Etuden über etuden

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ChrisSilver

ChrisSilver

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31. Mai 2008
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Hallo an alle,

Zurzeit läuft gerade eine Hanon-Diskussion. Was gäbe es für Alternativen?

Speziell an Schüler: Was habt ihr schon spielen "müssen"?

Lg
Chris
 
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Hallo Chris,

Czerny: Schule der Geläufigkeit
denke ich ist ein guter Start. Schön variiert mit Tonleiter und Arpeggien.

Bach Inventionen sind auch sehr gut!!

Diese beiden würden auf alle Fälle als Alternative ausreichen und werden Dir für die Geläufigkeit, gleichmäßiges Spiel und Unabhängigkeit der beiden Hände sogar mehr als Hanon bringen.

Liebe Grüße, Mario
 
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Bachs Inventionen sind wundervolle Stücke, die die Geläufigkeit beider Hände und die Unabhängigkeit der Finger beider Hände gleichberechtigt hervorragend trainieren.

Ich würde sie in jedem Fall empfehlen. Immer! Abgesehen vom Fingertraining trainieren sie das mehrstimmige Denken (zunächst zweistimmig, immer erst mal leicht anfangen). Oft sind auch scheinbare Begleitungen in vielen Stücken hübsche Melodien, die man bewusst gestalten kann.

Die Inventionen bereiten einen in der Hinsicht auf so vieles vor. Und probieren kann man es ja mal. ;)
 
Bachs Inventionen sind wundervolle Stücke, die die Geläufigkeit beider Hände und die Unabhängigkeit der Finger beider Hände gleichberechtigt hervorragend trainieren.

Ich würde sie in jedem Fall empfehlen. Immer! Abgesehen vom Fingertraining trainieren sie das mehrstimmige Denken (zunächst zweistimmig, immer erst mal leicht anfangen).

Die Inventionen bereiten einen in der Hinsicht auf so vieles vor
.

Richtig! Deshalb sind sie für jeden der später wirklich mal gut Klavierspielen will, fast unverzichtbar.

Viele liebe Grüße, Mario
 
Neuhaus schrieb einst ("Die Kunst des Klavierspiels"):
"Eine meiner pädagogischen 'Absonderlichkeiten' ist der Ratschlag, die unzählige Menge der Etüden von Czerny und Clementi durch eine Auswahl 'motorischer' Präludien aus dem Wohltemperierten Klavier zu ersetzen. Hier diese Auswahl: I. Heft – die Präludien Nr. 2, 3, 5, 6, 10, 11, 14, 15, 16, 16, 20, 21; II. Heft – Nr. 2, 5, 6, 8, 10, 15, 18, 21, 23. Insgesamt 21 Präludien! Lernen Sie sie, das wird ihnen mindestens 50 überaus nützliche Etüden ersparen."

Man kann mit jedem motorischen Stück seine Fingerfertigkeit verbessern, natürlich auch mit Czerny. Aber wozu öde Umwege gehen, wenn man statt Pseudo-Musik auch lebendige richtige haben kann? Neuhaus' Liste läßt sich leicht durch Stücke anderer Komponisten erweitern. Üben übt. Was man übt, ist egal, wenn man's nur richtig übt. Czerny und Co. unterliegen dem Irrtum, daß man Musik systematisieren könnte und daß es möglich wäre, ein vollständiges Etüden-System anzulegen, dessen Studium einen in die Lage versetzen würde, eine Beethoven-Sonate nicht mehr üben zu müssen. Das ist vollendeter Quatsch. Mein liebstes Beispiel: Die einzige Vorübung zu Chopin's op. 10/1, die ich kenne, ist Chopin's op. 10/1...
 
Ich bin seit einiger Zeit dabei, (auch im Unterricht) Cramer-Etüden zu spielen.
Erst gestern ging es um das Thema "Etüden", und meine Lehrerin meinte, dass es tatsächlich Menschen gibt, die am Ende drei Stunden am Tag nur Etüdenspiel machen (z.B. Cortot... bringt sie mir mal mit zum angucken) und dann glauben, jetzt mortz was getan zu haben.
Für das eigentliche Stück haben sie aber eben nichts getan, nur für die Geläufigkeit/ Koordination/ was eben sonst gerade in der Übung trainiert wurde. Ist ja auch nicht falsch, aber man muss ein Mittelmaß finden.

