Klavierstudium nach Jahren der Pause?

Mit der Größe des Werkes hat das nichts zu tun. Wenn man op. 106 spielen will, ist man halt selber schuld, vorbereitet werden müssen nach manchen Prüfungsordnungen trotzdem "ganze Werke". Manche verlangen auch ausdrücklich einen Kopfsatz.
Man kann natürlich auch eine der frühen Haydnsonaten aussuchen, die vier Sätze auf zwei Seiten unterbringt. Ob die Chance, damit zu bestehen, größer ist als mit einem Satz op. 106 mag ich nicht vorhersagen :D

Im Ernst: Keine bekannte Sonate auswählen, denn die hört die Jury sowieso dauernd. Auf gar keinen Fall (!!!!!) op. 10,1 von Beethoven.
Opus 106 ist eher als Teil des Konzertexamens am Platze. Dieses findet im Regelfall als öffentliches Konzert statt, in dem man das komplette Werk ohne Abbruch durch die Kommission vortragen wird.

Bei einer Aufnahmeprüfung ist die Situation eine gänzlich andere, vor allem auch je nach Fachrichtung. Für den AME-Studiengang mit Hauptinstrument Klavier dürfte eine gut präsentierte Haydn- oder Mozart-Sonate mittlerer Schwierigkeit akzeptabel sein - und auch sonst kommt ein ordentlich abgeliefertes Repertoirestück besser an als ein offensichtlich zu schweres Virtuosenstück mit allgegenwärtigen Unsicherheiten, mit dem der Bewerber offensichtlich (noch) überfordert ist. Bei ambitionierten Studiengängen mit großen Mitbewerberzahlen wird allerdings ohne souverän bewältigte Sololiteratur höheren Schwierigkeitsgrades nicht viel zu erwarten sein. Neben Beethovens op. 10,1 dürften op. 2,1 ebenso wie die Opera 49 und 79 nicht in Frage kommen.

LG von Rheinkultur
 
So ich hatte heute morgen schon meine erste Stunde bei dem Professor und kam aus dem üben gar nicht mehr raus. Er hat gesagt, dass ich immer noch das "Feuermädchen" von damals bin (was auch immer er damit meint) und dass ich jetzt eben ganz viel Technik machen muss und dass die Aufnahmeprüfung davon abhängt, wie schnell ich lerne. Ich hab jetzt als Aufgabe den Brahms-Zyklus op.118 zu lernen...bis Dienstag! :angst:

Mein Programm sieht übrigens folgendermaßen aus:
(Danke für die vielen Anregungen :)

Bach - Prelude und Fuge Fis Dur
Mozart - Adagio h Moll
Beethoven - Sonate op.10/2 F Dur
Brahms - Zyklus op.118
Chopin - Polonaise Heroique (ist nicht auf meinen Mist gewachsen :-D)
Chopin - Etüde op.25/12
Rachmaninow - Etude Tablaux op.33/5 d Moll
Prokofiew - Toccata op.11

Ich hab bei dem Professor jetzt bis zur Aufnahmeprüfung Unterricht.

Und man muss IMMER ganze Werke spielen! Und wenn man so "blöd" ist die Hammerklaviersonate zu spielen, dann muss man eben sehr viel vorbereiten für wenig Spielzeit in der Prüfung.

Wie findet ihr das Programm?
 
Super! Du kannst es schaffen! Ich lese aus deinen Worten viel Tatendrang und Schaffenssnergie heraus, und das ist genau das, was du brauchst. Damit kannst du sehr, sehr sehr weit kommen, wenn du willst! Ganz ehrlich. Nur, leicht wird es nicht. Aber das weißt du ja jetzt.
Das mit Op. 106 war natürlich ein mittelschlechter Scherz, das dürfte klar sein. Ich hab zur AP seinerzeit Mozart gespielt, den ebenfalls eine Professorin abgesegnet hat. Ansonsten zu deinem Programm:

Du weißt sicher selbst, dass das für eine AP "zu viel" ist, den Mozart brauchst du nicht (weil keine Sonate), ein romantisches Stück würde genügen (Chopin od. Brahms). Es ist aber eine gute Idee, mehrere Eisen im Feuer zu haben und sich dann für eines zu entscheiden, besonders bei der Etüde - also, gut gemacht! Die Toccata ist sehr schwierig, wenn du die jetzt erst anfängst zu üben und sie zur AP im Juni konzertreif (das heißt, mehrfach sicher erprobt in vorhergegangenen Konzerten) hast, herzlichen Glückwunsch. An deiner Stelle würde ich aber nicht allein darauf bauen, sondern noch ein anderes Stück aus dieser Zeit üben. Wie wäre es z.B. mit Messiaen?
Ansonsten, erkundige dich, ob du auch Neue Musik (= ganz grob: nach 45 komponiert) brauchst.
 
