Goldberg-Variationen mit 15?!

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Johanna Sebastiana

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Hi liebe Pianisten,
ich bin neu hier und hoffe dass meine Frage nicht schon allzu oft gestellt wurde... (hier sollte ein zwinker-smiley hin aber ich hatte schon zu viele Grafiken benutzt)
Also: Ich bin 15, spiele Klavier seit ich groß genug bin um an die Tasten zu kommen und hatte bis zu seinem Tod vor 6 Monaten bei meinem Vater, der Klavier- und Cembalolehrer war, "Unterricht" (naja, er hat mir mehr oder weniger beim Feinschliff geholfen, wenn ich das Stück schon relativ gut konnte). Ich spiele am liebsten Bach und habe zuletzt BWV 964 mit Papa erarbeitet (damit ihr über mein Niveau Bescheid wisst :D). Nach seinem plötzlichen Tod kann ich mir auf gar keinen Fall Klavierunterricht vorstellen. Ich habe bisher alles alleine gemacht und werde das auch weiter tun. Unterricht bei Tasteninstrumenten bewirkt bei mir einfach nur, dass ich mich unter Druck gesetzt fühle und keinen Spaß mehr habe - ich nehme seit ein paar Monaten Cembalounterricht, damit Papas teures Instrument in Ehren gehalten wird... und je länger ich Unterricht habe, desto weniger spiele ich. Mein Problem ist jetzt, dass ich trotz mangelnder professioneller Hilfe im Klavierspielen weiter kommen will. "Darf" ich mir die Goldberg-Variationen vornehmen?! (Fingersätze, alles ganz langsam üben, verschiedene Aufnahmen anhören, üben, üben, üben... so würde ich das machen ;))
Okay, ich könnte mit meinem Cembalolehrer darüber sprechen, aber dann wäre es ja nicht mehr freiwillig. Außerdem würden wir für jedes Stück Monate brauchen, bis mit der Artikulation alles stimmt... und was soll ich dann auf dem Klavier spielen? :p
Ich hoffe, ihr versteht mich nicht falsch. Ich will mich hier nicht als kleine Möchtegern-Pianisten aufführen aber Klavierspielen ist einfach mein Leben und mein Vater hat schon einige Andeutungen gemacht, dass ich echt gut bin ;) Also bitte nehmt mich ernst. Ich möchte Bach nicht mit meiner Naivität *ich krieg das schon irgendwie hin* beleidigen. Vielen Dank schonmal!
Johanna Sebastiana
P.S.: Mein Name soll nur meine Liebe zu Bach ausdrücken, nicht dass ich mich mit ihm auf eine Ebene stellen will!!!
 
Moin!

"Darf" ich mir die Goldberg-Variationen vornehmen?!

Wieso denn dürfen? - Du sollst!

(Fingersätze, alles ganz langsam üben, verschiedene Aufnahmen anhören, üben, üben, üben... so würde ich das machen ;))

Da gibts allerdings noch andre Mittel und Wege. Ich an Deiner Stelle tät einfach mal mit spielen anfangen.

Herzliche Grüße!

stephan
 
Liebe Johanna Sebastiana,

klar darfst du! :) Wer sollte dir so etwas verbieten! Da die Beschäftigung mit diesem Werk sowieso eine Lebensaufgabe ist, kann man ja ruhig schon mal früh damit anfangen! :)

Kennst du eigentlich das Buch "Kontrapunkt"?

Kontrapunkt: Roman: Amazon.de: Anna Enquist, Hanni Ehlers: Bücher

Dort geht es um eine Mutter, die den tragischen Tod ihrer Tochter aushalten muss und beginnt, die Goldbergvariationen zu spielen. Jede Variation ist dort aufgelistet und ich finde den Roman sehr berührend.