Ich hab nicht besonders viele /gute Erfahrungen mit Etüden, war auch mal ein paar Wochen im Hanon-Wahn (hat null gebracht). Aber die Crameretüden scheinen mir von so fern als Sinnvoll, als dass es richtige, meistens auch schön klingende Musikstücke sind.
Und ehrlich gesagt finde ich sie auch überhaupt nicht einfach, auch wenn sie so aussehen und so klingen. Aber meistens liegen sie, sinnvollerweise, eben nicht bequem in der Hand. Ich habe tatsächlich an Cramer schon etwas gelernt, z.B. die bessere Verwendung der Außenfinger.

liebe Grüße
 
Etüden

Die Sachen von Bach sind m. E. eine Klavierkultur für sich. - Sind sie eine gute Vorübung für die Werke der Nach-Liszt-Ära?

Liefern sie auch das Material für die vielen Oktavenstellen der Romantik?
Habe schon mal den Vorschlag gelesen, die zweistimmigen Inventionen mit beiden Händen als Oktavenübung zu spielen (von Busoni?) - na ja.

Wie steht es mit schnellen Unisonoläufen über die ganze Klaviatur, wie mit kleinen (gibt es bei Bach z.T.) und großen Arpeggien, wie mit Albertibässen, wie mit weiten Sprüngen, wie mit einer sicheren Akkordtechnik, die z.B. bei Rachmaninow unerläßlich ist?

Ich breche hier mal eine Lanze für die Etüden Czernys. Dessen Schule der Geläufigkeit war als Jugendlicher mein tägliches Brot zum Einspielen. Dazu kam eine Zusammenstellung von Oktaven- und Akkordübungen in einer Ausgabe von Germer. Ich habe damals die Sachen mit Begeisterung gespielt!

Eine kleine Klangübung (Zweizeiler) könnte fast in einem Nocturne von Field stehen - kam einst bei Schülern von mir hervorragend an.

Bach-Präludien halte ich für ein bestimmtes Schüleralter für zu unübersichtlich . Mit Bachspiel zur Unzeit wurde meinem Bruder und mir damals das Klavierspiel gründlich versaut! (s. meine Vita in meinem Blog)
Die Möglichkeit, eine halb- bis ganzseitige Czerny-Übung in relativ kurzer Zeit glatt durchspielen zu können halte ich an der richtigen Stelle für Schülerhände- und Herzen gangbarer.

Liszt hat Czerny sehr geschätzt - er hätte seine 12 Etüden ihm ja nicht widmen müssen!

Viel Erfolg beim Weiterkommen!

Walter
 
Die Macht der Gewohnheit

Und ehrlich gesagt finde ich sie auch überhaupt nicht einfach, auch wenn sie so aussehen und so klingen. Aber meistens liegen sie, sinnvollerweise, eben nicht bequem in der Hand. Ich habe tatsächlich an Cramer schon etwas gelernt, z.B. die bessere Verwendung der Außenfinger.

liebe Grüße

Liebe Stilblüte,
ich hab den leisen Verdacht, dass du immer noch meinst, zum Klavierspielen bräuchte man hauptsächlich die Finger - bitte cum grano salis zu Verstehen ;)

Und wie mein Vorposter möchte ich eine kleine Lanze für Czerny brechen- denn wen Liszt geschätzt hat, der muss was gekonnt haben.
Der fundamentale Unterschied zwischen Hanon und Czerny besteht darin, dass Hanon ein Sinn- und Nervtötender Klavierwerkzeugkasten ist, während viele Stücke von Czerny von Geist und Eleganz inspiriert sind. Somit kann die musikalische Vorstellung Flügel bekommen - aber das wird gerade bei Czerny nur was, wenn man sich mit dem gleichen Ernst an die Arbeit macht, wie bei Liszt etüden. Meine empfehlung für Czerny sind übrigens nicht so sehr die Schule für Geläufigkeit, obwohl da auch wirklich schöne Stücke dabei sind, die man auch im Konzert vortragen kann, sondern eher das op. 740.- die Kunst der Fingerfertigkeit. Auch hier wieder die Finger! Es ist in Wirklichkeit die Kunst der Hirnfertigkeit, die auf die Finger übertragen wird

hier noch ein link, wie man Czerny spielen kann

http://www.youtube.com/watch?v=jORUT09VKek&feature=related
 
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Ich wette, Czerny hätte einen großen Komponisten abgeben können.
 

