Fingerhaltung

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sweetchocolate

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Hallo liebe Pädagogen,

es gab hier in der Vergangenheit immer mal wieder die Frage, wie man Schülern u.a. eine gute Fingerhaltung beibringt.
Ich habe da auch ein paar sehr hartnäckige Kandidaten, und Ansagen wie „mach die Finger rund“ etc. helfen nicht viel. Auch Vormachen/Nachmachen bringt nichts.
Sie knicken im wahrsten Sinne des Wortes sofort wieder ein…
Jetzt habe ich heute etwas ausprobiert, und das Ergebnis war so verblüffend, dass ich es gerne teilen möchte.
Ich habe auf die Tasten vier 2-Cent Stücke nebeneinander gelegt. Der Schüler sollte dann mit den Fingerkuppen (ausser Daumen) jede Münze langsam nach unten drücken, mit der Fingerkuppe, bis alle vier Tasten stumm gedrückt waren. Er sollte sich vorstellen, dass ein Fuss in einen Schuh gesteckt wird und darin steht.
Die Kinder mit denen ich das ausprobiert habe, hatten bei der Übung eine wunderbare Fingerhaltung und dabei das Handgelenk schön locker. Im Anschluss konnten sie ihr Stück viel besser spielen mit einer wunderschönen Fingerhaltung. Der haptische Eindruck hat viel tiefer gegriffen als jede Erklärung.
Habt ihr auch Übungen „erfunden“ die ihr im Unterricht nutzt?
 
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Gehe ich richtig in der Annahme, dass diese Übung zu einem mehr oder weniger senkrecht stehenden Finger-Endglied führt?

Dann ist das abzulehnen, da die Fingerkrümmung viel zu stark ist.

Es ist dem Schüler beizubringen, dass er mit der leichten Fingerkrümmung als Ausgangsposition arbeitet, die vorhanden ist, wenn man die Finger einfach locker lässt (Hand einfach ganz schlapp an einer Seite runterhängen lassen, dann sieht man, wie diese leichte Krümmung aussieht).

Einknicken des letzten Fingergelenks wird ja dadurch verhindert, dass man a) nicht nach erfolgter Tonauslösung Druck auf den Tastenboden ausübt (!!!) und b) in den Fingern stets ein gaaaanz bisschen (!) die Komponente "Greifbewegung" aktiv ist (was ich nicht im Unterricht thematisieren würde, Punkt a reicht erstmal völlig aus). Außerdem ist es nicht schlimm, wenn das letzte Fingergelenk anfangs vereinzelt mal ein bisschen durchknickt. Das stabilisiert sich mit der Zeit, genauso wie ja auch die überflüssigen Bewegungen der gerade nicht spielenden Finger mit der Zeit weniger werden (und es schädlich ist, die gleich zu "verbieten" und aktiv zu beschränken).
 
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Nein, der Finger steht natürlich nicht senkrecht.
Ich mache mal ein Foto wenn ich dran denke.
Probier es doch selbst mal aus. Es ist einfach so, dass der Finger schön natürlich gerundet ist. Es geht nur um das haptische Gefühl.
Dieses zu entwickeln ist mein Ziel.
Ich habe da zwei „Härtefälle.😅
 

Da ist leider nichts nur ein bisschen eingeknickt. Da presst einer die Finger in die Tasten, dass die Gelenke weiss werden.
Da kannst du noch so viel reden, dass kein Druck auf den Tastenboden ausgeübt werden soll. Dass muss der Schüler spüren.
Ich war wirklich froh, etwas gefunden zu haben, was endlich gravierende Verbesserung bringt.

Bei manchen Lehrern lösen sich anscheinend alle Probleme durch Erklärungen/Vormachen.
Das ist aber meiner Meinung nach ein Ignorieren der vielen Vebesserungsmöglichkeiten die es gibt, indem man ein körperliches Gefühl aktiviert.

Als Lehrer haben wir die Verantwortung dafür, ob ein Schüler verschiedene Angebote bekommen, um seine Technik zu verbessern. Viele Probleme wachsen sich nicht einfach aus.
 
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Ich habe auf die Tasten vier 2-Cent Stücke nebeneinander gelegt. Der Schüler sollte dann mit den Fingerkuppen (ausser Daumen) jede Münze langsam nach unten drücken, mit der Fingerkuppe, bis alle vier Tasten stumm gedrückt waren. Er sollte sich vorstellen, dass ein Fuss in einen Schuh gesteckt wird und darin steht.
Welchen Effekt haben die Münzen bei deiner Übung?
 
Eben wieder probiert mit einer Schülerin, die sehr große Schwierigkeiten hat mit der Haptik/Fingerstellung/Haltung allgemein . Ihr sind die Münzen zuerst weggerutscht.
Schließlich fand sie eine Position, dass die Finger in eine Ruhestellung kamen, da die Energie eben senkrecht nach unten geleitet wurde, zum vielbenannten „Tastengrund“.
In dem Moment wo die Münze zwischen Finger und Taste bleibt, und das Handgelenk locker wird, kommt eine schöne Grundhaltung und die ideale Energierichtung um den Ton mit der besten Tastenauslösung anzuschlagen.
Außerdem entsteht wohl auch das Gefühl für Gewicht, die Münze muss ja am Platz bleiben.