Ich wünsche dir alles Liebe und Gute!!!

chiarina
 
Lieber Mit-Bachfan :-)

Du hast dir die Frage schon selbst beantwortet - wenn man deinen Beitrag liest, ist klar, dass du die GBV üben willst und wirst, egal, was wir sagen. Wenn es dich jetzt reizt, mach es unbedingt und nutze diese Motivation und Leidenschaft!

Ich möchte dir nur ein paar Denkanstöße mitgeben.
"... dass ich echt gut bin" ==> Was möchtest du damit sagen? Dass es dir Freude bereitet, zu Musizieren? Dann ist alles genau richtig, wie du es machst. Spiele, wozu du Lust hast, und wenn du nicht weiter kommst, suchst du dir irgendwo Hilfe.
Solltest du aber mit dem Gedanken spielen, Musik zu studieren, musst du dir klar machen, dass das dauerhaft ohne unterstützenden, regelmäßigen Unterricht schwer zu realisieren ist. Ich möchte kein Spielverderber sein, sondern es nur anmerken, damit es nicht möglicherweise irgendwann zeitlich knapp wird.

Denke auch daran, dass es für jedes Stück nur ein erstes Mal gibt, jede spätere Annäherung wird davon geprägt sein. Scheue dich also nicht, dich wirklich intensiv damit zu beschäftigen und lang zu brauchen, wenn dir danach ist.

Jedenfalls wünsche ich viel Erfolg und alles Gute!

Gruß Stilblüte
 
Hallo Leute,
erstmal vielen Dank für eure Antworten!
@Stilblüte: Wahrscheinlich hast du Recht: Ich werde die Goldberg-Variationen sowieso spielen, egal, was andere davon halten ;). Aber mich interessiert einfach nur eure Meinung :)
@chiarina: Danke für den Buchtipp!
und nochmal @Stilblüte: Hhm also Musik zum Beruf zu machen kann ich mir einfach nicht vorstellen. Mit der Blockflöte ins Orchester und dann schön Geld verdienen, das wäre toll.... aber mit Klavier und Cembalo bin ich so auf mich allein gestellt, wenn du verstehst, was ich meine. Ich könnte mir höchstens vorstellen, Nachfolger von meinem Vater in unserer Gemeinde zu werden. Seit er tot ist, muss die Kantorei meist ohne Klavierbegleitung singen. Oder brauch ich dafür auch eine professionelle Ausbildung? (Ich kann mich erinnern, dass Papa ab und zu, wenn ich mal wieder seine BC-Stimmen klimperte, zu mir sagte: "Willst du nicht den Chor begleiten?" :P) Denn eig bereite ich meine weitere Laufbahn auf Grafikdesigner vor...
Lg,
Johanna Sebastiana
 
Liebe Johanna Sebastiana,

deine Idee, die Goldbergvariationen zu üben, haben die anderen vor mir ja schon ausreichend kommentiert - dem habe ich nicht mehr viel hinzuzufügen. Dein Interesse daran klingt sehr ehrlich und leidenschaftlich, was die beste Motivation ist, sich einem Stück zu nähern. Das einzige, was du zu verlieren hast, ist, wie Blüte es sagt, das "erste Mal". Aber ich traue dir zu, beim Reinspielen zu merken, ob du bereit bist für dein erstes Mal mit den Goldbergvariationen. Du musst sie ja nicht gleich alle auf einmal lernen, sondern kannst dir ja diejenigen raussuchen, die machbarer sind und nach und nach erweitern.