Hallo Klavigen,

danke für deinen Beitrag.
Ich weiß gar nicht genau, was ich jetzt dazu schreiben soll...
Vielleicht vergleiche ich das Klavierspielen mal mit dem singen:

Die Stimme ist wohl jenes "Instrument", bei dem die Vorstellung den wichtigsten Teil eines guten Resultat ausmacht und der Unterricht gar nichts bringt, wenn man den Lehrer nicht versteht bzw. sich mit ihm nicht versteht.
Man muss sich genau vorstellen, wo die Stimme sitzen soll, ob im Kopf, in der Brust, an den Lippen, am Gaumen, im Hals, ob der Vokal im Kopf geformt wird oder mit der Zunge, welche Körperteile angespannt und welche locker sind und so weiter und so fort.
Wenn man die richtige Vorstellung hat, klingt es gut.
Und es klingt deswegen gut, weil eben die "richtigen" Funktionen von den richtigen Stellen des Körpers ausgeübt werden.

Allerdings macht die richtige Vorstellung allein keinen Superstar aus einem; selbst wenn es einen Lehrer gäbe, der alle richtigen Gedanken in mein Hirn pflanzen würde innerhalb von einem Tag, könnte ich deshalb danach nicht singen wie Anna Netrebko...
Die Stimmbänder müssen ja trotzdem trainiert und geformt werden. Und das ist die Technik an der Geschichte. So kann man z.B. nicht sofort mit klarer Stimme bis in die höchsten Höhen oder unbemerkt über die Bruchstelle von Brust- zu Kopfstimme singen, ohne das man es hört.

Sorry, ich weiß schon, dass das hier ein Klavierforum ist, aber am Gesang kann man das besser darstellen, was ich meine.
Ich bin nicht der Meinung, dass Klavierspielen allein durch die richtige Vorstellung zu erreichen ist; die Vorstellung ist nur der Schlüssel zum Erfolg, ohne den gar nichts geht. Die Finger müssen aber trotzdem kräftig sein, ob das jetzt Hirn- oder Muskelarbeit ist. Und das kann man doch durch gute Technikübungen erreichen?
Triller zum Beispiel müssen doch aus den Fingern gespielt werden, da muss man jeden Finger einzeln gut kontrollieren und die zugeführte Kraft dosieren können.
Also ich meine doch, dass ich eine Kräftigung meiner Finger feststelle, seitdem ich eine Spezialübung meiner Lehrerin mache...

hm... ich hoffe du verstehst irgendwie, was ich da zu sagen versuche...

liebe Grüße
Stilblüte
 
Immer wieder- die Vorstellung

Hallo Klavigen,



Triller zum Beispiel müssen doch aus den Fingern gespielt werden, da muss man jeden Finger einzeln gut kontrollieren und die zugeführte Kraft dosieren können.

Also ich meine doch, dass ich eine Kräftigung meiner Finger feststelle, seitdem ich eine Spezialübung meiner Lehrerin mache...

hm... ich hoffe du verstehst irgendwie, was ich da zu sagen versuche...

liebe Grüße
Stilblüte

Hi stilblüte,
ich verstehe sehr gut, wie du es meinst und dein Vergleich mit dem Gesang ist hervorragend. Überhaupt sollte jder Pianist sich als Sänger auf dem Klavier fühlen.

Deine Bemerkung zum Triller lässt mich aber wieder zweifeln, ob du das richtig gewichtest.

Ganz klar, Klavierspiel braucht Training und faule Finger können nicht laufen. Jedoch üben Studenten ja normalerweise ca. 2-3- Stunden täglich und das ist ja ein tolles Trainingspensum. Wenn man während dieser Übeeinheit feststellt, dass etwas nicht rund läuft, hat das selten mit mangelndem Training (also sportlichem Training) zu tun, sondern eher mit falschen Bewegungen und falscher Vorstellung. Dieser Punkt des Mangels muss eingekreist und lokalisiert werden.
Wer täglich im Sport für einen Laufwettbewerb ca. 30-40 km läuft, muss nicht abends noch auf das Laufband und wer täglich 3 Stunden gut Klavier übt, kräftigt und trainiert seinen Apparat in ähnlicher Weise.