Aus diesen Stücken lässt sich eine gute Auswahl treffen, die die Vorgaben für die Eignungsprüfung zum Bachelor-Studiengang der Münchner Musikhochschule in vollem Umfang abdeckt. Dort werden zwei Konzertetüden verlangt, von denen eine von Chopin (op. 10 oder 25) stammen soll. Die frühe Beethoven-Sonate deckt die klassische Epoche ab, Chopins op. 53 als romantisches Prüfungsstück? Käme hin. Zur stilistischen Abgrenzung wäre ein ausgesprochener Spätromantiker wie die sechs späten Brahms-Stücke natürlich interessanter, da bereits ein Chopin obligatorisch vertreten ist. Die Prokofiew-Toccata hat es in sich, wobei Prokofiew generell einen pianistischen Ansatz vorgibt, der nicht unbedingt jedem liegt. Ein Stück, das aus einem späteren Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts stammt, könnte diesen Prüfungsteil möglicherweise besser repräsentieren. @Stilblüte hat Messiaen genannt - wie wäre es damit?:



Praktischerweise steht hier der Notentext zur Verfügung. Da geht es ziemlich zur Sache angesichts der knappen Vorbereitungszeit. Wie wäre es stattdessen mit einem weiteren nach 1945 entstandenen Stück?:



Ansonsten ist man mit dieser Werkauswahl durchaus auf einem guten Weg. Allerdings werden die nächsten Monate mit Sicherheit recht arbeitsintensiv, wobei sich der Einsatz auszahlen kann. Wenn nicht zeitgleich die Vorbereitung auf das Abitur ansteht und jemandem das Lernen nicht überdurchschnittlich schwer fällt, ist prinzipiell noch alles drin. Alles Gute und viel Erfolg wünscht

mit LG Rheinkultur
 
Du weißt sicher selbst, dass das für eine AP "zu viel" ist, den Mozart brauchst du nicht (weil keine Sonate), ein romantisches Stück würde genügen (Chopin od. Brahms).
Ich unterstelle mal, dass das Mozart-Adagio ganz gut taugt, an der klanglichen Gestaltung speziell langsamer Sätze bei (früh-)klassischer Literatur zu feilen, was natürlich positiv auf die Beethoven-Sonate zurückfällt. Durchsichtigkeit des Satzbildes und Sinn für polyphone Texturen (Mittelstimmen) kann man an den späten Brahms-Stücken und auch an der Rachmaninow-Etüde exzellent studieren. Solche Werkvorgaben lassen auf die Zusammenarbeit mit einem sehr guten Lehrer schließen, der auf mehreren Ebenen weiterdenkt und den Schüler nicht einfach nur bergeweise Noten fressen lässt. Dieser Ansatz gefällt mir sehr gut - auch ohne die Möglichkeit, das Spiel an sich beurteilen zu können.

@Nannerl: Sollte tatsächlich eine Bewerbung in München avisiert sein, brauchen hier keine Äußerungen diesbezüglich zu fallen. Aus gegebenem Anlass betone ich ausdrücklich, dass aus hier nachzulesenden Angaben keine Rückschlüsse auf reale Personen zu ziehen sein sollen, die sich an einer bestimmten Hochschule um Aufnahme bewerben.

LG von Rheinkultur
 
Wobei ich persönlich nicht davon überzeugt bin, dass wir diesen biochemischen Vorgängen komplett hilflos ausgeliefert sind.
Man kann durch mentales Training in Kombination mit guter musikalischer Vorbereitung wirklich eine Menge erreichen.

Selbstverständlich. Als Homo sapiens ist es einem geradezu als Auftrag mitgegeben, die eigene "animalische Natur" zu besiegen. Ich wollte nur beschreiben, was der GRUND für so ein verrücktes Phänomen ist.