Übrigens hat letztes Jahr beim Würzburger Bachwettbewerb eine 15jährige im Finale die Goldbergvariationen gespielt und damit mit Platz 3 den Wettbewerb gewonnen (Platz 1 und 2 wurden nicht vergeben). Soviel dazu, ob man das dürfe oder nicht... ;-)

Zu der Anmerkung, du könntest evtl. die Stelle deines Vaters in der Kantorei übernehmen - warum nicht? Lass dir den Gedanken mal durch den Kopf gehen! Es gibt z.B. einen Studiengang Kirchenmusik, in dem du allerdings Orgel Hauptfach und Klavier Nebenfach hättest. Dann hättest du noch solche Fächer wie Orgelimprovisation, Chorleitung, Dirigieren etc... um eben alle musikalischen Aufgaben, die in der Gemeinde so anfallen, erledigen zu können. Es gibt auch eine Ausbildung, die man meines Wissens nach auch schon parallel zur Schule machen kann. Damit kenne ich mich nicht so gut aus und müsste nun selbst erst googlen - da ich nicht wirklich viel Zeit habe, möchte ich es daher bei diesem Hinweis belassen und dich dazu anregen, selbst mal ein bisschen im Internet zu suchen und gg.falls auch hier im Orgelforum. Jedenfalls kenne ich eine, die diese Ausbildung gemacht hat, um herauszufinden, ob sie evtl. in diesem Bereich weitermachen möchte. Sie studiert nun Kirchenmusik.

Letztlich musst du aber einfach erstmal herausfinden, ob du überhaupt die Musik zum Beruf machen möchtest oder lieber ein intensives Hobby nebenbei behalten möchtest.

Herzliche Grüße,
Partita
 
Hallo partita,
danke für deinen Beitrag.
Übrigens hat letztes Jahr beim Würzburger Bachwettbewerb eine 15jährige im Finale die Goldbergvariationen gespielt und damit mit Platz 3 den Wettbewerb gewonnen (Platz 1 und 2 wurden nicht vergeben).
Na, jetzt ist mein Ehrgeiz natürlich geweckt ;) - aber generell sind Wettbewerbe nix für mich...
Zu deinem Vorschlag einen Studiengang Kirchenmusik zu machen: Meine Mutter legt mir auch immer wieder ans Herz, Orgelunterricht zu nehmen, aber da ich leider keine Orgel im Haus habe, müsste ich zum Üben immer erst zur Kirche laufen... Außerdem konnte Papa auch nicht Orgel spielen. Ich glaube, unsere Kantorin sieht das ziemlich gelassen, welche Ausbildung man hat, solange es gut klingt ;) Ich frag sie einfach mal.
Alles Liebe,
Johanna Sebastiana
 
Ich möchte Bach nicht mit meiner Naivität *ich krieg das schon irgendwie hin* beleidigen

Liebe Johanna,

soweit ich den alten Bach kenne, hätte der sich gefreut, wenn sich ein junges Mädel an seine Variationen ranwagt. Außerdem, was heißt hier: Beleidigen? Wenn der so schnell beleidigt wäre, müßte er bei meinem Gewurstel (das Lichtjahre von den Goldbergvariationen entfernt ist. Aber man braucht ja noch Ziele im Leben) stetig im Grabe rotieren wie ein Brummkreisel. Also spiele, was Dir das Herz erfreut. Was hast Du denn für ein Cembalo? Magst Du mal ein Bild reinstellen? Oder eine Aufnahme?
Daß Du mit Unterricht nicht so gut klarkommst, kann ich verstehen. Vielleicht solltest Du lieber ab und zu jemand kompetentem, den Du magst, Dein selbst erarbeitetes vorspielen, damit er Dir Ratschläge geben kann. Ich finde das gut, weil man dann zwar einerseits "frei" ist, andererseits von größerem Können/Erfahrung profitieren kann.
Zur Orgel: Vielleicht besorgst Du Dir mal eine gebrauchte elektronische mit Vollpedal. Zum Üben daheim geht das bestimmt. Ich finde, gerade Cembalisten sollten sich auch mit der Orgel befassen und umgekehrt. Schließlich hatte Bach auch Cembali mit Vollpedal zur Verfügung.
Und Grafikdesignerin? Cembalistin find ich besser ;-) Aber das muß jeder selbst wissen.

Lieben Gruß,
Cem.
 