Zum Triller: Ein nur aus den Fingern gespielter Triller ist eine gefesselte Ente, die schnell erlahmt.
Die erste Kraft für den Triller kommt aus den Rückenmuskeln, dann aus den Schultermuskeln, den Rotatoren, dann aus der Unterarmrollung und der geringste Teil kommt dann aus den Fingern.
Ein solcher Triller kann dann auch lange genug und bestens gesteuert durchgehalten werden.

Es geht immer wieder um die Rangfolge. Der Geist, der Wille , die Vorstellung und die Inspiration ermöglichen, dass Musik in uns klingt. Nach dieser Vorstellung formen wir die Werkzeuge.

Andersrum geht es nur mühsam, also erst mal schön trainieren und dann so allmählich Vorstellung dazufügen.
Ich habe lange mit einer praktizierenden Konzertpianistin zusammengewohnt . meiner Mutter - sie spielt traumhafte Trillerketten z.b. 3. Satz Waldstein-Sonate- aber nie habe ich mitbekommen, dass sie jemals einen Triller geübt hätte. Allerdings spielte sie jeden Tag 3-4- Stunden Klavier als Vorbereitung für ihre Klavierabende. Dies sollte genug des Trainings sein.

Ein Hinweis noch: Als Student befand ich mich auch teilweise auf der machanistischen Seite. Wohl dazu verführt, weil die technischen Fähigkeiten meines Profs und andere an der Hochschule mir Respekt abverlangten. Ich habe seinerzeit auch einen grossen Teil in das Üben von Tonleitern und Arpeggien usw. verwendet und kann rückblickend sagen, dass ich die Zeit hätte besser nutzen können.
 
Meine Güte, je weiter man in beliebige Materie einsteigt, desto mehr gibt es zu lernen...
Kurz gesagt: je mehr man weiß, desto weniger weiß man :D:D

Ich sehe das natürlich ein, wenn du sagst, dass mehrere Stunden Üben am Tag den Laufapparat sehr wohl fit halten.
Was man da spielt, klappt ja auch großteils wunderbar, alles ist bestens.
Aber man stößt eben immer wieder auf Stellen, die nicht funktionieren, und sie klappen doch deshalb nicht, weil man sie noch nie richtig gespielt hat. Sei es aus mangelndem Verständnis oder mangelndem Training. Banal ausgedrückt:
Man kann jeden Tag drei Stunden innigst den Flohwalzer üben, deshalb schafft man nach einem Monat trotzdem noch keine Mozartsonate.
Um die spiele zu können fehlt es an pianistischem Können in allen Bereichen.
Doch auch dem technischen, oder?

Ist es beim Klavierspielen denn nicht so, dass man, wie ein Bläser die Gesichtsmuskeln, gewisse Körperpartien "mechanisch" kräftigen und formen muss?
Oder wäre es möglich, dass ein Mensch, der noch nie Klavier gespielt hat, mit seinen Händen alles spielen kann, was er will, wenn man ihm das Gehirn von Horowitz einsetzen würde...?

Ja, da fällt mir ein: Ältere Menschen stellen doch eine zunehmende Steifheit in ihren Fingern fest, die Pianisten oft durch das Üben nicht haben, weil ihre Finger fit bleiben.
Da kann doch nicht nur an der Vorstellung liegen...

Ich hoffe, ich nerve dich nicht, aber ich habe noch immer nicht die große Erkenntnis erlangt, was diese ganze Vorstellungs-Geschichte angeht... Aber ich möchte es begreifen.
Vor allem, weil es unterschiedliche Ansichten gibt.
Meine Lehrerin meinte z.B. auf die Frage hin, wie ich das Handgelenk in einen Triller einbauen sollte, sie würde ihn hauptsächlich aus den Fingern spielen; andere vertreten die Meinung, dass man die Finger fixieren und das Handgelenk schütteln sollte...

lieben Gruß
 
Es gibt nicht das Entweder - Oder

Ich sehe das natürlich ein, wenn du sagst, dass mehrere Stunden Üben am Tag den Laufapparat sehr wohl fit halten.
Was man da spielt, klappt ja auch großteils wunderbar, alles ist bestens.
Aber man stößt eben immer wieder auf Stellen, die nicht funktionieren, und sie klappen doch deshalb nicht, weil man sie noch nie richtig gespielt hat. Sei es aus mangelndem Verständnis oder mangelndem Training. Banal ausgedrückt:
Man kann jeden Tag drei Stunden innigst den Flohwalzer üben, deshalb schafft man nach einem Monat trotzdem noch keine Mozartsonate.
Um die spiele zu können fehlt es an pianistischem Können in allen Bereichen.
Doch auch dem technischen, oder?

