Guten Abend,
ich studiere zwar das Lehramt für Sonderpädagogik, aber eventuell kann ich trotzdem einen kleinen unbedeutenden Beitrag leisten. Ich kenne auch einige, die Musik/Klavier als Hauptfach haben (Sowohl Gymnasialstudenten als auch Sonderpädagogen).
Sei dir einfach darüber im klaren, dass der "Klavieranteil" nicht der größte in deinem Studium sein wird. Das wurde ja bereits angesprochen. Du hast eben auch einiges mit EW, Didaktik und dem zweiten Fach zu tun etc. Wenn du wirklich für das Klavierspiel "brennst", wird das nicht dein Beruf sein. Vor allem wenn man sich anschaut, was Musiklehrer in den Schulen im Endeffekt leisten bzw. leisten sollen. Das hat lange nicht immer was mit Klavierspiel zu tun.
Was das Studium angeht, hier mal ein Beispiel von mir, womit ich mich thematisch befassen muss:
1. Allgemeine Rehastudien
2. 1. Unterrichtsfach (Sozialwissenschaften/Gesellschaftswissenschaften)
3. 2. Unterrichtsfach (Germanistik/Deutsch)
4. 1. Förderschwerpunkt "Lernen"
5. 2. Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung"
5. Allgemeine EW-Anteile
6. Psychologie /Diagnostik und Beratung
Wenn ich als 1. Fach Musik hätte, würde dies ca 1/6 meines Studiums ausmachen. Zugegeben, das Gymnasiallehramt ist anders strukturiert, du hast zb. die Förderschwerpunkte nicht. Ich wollte dir damit nur verdeutlichen, was das Studium noch alles bedeutet.
Werde NUR DANN Lehrer, wenn dir etwas an den Schülerinnen und Schülern liegt. Hast du Lust, mit diesen zu arbeiten? Hast du Lust, dich in Konfliktsituationen zu begeben? Tag für Tag und immer neu über Regel und Schul - bzw. Klassenverhalten zu sprechen? Hast du Spaß und Lust daran, dir Strategien auszudenken, wie du Stoff X deiner Klasse beibringen kannst? Was machst du, wenn 2 Schülerinnen oder Schüler nichts verstehen? Hast du Spaß daran, dir für diese neue Strategien zu überlegen, wie du ihnen das Wissen vermitteln kannst?
Denke weiterhin an Elternarbeit, Konferenzen, Klassenfahrten etc. pp.
Der Lehrberuf bringt so einiges mit sich. Und du solltest dir überlegen, ob dir das Spaß macht. Das Fach würde ich hinten anstellen. Ich zb. habe mein Fach Sozialwissenschaften auch nur aus Interesse gewählt. Ich werde damit später nichts anfangen können. Du musst dir nachher sowieso alles selber neu erarbeiten. Was du fachlich in der Uni lernst, wird dir später nicht helfen. Durch erneute Fachanalysen wirst du dir den gesamten Stoff, den du zu vermitteln gedenkst bzw. den du vermitteln musst, selber neu aneignen!
Fazit: Überlege, was du als Lehrer mitbringen musst und was dir Spaß macht. Brennst du fürs Klavierspiel? Willst du DAS zu deinem Beruf machen? Wähle nicht den Lehrerberuf. Der Anteil wird so unglaublich klein sein! Und denke nicht, dass sich die Schülerinnen und Schüler immer auf deinen Musikunterricht freuen werden, oh nein ;)
Hoffe, ich konnte helfen. Gruß
Tante Edit hat mich überzeugt, noch folgendes loszuwerden:
Da ich in der Universität immer wieder die Unwissenheit von Studierenden (auch in höheren Fachsemestern) mitbekomme, was mich wirklich schockiert, hier eine Anmerkung:
Bedenke, dass wir uns in Deutschland/Europa zumindest am Anfang eines Umstrukturierungsprozesses des Schulsystems befinden. Kinder mit Behinderungen werden zunehmend an "Allgemeinen Schulen" integriert/inkludiert. Auf Deutsch: Gemeinsam beschult!
Viele der Studierenden wollen sich noch immer nicht damit befassen und gehen stur den Weg Richtung Grundschule/Realschule/Gymmi oder was weiß ich. Und sie befassen sich nicht damit, wie sie sich später den inklusiven Unterricht vorstellen können. Haben dementsprechend keine Ahnung. Kannst du dir also auch vorstellen, in einer Klasse zu arbeiten, in der auch Kinder mit Behinderungen sind? Dies bedeutet für dich als Lehrkraft mehr Aufwand als "normal". Du wirst dich mit Förderplänen befassen müssen und den Unterricht innerlich differenzieren müssen, um den Anforderungen gerecht zu werden, die an dich gestellt werden.
Kurz: Das sollte nochmal verdeutlichen, worauf es beim Lehrerberuf ankommt!
(Ich wollte mit dem kurzen Exkurs nicht sagen, dass die Sonderpädagogen das non-plus-ultra sind. Lehrämter werden halt alle einseitig ausgebildet. Da fühle ich mich genauso betroffen. Nicht, dass ich da oben besserwisserisch rüberkomm ;)