Erste Gehversuche

Vom Genie dürft Ihr frühestens reden wenn ich den dritten Treffer dieser Art in Folge geladet habe.
 
Von mir eine leicht korrigierte Version -

klingt das nicht wie ein "Deutscher Tanz"?

Herzliche Grüße,

Gomez
 

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tschuldige bitte, ich hatte halt das Gefühl, das du nach der tollen Arbeit von Mindenblues das noch übertrumpfen wolltest.
Ein bischen ist hier schon ein Wettstreit entstanden, oder?
ich kann so etwas nicht nachvollziehen, inhaltlich halte ich hier so etwas für sehr entbehrlich

Babette hat hier verschiedene Anregungen, an Beispielen demonstriert, erhalten - nirgendwo ist "so musst du´s machen" oder "das da ist besser" zu lesen. Dass in jedem der wenigen konstruktiven Fäden an den Haaren Stänkereien herbeigezogen werden, ist ziemlich betrüblich...
 
Morsche Gomez,

Nur um mal kurz richtigzustellen: Das Verbot paralleler Stimmführungen
im strengen Satz hat nichts mit dem Klang zu tun, sondern mit dem Ideal
individueller, als eigenständig wahrnehmbarer Stimmen.

...

du hattest da ja einen langen Text geschrieben und zuerst war ich verblüfft, dass die Stimmführung nichts mit dem Klang zu tun haben soll. Das hätte ich mit meinem bescheidenen Wissen sofort an die erste Stelle gestellt, aber deine Argumentation leuchtet (schon aufgrund der Länge ;-) ) mir ein.

Hast du zu diesem Thema, da ich das jetzt wissen will, eine verständliche, leichte (ich will ja nicht wirklich komponieren) Quelle (Buch)?

Danke und Gruß
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Lieber Bachopin,

ich für meinen Teil habe wirklich überhaupt nicht das Gefühl, dass hier ein Wettstreit entstanden ist. Im Gegenteil lassen sich alle von einer gewissen Spielfreude anstecken. Sogar ich habe hier schon mit der Melodie herumgespielt (habe leider das kürzlich erstandene Notenschreibprogramm immer noch nicht ausgepackt *hüstel*). Danke also an Babette!!! :-D Es ist doch toll, was für ein schöner und konstruktiver Faden daraus geworden ist!

Liebe Grüße

chiarina
 
Hi chiarina,

Es ist doch toll, was für ein schöner und konstruktiver Faden daraus geworden ist!

finde ich doch auch, ich war und bin ja begeistert, siehe hier:

Hi meine Herren,
ich hab' jetzt nicht alles gelesen, aber das ist ja phänomenal, wie ihr euch ins Zeug legt (und zuletzt mit relativ wenig Streiterei ;-) ).

Klasse und Danke.

Ok, hätte noch "und Damen" schreiben müssen, bzw. umgekehrt.

Gruß
 
Stimmführung (mit und ohne Parallelen)

Hast du zu diesem Thema, da ich das jetzt wissen will, eine verständliche,
leichte (ich will ja nicht wirklich komponieren) Quelle (Buch)?

Hallo, Bachopin!

Zunächst einmal könntest Du sagen, daß die von mir betriebene Differenzierung sophistisch ist,
denn auch individualisierte Stimmen werden - wie alle Musik - nur als Erklingende wahrgenommen:
Alle Musik ist Klang.

Es ist allerdings ein Unterschied, ob einzelne Stimmfortschreitungen für sich genommen grauselig sind,
ungesanglich, lieblos, und nur durch den Gesamtklang, den jeweiligen Harmonieverlauf plausibel werden -
oder ob sie aus sich heraus sinnvoll sind, durchartikuliert, als eigenständig wahrnehmbar,
und gleichzeitig den harmonischen Verlauf prägen.

Ich kenne Deine Büchermanie, lieber Bachopin. Darf ich die Frage nach einer Lektüreempfehlung
unbeantwortet lassen und stattdessen mit Dir eine kleine Schnitzeljagd veranstalten?
Von einem empiriegestützen Gang durch die Musikgeschichte hast Du nämlich viel mehr.
Wenn Du die Noten studierst, achte vorallem auf die Mittelstimmen. Noten findest Du im IMSLP
bzw. auf "You Tube", glücklicherweise oft kombiniert mit den jeweiligen Werken.

Die Schnitzeljagd beginnt mit den Meistern Leoninus und Perotinus (Léonin und Pérotin),
atemberaubende Musik, die auf Steve Reich und andere amerikanischen "Minimalisten"
großen Einfluß hatte (1000 years after). In dieser Musik gilt die Terz als Problemintervall,
während Quart-, Quint- und Oktavparallelen unbedenklich sind.

Der Weg führt über Guillaume de Machaut ("Messe de Nostre Dame") zu den Frankoflamen:
Guillaume Dufay, Antoine Busnois, Josquin des Prés, Johannes Ockeghem et al.
Dort ist das Verbot von Quint- und Oktavparallelen bereits Grundlage aller Satztechnik -
mit der Ausnahme parallelgeführter Sextakkorde ("Fauxbourdon").