Ist es beim Klavierspielen denn nicht so, dass man, wie ein Bläser die Gesichtsmuskeln, gewisse Körperpartien "mechanisch" kräftigen und formen muss?
Oder wäre es möglich, dass ein Mensch, der noch nie Klavier gespielt hat, mit seinen Händen alles spielen kann, was er will, wenn man ihm das Gehirn von Horowitz einsetzen würde...?

Nein, das könnte er sicher nicht, weil er ja noch nicht genügend Klavier gespielt hat- ich glaube aber, dass du !!! mit dem Gehirn von Horowitz sofort eine phantastische Pianistin wärest.

Ja, da fällt mir ein: Ältere Menschen stellen doch eine zunehmende Steifheit in ihren Fingern fest, die Pianisten oft durch das Üben nicht haben, weil ihre Finger fit bleiben.
Da kann doch nicht nur an der Vorstellung liegen...


naja, dem körperlichen Verfall ist man irgendwann ausgeliefert, auch Horowitz wurde schwächer, was aber auch seinen Geist betraf- Er war in hohem Alter schon etwas verwirrt. Und wie du richtig sagst, haben diese Steifheit Pianisten nicht, weil sie genug spielen und im Training sind. Sicher hast du noch einige Jährchen mit diesem Problem weniger zu kämpfen - ;)

Ich hoffe, ich nerve dich nicht, aber ich habe noch immer nicht die große Erkenntnis erlangt, was diese ganze Vorstellungs-Geschichte angeht... Aber ich möchte es begreifen.

Keinesfalls, ich verstehe dich sehr gut, denn ich hab das in ähnlicher Form auch durchgemacht. Zum Üben des Sängers noch eine Bemerkung. Es unterscheidet sich insofern vom Klavierüben, weil da ja erst das Instrument gebaut werden muss- es ist zwar als Rohform dar, muss aber bearbeitet werden. Der Flügel ist bereits ausreichend perfekt - Der Bläser übt meines wissens keine Trockenübungen- ich habe mehrere Semester Querflöte studiert, da ich vorher Schulmusik studiert habe und da eben auch Gesang - Den Ansatz usw. habe ich immer mit dem Instrument geübt. Allerdings sind die Übeweisen tatsächlich anders, weil auf die Intonation viel Aufmerksamkeit gelegt werden muss.
du willst diese Vorstellungs-Geschichte begreifen? Das ist ein Prozess ständigen Nachdenkens und Lernens. Da schaukelt sich immer gegenseitig etwas hoch. Durch ständiges Üben wächst die innere Vorstellungskraft, die dann wieder bessere Technik erlaubt. Stell dir einen guten Dirigenten vor. Der hört im voraus alles. Natürlich hat er die gesamte Partitur studiert, aber im Idealfall hört er wirklich jede Stimme ganz genau in allen details. Seine Vorstellung vom KLang und dem, was ihm das Orchester liefert löst nun einen ständigen Dialog aus. Wenn du das Klavier bedienst, musst du immer genau wissen, ob der Klang, der rauskommt, der ist, den du auch wirklich wolltest. Ein anderes Moment ist das der Entwicklung der richtigen Vorstellung. Denn es kann auch sein, dass dein bisheriges Wissen über das Stück einfach mangelhaft ist oder Lücken hat. Das bedingt die ständige kreative Suche nach dem richtigen Klang. Und dann noch die Fähigkeiten, ob man beurteilen kann, ob es auch der Klang ist, den man wollte. Das ist das eigentliche Üben.


Vor allem, weil es unterschiedliche Ansichten gibt.
Meine Lehrerin meinte z.B. auf die Frage hin, wie ich das Handgelenk in einen Triller einbauen sollte, sie würde ihn hauptsächlich aus den Fingern spielen; andere vertreten die Meinung, dass man die Finger fixieren und das Handgelenk schütteln sollte...

