seltsame Stellen in goldberg variationen

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Syl

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Was denkt ihr über die Goldberg-Variation 26?
Speziell Takt 12/13 und Takt 8 - wo immer wieder g gegen fis gesetzt ist?
Wenn es schnell genug gespielt ist, geht die Dissonanz unter. Oder?
 
Ich denke, es steht da so weil es der Komponist so gewollt hat. Hätte Bach was anderes gewollt, hätte er was anderes hingeschrieben.
 
Wenn es schnell genug gespielt ist, geht die Dissonanz unter. Oder?
Du kannst die beiden Töne auch unterschiedlich laut spielen und entsprechend (un)deutlich hört man die Dissonanz.

Ich denke, es steht da so weil es der Komponist so gewollt hat. Hätte Bach was anderes gewollt, hätte er was anderes hingeschrieben.
Die Frage war ja nicht, ob da etwas Falsches steht, sondern was Bach damit bezwecken wollte / WARUM Bach das hingeschrieben hat.
 
Hat mal jemand darüber nachgedacht, dass Bach da einen bzw. zwei Fehler gemacht hat?
 
Ne, Dissonanzen sind überhaupt nicht pfui.
Aber diese sind unlogisch oder unpassend. Sie passen nicht zum Stil.
 
Was ich zu meinen Schülern immer sage, wenn sie mit so einem Scheinproblem ankommen ist:
"Hör Dir eine sehr gute Aufnahme des Stückes von einem renommierten Interpreten an.
Und?
Fällt Dir die Stelle negativ auf? Wärst Du, wenn Du nicht versucht hättest, es selber zu spielen, beim reinen Hören über die Stelle 'gestolpert' und hättest Du auch gedacht 'hoppala, wos is denn do los'?"

Natürlich wird der Schüler mit Nein antworten. Case closed.

Wer noch mehr entsetzliche, unlogische Dissonanzen hören will, kann übrigens mal den Mittelteil der 4. Ballade von Brahms spielen :lol:
 

Aber diese sind unlogisch oder unpassend.
Nein, sind sie nicht. Die lassen sich allesamt als Vorhalte bzw. Antizipation erklären. Findest du den berühmten Kantatensatz Zion hört die Wächter singen aus BWV 140 auch unpassend? Der ist noch viel krasser, was die Dissonanzbehandlung angeht.

Man kann solche Stellen auch als Durchgänge erklären. Kirnberger tut das in der lesenswerten Abhandlung Die Kunst des reinen Satzes (1774). Er bezeichnet sowas als „bunten Contrapunct“ und führt weiter aus:

Da in der strengen Schreibart alle Dißonanzen durch vorhergehende Consonanzen vorbereitet, und durch Heruntertretung auf die nächste Stufe aufgelöst werden, so leidet die freyere Schreibart den Eintritt einer nicht vorbereiteten Dißonanz, die Uebergehung der Auflösung, und eine Auflösung in einer anderen Stimme […]

Schaut man sich hochbarocke Opernliteratur an, wird man staunen, wie „falsch“ dort komponiert wurde: Die freie Schreibart war längst gängige Praxis.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es gibt eine Möglichkeit die genannten Stellen durch Transposition in die umliegende Logik einzubauen, sozusagen sie harmonisch anzupassen. Und dann gibt alles einen Sinn, inklusive aller möglichen anderen Dissonanzen.
Und natürlich werde ich beim Anhören der Stelle von Lang Lang beispielsweise nichts Schlimmes hören, weil er einen "schlimmen" Ton leise spielt.
Also mein Fazit: Wenn unsere großen Interpretinnen einen Fehler bei Bach finden, dann wird leise gespielt. Nicht korrigiert.
Und alle machen das so weiter.
Potentielle Fehler werden wegerklärt, auf so spezielle Weise, dass es sowieso niemand versteht.
Aber warum nicht Bach korrigieren?
 
Also mein Fazit: Wenn unsere großen Interpretinnen einen Fehler bei Bach finden, dann wird leise gespielt. Nicht korrigiert.
Und alle machen das so weiter.
Potentielle Fehler werden wegerklärt, auf so spezielle Weise, dass es sowieso niemand versteht.
Findest du es nicht anmaßend, zu behaupten, dass es niemand versteht - nur weil (vermutlich) du es (noch?) nicht verstehst?

Zuerst einmal musst du beweisen, dass es ein Fehler ist. "Mir gefällt es nicht" reicht dafür nicht aus.
 
Findest du es nicht anmaßend, zu behaupten, dass es niemand versteht - nur weil (vermutlich) du es (noch?) nicht verstehst?


Zuerst einmal musst du beweisen, dass es ein Fehler ist. "Mir gefällt es nicht" reicht dafür nicht aus.
Nein, finde ich nicht anmaßend. Ich hab lange daran geübt, hab versucht es zu verstehen.

Mein konkreter Vorschlag:
In Takt 12/13 der Variation 26, linke Hand:
Die letzten drei Sechzehntel von Takt 12 und die ersten drei Sechzehntel von Takt 13 - alles einen Ton rauf innerhalb G-Dur.
Klingt echt besser....und gibt einen Sinn....
 
Oh, ich sehe gerade, dass das ein ganz neuer Account ist. Da habe ich dich mit jemand anders verwechselt.

In dem Fall ändere ich meine Antwort. Es wäre doch viel effizienter, nur den Schlussakkord zu spielen. Der klingt immer gut. :p
 
Aber danke für eure zahlreichen Antworten auf meine zugegebenermaßen kleinkarierten Fragen und Probleme!
@hasenbein: lebe lange und in Frieden!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Mir gefällt zum Beispiel das Lachen der Mona Lisa nicht .... man sollte das Übermalen:

ab9d40d7e344b927a03667dd29d2ca69.jpg

Und den "Faust" umschreiben ... manche Formulierungen finde ich ungeschickt ...

Tatsächlich ist mir auch schon aufgefallen, dass gerade bei Bach (wenn man es Ton für Ton spielt) manche Zwei- und Dreiklänge dissonant sind. Es ist gerade das Genie des Meisters, der die Dissonanzen in den Verläufen der melodischen Linien auflöst bzw. "unhörbar" macht ... weiss auch nicht wie ich es erklären kann. Jemand der an diesen Werken rufummeln will, ist für mich leicht größenwahnsinnig und es fehlt wohl (noch) am Verständnis für diese großartige Musik.
 
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