@Nannerl Viel Erfolg bei Deinem Vorhaben! :super:
 
Liebe Nannerl,

ich hatte leider keiner Zeit, den gesamten Faden hier durchzulesen, aber ich kann dir von mir noch ein viel wahnsinnigeres Vorhaben berichten, welches auch geklappt hat ;)
Ich hatte Klavier gespielt von 6-15, Wettbewerbe gespielt und war auch sehr gut, aber dann habe ich von einem auf den anderen Tag komplett aufgehört (Gründe habe ich gerade keine Zeit auszuführen ;)). Dann habe ich Mathe, Philosophie und Wirtschaft studiert und keine einzige Note mehr gespielt, bis ich 27 war. Dann, mitten in der Promotion in Mathe, habe ich meine Liebe zur Musik wiedergefunden und habe angefangen, nachts nach der Arbeit auf einem epiano (...!) zu üben. Mit 28 bin ich zur Aufnahmeprüfung und habe bestanden - nach 12 Jahren (!) Spielpause und Vorbereitung größtenteils auf einem epiano... Ich hatte sogar einen Platz für Konzertfach in Freiburg, den ich aber abgelehnt habe, um nach Köln zu gehen für Klavierpädagogik.

Also: Wenn du es wirklich willst und von Herzen dafür brennst und es kein Strohfeuer ist, kannst du das wahrscheinlich schaffen. Ich habe dich nicht spielen gehört, aber die Stücke, die du spielst, sind auf jeden Fall schon mal gutes Niveau. Wenn du die gut spielst und auch in Theorie/Gehör kein Problem hast, dann klingt es für mich nicht soooo unmöglich wie du jetzt vielleicht denkst :)

Ich habe übrigens morgen mein Abschlusskonzert und mein gesamtes Studium mit Bestnoten durchgezogen, trotz der zugegebenermaßen enorm langen Spielpause :)

Herzliche Grüße,
Partita
 
Hallo ihr Lieben. Es sind ja jetzt einige Wochen ins Land gegangen, ich habe meinen Lehrer gewechselt, viel geübt und Meisterkurse gemacht. Eigentlich steht mein Programm soweit, aber ich habe leider festgestellt dass mir die 6. Beethoven Sonate so gar nicht liegt. Jetzt habe ich mit der Opus 109 angefangen, aber die Zeit ist jetzt natürlich sehr knapp, Ende Mai sind ja schon die ersten Aufnahmeprüfungen. Mein Programm ist relativ lang und ich tue mir irgendwie schwer die Stücke auswendig zu lernen. Ich hab nämlich immer nur nach Gehör auswendig gespielt aber das ist mir für eine Aufnahmeprüfung viel zu riskant. Wie lernt ihr denn Stücke auswenig?
 
Eigentlich steht mein Programm soweit, aber ich habe leider festgestellt dass mir die 6. Beethoven Sonate so gar nicht liegt. Jetzt habe ich mit der Opus 109 angefangen, aber die Zeit ist jetzt natürlich sehr knapp, Ende Mai sind ja schon die ersten Aufnahmeprüfungen. Mein Programm ist relativ lang und ich tue mir irgendwie schwer die Stücke auswendig zu lernen.
In Anbetracht der knappen Zeit und des sonst schon umfangreichen Programms würde ich, wenn es "der spätere Beethoven" sein soll, eher nach einer der beiden zweisätzigen Sonaten op. 78 oder 90 als Alternative zur größer dimensionierten op. 109 fragen. Die erforderliche quantitative Lernleistung ist überschaubarer - aber natürlich muss auch hier die Qualität stimmen.

LG von Rheinkultur
 
Mein Programm sieht übrigens folgendermaßen aus:

Bach - Prelude und Fuge Fis Dur
Mozart - Adagio h Moll
Beethoven - Sonate op.10/2 F Dur
Brahms - Zyklus op.118
Chopin - Polonaise Heroique (ist nicht auf meinen Mist gewachsen :-D)
Chopin - Etüde op.25/12
Rachmaninow - Etude Tablaux op.33/5 d Moll
Prokofiew - Toccata op.11
Mein Programm ist relativ lang und ich tue mir irgendwie schwer die Stücke auswendig zu lernen. Ich hab nämlich immer nur nach Gehör auswendig gespielt aber das ist mir für eine Aufnahmeprüfung viel zu riskant. Wie lernt ihr denn Stücke auswenig?
...dir ist aber schon klar, dass es eine Erfindung namens Notenschrift und sogar Notendruck gibt? ;-)
 
Ich glaube, @rolf, sie meint nicht, nach Gehoer gelernt sondern sich beim Auswendigspiel auf eine Kombination aus motorischem Gedaechtnis und Gehoer verlassen zu haben. Vielleicht sollte Sie es auch mit harmonischer Analyse versuchen? Einzelne Haende (Stimmen) auswendig lernen?
Jannis
 

Ich hoffe, die Überei verläuft zufriedenstellend. :-)

Alles Gute zum Geburtstag übrigens. :cake:
 

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