Mit Verlaub, ich halte beide ansichten für ausgemachten Käse- tut mir leid für den krassen Ausdruck, aber so sehe ich das. Finger werden niemals beim Spiel fixiert, sondern sind total locker und nur angespannt für einen äusserst kurzen Moment, wenn sie Tastenkontakt haben. Und hast du sie wirklich gefragt, wie du das Handgelenk in einen Triller einbauen sollst? du hast vergessen sie zu fragen, wie du den Ellbogen und die Schultern in den Triller auch einbauen solltest. Es gibt natürlich soviele unterschiedliche Triller, vom kleinsten und langsamsten bis zum donnergrollen im Bass. Je nachdem werden da unterschiedliche Körperpartien herangezogen. Doch selbst das kleinste harmloseste Trillerchen wir bereits so gespielt, dass sich der Unterarm leicht mitbewegt. Tust du das nicht, ist der Spielapparat gestört.
lieben Gruß

Ich hoffe, wir sind einen Schritt weiter gekommen.
Die Suche nach der richtigen musikalischen Idee und vorstellung ist eine lebenslange Aufgabe und ist nie beendet. Eigentlich alle körperlichen Aktionen sind Aktionen des gesamten Körpers. Selbst beim Zähneputzen brauchst du die gesäßmuskeln, um es mal drastisch auszudrücken.
Das hab ich übrigens von meinem Gesangslehrer, der deutlich sagt, dass man ohne eine Bewusstsein für seinen Hintern nicht richtig singen könne.

Beobachte dich genau bei Alltagstätigkeiten. Was ist beteiligt, wenn du schreibst, etwas vom tisch nimmst oder Geschirr spülst. Da ist immer mehr Action im Körper, als man denkt. Erst wennn mal ein Muskel oder Gelenk krank ist, merkt man ganz aussergewöhnliche Behinderungen, die einem sonst nie aufgefallen wären. Jede Fixierung stellt eben auch eine Behinderung des Spiels der freien Kräfte dar, die zu einem lockeren Klaviespiel unerlässlich sind.
 
Genauso wie Klavigen es erklärt hat, hat es mir mein Lehrer beigebracht. Czerny Etüden sind eigentlich dazu da, um seine Vorstellungskraft zu trainieren. Die vielen schnellen Sechszehntel kann man nur dann sauber spielen, wenn man sie sich innerlich vorstellen kann. Und das können eigentlich nur wenige Klavierspieler, mich eingeschlossen.

Was mit Vorstellung gemeint ist: Versuch dir mal in deinem Kopf die Melodie von alle meine Entchen zu denken. Es ist genauso wie ein innerlicher Monolog. Aber, das ist selbstverständlich noch nicht alles. Es kann ja schließlich noch eine Stimme dazukommen, dann musst du polyphon denken. Bei Bach ist das besonders gefragt. Und sich beide Stimmen zu denken, hat schon etwas in sich, aber das kann man trainieren. Diese Fähigkeit braucht der Dirigent, wie Klavigen geschrieben hat.

Hinzu kommt noch beim polyphonen Denken, dass du die Stimmen differenzieren musst. Das heißt, eine Stimme muss deutlicher zu hören sein, als die andere. Das kann man jedoch auch trainieren. Schwierig wird es erst, wenn man sich noch mehr Stimmen gedanklich vorstellen soll, wie bei einer Partitur.

Beim inneren Monolog muss man auch darauf aufpassen, wie man denkt. Ich meine: Dass man eine Melodie nicht nur so vor sich hindenkt, sondern auch mit Emotionen und Leben füllt. Also muss das auch mit in die Vorstellung rein. Denn man kann völlig gleichgültig denken oder man denkt mit einer bestimmten Absicht. Bzw. kurz gefasst: Man muss auch den musikalischen Ausdruck bei dieser Meditation beachten.

Wie man das am besten übt? Indem man sich einfach gemütlich hinsetzt, die Augen schließt und sich das Stück innerlich vorstellt. Wenn man an irgendeiner Stelle raus ist, weil man nicht weiß, wie es weitergeht, dann schaut man halt in die Noten. Aber so kann man ein Stück verinnerlichen. Gerade diese Art von Meditation ist viel anstrengender, als am Klavier zu üben. Ich denke, dass wenn man ein Stück erst einmal ohne Klavier üben würde und man eine klangliche Vorstellung von dem Stück hat, dass man dann ein besseres Ergebnis beim Üben hat, als wenn man es ohne Bedacht und mechanisch übt.