Hallo Cembalist,
wir haben ein Dulcken-Cembalo. Das mit der kompetenten Person ist ein guter Vorschlag, aber leider kenne ich keine außer meines Cembalolehrers und einer befreundeten russischen Klavierlehrerin die mehr spricht als spielt wenn du verstehst was ich meine. Jedenfalls meinte mein Vater dass sie ihren Schülern so gut wie nie vorspielt aber sie mehrere Stunden täglich nach Metaphern etc. üben lässt...:?
Naja, wahrscheinlich hast du recht dass Bach mir nicht böse wäre - aus Erinnerungen an eine alte Kinder-CD weiß ich so dunkel, dass er als kleiner Knirps bei seinem großen Bruder unbedingt ein schweres Orgelkonzert spielen wollte aber nicht durfte und sich dann im Mondlicht die Noten abgeschrieben hat :) Und dann sagte der Sprecher: "So sollte es seinen Kindern später nicht ergehen..." worauf die Geschichte mit Friedemann und seiner Angst vor der Fuge folgte... ;) Ich glaube ich habe diese CD immer noch.
Viele Grüße
Johanna Sebastiana
 
schöne Idee,dieses riesige Werk schon so früh anzugehen.
Interessant und außergewöhnlich auch dein Interesse an Bach,mit 15 wollen die meisten eher Sachen von Chopin und Liszt spielen beginnen.

Ist natürlich ein ganz anderes Kaliber als die Sonate die du erwähnt hast.
Da du schon eine fundierte Schulung durch deinen Vater bekommen haben dürftest und am Cembalo einen Lehrer hast ,der dich in barocker Literatur ja weiterhin professionell betreut,kannst du das aber sicher mal ansehen.

Der Vorteil bei diesem Werk ist,man kann sich beliebig viel Zeit zum Studium nehmen.

Ein paar praktische Tips:
generell finde ich den 2.Teil technisch anspruchsvoller,obwohl nr.5,8 etc auch nicht ohne sind.Beim theoretischen Studium der Noten ist es recht spannend, das Grundthema der Variationen (im Bass der Aria) überall herauszusuchen(ich habe mir es dann überall farbig unterlegt),mitunter muss man da ein wenig Sherlock Holmes spielen :-)

Auf Grund der Länge(und hohen Schwierigkeitsgrades) des gesamten Werkes hatte es sich bei mir bewährt,es zum Einstudieren in überschaubare Teile zu unterteilen und diese dann zu üben.
Das Werk besteht ja grob gesagt aus lauter dreier-Gruppen mit je einer langsamen,einer virtuosen Variation und einem Kanon(jeder einen Ganztonintervall größer als der vorhergehende),so habe ich immer eine Dreiergruppe als Einheit einstudiert und mir für jede Dreiergruppe zwei Wochen Zeit genommen.
nachdem ich das gesamte Werk so durch hatte,ging es daran,Übersicht über das gesamte Werk zu bekommen,also übte ich an einem Tag nur sämtliche langsamen Variationen,am nächsten nur alle canons und am dritten Tag nur die virtuosen Variationen,dann an einem Tag die erste Hälfte,am anderen Tag die zweite.

Bis dann alles so gut klappt ,dass man das ganze Werk durchspielen kann.

Viel (aber wunderschöne) Arbeit liegt da also vor dir :-)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Johanna, ich gratuliere Dir zu deinem guten Geschmack, den Wunsch, die GBV zu spielen, kann ich sehr gut nachvollziehen.
Ein schmackhafter Brocken. Auch ich würde sie schrecklich gerne spielen- aber wissend, dass ich das wohl nicht hinbekommen werde, begnüge ich mich mit einzelnen Variationen, die ja jede für sich ganz wunderbar sind.
Schon die Aria ist hinreißend.

Ich wünsche Dir viel Spaß und Geduld beim genussvollen Erlernen.:):)

LG
violapiano
 

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