Mit dem Beginn homophoner Satztechnik im Frühbarock tritt ein anderes Problem als das der Vermeidung
von Quint- und Oktavparallelen auf: die Monotonie und Trostlosigkeit vorallem in den Mittelstimmen,
gegen die sich leider nie ein Verbot durchgesetzt hat. Das Gegenbeispiel ist hier wie so oft J.S.B.
Wenn Du sonst keinen Grund hättest, Bach-Choräle zu studieren, dann mach es jetzt - und sieh Dir
die Mittelstimmen an. Nicht nur, daß Bach eigenwillig, aber nie "gekünstelt" harmonisiert
und die Regeln des Kantionalsatzes gerne strapaziert, vorallem sind die drei unteren Stimmen
bei ihm individualisiert, das heißt gesanglich, meistens aus einem begrenzten Tonvorrat ("Set")
bestehend, und die Permutation der ihm entnommenen Töne erzeugt beim Singenden
auf die Dauer ein sehr wohltuendes Schwindelgefühl.

Den Weg zur Durchmelodisierung aller Stimmen geht die (Spät-)Romantik - extrem bei Mahler.
In der Hoch- und Spätromantik führt vorallem wieder der Weg zurück zu den Ursprüngen:
der Aufhebung des Verbots paralleler Quinten und Oktaven, konsequenterweise
mit Verzicht auf die Funktionstonalität, als bewußt eingesetzter Archaismus,
bei Mahler im Finale seiner 4.Symphonie, bei Satie und Ravel (extrem in der Klavierbegleitung
seines Liedes "Ronsard à son ame") und Debussy (Musterbeispiel: "La cathédrale engloutie",
viel interessanter in der "Sarabande" aus der "Suite pour piano", die mixturartig gerne
auch unaufgelöst-dissonante Klänge parallelführt), bei Janácek, Bartok und Strawinsky.
Interessant bei allen zuletzt genannten Komponisten ist das wache Klangbewußtsein,
das zu parallgeführten Oberstimmen gerne die tiefen Stimmen in Gegenbewegung verlaufen läßt.

Zuletzt das schon einmal genannte Beispiel bei Puccini, das so interessant ist,
weil hier ("La Bohème", Anfang des dritten Bilds) die in Quintparallelen geführte Melodie
keine (musikalische) Vergangenheit beschwört, sondern einfach ein Ausdrucksträger für sich ist:
Ausdruck abgrundtiefer Trauer, auf das herzzerreißende Ende der Oper vorausweisend.

Herzliche Grüße,

Gomez
 
Hi Gomez,

ok, danke, super viel Text, ich beleg' dann mal schnell ein Semester in Musikgeschichte. :floet:

Ich werde auf alle Fälle deinen Vorschlag aufgreifen, Bach-Choräle zu studieren, weil das wollte ich eigentlich schon immer und da kann man dann auch etwas auf dem Klavier spielen.

Aber du hast recht und es entspricht ja auch meiner Vorgehensweise, man muss es selber entdecken/lernen, statt es aus Büchern vorgebetet zu bekommen. Aber das wird aufwendig, ob ich da noch Zeit für das Forum habe? ;-)

Gruß
 
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OFF-Topic!

Danke, lieber Gomez, für diesen wunderbaren Beitrag!!!

Es war auch völlig aus meinem Gedächtnis entschwunden, dass die Terz mal als problematisch galt ( als Dissonanz??).

In dem Zusammenhang finde ich interessant, dass Anfänger, die gerade erst hören lernen, auf meine Frage hin öfter die Quarte ( ich meine, die galt doch auch mal als Dissonanz, oder nicht?), aber auch manchmal die Terz als dissonant empfinden.

Liegt das vielleicht gar nicht nicht am (noch) schlechten Hören? Sind wir durch unsere Hörgewohnheiten so geprägt, dass die Terz in unserer Kultur zwar als Konsonanz gilt, aber ohne irgendeine musische Vorbildung auch als Dissonanz gehört werden kann?

Bisschen blöde Frage, aber ich habe mich immer gewundert, wie man eine Terz als dissonant hören kann.

Liebe Grüße

chiarina
 

Weiter OFF-TOPIC:

Hi Gomez,

nochmals vielen Dank für deine ausführliche Antwort. (Chiarina kann das einfach besser)

Ich hoffe du kannst meine flapsige Art vertragen. Wenn nicht, sag's mir, ich kann auch anderst.

Auf alle Fälle hast du mir da eine grosse Hausaufgabe gestellt, wahrscheinlich habe ich deshalb so penälermäsig reagiert.

Gruß
 
In dem Zusammenhang finde ich interessant, dass Anfänger, die gerade erst hören lernen, auf meine Frage hin öfter die Quarte ( ich meine, die galt doch auch mal als Dissonanz, oder nicht?), aber auch manchmal die Terz als dissonant empfinden.