Was man jetzt mit Czernys Etüden erreichen soll: Dass man sich schnelle Sechszehntel im Kopf denken kann. Diese Übungen sind idealistisch gedacht, weniger materialistisch (aber auch). Denn ich glaube nicht, dass sich ein Anfänger mal eben eine Tonleiter im schnellen Tempo nur in seinem Kopf vorstellen kann. Ich kann es mittlerweile, dank Czerny und Hanon. ;)
 
Toll umgesetzt

Hi Ubik,

deine Fähigkeiten didaktischer Natur qualifizieren dich jetzt schon als zumindest für eine Assistentestelle bei einem Prof.

ICh würde mich freuen, wenn du bei weiteren Erklärungen meinerseits darauf achtest und hilfst, sie leichtverständlich umzusetzen.

Und nun noch eine meiner etwas böseren Bemerkungen, die aber auch in deinem Posting, Ubik, angedeutet wird.

Ich habe oft festgestellt, dass sich Studenten und Klavierschüler so gerne mit Technik und Mechanik beschäftigen, weil ihnen das NAchdenken über Musik in konzentrierter Form zu anstrengend ist-

Und wie immer, sind Anwesende natürlich ausgenommen -

Da ich aber als Student ebenfalls solche Tendenzen bei mir feststellt, könnte da was Wahres dran sein.
 
Ja, viele denken immer noch, dass Musik etwas fassbares ist. Ist es aber nicht. Musik entsteht nicht durch die Hämmerchen, die auf die Klaviersaiten schlagen, sondern erst in uns drin. Bevor der Klang unser Ohr erreicht, ist es nichts anderes als ein Schwingungsvorgang. Erst in uns drin wird dieser Schwingungsvorgang geordnet und als Musik wahrgenommen.

Und umgekehrt sieht es eigentlich nicht anders aus. Wenn wir Musik machen, dann ist es falsch zu glauben, dass das Instrument die Musik erzeugt. Nein, es sind immer noch wir. Das Instrument ist nur ein Mittel, um unseren Zweck oder unsere Absicht zu zeigen.

Das Schöne daran ist, dass es kein anderes Gebiet gibt, wo man so viel Empathie braucht wie bei Musik (jedenfalls zum Zuhören). Wieso? Weil Musik auch etwas mit Kommunikation zu tun hat. Das, was wir als Musik verstehen, ist eigentlich nichts anderes, was im Kopf oder der Seele (oder wie man es sonst nennen soll) des Pianisten passiert, nur dass er sendet und wir es empfangen. Hoffentlich ist das verständlich. Deswegen scheue ich vor elektronischer Musik, weil sie nicht von Menschen gemacht wird, aber das ist wiederum ein anderes Thema.

Selbstverständlich kommt man ums Üben nicht drumherum, das wäre natürlich zu schön. Irgendwo sind Grenzen gesetzt, sei es wegen unserer Anatomie oder der Möglichkeiten am Instrument. Aber wenn erstmal der Wille da ist, dann kann dich nichts mehr aufhalten. Mit Wille meine ich die klangliche Vorstellung. Das was ich im oberen Beitrag beschrieben habe.
 
Hallo!

Sorry, dass ich eure philosophischen Gedankengänge mal kurz unterbreche:
Ich spiele seit 2 Jahren Klavier und im Moment 'Solo per il Cembalo' (oder so ähnlich) aus dem Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach. Allerdings komme ich nicht über 50 Viertel/Minute, würde es aber gern schneller spielen. Welche Geläufigkeits-Etüden könnte ich schon spielen? Die Präludien von Bach sind wahrscheinlich noch zu schwer...

lg magnolia
 
Wenn es das Stück hier ist: http://www.youtube.com/watch?v=7GfbKwibn_w

Hui, geht ja ordentlich zur Sache da. Klingt auf jedenfalls sehr schön. Muss ich mir vormerken. :)
Für die Geläufigkeit würde ich Bachs Inventionen empfehlen.
 

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