Ich habe die Übung spontan erfunden, und bin wirklich überrascht, was sie bewirkt: die Finger „verstehen“ wo genau der Punkt ist um sinnvoll mit richtiger Gewichtung anzuschlagen.
Die Schülerin eben bestätigte mir, dass es sich jetzt viel besser anfühlt und der Klang besser geworden ist.
Es war wirklich deutlich besser nach der Übung und natürlich einigem „Nachjustieren“.

Die Übung ist nur so eine Art Sensibilisierung. Meiner Meinung nach eine schöne Übung die auch allen Spaß gemacht hat, die „Versuchskaninchen“ waren.
 
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Welchen Effekt haben die Münzen bei deiner Übung?
Ich glaube, es ist schlicht und einfach der "Greifen-Effekt". Man greift die Münze zusammen mit der Taste, ohne dass da was verrutscht ("Stapelgreifen"). Das funktioniert natürlich nur bei Einsatz von Armgewicht über das Handgelenk auf die Fingerkuppe (dafür dürfte das Bild "Fuß in Schuh stecken" stehen).
Was anderes kann ich mir nicht so recht vorstellen. Ein Video wäre hilfreich.
So oder so, wenn es mit der Übung bei nem Schüler klick macht, why not.
 
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Diese falsche "Greifen"-Analogie ist ja wirklich unausrottbar ...
 
Von "Greifen" lese ich da doch garnichts.

Die Münze (eine ... kein Stapel) befindet sich ZWISCHEN Fingerkuppe und Taste. Das ganze gleichzeitig (bzw. nacheinander) mit 4 verschiedenen Tasten. Die Münzen sollen nicht verrutschen, was nur passiert, wenn keine seitlichen Kräfte wirken.
Das pasiert auch nicht einfach nur, weil das letzte Fingerglied senkrecht auf der Taste "steht" ... das geht auch mit flacherem Winkel, solange die Kraft für den "Anschlag" nicht aus dem Finger kommt, sondern aus dem Hand bzw. Armgewicht.
Das ist eine Übung in "Fingerchen entspannen, und die Gravitation arbeiten lassen".

So habe ich das jetzt jedenfalls verstanden.
 
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  • #11
Greifen bedeutet, dass sich der oder die Finger 2-5 und der aktive (!) Daumen annähern. Das passiert beim „Nehmen“ einer Taste aber gerade nicht. Eine Fehlvorstellung. Etwas weniger heikel mein ehemaliger Prof: „Wie Liszt hat gesagt: Finger bisschen wie Katze mit Krallen, aber nicht hart, bisschen ziehen!“
 
  • #12
Das ist bestimmt eine spannende Übung. Und wie so oft: Wer heilt, hat Recht.
Und natürlich wird beim Klavierspiel gegriffen. Es gibt oft Schülerinnen, die ganz oberflächlich auf den Tasten herumrutschen, kein legato fühlen können und auf den Tasten keine Orientierung haben. Greifen und Begreifen hängen eng zusammen.
Das Krallenbild von Herrn Liszt gefällt mir hingegen überhaupt nicht, weil es Verkrampfungen zur Folge haben kann. Krallen sind unbeweglich.
Klavierfinger sollen aber alles können: Fixiert sein, streicheln, geschmeidig sein. Aber die Fingerkuppe sucht immer weichen Kontakt zur Taste.
Ich vergleiche die Hand gerne mit einem Geckofuß.
 
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  • #13
Ich kann mich mit der Hand von oben einem Gegenstand nähern und diesen dann greifen - natürlich nimmt der Daumen dabei eine andere Stellung ein als die anderen Finger.
Wer dabei an die Füße eines Falken oder Bussards denkt, wird allerdings keinen schönen Klang zustandebringen.
;-)
Wie bei so vielen technischen Feinheiten kommt der erklärenden und zeigenden Lehrperson die Aufgabe zu, das, was getan werden soll, so zu beschreiben, dass das jeweilige Gegenüber es versteht und umsetzen kann.

Auch wenn Carl Philipp Emanuel so schön schreibt:
"Der Bezug muß vertragen koͤnnen, daß man es ſowol ziemlich angreifen als ſchmeicheln kan, und dadurch in den Stand geſetzet wird, alle Arten des forte und piano reine und deutlich heraus zu bringen."
müsste man den Lernenden wohl etwas mehr mitgeben als die Stichworte (an)greifen und schmeicheln :heilig:
 
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  • #14
Es gibt so viele verschiedene Arten einem Klavier einen Ton zu entlocken.

Man kann die Tasten "Zupfen", "Kratzen", "Bürsten", "Streicheln", sie leicht "anschubsen" oder hart "anschlagen" ... ich fühle mich am Klavier manchmal, als würde ich einen Rücken massieren (so eine Art "Tonraummassage"). Manchmal stolzieren die Finger herum, manchmal sind sie eher flüssig unterwegs ... mitunter können sie auch mal tanzen.

Immer entsteht dabei ein anderer Klang und letztlich muss jeder seinen eigenen Weg finden, wie er aus diesem Instrument das herausbekommt, was er gerne hören möchte.
Eine Lehrperson sollte dabei helfen können, den eigenen Weg zu finden, ohne sich dabei irgendwas zu verbauen (oder zu beschädigen).

Ich werde jetzt noch ein bisschen "in die Tasten greifen".
 

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