Vielleicht wäre es interessant, noch genauer nachzuforschen. Die Terz Klang in der Zeit Perotins und Leonins (wir erinnern uns an Gomez's Beitrag, die Stimmführung in Quinten und Oktaven) deswegen als dissonant, weil man ein mathematisches Verständnis von Musik hatte. Die Terz hat ein Zahlenverhältnis von 81:64, die Oktav 1:2, die Quinte 3:2. Klingende Mathematik könnte man diese Musik auch nennen.

Erst viel später, wie Gomez bereits über die "Niederländer" beschrieben hatte, wurde durch ausprobieren die Terz als schön empfunden.
 
Babettes Topflappen befindet sich nicht im Bereich der antiken oder mittelalterlichen Musik... er befindet sich im Bereich der Dur-Moll-Tonalität und der temperierten Stimmung, und da sind Terzen nicht dissonant (und das seit über 300 Jahren).

Innerhalb dieses vorgegebenen Materials (Klaviere sind heuer gleichschwebend gestimmt) verwendet die Melodie Dreiklangbrechungen, wobei Bewegung und Gestik die einfache C-Dur Kadenz als erstes und einfachstes Begleitmuster nahelegt. Natürlich können anstelle von C, F, G7 auch terzverwandte Harmonien eingesetzt werden. Ulkig aber kann es werden, wenn man mit reinen Dreiklängen ohne C-Dur Kadenz die Melodie unterlegt: z.B. die ersten drei Töne (c-e-g) mit a- und e-Moll --- was ich damit anregen möchte: die Melodie mal aus Spaß und Experimentierfreude mit anderen, quasi "falschen" Harmonien unterlegen und dann schauen, was dabei herauskommt.
 
In dem Zusammenhang finde ich interessant, dass Anfänger, die gerade erst hören lernen, auf meine Frage hin öfter die Quarte ( ich meine, die galt doch auch mal als Dissonanz, oder nicht?), aber auch manchmal die Terz als dissonant empfinden.

Liegt das vielleicht gar nicht nicht am (noch) schlechten Hören? Sind wir durch unsere Hörgewohnheiten so geprägt, dass die Terz in unserer Kultur zwar als Konsonanz gilt, aber ohne irgendeine musische Vorbildung auch als Dissonanz gehört werden kann?

Bisschen blöde Frage, aber ich habe mich immer gewundert, wie man eine Terz als dissonant hören kann.

Sind nicht alle Intervalle, jetzt einmal abgesehen von der Prim und der Oktav in gewisser Weise dissonant? Die Terz ist halt wenig dissonant, aber "dissonanter" als eine Quinte, genauso wie die Quarte "dissonanter" klingt als eine Quinte und eine Quinte klingt trotz Konsonanz nicht so konsonant wie eine Oktav.

Uups jetzt habe ich mich aber verstrudelt. :p Aber als KLs müsst ihr ja einiges von euren Schülern gewohnt sein, hoffe also trotzdem, dass ihr versteht was mich meine. ;)

LG, PP
 
und da sind Terzen nicht dissonant (und das seit über 300 Jahren).

Gut, jetzt geh' ich schlafen, da häng' ich wieder meinem Relativismus an, und schon kommt 300jähriger Absolutismus daher.
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PS: Gibt es übehaupt Komperativformen zu dis- und konsonant?
PPS: Äh nein, ich hab' nichts getrunken.
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PPPS: Absolut gesehen, ist die Terz für mich aber schon konsonant, die Sext aber auch.
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Gute Nacht! PP
 
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Die Quarte galt nie als dissonant. Prim (Oktave), Quarte und Quinte waren schon bei Pythagoras die perfekten Konsonanzen.

Das stimmt so nicht!
Die Quarte gilt im zweistimmigen klassischen Satz als dissonant! Lange Zeit musste sie auch im mehrstimmigen Satz zum Bass als Dissonanz sehr streng behandelt werden (Quartsextakkorde bei Frescobaldi findet man dementsprechend selten und nur als dissonante Vorhalts- oder Durchgangsakkorde (wie eigentlich in aller späteren Musik bis zur Moderne auch, nur dass dort die Dissonanz nicht mehr so streng behandelt wird, bspw. nicht vorbereitet werden muss)).
 
Lieber Rolf!

Was ich damit anregen möchte: die Melodie mal aus Spaß und Experimentierfreude mit anderen,
quasi "falschen" Harmonien unterlegen und dann schauen, was dabei herauskommt.

Hast Du den aus Babettes Melodie entstandenen "Deutschen Tanz" gesehen?
Er kadenziert immer wieder nach d-Moll - und klingt nirgendwo falsch.
Mir war die abweichende Harmonisierung wichtig, um das in der Melodie
allgegenwärtige C-Dur zu neutralisieren.

Herzliche Grüße, Gomez
 

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