich ursprünglich nur weil er deutlich schneller ist), denn im dritten Teil, also der Wiederholung des ersten Teils, bringt er das Ansatzweise rüber. Spaßeshalber habe ich mal das Durchschnittstempo beider Aufnahmen errechnet, Zimmermann spielt mit 180, Peskanov mit 203. Ich glaube, das war auch für Schubert eher Presto als Allegro. Die letzten Takte, die ja sowieso schneller sind, machen da keinen großen Unterschied.

Wenn ich so weit bin, spiele ich meine Version ein. Die wird natürlich nicht so professionell werden aber die Akzente wird man hören, spätestens dann ist hoffentlich klar, was ich meine. Ich hatte übrigens über dieses Thema mit meinem Klavierlehrer eine kurze Diskussion. Er findet auch nichts dabei, wenn die Akzente im Tempo untergehen, was (nicht nur in Hinsicht auf dieses Stück) eine viel verbreitete Meinung zu sein scheint. So gesehen spricht das natürlich dafür, das schnell doch schwerer ist, ändert aber nichts an meiner Meinung, daß langsame Stücke genauso schwer sein können.
 
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Wie wär`s mit der Behauptung: Langsam = schwer, schnell = leicht

Und hier mein Beweis aus der Praxis:

Beethoven Sonate op. 110 As-Dur, 3. Satz (langsamer Teil vor und nach der Fuge) = langsam
Mozart Sonate KV 545 C-Dur 1. Satz = schnell

q.e.d.

Liebe Grüße
 

Ich glaube das Hauptproblem bei langsamen Stücken ist, dass man jede unangenehme Kleinigkeit raushören kann. Zum Beispiel dass ein Ton versehentlich zu leise oder zu laut gespielt wurde oder dass das Verhältnis zwischen Harmonie und Melodie nicht passt. Solche Sachen lassen sich in schnellen Stücken nicht so schnell heraushören.
 
Ich glaube das Hauptproblem bei langsamen Stücken ist, dass man jede unangenehme Kleinigkeit raushören kann. Zum Beispiel dass ein Ton versehentlich zu leise oder zu laut gespielt wurde oder dass das Verhältnis zwischen Harmonie und Melodie nicht passt. Solche Sachen lassen sich in schnellen Stücken nicht so schnell heraushören.

Stimmt, da weiß man dann nicht so genau, warum es nicht gut klingt.
 
Basierend auf den Ratschlägen von Koelnklavier in einem anderen Thread übe ich mich im Moment verstärkt im kontrollierten laut/leise schnell/langsam Spiel getrennt nach Händen und zusammen.

Ich merke bei mir, dass gerade beim langsamen Spiel Unsicherheiten in der Tondauer viel stärker auffallen und auch Lautstärkenschwankungen die Dank hoher Geschwindigkeit leichter geschluckt werden beim langsam Spiel stärker auffalllen.

Mir fällt auf, dass ( langsam + leise ) oder ( schnell + laut ) leichter geht als anders herum.

Sprich ich spiele langsam und leise und versuche jetzt die Lautstärke zu erhöhen und merke wie automatisch die Geschwindigkeit mit ansteigt.


Für mich als Anfänger ist sicherlich schnell spielen eine eigene Herausforderung, weil die Fingerfertigkeit noch nicht so hoch ist und man sich schneller verhaspelt. Das ist denke ich auch der Grund warum der Besuch von Martin denkt, dass nur schnell schwierig ist, weil dafür das benötigt wird, was man als Nichtspieler eben als erstes sieht, Fingerfertigkeit".


Das ist so wie im Fitnessstudio. Erst wenn man mal versucht hat, ein Gewicht ganz kontrolliert gleichmäßig zu bewegen merkt man das das meißt noch schwerer ist, als die Übung schnell zu machen.
 
Das Wesen der Musik ist nicht das Tempo.
 
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